Dreizehn

Wir fuhren in Richtung Stadt, das Wetter wurde zunehmend schlechter und wir sehnten uns nach neuer Gesellschaft. Wir hatten uns in den Kopf gesetzt unter einer Brücke zu schlafen, die nicht mehr befahren wurde, aber dafür Windschutz lieferte. Die Kinder waren von dem Schall der Geräusche begeistert und machten die absurdesten Geräusche, die die Wände der Brücke verzerrt zurück warfen. Gegen Abend, als es zu dämmern begann, kam ein Mädchen zu uns. Schüchtern, circa fünfzehn, mit feuerrotem Haar. Ihre erste Frage an uns war, ob wir essen benötigen. Ihre nächste, warum wir unser Haus aufgegeben haben und ihre übernächste, ob wir mit zu ihr und ihrer Familie kommen wollten. Wir bejahten, gespannt auf die Reaktion der Familie. Wir konnten keine Fragen stellen, ihre kamen im Sekundentakt herausgeschossen und ließen keinen Platz für ein Gespräch. Nach ihren Fragen schwieg sie, in Gedanken versunken und führte uns zu ihrem Haus. 

Es war groß, dunkel und schlecht isoliert. Drinnen war es fast so kalt wie draußen, aber das gesamte Haus roch nach Essen. "Mamá, ich bin wieder da. Wir haben Besuch." Rief das Mädchen und wies uns dabei den Platz für unsere Schuhe zu. Dort standen sechs weitere Paare, auf einem grünen Unterteppich, der auf die dunklen Holzdielen gelegt war, vermutlich um diese vor Dreck und Wasser zu schützen. Hinter den Schuhen stand ein Schrank, mit unendlich vielen Kleiderhaken, welche genau sechs Jacken trugen. Wir hingen unsere dazu und schauten uns verdutzt um. Wir standen in einem Flur, dunkel, von Energiesparlampen schwach beleuchtet, eine schmale Treppe mitten im Raum und drei Türen. Eine schien zum Essen (und der Mutter) zu führen, die andere war verschlossen und die letzte schien nach draußen zu führen. Das Mädchen ging, ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen durch die Tür die zu dem Essen zu führen schien und wir folgten ihr. Wir gingen durch einen dunklen Raum, der vollgestellt mit Schränken, Geschirr und Pflanzen war und kamen in eine gut beleuchtete Küche. 

Die Küche bestand aus Holz und war wunderschön verziert, in ihrer Mitte war ein riesiger Tisch, an dem acht Leute saßen. Fünf Männer, mit verdreckten Bärten, verfilzten Haaren und zerlumpten Klamotten, eine Frau die ähnlich aussah, eine wohlgenährte, strahlende Frau und ein circa acht jähriger Junge, mit rabenschwarzen Haaren. Das Mädchen gab der strahlenden Frau einen Kuss auf die Stirn, ging in Richtung des Herdes und füllte sich einen Teller mit Suppe. Die Suppe war rot und schien eine Mischung auf Bohnen und Kürbis zu sein, mit mittelgroßen Kartoffelstücken. "Ihr könnt euch auch etwas nehmen." murmelte sie, während sie sich hinsetzte. Also beluden wir unsere Teller, erst die der Kinder, dann die unseren, und setzten uns zu ihnen. Drei der vermutlich obdachlosen Männer, starrten in Gedanken versunken auf den Tisch, zwei schlangen ihre Suppe hinunter und die Frau kaute auch in Gedanken schwelgend auf einem Stück Brot rum, welches in der Mitte des Tisches stand. 

"Ich bin Leyla", sagte die strahlende Frau und meine Frau erwiederte das Strahlen und sagte "Ich auch." Der kleine Junge fing daraufhin an ziemlich schrill zu lachen und bald lachten alle. Alle wurden angesteckt davon, obwohl es eigentlich nicht witzig war. Nicht für Erwachsene. Aber die Kinder begannen zu lachen, bis ihre Augen tränten und der Junge mit der schrillen Lache bekam sich nicht mehr ein. Also lachten wir mit, vielleicht nicht wegen des Witzes, sondern wegen seines Lachens. Damit begann unser Abend.

Es stellte sich heraus, dass Leyla Nr.2 46 Jahre alt war, zwei Kinder hatte, keinen festen Lebenspartner, dafür aber zwei große (starke) Brüder, die mit ihr dieses Haus teilten und dass sie ihre Zeit dafür nutzte zu kochen und Bedürftigen ein Heim zu geben. Ohne Geld dafür zu verlangen, manchmal kamen ihnen Spendenaktionen zu gute, aber meistens regelte sich alles von alleine. Einer ihrer Brüder arbeitete viel, war ein hohes Tier und finanzierte das was es zu bezahlen gab und der andere passte auf, dass alles in diesem Haus rechter Dinge zu geht. Im groben und ganzen war sie aber Selbstversorgerin, teilte sie uns stolz mit. Die Menschen, die bei ihr aßen, kamen häufig wieder und falls Aufgaben anstanden, halfen sie bereitwillig mit. Manche waren stark weggetreten, andere Protestierende, wiederrum andere verrückte Reisende. Vermutlich waren wir mit letzterem gemeint. Sie sagte, dass sie in der oberen Etage zehn Gästebetten hätte und gelegentlich Menschen ein Heim bot. Allerdings, sagte sie, dass in ihrem Haus ein striktes Alkohol-Drogen Verbot herrsche und bei Missachtung ein sofortiger Rauswurf erfolgte. Mit tadelndem Blick schaute sie einen der Männer an und wandte dann ihre Aufmerksamkeit wieder uns zu. 

<<geht bald weiter

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