•16•

Der Abend neigt sich immer mehr zur Nacht hin, was unserer Stimmung keinesfalls zusetzt.
I

m Hintergrund spielt ein Musiker ein bekanntes Lied und ich wippe meinen Kopf im Takt zur Musik mit.
Die drei Krüge Bier haben bereits ihre Spuren hinterlassen!

„Ach, es ist schön so einer Musik zu lauschen. Das kann man leider zu selten in unserer Gegend."

„Aus welcher Gegend kommen Sie Sophia?", zieht er mich aus meinen Gedanken, sodass ich mich wieder komplett zu ihm wende.

„Wir leben am Rande der Stadt. Mein Vater mochte es eher ruhig, im Kampf habe er genügend Lärm und Action."
Ich zucke dabei nur mit meinen Schultern, denn über unsere Wohnlage habe ich mich bisher nie beschweren müssen.

„Es hat definitiv seine Vorzüge. Keine nervigen Menschen, die nachts auf der Straße rumschreien, weil sie zu tief in den Krug geschaut haben. Allerdings müssen wir für Alles, was wir brauchen, extra ins Stadtinnere laufen, was schon anstrengend sein kann. Aber manchmal ist es auch ziemlich trostlos."

„Ich denke Ruhe kann ganz schön sein. In meinem Leben ist ständig was los, da würde ich es genießen Zeit in einem Ortsteil wie Ihrem zu verbringen."

Leicht räuspernd schaut er auf unsere leeren Tisch und winkt dem Wirt zu.
„Möchten Sie noch etwas bestellen Sophia? Ich würde gern noch etwas Brot essen. Vielleicht etwas Fleisch dazu. Was sagen Sie?"
Ich höre in mich und merke tatsächlich, dass ein wenig Essen nicht schaden könnte, zumal morgen ein anstrengender Tag sein wird, da kann eine gute Stärkung nicht schaden.

„Das klingt sehr gut.", lächel ich ihn an und halte dem Wirt, der nun vor uns steht, meinen Krug hin.

„Für mich bitte noch etwas Wasser. Auf noch mehr Bier sollte ich vielleicht verzichten, schließlich muss ich morgen wieder fit sein."
Letzteres ist dabei eher an meinen Sitznachbarn gerichtet.

„Haben sie morgen schon etwas vor?"
Interessiert mustert er mich, so als würde er jedes Wort von meinen Lippen aufsaugen.

„Allerdings.", antworte ich ihm und und halte meine Tasche kurz etwas nach oben.

„Meine Schwester hat morgen Geburtstag, daher brauchte ich auch unbedingt ein Geschenk für sie. Wir werden unseren Vater besuchen und danach, mal sehen. Aber der ganze Tag ist für sie, da darf ich nicht schlapp machen. Valeria ist ein sehr aufgewecktes Kind. Was auch mal anstrengend sein kann.", seufze ich am Ende, denn ich kann mir jetzt schon denken, dass ich keine Minute wirklich zur Ruhe kommen werde.

„Aber genug von mir. Was werden Sie denn morgen unternehmen, Sir?"

„Wie alt wird ihre Schwester?"

„Sie lenken von sich ab, mein Lieber." necke ich ihn, auch wenn es mich schmeichelt, dass er so interessiert zu sein scheint.
„Aber um auf Ihre Frage wieder zurück zu kommen, Valeria wird 14. Doch schon jetzt zieht sie mit ihrem Aussehen die Männer an. Nicht umsonst werden wir hier die
Schönheits-Schwestern genannt, auch wenn ich die Bezeichnung als etwas übertrieben ansehe."

„Keineswegs meine Liebe, Sie fragen nur nichts. Zudem kann ich nur zustimmen zu ihrer Schönheit.", dabei grinst er mich unverschämt an.
„Oh doch, ich fragte Sie nach ihren morgendlichen Tätigkeiten.", wiederhole ich meine Frage und schüttle belustigt den Kopf.

„Entweder haben Sie die Frage gekonnt ignoriert oder mir nicht zugehört, wobei Letzteres doch etwas unhöflich wäre, finden Sie nicht?"
„Hm um ihre Frage zu beantworten, ich weiss noch nicht was ich morgen machen werde. Ich lebe immer in den Tag hinein und schaue was er mir bringt, aber ich schätze die Arbeit wird nach mir rufen."

„Um welche Arbeit handelt es sich denn bei Ihnen? Als Händler haben Sie sich auf jeden Fall mehr als gut geschlagen.", bedanke ich mich unterschwellig bei ihm und hoffe er versteht den Wink.
Wobei ich mir nicht vorstellen kann, dass er einen einfachen Beruf ausübt, so erscheint er mir nicht. Vor allem seine Hände zeigen, dass er nicht grade zimperlich arbeitet und das entspricht definitiv meinem Geschmack an Männern.

„Ich handle mit verschiedenen Dingen und trainiere Knaben unter anderem im Schwertkampf.", antwortet er, nachdem er kurz überlegt hat.
Bevor ich weiter nachhaken kann kommt der Wirt mit unseren Speisen und Getränken erneut an unseren Tisch.
Der Fremde nickt ihm zu und darauf sind wir wieder allein.

„Haben Sie sonst noch etwas, was ihnen auf der Zunge brennt Sophia?"

Auf seinem Gesicht bildet sich langsam wieder ein schelmisches Grinsen, was mich daraus schließen lässt, dass er in eine ganz bestimmt Richtung denken tut.
„Nun, wenn Sie mich das so fragen."
Nun bin ich es, die ihn breit grinsend ansieht.
„Ich frage mich, was Sie heute hierher verschlagen hat. Ich bezweifle, dass Sie vor hatten zu handeln, da Sie nichts bei sich tragen."
Ich nicke dabei mit meinem Kopf zu seinem Mantel, da er außer diesem nichts bei sich hat.

„Ich tippe daher eher darauf, dass Sie auf spezielles Vergnügen Ihrerseits nach Ausschau waren, bis Sie mir netterweise geholfen haben."
„Um ehrlich zu sein, war ich auf der Suche nach etwas Essbarem um meinen Hunger zu stillen. Dann habe ich Sie auf dem Markt gesehen und Ihren jämmerlichen Versuch mitbekommen, diese Kette runter zu handeln."

Je weiter er spricht, desto amüsierter scheint er zu sein, bis er letztendlich zu dem Handel zurückkommt. Darauf zwinkert er mir auch noch frech zu.
„Schon als ich Sie das erste Mal getroffen habe, haben Sie mich fasziniert Sophia und seit diesem Abend in der Kneipe frage ich mich, wonach eine Frau, wie Sie es sind, sich sehnt."

Sein intensiver Blick und diese eindeutige Frage sorgt dafür, dass sich mein Puls verdoppelt und meine Hände leicht schwitzig werden.
„Zunächst sollten Sie wissen, dass ich keine der Frauen bin, die nach der großen Liebe sucht oder sich so schnell wie möglich verheiraten lassen will.", fange ich an mit leiser Stimme zu reden.

Viele Frauen würden mich für so eine Aussage in Grund und Boden blicken, daher braucht es hier auch niemand anderes mitbekommen.
Warum ich ausgerechnet ihm das sage ist mir aber ein Rätsel.
„Ich bin der Ansicht man sollte erst alles erkunden, etwas erleben und Neues ausprobieren. Sich selber ausprobieren."

Dabei senke ich meinen Blick und beiße mir auf die Lippe, denn die Fantasien, die mir grade durch den Kopf gehen, sind keineswegs jugendfrei.
Ich spüre wie er zwei Finger unter mein Kinn legt und es anhebt, sodass ich wieder in seine strahlenden Augen sehe.
„Schauen Sie mich an Sophia."
Seine Stimme ist rau und streng, schwingt trotzdem mit einem lieblichen Hauch zu mir.

„Ich möchte nicht, dass Sie Ihren Blick in meiner Gegenwart jemals wieder senken."
Sein Blick noch immer auf mich fixiert, schlucke ich hart.
Was hat dieser Mann nur an sich?
„Jawohl, Sir.", hauche ich ihm zu und räuspere mich, versuche meine Stimme wieder vollends zu erlangen.

Er lässt seine Finger wieder senken, doch sein Blick brennt sich weiter in mich, entfacht das Feuer, dass in mir brennt, seitdem ich ihm das erste Mal gesehen habe, umso mehr.
„Ich hätte nicht damit gerechnet, dass Sie mich für meine Denkweise nicht verurteilen, so wie es Andere tun würden."

„Wieso sollte ich Sophia? Mich reizt nicht das, was jeder haben kann."
Er schiebt die leeren Teller zur Seite und lehnt sich über den Tisch, kommt meinem Gesicht näher.
„Erzählen Sie mir, was Sie sich von einem Mann, mir, erwarten Sophia. Hier und jetzt und schämen Sie sich nicht dafür."

Obwohl seine Stimme so selbstsicher ist, sind seine Handlungen das pure Gegenteil, knetet er gleichzeitig seine Hände. Als ob er sich abhalten will, mit ihnen etwas anderes zu tun.
Ich merke, wie durch meinen Körper bei diesen Gedanken eine Wärme fließt, die sich in alle erdenklichen Spitzen verteilt.

„Ich sehne mich nach einem Mann, der auf der einen Seite in mir die Frau sieht, die sich gerne umgarnen lässt, die es genießt, wenn um sie geworben wird. Nicht auf die bindende Art, eher die, dass er mich für sich auf eine Art beanspruchen will, bei der er meinen Geist und Körper beherrschen, führen kann."

Ich atme kurz tief durch, überleg mir genau, wie ich meine Sehnsüchte richtig zum Ausdruck bringen kann. Dass ich mir wünschen würde, dass möglicherweise er derjenige ist, lasse ich außen vor, denn wie kommt es denn rüber, wenn ich es laut ausspreche...

Von einem Mann, den ich zum zweiten Mal getroffen habe und der mich von Anfang an um den Finger gewickelt hat, unerklärlicherweise.
„Jedoch sollte er offen sein. Verspielt, für Neues offen. Lehrer und Schüler gleichzeitig sein, verstehen Sie was ich meine? Eine Frau hat schließlich nicht nur ihre lieben unterwürfigen Seiten. Ich will alles erleben, Neues ausprobieren."

Meine Augen behalten seine Gesichtszüge genau im Blick und doch kann ich nicht einschätzen, ob er mich versteht oder genauso wie jeder andere mich für verrückt hält oder mich als Hure abstempeln würde, nur weil ich nicht der Norm folgen will.

Er lehnt sich wieder zurück und grinst mich an.
Warum genau, weiß ich nicht. Vielleicht, weil er nun seine Antwort hat. Aber was denkt er darüber?
Er winkt dem Wirt zu und gibt ihm das Geld für unsere Bestellungen.
„Kommen Sie Sophia.", sagt er lediglich und steht auf, zieht seinen Mantel über und hält mir auffordernd seine Hand hin. Sein Blick ununterbrochen auf mir.

Leicht verunsichert lege ich zögerlich meine Hand in seine, lasse mich hochziehen.
Er führt mich aus der Gaststätte an die kühle Luft. Naja, bedenkt man, dass es bestimmt schon nachts ist, ist es nicht verwunderlich.

Hand in Hand laufen wir die dunklen Straßen entlang, begegnen nur einmal zwei Männern, die zu uns schauen. Zum Glück zieht er mich näher an sich, sodass sich meine kurze Anspannung wieder löst.
Welche Frau würde nicht auf alles vorbereitet sein, wenn sie nachts durch dunkle Straßen laufen würde?

„Was haben Sie schon alles ausprobiert Sophia?"
Seine plötzliche Frage wirft mich ein wenig aus der Bahn, doch zögere ich keine Sekunde mit meiner Antwort.

„Um ehrlich zu sein, nicht viel. Zumindest nichts, was eine weitere Person betrifft. Ich habe einiges an mir selber...ausprobiert, um es so zu sagen. Doch jemanden zu finden, der mich zum einen anspricht und zum anderen dazu bereit ist mir das zu bieten, was ich brauche, ist nicht so leicht."

Unser Gespräch geht immer mehr in eine Richtung, die zum einen dafür sorgt, dass Verlangen meinen Körper einnimmt, aber zum anderen mir so suspekt erscheint, dass es mir vorkommt, als würde ich in einem meiner Träume feststecken und könnte diese von der Realität nicht unterscheiden.

Kurz bevor wir meinen Stadtteil erreichen hält er inne und dreht sich zu mir.
Sein Blick gradezu bohrend hebt er meinen Kopf zu ihm hoch, sodass ich keine andere Möglichkeit hätte als in seine Augen zu schauen.

Und mit rauer strenger Stimme sorgt er dafür, dass auch der Rest an Alkohol aus meinem Körper verschwindet.

„Sophia, ich werde nichts machen, was Sie nicht wirklich wollen.
Also, was möchten Sie von mir?"

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