Teil 20 (Marcus)


Clem.

Das einzige, was gerade in meinem Kopf ist, ist Clem.
Dieser Unfall, dieses Video...

Der Crash. Es war so heftig.

Ängstlich vergrabe ich mein Gesicht in meinen Händen.

Was ist, wenn er sich schwer verletzt hat? Was ist, wenn er bleibende Schäden von dem Unfall behält? Was ist, wenn er vielleicht sogar..?

Nein Marcus, so darfst du gar nicht erst denken.

Clem hat es überlebt.

Und in wenigen Minuten kann ich mir selber einen Eindruck davon machen.

Ja, ich bin in ungefähr einer halben Stunde am Flughafen in Nizza.

Will Powers Privat-Jet, welcher unglaublich schnell fliegen kann, sei Dank.

Was in den letzten vier Stunden passiert ist, kann ich mich gar nicht wirklich nachvollziehen.

Das Indy500.. ihr könnt es euch gar nicht vorstellen, wie toll es ist, wenn ihr das gewinnen könnt. Einfach nur unglaublich toll und die Atmosphäre...atemberaubend.
Normalerweise hätte ich nicht gedacht, dass mich etwas anderes wieder zurück in die Realität hätte bringen können, jedoch habe ich da die Rechnung ohne Clem gemacht.

Ich dachte wirklich für einen kurzen Moment, dass alles wieder gut wird, nachdem ich das Indy500 gewonnen habe und meinen Flug nach Europa antreten kann...mit Clem reden kann...alles klären kann und es alles mindestens wieder wie noch letztes Jahr werden kann...jedoch habe ich mich getäuscht.

Bedauerlicher Weise.

Jetzt sitze ich schon im Flugzeug beziehungsweise Privat-Jet und bin auch schon fast in Europa, jedoch nicht aus einem erfreulichen Grund.

Dieser Unfall...er sah so schlimm aus.

Er muss wohl heute im Rennen passiert sein, also noch vor dem Start unseres Rennens.

Hätte ich das gewusst, dann wäre ich direkt zum Flughafen gefahren und nach Europa geflogen, denn Clem ist mir nun verdammt nochmals wichtiger, als dieser Sieg es mir je sein wird.

Nächstes Jahr hätte ich auch wieder die Chance, das Rennen zu gewinnen. Sollte Clem jedoch wirklich etwas passiert sein, dann war's das mit meiner Chance auf Klärung, vielleicht auch auf mehr, denn ich weiß ja, dass Clem mehr als Freundschaft für mich empfindet,

Andrerseits kann ich es James auch nicht verübeln, dass er es mir geheim gehalten hat, denn er wüsste, dass ich sofort abhauen würde, dafür kennt er mich gut genug.

Immerhin hat er es noch geschafft zu mir durchzukommen, sonst würde ich wahrscheinlich noch in Amerika sitzen und diverse Interviews führen müssen.

Natürlich war das Abhauen aus Amerika und besonders vom Gelände nicht einfach gewesen, denn es sind überall Leute gewesen und jeder hat gesehen, dass ich mich aus dem Staub gemacht habe, da es auch auf jeder Fernseh-Leinwand zu sehen gewesen ist.

Jedoch hat mich nicht eine Sache aufgehalten...

Nicht meine Mechaniker, welchen ich begegnet bin, als ich mein Handy und ein Ladekabel aus dem Truck gegriffen habe, damit ich mit den anderen kommunizieren kann.

Nicht die ganzen Reporter, die mich versucht haben zu belagern, als ich das Streckengelände verlassen wollte.

Nicht James, Callum und all die anderen, welche mich zurückpfeifen wollten.

Einzig und alleine Will Power hatte es geschafft, mich kurz abzufangen, hatte gefragt, wo ich denn hinwolle.
Als ich ihm dann erzählt habe, dass ich so schnell wie möglich nach Europa müsse, da dort etwas ganz Schlimmes passiert sei, hat er mir seinen Privatjet angeboten und nun sitze ich hier und sehe am Fenster die im Nachtlicht schwach beleuchtete Küste Portugals aufleuchten.

Europa.

Ich habe es fast geschafft.

Nizza ist nicht mehr weit weg, also ist Clem auch nicht mehr weit weg.

Ja, er hat sich ja dämlich Verhalten, aber dafür wird es ja bestimmt gute Gründe geben.
James hatte mir sie ja noch erzählen wollen, jedoch hat sun der Unfall Eben einen Strich durch die Rechnung gemacht,also werde ich sie wohl selber erfragen müssen.

Sollte aber kein Problem darstellen.

Was durchaus ein Problem ist, welches mir aber jetzt erst auffällt, ist, dass ich keine Klamotten mithabe, außer meinen vollgeschwitzten und mit Milch übergossenen Rennanzug.

Will wird sich freuen, aber das ist mein geringeres Problem im Moment.

„So, schnallen sie sich bitte an. Wir setzten an zum Landeanflug",werde ich von dem Piloten, welcher außer mir die einzige Person hier ist, informiert.

Ich tue das, was mir gesagt wird und schon merke ich wir deutlich an Höhe verlieren und je teurer wir sinken, desto höher wird mein Puls.

Gleich bin ich hier. Habe festen Boden unter den Füßen.

Gleich sehe ich Clem...

Was soll ich bitte sagen?

Wie soll ich mich verhalten?

Kann ich überhaupt mit ihm reden?

In welchem Zustand ist der Franzose?

Was ist mit den anderen?

Wie komme ich überhaupt von Nizza nach Monaco ins Krankenhaus und noch viel schwerer...wie komme ich im Krankenhaus zu Clem?

Fragen über Fragen.

„So, da wären wir",we're euch auch schon aus meinen Gedanken gerissen, denn ich habe ehrlich gesagt gar nicht bemerkt, dass wir schon gelandet sind.

„Herzlichen Dank, dass Sie mich hierher gebracht haben. Sie haben definitiv etwas gut bei mir",verabschiede ich mich von dem Piloten und stehe nun, mit meinem Handy in der einen und mit meinem Ladekabel in der anderen Hand alleine auf dem Rollfeld.

Ortszeit zwei Uhr Nachts stelle ich fest, als ich auf mein Handy schaue.

Na toll.

Wer ist an einem Sonntag beziehungsweise ja schon Montag um zwei Uhr nachts noch wach?

Richtig.

Keiner.

Denke ich.

Zu meinem Glück liege ich mit meiner Annehme falsch, denn keine Minute später höre ich einen französischen Akzent „Marcus hier",rufen.

Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sich Hoffnung in mir breit gemacht, Clem würde mich abholen, aber es ist Arthur, welcher auf mich zugeeilt kommt.

„Arthur",hauche ich und renne auf den Jüngeren zu und schließe ihn in meine Arme,"Woher?"

„James hatte uns vorgewarnt und Jak hat mich gefragt, ob ich dich eventuell holen könnte, denn ich kenne mich hier ja dann doch am besten aus und es wollen alle, dass du sicher hier ankommst",erklärt der Jüngste der Leclercs und löst sich wieder von mir.

„Übrigens,herzlichen Glückwunsch zum Sieg. Das Indy500 gewinnt man nicht alle Tage".

„Danke Arthur, aber es gibt im Moment echt wichtigere Dinge als so ein dämlicher Sieg. Ich hoffe, dass ich dein Auto nicht dreckig mache, aber du weißt ja, Milch und Schweiß ",lache ich kurz auf, bevor ich wieder ernst werde.

„Kein Problem, komme einfach mit"

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen und folge Arthur zu seinem Auto, wo ich mich sofort auf den Beifahrersitz schmeiße und nervös mit dem Fuß auf und ab wippe.

„Was erwartet mich Arthur?",stelle ich die Frage, welche Sich in den letzten Minuten in meinem Kopf breit gemacht hat.

Der Unfall war schlimm und ich kann mir durchaus vorstellen, dass Clem noch im Krankenhaus liegt.

„Wir wissen es selber noch nicht Marcus und das beunruhigt uns auch",startet Er den Motor und fährt vom Flughafengelände herunter.

„Darf noch niemand zu ihm, nicht einmal Jak oder Felipe?",beiße ich mir auf die Unterlippe. Das ist kein gutes Zeichen.

Absolut nicht.

„Nein, niemand. Uns wurde auch noch nichts gesagt oder so."

„Wie lange wartet ihr denn schon. Ich meine, der Unfall ist ja schon über zwölf Stunden her."

„Also wir sind alle direkt nach den Nachbesprechungen hin, Felipe kam dann nach dem Formel-1-Rennen",erklärt Arthur, welcher gerade auf die leere Autobahn auffährt. Der Uhrzeit sei Dank.

„Ach du Schieße. Arthur, ich ich habe so eine Angst, dass ihm etwas schlimmes passiert ist.",runzle ich die Stirn und schaue schnell aus dem Fenster, denn das erste Mal in den letzten paar Stunden schießen mir Tränen der Angst in die Augen.

Es wird alles gut, es wird alles gut.

Arthurs Blick liegt besorgt auf mir, als ich mich zurückdrehe und einmal tief durchatme.

„Du liebst ihn oder?"

Verwundert mustere ich ihn jetzt.

Woher...?

„Du hättest bis morgen gewartet. Du bist jedoch mitten in der Nacht, in deinem Rennanzug, nur mit Handy und völlig neben dir hierher geflogen. Sowas macht man nicht für jede X-Beliebige Person.",hat Arthur mich schon durchleuchtet.

„Du..." Vollkommen baff schaue Ich ihn an.

„Ich bin halt ein geborener Romantiker",grinst Arthur, um die Stimmung ein wenig aufzulockern, doch das funktioniert gerade nicht.

„Das weiß ich. Du kannst ja unserer Hochzeit planen, sollte Clem erstens überleben und zweitens mich auch mögen",kommentiere ich seine Aussage trocken, was ihn aber doch zum Schmunzeln bringt.

„Ruf mich dann an, ich werde bereit sein"

„Das will ich ja wohl hoffen, aber erstmal bringst du mich heile nach Nizza",meine ich nur.

„Nun entspann dich mal. Du solltest sowieso am besten ruhig bleiben, denn sich aufzuregen bringt Clem sowieso nichts und dir selber erst recht nicht. Sag mal, wie bist du eigentlich der amerikanischen Presse entkommen?"

Arthurs Taktik mich abzulenken klappte dann tatsächlich ganz gut, denn die Fragen Hauptsächlich über das Indy500 linemen mich wirklich ab.

„So Marcus. Wir sind da",erklärt Arthur mir überflüssiger Weise, als er auf den Parkplatz vor dem Krankenhaus fährt.

Wenn ich vorher nervös war, dann sterbe ich jetzt vor Nervosität.

Die Ungewissheit macht mich kirre.

„Marcus Atmen",legt sich eine Hand auf meine Schulter, als ich merke, dass Arthur den Motor abgestellt hat.

„Ich atme Arthur",sage ich schneller, als ich denken kann und zittere doch schon beträchtlich, als ich die Tür öffnen will.

„Na dann mal los",murmle ich noch, als ich die Tür aufmache und das Auto verlasse.

Zusammen mit Arthur laufe ich auf den schwach beleuchteten Eingang zu und schon draußen stechen mir rote Farben Ins Auge.

Also sind noch einige da.

„Dann mal rein da oder?",meint Arthur und zieht mich mit sich ins Hotel, wo ich auf eine ganze Schar Fahrer treffe.

„Kiwilein aufgegabelt. Habt ihr neue News?",ruft Arthur quer durch den Krankenhausflur.

„Nein nichts",antwortet Felipe als erstes und kommt zu uns gelaufen.

„Hey Marcus"

„Hey Felipe",schlucke ich und schaue den Brasilianer besorgt an.

Schnell ziehe ich ihn in meinen Arm.

Lasse ein Beben durch meinen Körper gehen.

„Marcus, alles ist gut"redet mir der Brasilianer gut zu, doch ich kann auf die Aussage hin nur meinen Kopf schütteln.

„Clem",murmle ich nur und schaue mich aufmerksam um.

Neben Felipe und Arthur kann ich natürlich auch Jak und Roman ausmachen, aber auch Ollie und Victor sitzen hier.

„Das ist der kleine Kreis, der noch da ist.",erklärt der Brasilianer, welcher mich immer noch hält, mir,"Der Trident-Teamchef ist schon um neun Uhr weg. Jüri und Liam waren hier, Theo war hier, Caio war hier, auch Oscar und Logan sind schon gegangen, Isack ist weg, Fred genauso..."

„Wow",murmle ich einfach nur.

„Mit dir hat zugegebenermaßen keiner gerechnet, also nicht so früh. Und schon gar Nicht im Rennanzug",steht Jak plötzlich bei uns, was mich dazu bringt, mich von Felipe zu lösen und mich in die geöffneten Arme das Amerikaners zu werfen.

„Ich musste kommen. James hat es mir erzählt und ab da stand der Entschluss.",erkläre ich mein Handeln und Jak nickt.

„Ich habe ihm selber gesagt, dass er nichts sagen soll. Ich wusste, dass du sonst schon vorm 500 hier gewesen wärst und glaube mir, Clem würde für dich das Selbe tun",streicht er mir sanft über den Rücken.

„Willst du dich nicht auch setzten?",fragt Ollie nun, welcher mich ebenfalls besorgt mustert, genau wie der Franzose neben ihm.

Seufzend wende ich mich auch von Jak ab und lasse mich in den harten Plastikstuhl fallen.

Ihh, erst jetzt merke ich, wie sehr der Anzug doch klebt.

„Dieser Anzug ist echt eine Plage im Moment",lache ich leise auf und für einen Moment fangen alle anderen auch an kurz zu lachen.

„Übrigens dir herzlichen Glückwunsch",grinst Ollie mich an und such alle anderen beglückwünschen mich, jedoch passt es in dieser Situation irgendwie nicht, finde ich zumindest.

„Danke Leute",meine ich doch leicht lächelnd,"Es gibt aber gerade wichtigeres"

Schon sind wir wieder bei Clem.

Dass es noch immer keine Infos gibt beunruhigt mich und die anderen vermutlich genauso, denn es breitet sich eine erdrückende Stille im sterilen Krankenhausflur aus.

Wie sehr ich Krankenhäuser doch hasse, gerade, wenn man wegen so einer Situation da ist.

Schluckend betrachte ich den Boden zu meinen Füßen und atme kurz durch.

Ich weiß nicht, wie lange sich diese Stille hinzieht, aber es fühlt sich Ewigkeiten an.

Außerdem merke ich, dass ich nun schon einige Stunden auf den Beinen bin und werde dementsprechend auch müde.

Immer wieder fallen mir meine Augen zu und ich muss mich wirklich zusammenreißen, nicht einzuschlafen.

Gerade, als ich dabei bin, ins Land der Träume abzudriften, höre ich Schritte auf uns zukommen.

Sofort schellt mein Kopf in die Höhe und ich erblicke einen Arzt, welcher mit neutralem Gesichtsausdruck direkt auf uns zugelaufen kommt.

Scheiße.

Ich merke, wie sich wieder Adrenalin in mir breit macht und ich stehe auf, als der Arzt schon fats bei uns ist.

„Ich habe Neuigkeiten für sie",bleibt er schließlich bei der Gruppe stehen und schaut in die Runde.

Gespannt halten wir alle den Atem an.

Solche Situationen sind immer doof und ich will einfach nur eine positive Nachricht. Nicht mehr.

„Er ist wach"

Erleichtert Atmen alle aus.

"Können wir zu ihm?", fragt Roman sofort nach.

"Ja, aber nicht alle auf einmal", Schaut der Arzt uns durchdringend an.

Augenblicklich liegen alle Blicke auf mir.

"Los Marcus, geht schon", lächelt Ollie mir warm zu und Victor neben ihm nickt zur Bestätigung.

Arthur und Jak schließen sich an.

"Er ist extra aus Amerika gekommen", teilt Felipe dem Arzt mit, welcher mich nun erwartungsvoll mustert.

"Wenn Sie mir dann folgen würden"
Unsicher drehe ich mich noch einmal zu den anderen um, ernte jedoch nur Daumen hoch, weshalb ich noch einmal tief einatme und dem Arzt folge.

Durch viele kahle, weiße Gänge.

Mal hier eine Treppe, mal da eine Treppe...

Es kommt mir so vor, als würde ich durch ein endlos langes Labyrinth laufen, welches nie enden wird

"Da wären wir schon", meint der Arzt nach bestimmt zehn Minuten Laufzeit, welche mit vielleicht auch nur so lange vorgekommen sind.

"Zimmer 127",wird mir noch mitgeteilt, dann bin ich alleine.

Sofort steigt Panik in mir auf.

Was wird sich hinter der Tür verbergen?
Was wird mich erwarten?
Wie wird Clem reagieren?

Zitternd legt sich meine linke Hand auf die kalte, silberne Türklinke.

Jetzt oder nie Marcus.

Schnell klopfe ich noch einmal, bevor ich allen mit zusammnennehme und die Türklinke nach unten drücke.

••••
Da hat es jemand wirklich schnell nach Europa geschafft 🙈
Eure anderen Kommentare werde ich morgen beantworten/Neuen Uploads lesen, denn heute hab ich es aus gesundheitlichen Gründen nicht geschafft.
Ich hoffe, dass ihr Spaß hiermit hattet und wünsche euch einen schönen Restdienstag 🤍

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