Kapitel 26 // ... auch wenn uns so mach einer scheint im Wege zu stehen

Ein Fremder trat aus dem Wald hinaus. Augenblicklich ging ich einen Schritt zurück und griff in meine Jackentasche. Mit einem schnellen Ruck zog ich mein Messer heraus. Sicher war sicher. 

Der komische Kauz kam noch einen Schritt auf mich zu. Er sah wirklich absurd aus; seine Hose war komplett zerlöchert und der Mantel hatte mehr Zweige und Blätter an sich als ein ganzer Baum. Ich hatte ihn noch nie gesehen, doch wirklich vertrauenswürdig wirkte er nicht. Vor allem, weil man vor lauter Haaren nicht einmal sein Gesicht sehen konnte. Ein Mann mit so langen Haaren, das war einfach unschicklich. Alles in allem jedoch wirkte er nicht wie einer von Ferrans Freunden, viel zu primitiv war sein Erscheinungsbild. 

"Wer sind Sie?", fragte ich, das Messer auf ihn richtend. 

Er antwortete nicht. Er trat immer näher, gab jedoch kein Wort von sich. "Los! Wenn Sie nicht reden, dann steche ich zu. Das ist mein Ernst. Und Sie wollen sicher kein Messer in der Kehle stecken haben, da bin ich sicher." Ich wusste nicht, ob ich diese Worte tatsächlich durchsetzen konnte, aber ich gab mir wirklich Mühe, so überzeugend wie nur möglich zu sein. Es war nicht meine Gabe, anderen Leuten Angst einzujagen, meistens war es auch eher peinlich, als angsteinflößend, aber ich versuchte es. 

"Als ob sie mit dem winzigen Messerchen mir Angst einjagen könnten. Sagen Sie erst einmal, wer Sie sind." 

Verdammt. Wieso hielten mich nur alle für so harmlos? "Ich wiederhole mich nicht gerne. Ihren Namen habe ich verlangt." 

"Ich wiederhole mich auch nicht gerne, dann sind wir immerhin schon zwei. Und? Oder wollen Sie erst einmal dieses lächerliche Kinderspielzeug weglegen?" Er lachte rau. Seine Stimme war um einiges tiefer als meine, wobei ich bei Wut immer ein wenig zu hoch rede. Am liebsten hätte ich ihm eine gescheuert für dieses aufmüpfige Verhalten, aber wenn er schon nicht auf das Messer reagierte, dann würde ihn das sicher auch nicht sonderlich stören. 

"Ich zähle bis drei." 

"Also gut. Aber nicht, weil Sie so gefährlich tun mit ihrer Größe von sicher nicht einmal sechs Fuß, sondern weil ich nicht ewig Zeit habe." Er machte eine Pause. Ich war stinksauer. Ich war durchaus nicht klein mit meinen einsfünundsiebzig, auch wenn er einen Kopf größer war. 

"Jason Quellington. Doktor Doktor Jason Quellington. Und Sie?" 

"Arthur Hill", antwortete ich mit einem knurrenden Unterton. Ich war vermutlich nicht annähernd bewusst, was für einen überheblichen Eindruck er machte. 

"Arthur Hil ... Wo habe ich diesen Namen schon gehört? Ach ja, Sie waren der verrückte Polizist, der sich mit den Ferrans anlegen wollte!" 

Nur Sekunden später war meine Faust in seinem Gesicht gelandet. Mich nannte niemand verrückt! 

"Ach seien Sie doch nicht so kleinig. Den Versuch war es sicher wert gewesen." Er blickte mich mitleidig an und in mir kochte die Wut hoch. Leider schien ihn mein Schlag so gut wie gar nicht gestört zu haben. Wenn man sich so strecken muss, wie soll man da auch richtig zuschlagen? 

"Halten Sie Ihre verdammte Fresse." 

"Das ist aber nicht sehr vornehm, Kleiner. Du solltest etwas bedachter sein. Ich kenne mich mit Leichen von Beruf aus gut aus, und weiß, welche Verletzungen Ihr Leben schnell beenden. Mich sollte man nicht unterschätzen. Und vielleicht würde es Sie interessieren, dass ich Bill und Louis genauso wenig mag wie Sie." 

Wieso konnte man mir nur alles vom Gesicht ablesen? und wieso verstand er nicht, dass ich ihm eindeutig mit meiner Mimik sagte, dass ich sein Gesicht am liebsten im Sand gesehen hätte? doch dann riss ich mich zusammen. Er war Doktor und wenn er wirklich gegen die Ferrans war ... Ich musste es einfach riskieren und es irgendwie schaffen, mein vorlautes Mundwerk zu halten. Vielleicht war er die letzte Chance für Lord Telleray. Ich hatte keine Wahl. 

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