Kapitel 31. Linnea
Kopfschmerzen.
Das war das erste, was ich spürte, als ich mein Bewusstsein wiedererlangte und meine Augen langsam öffnete.
Wegen dem Schmerz, verzog ich das Gesicht und massierte mit beiden Händen meinen Kopf. Als ich daraufhin ein lautes klirren hörte, schreckte ich auf und sah meine Handgelenke an. Ich blinzelte, starrte und blinzelte nochmal.
Ketten?!
Sofort schlug mein Herz wieder schneller und ich betrachtete die von Rost befallenen Ketten um meine Handgelenke. Meine Augen wanderten an mir hinunter und ich bemerkte, dass ich dieselben Rostigen Ketten um meine Fußgelenke hatte.
Oh mein Gott....
Langsam kehrten meine Erinnerungen zurück und ich sah mich hastig um.
Ich wollte wegrennen, genauso wie es Azael gesagt hatte. Ich war gerannt....und dann....
Meine Augen bewegten sich schnell und ich versuchte alles um mich herum zu erfassen, bis ich jemanden vor den Gefängnisgittern bemerkte.
»Du..« stieß ich aus und begann zu zittern. Ihre roten Augen starrten mich an und ich drückte mich in die feuchte Ecke hinter mir. Das Gestein drückte sich schmerzlich gegen meinen Rücken, aber das war mir egal.
»Wo..ist Azael?« fragte ich die Frau, die als seine Mutter bekannt war.
Die Viper.
Hatte sie mich hierhergebracht?!
Während ich sie ängstlich anstarrte und auf eine Antwort wartete, versuchte ich die schmerzlichen und verzweifelten Schreie der anderen Gefangenen zu ignorierten.
Gott! Wo war ich nur?
»Kaum die Augen auf, und schon fragst du nach meinem Sohn?«, schnurrte sie und legte den Kopf schief. Ihr schwarzes, langes Haar glitt ihr seidig über die Schulter und lag wie ein Vorhang einseitig um ihr Gesicht. Sie seufzte pikiert. »Also seid ihr tatsächlich verbunden. Was für eine Schande. Mein Azael hat wirklich kein Glück bei seinen Geliebten.« Seine Mutter ließ ihre langen Finger nacheinander an die Gitterstäbe klacken, und beantwortete meine Frage nicht, wo er sei.
»N...Nein...wir sind nicht ....verbunden.« versuchte ich zu lügen und verzog das Gesicht. »Ach? Und bei welcher Art von Geliebten, hätte er nach deiner Meinung Glück? Gibt es denn ..... überhaupt jemand, den du akzeptieren würdest?« fragte ich gereizt und ängstlich zu gleich. Meine Stimme klang so schwach, obwohl meine Frage scharf klingen sollte.
Sie lächelte. »Eine kleine Sache vorweg, Linnea Matei. Ich weiß alles«, sie schloss die Gittertür auf und betrat die Zelle. Langsam, wie ein Raubtier pirschte sie sich an. »Ich sehe alles.« Dicht bei mir beugte sie sich hinab, strich mir über die Wange und richtete einige meiner Strähnen. »Ich erfahre alles. Vor allem, wenn es meinen Sohn betrifft. Also«, die Viper sah mich mit kristallklaren, hellblauen Augen an. »Lüg mich nicht an, Mischblut. Und ja, auch das weiß ich schon sehr, sehr lange. Die Frage ist, ob du mittlerweile die ganze Wahrheit weißt.«
Ihre hellblauen Augen, die Azaels Augen so ähnlich waren, sahen mich an und ich begriff langsam, dass ich hier nur schwer wieder herauskommen würde. »Ich weiß, dass ich eine halbe Dämonin bin, ich weiß, dass mein Vater ein Dämon war und von euch getötet wurde, nur weil er früher mal schlimme Dinge getan hat und ich weiß, dass ich Mahas Wiedergeburt bin. Also ja, ich weiß über alles Bescheid und Azael wird mich finden.« und hoffentlich dir den Kopf abreißen. Fügte ich gedanklich hinzu. So etwas zu hoffen, war zwar nicht in Ordnung, denn Schluss endlich war sie immer noch seine Mutter, aber sah er sie denn nach allem, was sie ihm angetan hatte, noch als Mutter.
Die Viper hob eine Braue. »Dass _wir_ ihn getötet haben? _Wir_?« Nun grinste sie und lachte leise, fast sinnlich. »Oh, Linnea, Liebes«, setzte sie an, »Azael hat dir ein kleines Detail in dieser Geschichte enthalten. Aber gut, erst arbeiten wir ein paar Dinge ab, bevor ich dir verrate, was dein Liebster so tunlichst verschweigen möchte.« Ihr Blick wanderte über meinen Körper und sie seufzte. »Ich habe schon hier und da kleine Experimente und Versuche an den Bastarden von Dämonen und Menschen gemacht. Aber nie an einem, der wohl die Reinkarnation einer anderen Person ist, die sowohl Mensch und später auch Dämon war. Oh, da fällt mir ein, sag, hat Az versprochen, dich zu einem unseresgleichen zu machen? So, wie er es mit Maha getan hat? Rein aus mütterlichem Interesse.«
Ich starrte sie an.
Dann schüttelte ich zögerlich den Kopf. »Nein.« antwortete ich und log sie an. Mütterlichem Interesse am Arsch.
Man!
Ich konnte mein Zittern nicht unterdrücken.
Ein ungutes Gefühl machte sich in mir breit.
Ich öffnete meine Lippen. Ich wollte sie anflehen mich gehen zu lassen. Aber bei ihrem Gesichtsausdruck, schloss ich meine Lippen wieder und schluckte schwer.
Azael bitte beeil dich. Egal, was du mir angeblich verheimlicht hast, ich werde es bestimmt verstehen. Doch bitte, hol mich hier raus. Bitte! Flehte ich Gedanklich und hoffte mir, dass mein Verbundener so schnell wie möglich mich hier finden würde, wo auch immer ich gerade war.
Sie schnalzte verächtlich mit der Zunge. »Lügen, Lügen, Lügen. Nun gut, wenn es der Weg ist, den du mit mir gehen willst. Fein. Mal sehen, was ich damit anfangen kann.« Blitzschnell, hob sie die Hand und grub ihre Finger bis zum letzten Gelenk in meinen Bauch. Blut lief an ihrer Hand hinab und sie grinste, als sie ebenso schnell ihre Hand zurückzog.
»Heilst du?«
Ich sog scharf die Luft in die Lunge, unterdrückte nur halb einen schmerzverzerrten Schrei und sah schockiert an mir hinunter. »N...Nein...« antwortete ich tonlos.
Gestörte Kuh!
Die Viper legte den Kopf schief und hob die Finger, um sich mein Blut davon abzulecken. Dann schnippte sie mit dem Finger und ein Dämon kam und überreichte ihr eine Blutkonserve, bevor sie ihn mit einem leisen Knurren wegschickte. »Heilst du, wenn du Blut zu dir nimmst?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein...Ich...Weiß nicht.« antwortete ich und atmete zitternd ein. Es tat so weh. Gott, sie hatte mich gefühlt durchbohrt mit ihren Fingern.
»Hat Azael dir noch nie von seinem Blut gegeben?«, fragte sie diesmal tatsächlich überrascht.
Ich stieß wütend Luft aus. Es tat verdammt weh! Und sie hatte nichts Besseres zu tun, als mir Fragen zu stellen. Ich schüttelte nur den Kopf.
Sie legte ihren Kopf erneut seitlich. »Interessant. Nun«, wieder in unmenschlicher Geschwindigkeit, riss sie den Blutbeutel auf, packte mein Gesicht, zwang mich meine Lippen auseinander zu machen und schüttete die dickflüssige Flüssigkeit in meinen Hals. Damit ich schluckten musste, presste sie ihre Hand auf meinen Mund und die Nase. »Dann sehen wir doch mal, ob deine dämonische Seite mehr kann, als dich an meinen Jungen zu binden.«
Ich schluckte und würgte. Aber weil sie mir die Nase und Mund zugehalten hatte, musste ich schlucken. Es schmeckte....komisch....
Nicht ekelerregend, aber auch nicht lecker. Als sie endlich ihre dreckigen Finger von mir nahm, hustete ich und würgte wieder. »Für die Bindung können wir doch nichts! Und du .....Du nennst ihn >deinen Jungen< obwohl es dir Scheiß egal ist..« ich verzog das Gesicht und sah sie an. »...ob er glücklich oder unglücklich ist. Sonst hättest du ihm Maha nicht genommen!« fuhr ich sie an und hustete wieder. Blut lief mir an einem Mundwinkel hinab und tropfte auf meinen Oberschenkel.
Azaels Mutter lachte und tätschelte meine Wange. Ihr Blick auf meinen Bauch gerichtet. Auf die Wunde, die nicht heilte. »Ich habe nie gesagt, dass ich sein Glück will, Mädchen.« Sie sah mich an. »Denn das will ich nicht. Az ist sehr viel effektiver, wenn er keinen Menschen als Haustier hat, den er beschützen will. Du musst wissen, er neigt dazu, sein Herz an schwächere zu verschenken. Wobei, bis dahin waren es nur diese lästige Pestbeule Maha und jetzt du.« Die Hexe grinste. »Wie mir scheint, braucht er eine Auffrischung dessen, was passiert, wenn er sich auf ein sterbliches Leben einlässt. Wobei ... um gerecht zu bleiben, ich würde auch jeden Dämon abschlachten, für den er sich außerhalb seines Bettes interessiert.« Sie atmete gespielt enttäuscht ein. »Azael ist wie sein Vater. Zwar deutlich stärker, was seine Kräfte und seine Art an geht, doch er neigt zu Sentimentalitäten und _Liebe_.« Letztes Wort spuckte sie aus, als sei es giftig.
»Hört sich eher an, als wäre er ein besserer Dämon als du jemals sein wirst. Ich schätze-« setzte ich an und lachte unlustig und fühlte mich gar nicht gut mit der Wunde. »-mit seinem Vater hätte ich mich besser verstanden.« Ich sah wieder in ihre blauen Augen. »Ich wünschte, sein Vater hätte dich gefressen, statt andersherum.«
»Vorsicht«, gurrte sie. »Am Ende pule ich mir dein Fleisch zwischen den Zähnen raus, Menschlein. Du weißt nicht, was es bedeutet, ein Dämon zu sein. Und auch nicht zu sein wie eine Jägerin, so wie deine Mutter. Du bist von allem Etwas und doch nichts Ganzes. Kein Mensch, kein Dämon, kein Jäger. Nur eine namenlose Geliebte, die meinen Sohn fickt.«
Kein Mensch.
Kein Dämon und....
Kein Jäger?
Meine Mutter ist eine Jägerin? Was?!
»Meine Mutter .....ist keine Jägerin.« stellte ich fest und glaubte ihr kein Wort. Meine Mutter war zwar mit einem Dämon, meinem Vater, zusammen gewesen, aber sie war keine Jägerin. Das würde sie nie tun! »Und ich bin mehr als nur die Geliebte. Ich bin seine verbundene.« und er liebt mich. Fügte ich gedanklich hinzu. Nur ich hatte es bisher nicht geschafft die drei Worte zu erwidern.
Nun lachte sie laut los und zog einen Dolch aus ihrer Kleidung. Langsam hob sie ihn und schnitt mir einen tiefen Schnitt in die Wange. Ich zuckte zurück und schrie, als die Haut riss. Danach leckte sie die Klinge ab. »Das ist wohl eines der Dinge, die Azael dir nicht erzählt hat. Lisa Matei, ist zu der Organisation der Jäger, nachdem dein Papi seinen Kopf verloren hat. Und Azael, weiß das. Das und noch viiiiiiel mehr.« Sie betrachtete das Blut an meiner Wange und ihre dämonische Form manifestierte sich. »Hast du Kräfte?«
Sie kannte den Namen meiner Mutter. Sofort verspannte ich mich und drückte mich noch stärker an die feuchten Steine der Zelle. Jetzt brannte nicht nur die Wunde an meinem Bauch, sondern auch die an meiner Wange.
»Du lügst.« stieß ich dennoch geschockt aus und wollte es nicht glauben.
Wieso sollte Azael das wissen und wieso sollte er das nicht erwähnen, als er mit mir ehrlich sein wollte?!
»Kräfte? Ich...Nein.« antwortete ich und versuchte meine Gedanken zu ordnen.
Sie grinste. »Dummes, dummes Ding«, schnurrte sie. »Du wird sehr bald sehr tief fallen. Glaub mir. Und jetzt, lass uns Spaß haben. Ich will sehen, ob ich den Dämon nicht aus dir herauskitzeln kann.«
Sie hob das Messer und setzte an.
Bevor ich begreifen konnte, was sie vorhatte, hüllte ich die Zelle mit einem schmerzlichen Schrei ein.
Danach begann die wahre Folter. Stunde um Stunde, schnitt sie mich und ließ mich bluten. Gleichzeitig zwang sie mich auch wiederum neues Blut zu trinken. Einmal übergab ich mich, den Rest trank ich, weil mir keine Wahl blieb. Noch nie in meinen 24 Jahren auf dieser Erde habe ich solche Schmerzen ertragen müssen. Ich weinte, ich schrie, ich verzweifelte, ich flehte. Doch dieses Monster lachte nur, hatte weiter ihren Spaß, während sie mich fast zu Tode folterte. Oder wie sie es nannte: Experimente durchführte.
Es vergingen weitere Stunden, genau konnte ich nicht sagen, wie lange ich das durchgestanden hatte, bis sie endlich aufhörte und ich in meinem eigenen Blut lag. Mit Schnitten und Einstich Wunden übersäht. Meine Augen geschwollen vom Weinen. Meine Stimme verschwunden vom Schreien. Es war alles zu viel. Alles zu viel. Viel zu viel. Ich wollte nachhause. Einfach nachhause.
Wieder entfuhr mir ein tonloses schluchzen, als ich aufsah und der Viper hinterher sah. Sie kicherte und dieses kichern brannte sich in mein Gedächtnis ein. Ein letzter Blick auf mich, sah ich ihr verächtliches grinsen, bevor sie endgültig verschwand und die Tür klirrend ins Schloss viel und der Schlüssel von einem anderen Dämon gedreht wurde.
Weinend blieb ich liegen, schaffte es nicht mehr mich zu bewegen oder zu denken. Mir tat alles weh. Es gab keine Stelle mehr, die sie nicht verletzt hatte. Die Augen schließend, verlor ich zum Glück das Bewusstsein, bevor ich in eine Panik verfallen konnte. Mein Körper entschied abzuschalten. Und das war wohl die beste Entscheidung, als ich ins Schwarze Loch fiel und hoffte, ich würde wo anders wieder erwachen.
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