Kapitel 34
Kapitel 34
Aaron seufzte und drückte Saori fest an sich. "Das du wirklich gegangen wärst, macht mich traurig", gestand er leise. "Ich möchte dich nicht verlieren."
"Ich muss mich den Wünschen und Befehlen beugen ... egal, ob ich es möchte oder nicht", erwiderte sie tonlos. Erst, als das Flügelschlagen verklungen war, fiel die Anspannung von ihr ab.
Saori legte ihre Arme um Aaron und schmiegte sich an ihn. Es hätte ihr selbst sehr weh getan. Wenn es jedoch verlangt war, konnte man sich dem nicht widersetzen.
"Aber es gab keinen solchen Befehl", sagte er sanft. "Und trotzdem hast du ihn erwartet. Ihn sogar fast ausgeführt, ohne zu sehen, ob es ihn wirklich gibt."
"Ich habe den Befehl wirklich erwartet ...", gab sie zu. Saori hatte tatsächlich den Abschied von Aaron so klein wie möglich halten wollen, damit es nicht noch schwerer werden würde, als es ohnehin schon war. "Weil es einfach die einzig gerechte Strafe für mich wäre ..."
Aaron begann ihren Nacken zu kraulen. "Wir müssen an deinem Sinn für Gut und Böse arbeiten", sagte er leise. "Damit du den der Engel nachvollziehen kannst."
„Wie kann man denn daran arbeiten?", fragte die Dämonin erstaunt. Ein Dämon, egal wer er war, verdiente nur Strafen. Für all das schlimme, was durch die Rasse geschehen war.
War ihr Sinn denn nicht gut? Wenn man Frieden und Gerechtigkeit wollte und dabei den Regeln folgte?
"Du erwartest für Dinge bestraft zu werden, obwohl man dich belohnen sollte", erklärte er ihr. "Das ist selbstzerstörerisch und ich möchte, dass du verstehst, dass eine gute Tat eine gute Tat bleibt, egal wer sie getan hat."
„Ich möchte nicht belohnt werden ... ich habe ihr weh getan. Dafür darf man nicht belohnt werden", beharrte Saori und löste sich von ihm, um ihm in die Augen zu sehen.
„Gute Taten sind für Dämonen zu töten und zu foltern. Schlechte sind Ungehorsam, Gegenwehr und solche Dinge", versuchte sie zu erklären.
Es war mit Sicherheit eine schwere Arbeit, die auf Aaron zukommen würde, ihren Standpunkt zu ändern.
"Ja, das mag für Dämonen zutreffen", stimmte er ihr zu. "Und obwohl du einer bist, gehörst du jetzt mir und lebst unter den Engeln", erklärte er und zog sie eng an sich heran. "Das heißt, dass du unter unsere Gerichtsbarkeit fällst. Daher wirst du nicht dafür bestraft, dass du mir, deinem Meister, das Leben gerettet hast", erklärte er ernst. "Du hast etwas getan, was niemand von dir erwartet hat. Statt mich zu töten und zu fliehen oder die Situation zu nutzen, hast du dich klar auf meiner Seite positioniert."
„Warum sollte ich Euch töten und fliehen?", wollte sie leise wissen. Musste sie denn genauso fühlen wie ein Engel, um deren Gerichtsbarkeit zu verstehen? Was sollte sie denn gegen die Erziehung und Gefühle tun?
Eines war jedoch klar: Saori würde auf seiner Seite stehen, wenn er in Gefahr war. Sie würde ihn sogar vor ihrer eigenen Familie beschützen.
"Weil das jeder von einem Dämon erwarten würde", sagte er ihr. "Mir geht es auch nicht darum, dass du deine Gefühle ändern sollst", erklärte er leise und küsste ihre Stirn. "Aber ich möchte, dass du verstehst was bei uns wie schwer wiegt."
Langsam begann sie zu verstehen. Sie hätte weglaufen oder ihn töten sollen, um das richtige Verhalten eines Dämons zu beweisen.
Nur war sie nicht so. Niemals hätte sie es übers Herz gebracht, Aaron etwas anzutun. Nicht wenn er hilflos war, aber auch nicht, wenn er sich wehren konnte. Sie wusste nicht einmal, wie man kämpfte. Außer ihre Flügel schlagen zu lassen.
Aaron streichelte sanft ihren Rücken. "Und weil du dich anders verhalten hast, als es für deine Art normal wäre, hast du instinktiv das richtige getan. Du hast das, was dir wichtig ist, verteidigt."
Der Engel hatte Recht. Er war ihr sehr wichtig und sie würde alles für ihn tun, um ihn zu schützen. Leise seufzte sie, noch immer in einem Zwiespalt, was sie denken sollte.
„Aber es hätte sicherlich eine andere Lösung gegeben, als Tabitha anzugreifen", sagte sie leise.
"Das ist möglich. Aber du hast sie weder schwer verletzt, noch getötet. Sie hätte damit rechnen müssen, dass sie angegriffen wird, wenn sie mich derart behandelt", meinte er. "Außerdem war es ihr hoffentlich eine Lehre."
Es war trotzdem keine Absicht gewesen. In diesen Sekunden hatte ihr Körper einfach reagiert und nicht ihr Kopf.
Jedoch verstand Saori langsam, dass es wohl die beste Wahl gewesen war. Wer wusste schon, was sonst noch passiert wäre.
"Ich weiß, dass du nicht gern verletzt", sagte er sanft. "Doch manchmal lässt es sich nicht vermeiden."
Sie nickte und schmiegte sich noch näher zu ihm. Nicht für lange, denn sie war erschöpft und müde, weshalb sie sich auf dem Sofa niederliess.
Wenn sie eine Wahl hatte, würde sie niemals jemanden verletzen. Wie Aaron jedoch sagte, war es wohl nicht immer zu vermeiden. Das hieß, sie konnte nur hoffen, denjenigen nicht zu sehr zu verletzen.
Aaron trat zu ihr und fuhr ihr durch das Haar. "Möchtest du schlafen?"
„In Euren Armen ...", flüsterte sie tonlos. Beinahe hätte sie einen großen Fehler gemacht. Aaron, ihren Geliebten allein gelassen. Und ihn damit unglücklich gemacht. Aber auch sich selbst.
Sie wollte wieder das Gefühl haben, wie es davor gewesen war. Saori hob ihren Kopf und ließ ihre blauen Augen zu seinem Gesicht schweifen. „Ich liebe Euch so sehr. Bitte verzeiht mir, dass ich beinahe gegangen wäre. Ich möchte Euch niemals verlieren", brachte sie über die zitternden Lippen.
Aaron nahm sie in den Arm und hob sie sich an die Brust wie ein Kind. "Ich würde dir alles verzeihen", sagte er sanft und küsste auf ihre Wange, wo er bald Tränen erwartete.
Erleichtert darüber seufzte die Dämonen auf. Tiefe Atemzüge folgten darauf, um sich selbst wieder zu beruhigen. „Ich danke Euch", murmelte das Mädchen mit dem silbernen Haar und küsste ihm auf die Wange. Als sie die Augen öffnete, konnte er einen feuchten Schimmer darin erkennen, doch die Tränen hielt sie nun zurück. Stattdessen lächelte sie leicht.
Er erwiderte das Lächeln sanft. "Komm mein Schatz", sagte er leise, "lass uns ins Schlafzimmer gehen. Du musst erschöpft sein."
Da hatte er nicht unrecht. Schwach, als hätte man ihre Lebensenergie geraubt, fühlte sie sich an. Eigentlich wollte sie allein laufen, nur war das nicht möglich. Deshalb war sie froh, dass Aaron sie trug.
Sie war wirklich glücklich mit ihm. Auch wenn sie oft Angst hatte.
Der Engel stupste ihre Nase mit seiner an. "Möchtest du baden oder eine Runde Schach spielen?"
Es dauerte, bis er eine Antwort bekam, da sie wirklich überlegte. Noch war es hell draußen, das hieß, es war noch nicht zu spät, um rauszugehen.
Da die Sonne aber bereits weiter am westlichen Horizont stand, war die Dunkelheit nicht mehr weit. Ein Bad würde sie nur noch müder machen, weshalb eine Runde Schach wohl eine gute Alternative war. Schon lange hatten sie das nicht mehr gespielt. Bestimmt hatte sie alles vergessen.
„Schach. Und etwas zu Essen und zu Trinken", bat sie ihn schließlich.
"In Ordnung", stimmte er zu und legte sie ins Bett, bevor er ihr die Schuhe auszog und dann das Schachbrett herausholte. "Bau es schonmal auf, ich hole dir eine Kleinigkeit", sagte er und küsste ihre Wange.
„Nicht auf dem Tisch?", fragte sie ihn erstaunt. Die blauen Augen beobachteten den Engel ganz genau dabei, als er ihre Schuhe auszog und leicht musste sie lächeln.
"Wir bleiben auf dem Bett, das ist gemütlicher", lachte er und wuschelte ihr leicht durch die Haare. Er war so beruhigt, dass alles gut geklappt hatte.
Wenn er es so wollte, war es ihr recht. Saori schob sich ein Kissen in den Rücken, um die Flügel zu stützen und baute anschließen das Brett und die Figuren auf. Da die Katudjalls nicht da waren, bestand keine Gefahr, dass sie alles wieder abräumten.
Wenig später kam Aaron wieder. Er schob einen kleinen Speisewagen. Darauf eine Kanne Wasser, eine Kaktussaft und eine Schüssel mit Obst und ein Teller mit Gemüse. Doch das erste, was er ihr reichte war ein Fruchteis mit ganzen Stückchen.
Überrascht nahm sie es an und besah es sich genau. Waren das Himbeeren? Oder welche Früchte? Sie waren rot, fast schon dunkelrot.
Noch ein wenig misstrauisch roch sie daran, konnte aber nichts feststellen, weshalb sie es kurzerhand in den Mund schob.
Die süß-saure Kombination breitete sich explosionsartig auf ihrer Zunge aus und ließ das Mädchen leise seufzen. Das war so gut! Tatsächlich waren es Himbeeren, doch die andere Sorte, falls eine enthalten sein sollte, konnte sie nicht schmecken.
„Welche Früchte sind sonst noch enthalten?", wollte sie wissen, als sie es für einen Moment aus dem Mund nahm und auf das fertig aufgebaute Schachbrett zeigte.
"Saure Kirchen", erklärte er und hatte diese Kombination extra gewählt, weil er wusste, dass Saori es mochte.
„Das ist richtig gut", sagte sie bestätigend und nickte mit dem Kopf. „Ihr fangt an", meinte die, während sie eifrig an ihrem Eis schleckte. Dabei warf sie immer wieder einen Blick auf den Speisewagen. Warum hatte Aaron so viel mitgebracht?
Bevor Aaron eine Figur setzte, griff er selbst nach der Schüssel und holte sie aufs Bett. Dazu eine kleine Schale Frischkäse.
Er setzte sich im Schneidersitz zu Saori und tauchte eine Scheibe Paprika in den Frischkäse, bevor er seine Figur setzte.
Wenigstens aß er auch etwas. Es war nicht so schön, wenn man das allein tat. Andächtig leckte die Dämonin an ihrem Eis, bevor sie ihre Figur setzte. Es würde wohl einige Zeit dauern, wieder in die Regeln und das Spiel selbst zu kommen.
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