Kapitel 15 // ... wo auch immer wir direkt vorm Abgrund stehen
Ich kam mit dröhnenden Kopfschmerzen zu mir. Was war nur geschehen? Wo war ich überhaupt? Ich schlug die Augen auf und blickte mich um. Beinahe wäre hätte ich aufgeschrien, denn ich lag auf einem Fell, eine der Pfoten nicht sonderlich weit von mir entfernt. Ganz weit hinten war ein Paar Lackschuhe zu erahnen, doch alles war eher verschwommen als dass ich viel daraus erfahren konnte. Ich versuchte, mich hochzudrücken, doch ich konnte nicht. All meine Kraft hatte mich verlassen. Ich war am Ende.
"Schon wach, Jammerlappen?" Ein höhnisches Lachen erklang und jemand verpasste mir einen Tritt in den Rücken. Ich probierte abermals, ob ich mich aufrichten konnte, doch ich scheiterte wieder. Wütend kniff ich die Lippen zusammen und versuchte, mir ein halbwegs klares Bild von der Situation zu machen. Jedoch erst nach einiger Zeit fiel mir ein, wo ich war und was geschehen war.
"Hast du dich doch endlich entschieden, vor unseren Füßen um Vergebung zu betteln? So wie du da im Staub liegst, müssen wir das glauben. Du bist wirklich so tief gesunken wie der Dreck unter meinen Füßen, was wir alle wirklich, wirklich traurig finden. Musst du dich denn auch noch so wie nichtiger Schmutz verhalten?" Es war Louis Ferrans, der da sprach. Diese abscheuliche Stimme gab es nicht zweimal. Und noch dazu dieser mitleidige Unterton, den nicht einmal sein widerwärtiger Bruder hatte.
Ich nahm all meine Kraft und Wut zusammen und drückte mich endlich vom Boden auf. Kaum hatte ich mich aufgesetzt, schnappte ich schon nach Luft und die Welt schien sich wieder zu drehen. Es war, als hätte sich wieder eine Hand um meinen Hals gelegt, auch wenn niemand in der Nähe war.
Selten war meine Wut so unfassbar groß gewesen. Ich hätte ihn für jeden einzelnen Buchstaben aus seinem Mund am liebsten zusammengeschlagen, nur dass es jetzt nicht möglich war. Stattdessen kämpfte ich mich Millimeter für Millimeter in die Höhe, nur um für einen Schlag auszuholen, den ich letztendlich nicht tätigen konnte. Der Typ in den schwarzen Lackschuhen, sein Gesicht konnte ich vor Verwirrung nicht wirklich erkennen, hielt mich fest. Ich versuchte, um mich zu schlagen, doch es war unmöglich. Allein mich auf den Beinen zu halten, kostete mich all meine Kraft.
"Sei doch nicht so impulsiv, Arthur. Nur weil du einmal gegen uns verloren hast, heißt es doch nicht gleich, dass wir deine Feinde sind. Im Gegenteil, wir beschützen dich. Immerhin haben wir dich nicht getötet. Wenn wir dich so unbedingt loswerden wollten, hätten wir es doch getan. Und unsere kleinen Scherze wirst du uns wohl nicht übel nehmen, oder? Nein, wir wollen dir doch nur helfen. Dein Feind sind nicht wir, nein. Dein Feind ist Little Charlie, der liebe Lord mit dem düsteren Geheimnis. Wir unterstützen dich nur dabei. Wir werden dir helfen, die Wahrheit zu finden. Du musst uns vertrauen. Glaub mir, wenn wir wollten, dass du stirbst, hätten wir dich sofort getötet. Wir sind auf deiner Seite."
Am Anfang verwirrte mich diese Rede von Louis Ferrans. Was bezweckte er bloß? Was verlangte er wohl von mir für mein Überleben? Egal, was es auch war, ich durfte mich nicht überzeugen lassen. Er hatte niemals die Wahrheit gesagt, vielleicht konnte er es nicht einmal. Ich würde mich nicht überzeugen lassen. Er war mein Feind und das schon seit drei höllischen Jahren. Mir war egal, was er über Lord Telleray oder sonst wen sagte, ich würde ihm niemals glauben. Der größte Fehler eines Polizisten war das große Vertrauen in das Gute im Menschen. Wir waren keine kleinen Kinder mehr, die mit einer Entschuldigung und einem Strauß Blumen alles wieder in beste Ordnung brachten. Das hier war purer Ernst. Ich kannte die Wahrheit und würde nicht auf eine der zahlreichen Lügen hereinfallen. Niemals. Doch welche Wahl hatte ich sonst?
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