03 | smoke
you know i came just to smoke
dont blow no reggie my way
matter of fact stay out of my way
🅱︎🆁🅸🅳🅶🅴🆃🆂 🆁🅴🅶🅴🅻🅽
#3: Smoking hot ist okay.
Smoking nicht, wenn du an die Spitze willst.
BRIDGET
Mir blieb nicht viel übrig, was ich an diesem Mittag noch tun konnte, wenn ich ehrlich war. Vor allem nicht, wenn man bedachte, dass ich weder Geld hatte, mit dem ich mir auswärts etwas kaufen konnte, noch etwas Essbares mitgenommen hatte. Das war nämlich, was ich ab jetzt tun würde. Mir war nämlich gesagt worden, dass ich das Schulgelände während des Tages nicht verlassen sollte, außer wenn ich krank war. Es war nicht so, als wäre das etwas Neues, so lief es schließlich an allen Schulen, aber ich hatte trotzdem gehofft, diesen Satz nicht hören zu müssen. Also spazierte ich über das Schulgelände, um meine Mittagspause totzuschlagen. Die ganze Situation hier war ohnehin nur so dramatisch, weil ich mich weigerte, jemals wieder einen Speisesaal in einer Schule zu betreten. Ich war durch die Konfrontationstherapie schon an viele herausfordernde Orte gebracht worden, aber da war meine Grenze. Das wusste ich und deswegen hatte mir meine Mutter das Essensgeld überhaupt mitgegeben, aber ich hatte es stattdessen in Wynonas Schuluniform investiert. Das bereute ich zwar per se nicht, aber es hatte eben Konsequenzen.
Ich atmete tief durch und blickte über den leeren Schulhof-...naja, beinahe leer. Meine Augen blieben an einer Brünetten hängen, die an einem der Tische hier draußen saß. Allein. Eine Zigarette klemmte zwischen ihrem Zeige- und Mittelfinger und sie starrte ins nichts. Ich biss mir auf die Lippe und überlegte mir, was für Optionen ich denn sonst hatte. Ich hatte heute bisher nur mit Wynona gesprochen, alles andere war Small-Talk gewesen, an den ich mich kaum noch richtig erinnern konnte. Also konnte ich die Chance ergreifen und mich zu diesem Mädchen hinsetzen. Etwas plaudern. Mich von dem Fakt ablenken, dass mein Magen knurrte, aber ich wohl oder übel warten musste, ehe meine Schulstunden vorbei waren.
„Ich hoffe hier ist noch frei", begrüßte ich sie also mit einem schiefen Lächeln, als ich mich ihr gegenüber auf das Bänkchen fallen ließ. Braune Augen starrten mich zu Tode, aber ich ließ mich davon nicht beeindrucken. Stattdessen legte ich meinen Rucksack auf den Tisch und fischte meine Hausaufgaben daraus hervor. Ja, es gab tatsächlich Lehrpersonen, die schon welche am allerersten Tag aufgeben mussten und ja, ich erledigte mein Schulzeug. Schließlich war das hier meine zweite Chance auf das Leben und ich wollte die Dinge jetzt richtig machen. Zumindest am ersten Tag.
„Machst du ernsthaft deine Mathehausaufgaben?", fragte die dunkelhaarige Schönheit nach einer Weile und verzog ihre vollen Lippen missbilligend zu einer schmalen Linie. Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich habe im Moment nichts Besseres zu tun. Außer du willst mit mir reden?" Ich warf ihr ein unschuldiges Lächeln zu, aber sie rollte nur mit den Augen.
„Netter Trick."
„Ich gebe mir Mühe."
Für eine Weile sah sie mich an, und weil sie nichts mehr sagte, machte ich an meinen Hausaufgaben weiter. Zumindest bis sie sich eine neue Zigarette anzünden wollte.
„Darf ich auch eine?", fragte ich sie, worauf sie die Augenbrauen in die Höhe zog.
„Du rauchst?"
Normalerweise nicht. „Ja."
Sie musterte mich erneut, aber diesmal war auch ein Funken Neugier in ihrem Blick zu erkennen. Ich sah für sie wohl aus wie das typische nette Mädchen. Ich hatte blonde, wellige Haare, die zu einem ordentlichen Zopf zusammengebunden waren, gewöhnliche blaue Augen und fiel dadurch nicht wirklich in der Masse auf. Und sie hatte mir gerade dabei zugesehen, wie ich meine Hausaufgaben machte. Zigaretten standen für Rebellion und nette Mädchen rebellierten nicht. Nun, ich war eben kein nettes Mädchen, wenn man mich näher kannte.
„Bist du neu hier?", fragte sie nach einer Weile und ich konnte mir ein Grinsen kaum verkneifen, weil das ein Fortschritt dieser Begegnung war. Sie hatte mir von sich aus eine Frage gestellt, der sich nicht auf die Situation bezog.
„Ja. Meine Ma und ich sind seit ein paar Wochen hergezogen."
„Hat sie einen neuen Freund?"
„Meinen Vater."
Sie pfiff leise zwischen den Zähnen vor und ich verkniff mir ein Augenrollen. Das beschrieb nicht einmal annähernd, wie verzwickt die Situation bei mir zuhause war.
„Ich bin hierhergezogen, weil meine Ma hier einen neuen Freund gefunden hat", sagte sie.
„Gefällt es dir?"
Sie zuckte mit den Schultern und reichte mir ihre Zigarettenpackung. „Es ist ganz in Ordnung, nehme ich an." Aber sie verzog das Gesicht und ich fragte mich, ob sie es ernst meinte.
„Wie heißt du eigentlich?", wechselte ich also das Thema, ehe sie ganz aufhörte, mit mir zu reden.
„Kennedy."
„Bridget", sagte ich, obwohl sie mich eigentlich gar nicht gefragt hatte. „Wo sind deine Freunde, Ken?"
„Kennedy. Und ich habe hier keine Freunde, Bridget."
Hm. Das war interessant. „Wieso nicht?"
„Weil ich gerne hier draußen sitze und ein bisschen rauche. Außerdem bin ich nicht gerade freundlich."
„Zu mir bist du nett", hielt ich dagegen. Kennedy seufzte nur. Ich wollte gar nicht versuchen etwas in diesen Seufzer hineinzuinterpretieren, denn so schlimm konnte ich gar nicht sein. Dennoch breitete sich Schweigen zwischen uns aus, während wir jeweils an unseren Zigaretten zogen. Ich redete mir nämlich ein, dass das meinen Hunger stillen würde. Natürlich war es unsinnig und ich hatte noch nie von jemandem gehört, dass rauchen sättigend wirkte, aber wenn man sich gewisse Dinge genug stark einredete, wurden sie möglicherweise wahr.
„Also Bridget, ich frage mich, was du hier machst. Es ist dein erster Schultag, nicht wahr?"
Ich nickte.
„Hast du dir etwa schon Feinde gemacht? An deinem allerersten Tag?"
„Mit wem hätte ich mich denn anfeinden sollen? Dem Direktor?"
Ein durchtriebenes Lächeln zuckte an ihren Mundwinkeln. „Zum Beispiel. Das habe ich jedenfalls getan."
Ein Lachen bahnte sich einen Weg durch meine Kehle. „Meinst du das ernst?"
„Ja. Ich habe ihm gesagt, dass die Kleiderregelung sexistisch sei und dass ich Hosen tragen wolle. Er hat ein sehr...altmodisches Weltbild. Jedenfalls hat er es nicht so gut aufgenommen, aber er konnte auch keine sinnvollen Argumente gegen mich aufbringen. Seither hat es noch weitere solche Zwischenfälle gegeben und ich denke, dass er mich nicht ausstehen kann, weil ich sein klassisches System ein wenig ins Wanken bringe."
„Also bist du die Revolution höchstpersönlich", stellte ich fest. Das war beeindruckend und wenn ich ehrlich war, nicht das, was ich von jemandem wie Kennedy erwartet hätte. Als ich sie vorhin hier sitzen gesehen hatte, hatte ich geglaubt, dass ihr alles egal war, weil sie so eine gleichgültige Haltung gezeigt hatte.
„Würde ich so nicht sagen. Ich denke, dass man wohl eher dir diesen Namen geben kann."
Ich runzelte die Stirn. „Mir? Wieso?"
„Weil wir gleich Besuch erhalten werden und ich mir verdammt sicher bin, dass ich den Rugby-Prinzen dieser Schule nicht so verärgert habe."
Meine Verwirrung steigerte sich ins unermessliche, aber ich hatte gar keine Gelegenheit ihr eine weitere Frage zu stellen, weil ein Kerl neben unserem Tisch schlitternd zu stehen kam. Er war groß, ungefähr in unserem Alter, wenn nicht sogar etwas älter, und er sah verdammt wütend aus. War er der Rugby-Prinz, den Kennedy erwähnt hatte? Er hatte dunkelbraune Haare, die unordentlich in seine Stirn fielen und im Gegensatz zu allen anderen Schülern, die ich heute gesehen hatte, füllte er das Hemd seiner Schuluniform gut aus, sodass es sich um seine Schultern spannte, während er wütend auf uns herabblickte. Nun, auf mich.
„Was hast du für ein Problem mit meiner Schwester, Bridget?"
Die Furchen in meiner Stirn waren mittlerweile wohl so tief wie der Marianengraben. „Ich habe gar kein Problem mit Kennedy, wir haben uns nur unterhalten-..."
Kennedy verschluckte sich an einem neuen Zug und ich warf ihr einen hilfesuchenden Blick zu, aber das war gar kein Protest-Husten, stellte ich fest, als sie sich wieder fing und ich erkannte, dass sie sich nur mit Mühe und Not das Lachen verkneifen konnte. Himmel, das meinte sie nicht ernst. Sie genoss diese Situation hier.
„Kennedy ist nicht meine Schwester", brachte er zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Ich seufzte.
„Bist du sicher, dass du die richtige Bridget angesprochen" – angefahren – „hast?", fragte ich also, weil ich mir nicht vorstellen konnte, was er von mir wollte. Das hier war mein allererster Schultag und ich kannte diesen Kerl nicht. Ich konnte mir nicht einmal annähernd vorstellen, was er hier zu erreichen versuchte.
„Ich mache keine Fehler, Bridget."
Ich rollte mit den Augen. Das war sehr klischeehaft von ihm und ich verstand nicht, wieso er sich die Mühe machte, meine Mittagspause zu ruinieren. Ich wollte ihm gerade sagen, dass er mich lieber in Ruhe lassen sollte, als noch weitere Leute aus dem Schulhaus eilten, zuvorderst Wynona. Sie sah panisch zwischen dem Kerl und mir hin und her. Er folgte meinem Blick und sah sie ebenfalls an, worauf seine Gesichtszüge etwas weicher wurden. Ich tauschte einen fragenden Blick mit Kennedy, aber sie zuckte nur mit den Schultern. Ich wünschte mir, dass mir jemand erklären konnte, was es mit dem ganzen Theater hier auf sich hatte.
„Graham!", stieß Wyn etwas außer Atem hervor und sah den Kerl an, der sich vor mir aufgebaut hatte und mir zu erzählen versuchte, was ich falsch gemacht hatte und wieso ich nicht perfekt war.
„Es ist nicht in Ordnung, wenn sie dich schlecht behandelt, Wyn", sagte er – Graham – ungeduldig zu ihr. Ich zog eine Augenbraue in die Höhe und fragte mich, was sie ihm wohl erzählt hatte, nachdem ich ihr die neue Schuluniform gekauft hatte, aber bevor ich protestieren konnte, schüttelte Wynona den Kopf.
„Du hast dir nicht einmal angehört, was ich zu sagen hatte. Ich wollte sagen, dass Bridget mir geholfen hat. Sie hat mir meine Schuluniform gekauft, nicht kaputtgemacht." Drei weitere Kerle kamen neben dem Tisch zu stehen und ich presste die Lippen zusammen. Kennedy sah ähnlich genervt aus wie ich und wir tauschten ein Augenrollen darüber aus, dass die anderen beschlossen hatten, ihre Probleme hier zu klären. Als hätten wir nichts besseres zu tun, als unsere Zeit damit zu verschwenden.
„Wie meinst du das?", fragte Graham verwirrt und fuhr sich durch seine dichten Haare.
„So wie ich es sage. Sie war nicht das Problem."
„Wer war es dann?"
Wynona presste die Lippen zusammen und es war klar, dass sie die Leute, die ihre Uniform zerschnitten hatten, nicht verpfeifen wollte.
„Wyn-..."
„Nein, Graham. Das ist nicht dein Problem. Ich kriege es schon selbst auf die Reihe." Wynonas Wangen brannten tiefrot. Sie sah beschämt aus. Vielleicht war es die Tatsache, dass alle ihrer Konversation zuhörten, oder vielleicht war es der Fakt, dass sie neben Graham so unendlich klein und zerbrechlich wirkte. Es sah jedenfalls so aus, als könnte er ihr nicht zutrauen, dass sie ihre eigenen Kämpfe ausfocht. Interessant.
„Wynona-...", begann er schon wieder, aber sie hatte sich schon an mich gewendet.
„Es tut mir leid, falls er irgendetwas Gemeines zu dir gesagt hat." Wynona warf Graham einen strengen Blick zu, worauf er nur den Kiefer zusammenpresste. Ich gab mir Mühe, nicht mit den Augen zu rollen und tauschte wieder einen langen Blick mit Kennedy. Sie hielt mir in der Stille eine weitere Zigarette hin und ich nahm sie dankbar entgegen. Zerstörte ich damit meine Lungen? Ja. Verringerte ich damit meine Lebenserwartung um weitere fünf Minuten? Ja. Aber das war doch gerade die Sache; ich sah darin mittlerweile kein Problem mehr.
„Und danke nochmals für die Schuluniform", sagte Wynona an mich gerichtet. Verzweiflung hatte sich in ihren Blick gemischt, und obwohl ich gerade dabei war, meine Sachen zusammenzupacken, um dieser unendlich unangenehmen Situation zu entkommen, wusste ich, dass das alles gar nicht ihre Schuld war. Also nahm ich mir meinen Rucksack vom Tisch und schenkte ihr ein breites Grinsen.
„Kein Problem, Wyn." Ich zwinkerte ihr zu, nickte Kennedy zum Abschied zu und ignorierte den Rest. Das waren nämlich alles Jungs und bisher hatten sie nichts Wertvolles zu meinem Mittagessen beigetragen. Ich hatte keine sonderlich großen Hoffnungen, dass sich das in nächster Zeit ändern würde, also gab es keinen Grund für mich, auch nur einen von ihnen zu beachten. Wenn ich eine Sache gelernt hatte, dann war es wohl, dass ich mich nicht mehr mit Menschen auseinandersetzen wollte, die nur meine Zeit verschwendeten. Ich hatte damit vielleicht nichts Schlaues anzustellen, aber es gab immer Möglichkeiten, die mir weniger nutzlos erschienen. Auf dem Weg zum Schulhaus drückte ich meine Zigarette aus, denn ich wusste, dass ich eigentlich nicht auf dem Schulgelände rauchen sollte, wenn ich es noch in das Track-Team der Schule schaffen wollte. Ich hatte Ziele und nur weil ich gestresst war, konnte ich sie nicht gleich über den Haufen werfen.
Bridget und Graham haben sich zum ersten Mal getroffennnn...🤭
Erste Meinungen zu den beiden?
Oder zu Kennedy?
Ich update gleich nochmal, bis dann 😊
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