Kapitel 37
"Du gehst ja richtig hart ran.", kommentiert Can weiter. "Hältst du auch einmal die Schnauze?", herrsche ich ihn an und bin gerade dabei ihm sein Oberteil über den Kopf zu stülpen, bis ich plötzlich hochgehoben werde, weswegen ich nach Luft japse. "Lass mich los!", fauche ich, während er seine muskulösen Arme etwas fester um meine Taille schließt. "Nein." "Can, das tut weh!", meckere ich. Doch er hört nicht auf mich, sondern dreht sich im Kreis. Hoff nicht, dass mir davon schlecht wird. "Du solltest mal mehr essen", empfehlt er mir. "Und du solltest öfters in der Schule fehlen!" Er geht in die Beuge und wieder hoch, als ob ich eine Hantel wäre. Ich habe keine Lust mehr, darum beiße ich ihm in seinen Nacken, weswegen er erschrocken aufschreit. Schmeckt salzig. "Hast du mich gebissen?!", fragt er entgeistert. Ich lache wieder, da sein Gesichtsausdruck einfach zum Schreien ist. Danach will ich ihm sein Oberteil geben, tue es aber doch nicht. Wo ist Herr Markus überhaupt? Irgendwie ist er immer weg, wenn wir diese Übungen machen müssen. Aber das ist womöglich besser so, denn ich habe eine Idee. Ich setze mich auf die Matte, was Can auch tut. Gut. Er legt sich hin, oberkörperfrei. Den rechten Arm hinter dem Kopf verschränkt. Keine Achsel- und Brusthaare, perfekt. Ich schaue auf seinen Bauch, der angespannt ist, da er sich gerade streckt. Drei, zwei, eins, los. Er stöhnt auf und danach schreit er auf, was mich sehr zum Lachen bringt. Saliha und die Jungs schauen mich lachend an, während Cathleen und Viyan schelmisch gucken, auch andere Schaulustigen sind vorhanden. "Wieso schlägst du mir auf den Bauch und verdrehst meinen Nippel?! Du bist ja eine Sadistin. Wieso stehst du darauf mir wehzutun?" Can verzieht schmerzhaft sein Gesicht. Ich habe aber auch fest zugeschlagen.
"Macht doch Spaß", trällere ich. "Soll ich das mal bei dir machen?", raunt er jetzt wieder pervers grinsend. "Versuch es gar nicht!", fauche ich. Als er mit der Hand nach vorne zu mir schnappt, klatsche ich ihm eine, weswegen er mich verwirrt anschaut. "Ich wollte nur mein T-Shirt nehmen!", ruft Can verzweifelt und zeigt auf das schwarze, gut riechende Stück Stoff, welches in meiner Hand liegt. Ups. "Ups", rutscht es mir aus. Er zieht sich sein Oberteil wieder an und will, dass ich die Aufgabe mache, die auf unserem Arbeitsblatt steht. Bin ich Hercules, dass ich ihn hochheben kann? Für die Mädchen ist das so, dass nur die Zehenspitzen der Jungs, die wir hochheben müssen, den Boden nicht mehr berühren sollen, mehr nicht. "Versuch es doch einmal", sagt Can. "Nein! Ich breche mir den Rücken!", brumme ich. "Weißt du was für eine Kraft deine kleinen Händchen haben?" Ich schaue auf meine Hände nach Cans Frage. "Einen Versuch ist es wert", meint er. "Pff, du willst nur Körperkontakt, du Perversling", murre ich. "Ich glaube, du bist genauso pervers, wie ich. Vielleicht sogar noch perverser." Woher weiß er das? Ich bin ein perverser Mensch, das stimmt, aber wie kommt er an diese Informationen ran? "Wo ist Herr Markus?", frage ich, als er sich erhebt und mich hochzieht. Seit wann ist er so freundlich? "Er muss etwas klären." Ich lasse mich wieder auf die Matte fallen und kugele mich zusammen. Ich zucke zusammen, als Can in meine Rippen sticht. "Hör auf!" Ich hasse es gekitzelt zu werden. Leider hört er nicht und macht weiter, bis ich mich anspanne, sodass es nicht mehr zu schlimm ist. Seine Stiche werden zum Kitzeln, sodass ich mich aufsetzte und seine Hände wegschlage. Als er seine Hände wieder zum Kitzeln einsetzten will, schlage ich sie wieder weg, bis es zum typischen Tussen-Kampf kommt, bei der wir mit unseren Händen herumfuchteln. Die Glocke beendet den Kampf. Ich ziehe mich um und gehe raus. Da ich heute eine Joggingshose anhabe, muss ich nur das Oberteil wechseln.
Ich laufe raus aus der Halle und höre hinter mir Can. "Shana", trällert er. Was ist los mit ihm? Er ist so gut gelaunt. "Was ist?", frage ich misstrauisch. "Lass uns doch mal reden", sagt er in einem freundlichen Ton. Er hat ebenfalls eine Jogginghose an, fällt mir gerade so nebenbei auf. Er hat etwas vor. Ich vorsichtig sein. "Über was?", blaffe ich etwas scharf. "Gestern." Okay? "Es tut mir leid." WAS? "Äh, was? Es tut dir leid?", frage ich etwas geschockt. Da steckt etwas dahinter. "Ja", antwortet er kurzgebunden. Das sagt er um mich zu verführen! Ich glaube ihm kein einziges Wort. Er meinte ja, dass er mich testen will. Das muss ja nicht auf der Klassenfahrt beginnen. "Okay?", ist das Einzige, was ich sage. "Willst du das, was du gestern nicht gemacht hast, zu Ende bringen?", fragt er wieder zweideutig. Wusste ich es doch! Ich verdrehe die Augen und will weiterlaufen, doch er hält mich fest. "Ist doch nur ganz kurz", lacht er. Ich schnaube, drehe mich aber nicht um. "Lass los." Doch er lässt nicht los, selbst wenn ich daran ziehe. "Shana, sonst bist du nicht so schüchtern. Weißt du noch letztes Mal in Sport? Wo du auf mir saßt?" Den letzten Satz haut er so intensiv raus, dass mich eine Gänsehaut ummantelt. Die Bilder schießen mir wieder in den Kopf. Zum Glück kann er mein Gesicht nicht sehen, da ich befürchte errötet zu sein. "Jetzt lass los!" Er lacht. Er lacht mich ernsthaft aus. Er weiß, dass ich mich schäme. Was ein Arschloch. Ich ziehe und rüttele an meinem Arm, damit er ihn loslässt, doch er ist zu stark. Also hole ich einmal schnell aus, um ihm in den Bauch zu schlagen, was mir gelingt. Can lässt meine Hand los, die seinen Bauch berührt hat und stöhnt auf. "Hast du davon", blaffe ich arrogant und schaue immer noch nicht zu ihm. Er murmelt etwas und lässt ein leises Stöhnen raus. "Heul nicht. So schlimm war der Schlag nun auch nicht. Außerdem solltest du mal trainieren gehen. Dein Bauch ist zu fett", gebe ich vorwurfsvoll von mir.
"Das war nicht mein Bauch, aber danke für das Kompliment", ächzt er. Warte, was? Ich drehe mich langsam und mit zusammen gezogenen Augenbrauen um und sehe einen etwas gekrümmten Can, der sich an seinen Schritt hält. "Warte, ich habe doch nicht-, ich meine-, OH MEIN GOTT!", rufe ich und halte mir die Hände vors Gesicht, während er ein schwaches Lächeln raus bringt. Ein Lächeln, dass gar nicht so schlecht aussieht. Du findest es schön. Zufälligerweise kommen jetzt alle Schüler raus, unter anderem Cans und meine Freunde, super! "Wenigstens bist du nicht die Erste, die sagt, dass mein Schwanz fett ist", kommentiert Can, nachdem er sich wieder aufrecht gestellt hat und kurz schwankt. "Halt's Maul! Ich will nichts mehr hören!", rufe ich peinlich berührt. "Was ist passiert?", fragt Cathleen. "Deine reizende Freundin hat mir an die Ei-," Sofort unterbreche ich ihn. "Genug! Nichts ist passiert! Gar nichts! Warte ab, irgendwann wird es noch schlimmer!", drohe ich. "Ich freue mich auf jede einzelne Berührung von dir, Shana!", ruft er mir hinterher, nachdem ich mir Cathleen geschnappt und weggelaufen bin. "Berührungen also?", fragt sie grinsend. "Das war ein Versehen!", verteidige ich mich sofort. "Jaja, du Schlingel. Letzte Woche war es auch ein Versehen, auf ihm zu sitzen, nicht wahr?" Cathleens Augenbrauen wackeln. "Ich kann doch nichts dafür, dass er so groß ist." Sie schaut mich belustigt an. "Beide sind anscheinend sehr groß", sagt sie und fängt an zu lachen. Sie meint doch nicht seinen...? Doch, sie meint Cans untere Region.
In Pädagogik beschäftigen wir uns mit Pawlow. Hauptsächlich machen wir Schemata und bestimmen, was die richtigen Reize und Reaktionen sind. In Chemie komme ich mit, nur diese Scheiße mit den Säure-Basen Ding will nicht in meinen Kopf rein, aber jetzt gleich wird es mir von Ramazan erklärt. "Bereit für die besten Stunden deines Lebens?" "Ja, Ramazan", grinse ich, während ich meinen schwarzen Mantel um den Stuhl hänge. Das ist schon das zweite Mal, dass ich hier mit einem Jungen sitze. "Hast du wieder eine Neue?", frage ich, bevor wir beginnen. Ich muss es einfach wissen. "Nein, wieso? Willst du etwa mit mir zusammenkommen?", fragt er grinsend und schüttelt seine Brust, als ob er eine Bauchtänzerin wäre. Ich muss lächeln. "Nein, nur so. Du bist ja ein Player", sage ich verächtlich. "Was hast du dagegen? Ich tu dir ja nichts", murmelt er ernst. "Es ist halt schade, dass solche Jungs wie du sowas machen. Du siehst echt nicht schlecht aus. Du könntest der perfekte Schwiegersohn sein", erkläre ich. "War das ein indirekter Heiratsantrag?" Ach, Ramazan. Ich lache. Er hat das so ernst gefragt, dass man nicht ruhig bleiben konnte. "Lass uns lieber mit Chemie anfangen." Belustigt hole ich meine Notizen raus und höre zu, wie Ramazan es mir erklärt. Braun-grüne Augen, leichter Bart. Der Bart steht ihm. "Ich weiß, dass ich sexy aussehe und dass du mich deiner Mutter vorstellen willst, aber wir alle wollen, dass du ein gutes Zeugnis kriegst", holt mich Ramazan aus meiner Inspizierung raus. "Jaja, mach weiter", murmele ich etwas beschämt. Er erklärt es mir sehr gut, langsam und er wiederholt auch alles. "Du wirst ein sehr guter Lehrer." "Und auch ein sehr gut aussehender", fügt Ramazan stolz hinzu.
"Wir haben noch zwei Stunden. Also, Shana. Was machen wir so in Berlin?" Das mag ich an Ramazan, er ist so offen und schließt einen in sein Herz. "Can ärgern", sage ich böse grinsend. Er klatscht euphorisch, hört aber schnell wieder auf, als er realisiert hat, dass wir uns in einer Bibliothek befinden. "Werden wir ihn auch schminken?", fragt er mich, wie ein kleines Kind. "Ja, aber nur, wenn er schläft. Sonst ist es ja nicht so lustig." "Aber dieser Junge steht so schnell auf. Malik und ich haben ihn einmal versucht anzumalen, dann hat er uns eine geklatscht. Ich traue mich nicht", erwidert Ramazan ängstlich. "Keine Sorge, das übernehme ich." So kriege ich meine Genugtuung. "Es ist lustig euch zu sehen." Er grinst. "Wie meinst du das?", will ich wissen. "Na ja, ein Mädchen, das Can die Stirn bietet und das nicht seine Mutter ist, haben wir nie gesehen. Sonst diskutiert niemand mit ihm, sowie du. Und das ist halt sehr unterhaltsam", erklärt er mir. Da hat Ramazan recht. "Bist du noch Jungfrau?", rutsch es mir aus. Er lächelt. "Ja, ob du es glaubst oder nicht. Ich bin noch eine", sagt er stolz. Ich bin erstaunt, dass Jungs so offen damit umgehen. "Wirklich?" "Ich lege meine Hand sogar auf den Koran dafür." Ramazan ist Jungfrau, wie süß. Jungs, die noch Jungfrau sind, dass ich das noch miterleben darf. "Aber Can und Malik nicht oder?" Malik hat ja mit Cihans Freundin geschlafen und Can, er ist halt Can.
"Ja, beide sind keine Jungfrauen mehr. Oder Jungmänner? Obwohl, der einzige Mann bin ja ich." Überzeugt spannt er seine Muskeln an. Ich verdrehe lachend meine Augen. "Irgendwie dachte ich, dass Malik noch Jungfrau wäre. Er ist der Ruhigste von euch." Ramazan nickt. "Stimmt, aber die Mädchen stehen auf seinen ruhigen Charme." Ach so. "Ouh, gut zu wissen." Ich hebe überrascht meine Augenbrauen. Dass man mit einer ruhigen Art Mädchen um den Finger wickeln kann, höre ich zum ersten Mal. Es sei denn Dominanz ist mit im Spiel, dann ist das was anderes. Was ganz anderes. "Auf was stehst du bei Frauen, Also stell dir vor, du siehst deine zukünftige Frau, die die du heiraten willst. Was sollte sie haben?" Ich hatte nie die Chance einen Bad-Boy zu fragen, was seine zukünftige Frau haben sollte. Er grübelt kurz. "Ich weiß es gar nicht. Einen guten Körper." Ich seufze augenverdrehend. Alle Männer wollen eine Frau mit perfekten Kurven. Die meisten sehen aber aus wie ein Hannes oder Johannes. Oder haben Brustbehaarung. Okay, Ramazan ist jetzt nicht schlecht gebaut oder schlecht aussehend, aber das ist zu typisch.
"Was soll denn dein Mann haben?"
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