Gramary |3|
Gramary
Noun | Meaning:
~Magic; Enchantment~
Der Obstgarten lag still wie ein Grab.
Die Bäume blühten wunderschön, ihre Früchte giftig und schwarz.
"Was suchen wir hier?", wollte Jisung wissen. Er war aufgeregt und nervös zu gleich. Stetig wippte er auf und ab, inspizierte seine Umgebung, lauschte jedem Geräusch, dass er wahrnehmen konnte. Jungkooks schwarzer Lockenkopf wirkte von hinten wie ein wackelnder Kopf voller Schlangen. Warum auch immer Jisung das in den Sinn kam. Hinter ihnen knackte etwas und der Blonde drehte sich um. Seungmins entschuldigter Blick ging zwischen dem Untergehen der Sonne und der Nacht, die sich erhob, völlig unter. Scheinbar war er auf etwas draufgetreten. Sie waren schon einige Minuten unterwegs, sodass Jisung ins Hecheln kam. Er hoffte, die anderen merkten es nicht, aber da irrte er sich bestimmt. Ihr Weg bahnte sich über das Schulgelände, auf dem ihnen niemand entgegen kam, durch Gestrüpp und unebenen Wegen, um letztendlich auf einer weitläufigen Wiese zum Stehen zu kommen. Jisung konnte das Ende der Fläche gar nicht ausmachen. Doch etwas störte sein Blickfeld. Etwas, dass sich direkt in der Mitte der begrünten Ebene befand.
Ein Baum.
Seine unzähligen Verästelungen griffen in alle möglichen Richtungen, zum Himmel, zur Erde, zu anderen Bäumen und Sträuchern, um ihnen ein bisschen ihrer Lebensenergie zu berauben.
Denn der Baum lag im Sterben.
Die Rinde blätterte an jeder Faser seines Körpers ab. Keine Blätter wuchsen an den Ästen. Kein Leben strömte Jisung entgegen. Vielleicht war es seine Einbildung oder die Tatsache, dass der Blonde wusste, wie sich der Baum fühlen musste, wie es war zu sterben, aber der Riese schien nach ihm zu rufen.
"Das ist deine Initiation. Deine Aufnahme. Der Beweis, dass du hier her gehörst", hörte er Jungkook erzählen.
"Der Baum steht hier seit fünf Jahrhunderten, aber erst seit zehn Jahren leidet er. Niemand weiß, warum das geschieht, aber es wird gemunkelt, dass er Krankheiten überträgt."
Grinsend drehte sich Jisung um.
"Soll mir das Angst machen?", fragte er spöttisch. Jisung hatte noch nie an Geistesgeschichten oder Gerüchte geglaubt. Dafür war er zu alt, zumal es Vampire gab und die waren für viele Menschen Grusel genug.
"Sieh an, sieh an. Bist wohl doch keine Eibemme, was?", höhnte Minho und stieß ihn Richtung Baum.
"Los, berühr ihn. Oder hast du Angst?"
"Minho!", mahnten Chan und Jungkook gleichzeitig.
Jisung schenkte dem Größeren ein zuckersüßes Lächeln, ehe er sich umdrehte und mit festem Schritt auf den Baum zuging. Er hatte keine Angst. Nicht vor einem Baum, nicht vor einer Krankheit, ja nicht einmal vor dem Tod.
Binnen Sekunden erstrahlten links und rechts am Ende der Wiese Lichter. Es waren Kerzen, die von anderen Schülern gehalten wurden. Es waren Vampire wie Menschen gleichermaßen. Das Licht veränderte die Atmosphäre. Es wirkte gruseliger, mythischer, doch das störte den Blonden nicht.
Ab einen gewissen Punkt gab es nur noch ihn und den riesigen Baum.
Komm, komm, komm näher, mein Gefäß! säuselte eine Stimme, ein Singsang aus mehreren Stimmen, aus mehreren Tonlagen. Jisung war gewillt ihm zu antworten.
Denn niemand anderes hörte die Stimme.
Berühr mich!, verlangte die Stimme.
Er war nur noch zwei Schritte von ihm entfernt, als er Hyunjins Stimme hörte:
"Du kannst umdrehen, wenn du Schiss hast! Wir ziehen dich auch nicht auf! Es ist okay, Angst zu haben!"
Jisung verdrehte die Augen und ignorierte die Worte des Vampires. Lieber konzentrierte er sich auf seinen Gegenüber, der jetzt mächtig und uralt vor ihm aufragte. Wie von selbst hob sich seine Hand. Er war nicht Herr seiner Selbst. Alles andere um sich herum, hatte der Blonde ausgeblendet. Es gab nur ihn und den Baum.
Berühr mich!, wiederholte die Stimme.
Das ließ er sich nicht dreimal sagen. Seine Fingerkuppen glitten über die raue, morschige Haut. Einen Wimpernschlag später kribbelte sein ganzer Körper. Es war eine Kettenreaktion aus Leuchtfeuer, aus einer Springflut von Macht, die ihn durchströmte.
Blaue Glühwürmchen brachen wie Vögel aus ihren Eier hervor, direkt aus dem Baum. Sie erfüllten den kompletten Raum, die komplette Ebene. Jisung blickte in die überraschten Gesichter, der fremden Schüler.
Such mich!, flehte die Stimme.
Jisung zog die Stirn kraus.
Wen und wo sollte er suchen?"
Die Glühwürmchen leuchteten immer heller und heller. Das Blau wurde immer intensiver. Immer mehr.
Finde mich, weinte die Stimme mittlerweile.
Finde mich, schnell!
Jisung wandte sich ab und starrte suchend umher. Das Leuchten endete in einer Art Feuerwerk. Überall zersprangen die Schönheiten, zersprangen in einem letzten glänzenden Aufbäumen ihrer Macht, ihrer Magie.
Jeongin tauchte vor ihm auf.
"Wie hast du das gemacht?", wollte er sofort wissen, dabei hatte Jisung keine Ahnung. Er war ein Mensch. Er hatte keine Magie, wie die Vampire. Jungkook klopfte ihm auf die Schultern. Sein Blick war ernst. Dann, als hätte er die Masken getauscht, lachte er.
"Da hat Taehyung sich ja was cooles ausgedacht. Das ist noch nie passiert."
Jisung hörte aus seinem Ton etwas anderes raus und das gefiel ihm gar nicht.
Irgendwas wusste er.
Chan klopfte mit seinen Händen, um die Aufmerksamkeit aller auf sich zu ziehen.
"Da du die Initiation heil überstanden hast", ein kurzer Lacher ging durch die Runde, wobei sich Jisung fragen musste, ob etwas an dieser Aussage dran war. Der bloße Gedanke bescherte ihm eine Gänsehaut.
"-heißen wir dich herzlich Willkommen in Haus Zwei. Du bist jetzt ein vollwertiges Mitglied von Stray Kids."
Einerseits war Jisung unglaublich erleichtert, jedoch fand er diese Art Ritual irgendwie überflüssig. Was war so spannend daran einen beinahe toten Baum zu berühren? Aber es war ja nicht seine Entscheidung gewesen. Er grinste in die Runde und vor allem rieb er sein Grinsen Minho unter die Nase. Er konnte ihn gern weiter piessacken und nerven, er konnte das auch. Dieses Schuljahr würde großartig werden. Das fühlte er.
"Lasst uns zurück gehen, morgen ist Jisungs erster Schultag, den sollte er nicht verschlafen", scheuchte sie Jungkook wieder zurück zur Schule. Doch Jisung konnte sich einen Blick nach hinten nicht verkneifen. Die Worte des Baumes hatten ihn nachdenklich gestimmt. Er sollte die Bibliothek aufsuchen und sich erkundigen.
Felix lief neben ihm und stupste ihm in die Seite.
"Alles klar?"
Der Blonde wollte gerade zur Antwort ansetzen, als er über eine Wurzel stolperte und mit einem Affenzahn den Boden knutschte, bevor er oder Felix reagieren konnten. Im ersten Moment fühlte sich sein Kopf wie in Watte gepackt an. Nach zwei Sekunden spürte er einen ziehenden Schmerz an seinen Handflächen, die den Sturz abgefedert hatten. Neben dem Dreck und der abgeschürften Haut, bildeten sich kleine Rinnsale aus roter Flüssigkeit. Blut.
Felix blickte ihn an und half ihm auf. Seine Augen waren längst nicht mehr grün. So auch die der anderen. Das war normal. Sie würden ihn jetzt nicht fressen. Hingegen der allgemeinen Gerüchte und Fehlleitungen durch Filme und Serien wie Twilight oder Vampire Diaries, gehörten diese Geschöpfe nicht zu blutrünstigen, menschenaussaugenden Monstern, zu denen sie oftmals deklariert wurden.
Sie waren Heiler.
Diese unsterblichen Geschöpfe wurden nach einem Jahrhundert als ebenbürtig angesehen, als Teil der menschlichen Zivilisation. Ein Geben und Nehmen entstand. Die menschliche Regierung schenkte den Vampiren Lebensraum, integrierten sie mit in die Gesellschaft, meistens wurden sie in medizinischen und öffentlichen Dienste eingebunden.
Die Augenfarben von Vampiren änderten sich von Grün zu Rot, wenn Blut ins Spiel kam. Doch es gab eine andere Farbe, die selten auftrat. Jisung hielt in seinem Gedankengang inne, nachdem Felix und Seungmin ihm aufgeholfen hatten.
Minho starrte ihm direkt ins Gesicht. Seine Augen waren anders. Sie waren weder rot noch grün.
Sie waren gelb und das bedeutete nur eine Sache.
Minho war ein Vampirfürst.
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Guten Abend, meine lieben Leser und Leserinnen!
Ein neues Kapitel, eine neue Erkenntnis.
Was wohl an einem Fürsten so besonders ist? Erfahrt ihr bald xd
Also schön weiterlesen!
Minho
Jisung
Oben sieht man Jungkook
Feel free to comment!
Erin🌸
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