26| Eine Danke ist wichtig

„Ich bin in drei Stunden wieder hier, danach bringe ich dich zum Bus und es geht wieder nach Hause für dich."

Versuchte ich streng zu klingen. Aber Bell aß völlig unbeeindruckt weiter ihre süßen Schokobällchen, die sie von Hillary bekommen hatte. Sie schwammen schon lange nicht mehr in einer Milch, sondern in einer abartig süßen Kakaomischung.

„Okidoki."

Flötete sie fröhlich und Hillary kicherte in ihre Hand.

„Bell meinst du nicht, etwas Gesünderes hätte es auch getan?"

„Mensch Kandy, jetzt mach dich mal locker. Sie ist sechzehn. Da kann sie auch mal Schokopops zum Frühstück haben. Du klingst wie eine überfürsorgliche Mutter."

Tadelte mich Lary.

„Sie ist fünfzehn!"
Korrigierte ich sie und rollte meine Augen.

„Okay, ich muss los. Sein brav und stell nichts an."
Gab ich mir Mühe, sie nochmal ernst zu ermahnen, aber Bell grinste nur selig.

„Klar doch Kandylein."

Ich ignoriere ihre Ironie, schnappte mir meinen Rucksack und jetzt zu meiner ersten Vorlesung.

Mit Bell zusammen morgens war es nicht gerade einfach mich zu konzentrieren und mich schnell fertig zu machen. Ich hatte sogar meine Joggingrunde ausfallen lassen und war trotzdem spät dran.

Ich gähnte während ich mich beeilte über die Flure meinen Hörsaal zu finden.

Bell hatte mit in meinem Bett geschlafen, obwohl wir ein Zimmer freihatten. Jedoch fehlte mir frische Bettwäsche und so musste ich seit langem mal wieder mit einem Menschen das Bett teilen, was mich sehr unruhig schlafen ließ.

Dazu kam, dass mir Bell immer die Decke geklaut hatte.

Müde fuhr ich mir durch die Haare und suchte mir heute einen Platz in den hinteren Reihen.

Gerade als der Professor durch die Tür trat, vibrierte mein Handy.

«Bleibt es bei heute Nachmittag mit unserem Training?»

Fragte mich Nick in einer Nachricht.
Mist ihn hatte ich komplett vergessen.

«Wag es nicht abzusagen. Ich will wissen, wie es dir geht und was los ist.»

Ich lächelte leicht.

«Wem sind andere wichtiger als er denkt?»

Ich konnte förmlich sein Augenrollen sehen, als seine Antwort eintrat.

«Du bist eine Ausnahme Sugar, weil du meine einzige Freundin bist.»

Ich freute mich ehrlich, dass er das so sah. Nick war für mich auch ein Freund geworden, den ich dringend an meiner Seite brauchte.

«Gut. Ich versuche, pünktlich da zu sein.»

Nick belegte meine Nachricht mit einem „Daumen-Hoch" und ich versuchte mich anschließend auf den Unterricht zu konzentrieren.

**

„Ich will aber nicht nach Hause. Morgen ist doch eh schon Freitag. Kann ich nicht am Samstag nach deinem Training mit dir zusammen fahren."

„Bell du hast Schule."

„Das habe ich schon mit Dad abgesprochen. Er schreibt mir für heute und morgen ein Attest."

„Bell..."

Knurrte ich.

„Nun lass sie doch. Sie sagt, sie hat super Noten, dann kann man auch mal zwei Tage blau machen."

„Nicht hilfreich Lary."

Maulte ich meine Freundin an, die zu ihrer Verteidigung nur die Hände hob.

Seit wann hatten sich die beiden gegen mich verschworen?

„Ich rufe Daddy per FaceTime an und der kann dir das bestätigen, das es in Ordnung ist."

Ich hatte gar keine Gelegenheit „Nein" zu sagen, da hatte sie schon ihr Handy gezückt und wählte die Nummer ihres Vaters. Der ging natürlich nach dem zweiten Klingeln dran.

„Bell. Was gibt es? Ich muss dringend arbeiten und habe mich einiges zu erledigen."

„Daddy, bitte sag Kendall das es in Ordnung ist, wenn ich noch zwei Nächte hier bleibe und Samstag mit ihr zusammen nach Hause fahre."

„Liebes ich habe dir das Okay gegeben, weil wir uns vertragen haben. Aber ich habe dich darum gebeten Kendall zu fragen, ob das wirklich geht."

„Das tue ich gerade. Siehst du..."

Bell schwenkte ihr Handy so, das ich Fernando kurz sehen konnte und er mich."

„...ich muss auflegen Daddy, denn ich muss Kendall weiter überzeugen. Danke, hab dich lieb.

„Bell bitte setz Kendall nicht so unter..."

Fernando konnte nicht mehr aussprechen, da hatte Bell schon aufgelegt und sah mich mit einem super breiten Grinsen an.

„Siehst du...er hat es mir erlaubt."
Sagte sie stolz und lächelte zufrieden.

„Bella ich muss...also du kannst nicht...."
Versuchte ich vergeblich, ihr sanft eine Absage zu geben.

Sie verzog ihre kleinen Lippen zu einem süßen Schmollmund und sah mich dabei mit ihren Teddybär Kulleraugen an.

„Bitte... bitte Kandy. Ich verspreche auch das ich dir nicht im Weg bin und eigenständig mich beschäftige. Du wirst nicht mal merken, dass ich hier bin."

Wie konnte mich diese kleine Person so schnell um den Finger gewickelt haben. Aus irgendwelchen Gründen, fiel es mir so schwer ihren dunklen Knopfaugen zu widerstehen.
Und es wäre nur noch für eineinhalb Tage.

Ich seufzte ergeben auf.

„Okay, aber nur dieses eine mal. Das ist wirklich eine Ausnahme."

„Danke, danke, danke..."

Quietschte Bell auf und umarmte mich stürmisch.

„Du sagst deinem Vater Bescheid. Ich...Ich habe noch eine wichtige Verabredung."

„Mit Nick?"

„Woher weißt du das und sah gleich zu der Übeltäterin, die mich extra nicht ansah und zusammengerollt auf dem Sofa saß.

„Hillary..."

Knurrte ich. Doch sie nahm meine drohende Stimme nicht ernst und kicherte nur.

„Reg dich nicht auf Kandylein. Ihr seid doch nur Freunde. Genau das habe ich deiner Schwester gesagt. Außerdem war es so nett von ihm gestern nach dir zu fragen, als ich ihn beim Einkaufen getroffen habe."

„Ist er heiß?"
Fragte Bell dazwischen.

„Super heiß!"
Antwortete Lary und Bell bekam große runde Augen.

„Hallo Leute, darum geht es nicht! Ich trainiere Nick nur und wir sind Freunde. Das soll auch so bleiben."

Lary schmunzelte und ihre Augen begannen zu funkeln. Das verhieß nie was Gutes.

„Na ja, da gibt, es ja noch Maverick Vance der ein Auge auf deine Schwester geworfen hat, aber sie sich absolut nicht darauf einlassen will."

„Hillary sei leise!"
Blaffte ich aber meine Freundin dachte gar nicht daran. Sie hatte sich wirklich mit meiner Schwester verschworen.

„Der sieht richtig gut aus und er war so hilfsbereit."

Schwärmte Bell und ich konnte die kleinen pinken Herzen in ihren Irden schweben sehen.

„Ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät."

„Kann ich mitkommen und zusehen?"

„Nein."

„Bitte, ich werde ganz ruhig und leise zusehen."

„Nein!"

„Biiiittteeee. Ich will so gerne noch Zeit mit dir verbringen und mehr deiner Freunde kennenlernen."

Bella versuchte mich wieder mit ihren großen Augen und ihren langen Wimpern zu bezirzen.

„Nein Bella, diesmal geht das nicht!!"

**

Dieser kleine Zwerg hatte es echt faustdick hinter den Ohren. Bella saß zufrieden neben mir im Auto und plapperte vor sich hin. Sie berichtete nur ganz wenig von der Schule, aber dafür um so mehr von dem Skatepark und den Leuten die sich da aufhielten.

Es freute mich, dass sie anscheinend etwas gefunden hatte, was sie begeisterte.

Nick wartete geduldig auf mich und war auch nicht sauer, dass ich mich verspätet hatte.

Stattdessen begrüßte er meine Schwester und zwinkerte ihr frech zu.

Dem Charme von Nick verfiel Bell rettungslos wie jede Frau, die er anlächelte.

Aber sie hielt ihr Versprechen, setzte sich ganz brav auf die Zuschauerbank und verfolgte interessiert dem schweißtreibenden Training von mir und Nick. Als wir fertig waren, kam sie uns freudestrahlend entgegen.

„Und was machen wir jetzt?"

„Wie wäre es mit Essen und Kino?"
Schlug Nick direkt vor.

Bell war total begeistert und ich räusperte mich, weil die beiden schon planten, ohne dass sie mich gefragt hatte. Vielleicht musste ich ja auch noch lernen oder hatte andere wichtige Dinge zu tun.

Zugegeben, die hatte ich nicht, aber ich wollte das sie mich fragten.

„Hast du nicht auch Lust Sugar?"

„Erstmal solltest du duschen!"

Ich rümpfte meine Nase, wobei ich sicher nicht viel besser roch.

„Und danach? Ich wollte den neuen Actionfilm mit Tom Cruise sehen."

Er kam mir extra näher und legte den Arm um mich.

„Du bist schlimmer als Bell."

Murrte ich und verdrehte spielerisch meine Augen.

„Und?"

„Ja, das können wir machen, aber erst wird geduscht. Ich habe das heute auch nötig."

Frisch geduscht und umgezogen, ich hatte mich in eine enge Leggings mit einem Oversized Hoddie gepackt. Ich war nämlich nicht davon ausgegangen, heute noch wegzugehen.

„Gut siehst du aus, Sugar...."

Schnurrte Nick und drückte mir einen Kuss auf den Haaransatz.

„Seit ihr sicher, dass ihr nur Freude seid?"
Frage Bell und wackelte mit den Augenbrauen.

„Ganz sicher!!"
Sagten wir gleichzeitig und zu dritt traten wir vor die Eishalle.

Als wir auf unser Auto zuliefen, bemerkte ich eine vertraute Gestalt am Ende des Parkplatzes.
Es war Vance, der über den Asphalt schlenderte.
Er war alleine und schien in Gedanken zu sein.
Jedenfalls bemerkte er uns nicht, obwohl Bell und Nick laut herumalberten.

Plötzlich überkam mich das tiefe Bedürfnis ihm zu danken, dafür, dass er Bella gefunden hatte und sie direkt zu mir gebracht hatte.

Ohne großen Einfluss nehmen zu können, setzte ich einen Fuß vor den anderen, bis ich vor ihm zum Stehen kam. Erst da sah ich, dass er Kopfhörer im Ohr hatte.

Er bemerkte mich erst, als er den Kopf hob, um ein Auto zu öffnen.

„Kandy?"

Er klang überrascht und hatte seine Augenbrauen hochgezogen.

„Hi Maverick."

„Was machst du hier?"

Ich beantwortete seine Frage nicht, sondern kam gleich zum Punkt.

„Ich habe dich zufällig gesehen und wollte dir nur kurz danken, dafür, dass du Bell zu...zu Kendall gebracht hast."

Unbeholfen hatte ich meine Hände in dem übergroßen Pullover versteckt und bewegte die losen Ärmel hin und her.

Ich vermied es ihm in die hellen Augen zu sehen.

„Ähhh... klar kein Problem. Geht es euch denn gut."

„Mhhh ja alles prima. Es gab nur einen kleinen Streit zwischen Bell und ihrem Vater. Aber wir haben alles geklärt."

Ich sah auf, ein Fehler, denn er sah mir so intensiv in die Augen, das mein Herz flatterte und ich direkt wieder den Augenkontakt brechen musste.

Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr wie er breit zu grinsen begann.

„Du sagst nicht oft Danke, oder?"

„Nein."
Stutzte ich.

„Ich brauche aber sonst auch nie Hilfe, also gewöhne dich nicht dran. Ein ehrliches Danke für Dinge, die mir wichtig sind, halte ich aber trotzdem nicht zurück."

Er lächelte weiter verschmitzt und ich wartete schon auf einen blöden Flirtversuch.

„Dann ist gut."

Ich nickte und wollte mich umdrehen.

„Kandy..."

Ich blieb stehen und wagte es ihm dich nochmal in die Augen zu sehen.

Warum hatte er so verdammt schöne Augen?

„Ich würde immer noch gerne mit dir ausgehen..."

„Das geht nicht!"

Sein Lächeln verschwand langsam und stetig.

„Ich halte nichts von Dates und Beziehungen."

Klärte ich ihn auf und ließ ihn einfach stehen.

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