Kapitel 27

Kapitel 27

Der Morgen brach unerwartet heran. Aaron ließ sie nicht wie sonst ausschlafen, sondern schüttelte leicht an ihrer Schulter und sagte sanft, aber bestimmt ihren Namen. "Saori. Aufstehen", weckte er sie.

Nachdem er einige Male ihren Namen gesagt hatte, kam sie zu sich. Tief hatte sie geschlafen und war nicht einmal aufgewacht. Benommen rieb sich die junge Dämonin die Augen und gähnte leise, als ihr Dämonenschwanz anfing zu zucken.

„Guten Morgen", brachte sie heiser hervor. Ein kratzendes Gefühl war in ihrem Hals zu spüren und leicht musste sie husten.

Aaron reichte ihr sofort ein Glas Wasser, damit sie etwas trinken konnte. Dann erhob er sich. Er war bereits angezogen und legte nun auch Saori ein Kleid heraus, von dem er wollte, dass sie es heute trug.

Ihre Finger tasteten nach den Tabletten auf dem Nachtschränkchen und verschlafen brauchte sie drei Anläufe, eine davon herauszunehmen.

Mit halb geöffneten Augen beobachtete sie Aaron und runzelte die Stirn. „Wohin geht Ihr?", fragte sie ihn, nachdem sie getrunken hatte. Das Wasser hatte ihr sofort geholfen, das Kratzen zu beseitigen.

"Nicht ich, sondern wir", erklärte er ihr und legte das Kleid zu ihr.

„Wohin?", fragte sie misstrauisch.

"Das wirst du sehen", sagte er. "Werd erstmal wach und dann zieh dich an", sagte er auffordernd.

Gehorsam nickte sie. Lust auf ewiges fragen verspürte sie nicht. Vor allem nicht am Morgen.

Sobald sie wacher war, stand sie auf, nahm das Kleid und verschwand im Bad, aus dem sie nach mehreren Minuten zurückkam.

Dunkler Stoff schmiegte sich an ihre dünne Figur und ließen sie elegant erscheinen. Der Samtrock ging bis zu ihren Fußknöcheln, sodass die Sonne sie wohl nicht verbrennen konnte. Auch ihre Arme waren bedeckt und ließen nicht viel Dekolleté frei. Das war gut so.

Schüchtern warf sie Aaron einen Blick zu, gepaart mit Unsicherheit, was er vorhatte.

Dieser stand an der offenen Balkontür. "Komm her zu mir", sagte er. "Wir fliegen ein Stück und ich nehm dich mit in die Luft."

Gehorsam trat sie zu ihm und sah ihn entschuldigend an. „Es tut mir leid wegen ... gestern", gestand sie leise, wobei sie unwohl ihre Arme rieb.

Sie hatte seine Freundlichkeit in den Wind geschlagen. Das hätte sie jedoch nicht tun dürfen, egal wie sie sich gefühlt hatte.

"Du hast dich nicht gut gefühlt", sagte er sanft. "Ich bin dir nicht böse", versicherte er ihr.

Meinte er das wirklich so? Unsicher sah sie ihn an und versuchte, die Wahrheit aus seinen Augen zu erkennen.

Dass sie sich daneben benommen hatte, war ihr klar.

Dennoch kam sie nicht umhin, neugierig zu sein, wohin er wollte.

"Es ist wirklich alles in Ordnung", versicherte er ihr und nahm sie fest in den Arm, bevor er abhob.

Dabei musste sie ihm wohl vertrauen. Saori schmiegte sich an ihn und dachte während des Fluges darüber nach, was geschehen war. Am Vortag war alles auf einmal über sie hereingebrochen. Das schlechte Gefühl war nur noch schlimmer geworden und hatten sie sogar vergessen lassen, dass sie ihrem Meister gehorchen musste.

Wenn er sie verführen wollte, war das seine Sache. Es stand ihm zu, sich das zu nehmen. Aber nicht andersherum.

„Mein Vater hatte eine Sklavin nur fürs Vergnügen gehabt. Sie war wunderschön und sah aus wie ... Tabitha", sagte sie plötzlich leise, während die kühle Luft an ihren Haaren zerrte. „Sie war irgendwie nett, aber sie hat ständig meinen Vater verführt, damit sie Privilegien bekam. Es hat ihm gut gefallen, wie sie sich angebiedert und ihn verwöhnt hat. Ich habe sie damals in einer ähnlichen Situation gesehen", sprach sie weiter.

Nur durch Zufall war das gewesen. Saori hatte sich auf ihr Zimmer zurückziehen wollen, als seltsame Geräusche aus einem anderen Raum gekommen waren, welches sie noch nie betreten hatte.

Neugierig, wie sie gewesen war, hatte sie durch den Spalt geguckt, da die Tür nur angelehnt hatte. Ihr Vater hatte auf einer Liege gelegen, angekettet und sein Stöhnen hatte schmerzvoll geklungen. Nur deshalb war Saori aufmerksam geworden. Seine Sklavin war über ihm gebeugt gewesen und schlug ihn mit einem seltsamen Teil, während ihr Gesicht an seiner Mitte vergraben gewesen war. Gleichmäßige Geräusche, als die Peitsche durch die Luft sauste und auf das Fleisch des Vaters getroffen hatte, ließen ihn richtig stöhnen. Wehren konnte er sich nicht.

Saori hatte Todesangst um ihren brutalen Vater gehabt und war vor Panik in den Raum gestürmt und hatte an der Frau gezogen, um sie von ihrem Vater zu bekommen.

Voller Wut hatte die Frau, aber auch ihr Vater sie angeschrien, dass sie verschwinden sollte. Grob war sie aus dem Raum geschoben worden und völlig verstört war sie auf dem Flur stehen geblieben.

Später, als alle schliefen, war ihr Vater in ihr Zimmer gekommen, um sie zur Rede zu stellen. Angeschrien hatte er sie, sie vor Wut gegen die Wand gedrückt und ihr die Luft geraubt, als seine Hand sich schmerzhaft in ihrer Haut vergraben hatte.

Saori hatte sich umdrehen und mit dem Gesicht zur Wand stehen müssen, als er begonnen hatte, wie besessen auf sie mit der Peitsche einzuschlagen, mit der er bearbeitet worden war. Kein Laut hatte über ihre Lippen kommen dürfen. Grob war sie hochgezogen worden, als sie nicht mehr stehen konnte.

„Du bist eine Schande für die Familie! Hoffentlich wird dir jemand Manieren beibringen. Wenn irgendeiner so einen mickrigen Krüppel wie du überhaupt will!", wiederholte sie die Worte ihres Vaters. Nach der Tortur hatte ihr Vater sie einfach liegen lassen.

Aarons Arme schlangen sich fester um sie, als wolle er sie beschützen. "Deine Eltern sind ... grausam", sagte er ernst. "Selbst wenn dein Vater es genossen haben sollte, so ist es kein Grund, dich danach so fertig zu machen", erklärte er. "Du hattest Angst, das steht dir zu. Aber da war auch ein Unterschied. Ich nehme an dein Vater hat es gewollt. Ich hingegen nicht."

„Es war noch eine milde Strafe", nuschelte sie. Es hätte sie noch schlimmer treffen können. Die Tatsache, dass seine Sklavin wie Tabitha ausgesehen hatte, machte die Situation noch schlimmer.

Als Saori Aaron und Tabitha gesehen hatte, war die alte Angst wieder in ihr aufgekommen. Sie war bestraft worden, obwohl sie nur helfen wollte. Und sie hatte Aarons Assistentin angegriffen. Hätte sie das damals gemacht, hätte ihr Vater ihr sicherlich ein Körperteil abgetrennt.

"Tu mir bitte einen Gefallen", bat Aaron. "Vergleich mich nicht mit deinem Vater. Ich würde dich niemals bestrafen", sagte er sanft.

„Es ist nicht das ... es war Tabitha in der Situation, die mich verstört hat. Ich weiß, dass Ihr nicht mein Vater seid", erwiderte sie leise.

"Das ist gut", sagte er sanft. "Ich kann jetzt zumindest verstehen, dass es dich verstört", murmelte er nachdenklich.

„Ich kenne keinen Unterschied zwischen dem, was mein Vater genossen hatte und Strafe", gab sie leise zu. „Beides tut weh. Wenn man jemanden mit einer Peitsche schlägt, tut es garantiert weh. Warum würde man so etwas überhaupt wollen?", wollte sie leise wissen. Wohin er flog, wusste sie nicht. Aber die Zeit würde sie nutzen ihm zu erklären, warum sie so reagiert hatte.

Auch erklärte sie Aaron, dass sie wirklich Angst gehabt hatte, dass Tabitha ihm weh tat. Dass Saori dann plötzlich angriffen hatte, war nicht richtig gewesen.

"Sie hat mir weh getan", gestand Aaron leise. "Sie hat sich gegen meinen Willen etwas genommen und sie hat mein Vertrauen missbraucht", murmelte er und küsste sanft ihre Stirn.

Während des Gesprächs schien Saori gar nicht bemerkt zu haben, wie weit sie sich eigentlich von seiner Insel entfernten. So weit waren sie noch nie geflogen.

Saoris Blick glitt durch die Lüfte und nahm es gar nicht wahr, wo sie waren. Das war auch gerade nicht wichtig. „War es ... seelisch oder körperlich?", fragte sie vorsichtig. Das war nicht zu verzeihen, wenn man jemanden so weh tat.

"Seelisch", sagte er und hielt sie fest an sich gedrückt.

„Sie sind schlimmer als körperliche ... sie heilen niemals", gab Saori leise zu. Das Mädchen wusste, wovon sie sprach.

"Niemals stimmt nicht ganz", widersprach er ihr. "Manche heilen mit der Zeit und verblassen", sage er sanft und ließ sich auf dem Wind gleiten.

„Vielleicht ... leichte Verletzungen. Schwere hingegen nicht", widersprach die Dämonin. Sie blieben in den Erinnerungen und kamen in den schlimmsten Zeiten wieder hervor.

"Man lernt mit der Zeit mit ihnen zu leben", sagte er und küsste sanft ihre Stirn.

„Ich hatte gehofft, mit ihnen leben zu können. Nur ... es geht nicht", sagte sie traurig. „Ich weiß, dass Ihr von mir verführt und verwöhnt werden möchtet. Und ... ich hatte es vor. Aber es geht nicht mehr", flüsterte sie heiser. Auch sich ihm hingeben war nicht mehr möglich. „Ich fühle mich beschmutzt, wenn ich nur daran denke."

"Warum fühlst du dich beschmutzt?", fragte er überrascht.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top