Kapitel 24 || Albtraum

Gehässig grinsten mich die drei Gesichter des Ungeheuers an. Es schwebte immer näher auf mich zu, streckte seinen Stachel nach vorne, bereit zuzustechen und somit das giftige Blut in meinen Adern zu verteilen. Hilfesuchend sah ich zu Patrick. Doch anstatt mir zu helfen, guckte er nur unbeteiligt dabei zu, wie der Wither mich bedrohte und immer näher an mich heran rückte

Panisch krabbelte ich nach hinten, bis mein Rücken an die feuchte Holzwand der Hütte stieß. Meine Finger vergruben sich schutzsuchend in der Erde, als könnte ich so mein Schwert zurück hohlen. Das Monster hatte es mir kurz zuvor aus den Händen gerissen. Ein weiteres Mal huschte mein Blick zu Patrick, nun hatte er einen Arm um Elsas Schultern gelegt. "Bitte...", hauchte ich, "Bitte, Patrick, hilf mir." Unentschlossen sah er zwischen mir und dem Mädchen neben ihm hin und her. Sie lehnte sich noch näher zu dem Braunhaarigen und flüsterte ihm etwas ins Ohr, immer wieder guckte sie dabei zu mir. Dann nickte er.

"Nein Manu, ich kann nicht. Neim, viel eher will ich nicht. Einem Schwächling wie dir hilft man nicht. Das ist Zeitverschwendung."  Überheblich sahen die Beiden auf mich herunter, doch kurz bevor das Monster zum entscheidenden Treffer ansetzte, wandten sie sich um und stolzierten davon. Meine Lippe zitterte unkontrollierbar, ich musste all meine Kräfte daransetzen, nicht los zu weinen. Die äußeren Gesichter des Withers verformten sich, bis ich darin meine Eltern erkannte. "Du bist eine Schande für die Familie.", zischte meine Mutter. "Du hast nichts besseres als den Tod verdient." Immer wieder aufs Neue schallte die Stimme meiner Mutter in meinem Kopf wieder. 

Ich schlug meine Augen auf. Meine Atmung war flach und mein Herz trommelte gegen meinen Brustkorb, wie die Flügel eines verängstigten Vogels, der sich aus den Fängen eines Angreifers befreien wollte. Du hast nichts besseres als den Tod verdient. Schnell schüttelte ich den Kopf. Das war nur ein Traum. Nichts mehr. Doch schlafen konnte ich trotzdem nicht. Die Angst, dass er wiederkehrte, war zu groß. Also beschloss ich nochmal einen kleinen Spaziergang durch den Garten zu machen. 

Leise, um Patrick ja nicht zu wecken, setzte ich mich auf und griff nach meiner Kleidung. Schnell streifte ich mir meinen Mantel über, dann stand ich auf. 

Vorsichtig drückte ich die Klinke runter, doch die Tür war zu meiner Verwunderung nur angelehnt. Komisch. Eigentlich verschloss ich Türen immer, wenn ich schlafen ging. Ich beschloss später noch mal nachzusehen, ob alles da war, nur zur Sicherheit. Unten angekommen griff ich nach meinen Lederstiefeln, welche von einer dicken Schlammkruste überzogen waren. 

"Schon wach?" Erschrocken fuhr ich herum, während meine Hand wie von selbst ihren Weg zu dem Dolch an meinem Gürtel fand. In dem schwachen Licht zeichnete sich eine Silhouette ab. Der Mann trat weiter vor, sodass ich die Züge seines Gesichts besser erkennen konnte. Er hatte ein markantes Kinn und buschige Augenbrauen. Seine Haare waren hellbraun und er musste etwas größer als ich sein. 

"Ja.", antwortete ich knapp und erhob mich. "Du scheinst ein ziemlicher Morgenmuffel zu sein, Manuel. Aber warum bist du dann schon in der Frühe auf den Beinen? Es ist gerade mal halb sechs." "Ich bin nur vorsichtig.", entgegnete ich, "Und vielen Dank für die Information, jetzt weiß ich wenigstens, dass die Phantoms nicht mehr wach sind." Der Mann lachte laut auf. "Du brauchst doch keine Angst vor uns haben. Ich bin Ivo. Ich glaube nämlich nicht, dass du meinen Namen noch weißt." "Vorsicht ist etwas anderes als Angst. Wäre ich ängstlich, hätte ich ganz anders reagiert.", meinte ich schnippisch, was dem Anderen wieder nur ein Schmunzeln entlockte. "Ich weiß." "Das schien mir aber nicht so." "Als dreifacher Vater musste ich wohl oder übel lernen die Reaktionen meiner Kinder einzuschätzen." Daraufhin schwieg ich. "Nun denn, ich wollte dich nicht weiter aufhalten.", sagte er schließlich. Ich nickte leicht und schob mich an ihm vorbei in Richtung Hintereingang. 

Die kühle Luft des Morgens tat mir gut. Ebenso wie das fröhliche Zwitschern der Amseln und der Anblick des Mondes über den hohen Baumwipfeln. Ein Seufzen entfuhr mir. Warum musste ich auch nur so verdammt eifersüchtig sein? Ich konnte noch nie gut teilen, sei es ein Freund oder die Liebe zum Jagen. Schon als Kind hatte ich das Bogenschießen geliebt. Als sich das herumgesprochen hatte, erzählte mir ein anderer Jung ganz stolz, dass er auch damit anfangen wollte. Ich hätte ihn am liebsten über den Ozean geschossen. Doch bei Patrick war es anderes. Ich zeigte ihm sogar, wie man mit dem Bogen umging, freute mich, wenn er neben mir am Lagerfeuer saß und stellte ihm den Rucksack zur Verfügung. 

Ich bückte mich und hob ein Stück Holz auf. Es musste von einer Kiefer sein. Während ich mit ihm spielte, lief ich immer weiter zwischen den Gemüsebeeten und Obstbäumen lang, um mich schließlich auf einem dicken Baumstumpf fallen zu lassen. Gedankenverloren begann ich eine kleine Figur aus dem Holz zu schnitzen. Als die Sonne den Mond komplett verdrängt hatte, hielt ich einen  kleinen, hölzernen Kugelfisch in den Händen. "Ich nenne dich Puffi.", flüsterte ich. Dann stand ich auf und ging zurück in Richtung des großen Anwesens. 

Geschrieben von
trollollollokkkk

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top