- Kapitel 2 -

Am späten Abend machte ich es mir mit dem Zwerg auf unserer provisorischen Schlafstädte gemütlich. Dabei musste ich immer wieder an das Gespräch von heute Nachmittag denken. Ich wusste, dass der Zwerg Recht hatte, doch ich wollte es mir nicht eingestehen. Deshalb lag ich nun da, starrte den Himmel mit den tausenden von Sternen an, und konnte einfach nicht einschlafen. Umso mehr ich mich bemühte, desto wacher wurde ich. Es war zum Verzweifeln!

Wie ich schon erwartet habe, war ich am nächsten Morgen hundemüde und hatte Schwierigkeiten, meine Augen offen zu lassen. Natürlich blieb das beim Zwerg nicht unbeobachtet, doch er wusste, dass ich nun mit meinen Gedanken alleine sein musste. Ich brauchte sein Mitleid nicht. Doch um ehrlich zu sein, wusste ich gar nicht, ob er mich bemitleidete oder ob ich ihm einfach egal war. Denn jeder wusste, dass Zwerge Einzelgänger sind und deshalb die Anwesenheit von anderen Menschen, oder auch anderen Wesen, nicht mochten.

So verbrachte ich den ganzen Morgen damit, dass ich in meinen Erinnerungen schwelgend dem kleinen Mann hinterher lief. Erst als er plötzlich vor mir stehen blieb und ich, so tollpatschig wie ich nun halt war, mit einem lauten Knall in seinen Rücken hineinlief.

Ups, das war jetzt aber peinlich! Erst als ich mich wieder aufrappelte und dem kleinen Männchen meine Hand darbot, merkte ich, dass wir nicht alleine waren. Nun sah ich auch den Grund für den plötzlichen Stopp von Benjamin. Ein grosser Karren mit Heu lag nämlich umgekippt auf der Strasse und daneben sass eine kleine Gestalt, welche sich weinend zusammengekauert hatte.

Als ich genauer hinschaute, merkte ich, dass es ein kleines Mädchen war, welches höchstens zehn Jahre alt sein konnte. Langsam ging ich auf sie zu, um sie nicht zu verschrecken oder noch mehr zu verängstigen. Als ich bei ihr ankam, legte ich meine Hand auf ihre Schulter und kniete mich vor ihr hin.

Ganz leise fragte ich sie, was denn genau passiert sei und wie wir helfen könnten. Zu Beginn gab sie mir keine Antwort und schluchzte nur vor sich hin. Erst später erzählte sie mir, dass sie mit dem Karren ihres verstorbenen Vaters in den Süden gehen wollte, da sie dort noch Verwandte besass. "Ich habe plötzlich die Kontrolle über den Wagen verloren, und nun ist er kaputt." Sie seufzte. "Ich habe kein Essen, und mein ganzes Geld habe ich schon verbraucht." Als sie erneut in Tränen auszubrechen drohte, schlug ich ihr vor, sich uns anzuschliessen. Schliesslich wollten wir auch in den Süden reisen.

Der grummelige Zwerg war zu Beginn nicht so begeistert, doch auch sein versteinertes Herz erweichte ein bisschen, als er den augeregten und dankbaren Blick des Mädchens sah. Doch obwohl wir nicht mehr viel Geld und nun noch ein Maul mehr zu stopfen hatten, war ich überglücklich, einen Zuwachs zu unserer kleinen Gruppe zu bekommen. Denn so konnte ich mich auch ein wenig unterhalten, denn dies war mit Benjamin nicht so einfach.

Anfangs war das Mädchen sehr schüchtern. Als ich sie fragte, wie sie denn hiess, anwortete sie kaum hörbar: "Adeline." Obwohl ich sie nicht bedrängen wollte, konnte ich meine Neugier nicht zurückhalten. Doch um mehr von ihr zu erfahren, musste sie sich öffnen. Vermutlich sass ihr der Unfall noch in den Knochen, sie brauchte Zeit, um alles zu verarbeiten.

So liefen wir den Rest des Tages mehr oder weniger schweigend weiter auf unserer Strecke, bis wir einen geeigneten Schlafplatz auf einer grossen Wiese fanden. Wir breiteten unsere Matten aus und legten uns unter das wunderschöne Sternendach. In dieser Nacht konnte ich eindeutig besser schlafen als in der Nacht zuvor. Ich freute mich immer noch über die Gesellschaft von Adeline und konnte so ohne weitere negativen Gedanken an mein Zuhause und meine Familie einschlafen.

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