Kapitel 3

...Ich sollte mit diesem 'Was Wäre Wenn?' Denken aufhören.

Beziehungsweise, mit diesem 'Ich könnte..' Denken.

Ja, ich könnte vieles.

Ich könnte wahrscheinlich auch den gesamten Park vor dem Hospital durchlaufen.
Ihr wisst schon, den mit den schönen Bäumen.

Das Problem daran ist nur, meine Eltern lassen mich nicht.
Aber ich kann sie ja verstehen.

Mir fällt auf, ich bin schon wieder in Gedanken versunken.

So wie eigentlich die meiste Zeit über.

Also macht ein mal mehr oder weniger auch keinen Unterschied.

Nachdenklich lasse ich meinen Blick durch das Zimmer schweifen.
Meine Augen wandern über die Einrichtung, während ich es in Gedanken mit den regulären Krankenzimmern vergleiche.

Wenn man durch die Tür aus dunkelbraunem Holz kommt, die an der linken Wand in den Flur der Palliativstation führt, tritt man ein in mein kleines Reich.

Zur Info: Die Palliativstation ist der Bereich im Krankenhaus, in dem die Patienten leben, wo die Chance auf eine Heilung sehr niedrig ist. Hier werden nur die Symptome behandelt und wenn es möglich ist, Therapien durchgeführt. Das heißt, hier ist Hoffnungslosigkeit praktisch vorprogrammiert.

Eigentlich ist der Raum, in dem ich praktisch den ganzen Tag verbringe, ja ganz hübsch.
Die Wände sind zwar weiß, so wie in den 'normalen' Krankenzimmern, aber das Zimmer ist irgendwie dennoch...
Freundlicher?
Wärmer?

Anders?

Ich hab keine Ahnung.

Es strahlt einfach so eine positive Ruhe aus.

Der Boden ist aus hellbraunem Holz und von ein paar runden, weißen Flauscheteppichen bedeckt.

In dem Raum stehen zwei Betten gegenüber der Fenster.
Das Linke, mit dem blau gemusterten  Bettbezug ist meines.

Das Rechte ist momentan nicht bezogen.
Ich hab keine Zimmergenossen.
Ich hatte schon lange keine mehr, und bin auch eigentlich ganz froh darüber.

Mein Erster und Letzter war ein alter Mann, der AIDS hatte.

Ein paar Wochen, nachdem ich kleines, 12-jähriges Kind hier eingezogen bin, ist er gestorben.

Das hat mich anfangs ganz schön mitgenommen, ich meine ich war ein unschuldiges kleines Mädchen, welches keine Ahnung von der echten Welt hatte.
Aber dann habe ich einfach angefangen, jedesmal an die Serie 'Das Dschungelbuch' zu denken, wenn er mir wieder in den Sinn kam.
Ich habe diese Serie damals wirklich gesuchtet.

Und dieser Idee habe ich es zu verdanken, dass ich den Namen meines ehemaligen Mitbewohners nicht mehr weiß, aber die Titelmusik von dem Dschungelbuch noch in- und auswendig kann.

Ich höre es schon wieder in meinem Kopf losdudeln...
Schnell betrachte ich weiter das Zimmer vor mir.

Unter den beiden Betten sind jeweils vier Schubladen, zwei auf jeder Seite, in denen man seine Sachen und sein gesamtes Hab und Gut verstauen kann.
Ich bin ehrlich: eineinhalb Schubladen sind bei mir noch frei.

Ich brauche zwei für meine Kleidung und eine halbe für meine persönlichen Sachen, wie zum Beispiel Zeichenbuch und so.
Oder das Fotoalbum, welches mir meine Eltern zum 11. Geburtstag geschenkt haben.
Es liegt ganz unten.

Ich hab es seit ich hier drinne bin, nie wieder rausgeholt.

Ich vermisse die Zeit draußen zu sehr.

... aber wenigstens lesen kann ich hier, soviel ich will.

Bücher müssen nämlich nicht mit unter das Bett, sondern es gibt ein großes Bücherregal, welches an der rechten Wand steht.
Und im Gegensatz zu meinen Schubladen, hab ich dieses schon längst voll gefüllt.

Auch auf dem kleinen Beistelltisch, der vor der großen dunkelbluen Plüschcouch steht, stapeln sich noch einige Bücher, die ich jetzt vor kurzem gelesen habe.
Eines muss man dem Krankenhauspersonal lassen; sie wissen, wie man einen Raum heimelig macht.
Die Couch ist - wie schon gesagt - aus einem dunkelblauen, samtartigen Stoff und mit goldenen Nähten verziert. Der Dreisitzer steht an dem Stückchen Wand, dass sich zwischen den beiden großen Bogenfenstern befindet.

Links daneben, mit dem Rücken zur Tür, steht ein großer, kuscheliger Sessel, in welchen man wunderbar hineinsinken kann.

Der Beistelltisch hat eine gläserne Oberfläche, die von dunkelbraunem Holz eingefasst ist.
Unter der Glasplatte ist noch eine kleinere Ablage.

Der gesamte Raum ist relativ groß und es gibt viel freien Platz.
Drei dunkelbraune Türen führen in andere Zimmer, zwei davon sind an der linken Wand.

Die erste führt, wie schon früher festgestellt, zurück auf den Flur der Palliativstation.
Die zweite links daneben führt in das geräumige Badezimmer.
Es gibt dort so gut wie alles: eine große Dusche, mit einem Duschkopf der Licht in verschiedenen Farben leuchten lässt, wenn man die Temperatur ändert, eine Eckbadewanne mit Nackenstütze und einen riesigen Spiegel, der über der Theke mit den beiden Waschbeckenm hängt.
Natürlich gibt es auch noch ein Klo, aber das muss ich glaube ich nicht erwähnen, oder?

Der Clou an diesem Bad ist, dass man nicht abschließen kann.
Man ist immerhin aus einem Grund im Krankenhaus.
Da kann es auch mal passieren, dass man in der Badewanne einen Anfall bekommt.

So wie ich, als ich 15 war.
Dabei ist jetzt nix Großartiges passiert, es war halt einfach ein Anfall.

Richtig schlimm wird es aber wenn du dir mal ein bisschen Zeit beim Duschen nehmen willst, und alle dein Gesinge für Schmerzensschreie halten.

Die Ärztin, die normalerweise für mich zuständig ist, war krank und statt ihr kam der Stellvertreter in seinen Enddreißigern ins Bad geplatzt.

Es war peinlich, soviel kann ich euch sagen.

Naja, jedenfalls ist das Bad halt groß.

Essen kann man sich im 'Speisesaal' holen, wenn man es denn so nennen kann, der direkt gegenüber von meinem Zimmer ist.
Dort setzt man sich an den langen Tisch sobald man Hunger hat und klingelt mit der Glocke, die auf dem Tisch steht. Dann kommt eine Schwester und bringt einem das Essen. Teller und so lässt man einfach stehen.

Möchte man Obst oder dergleichen mitnehmen, muss man die Schwestern direkt ansprechen, und wenn das soweit keine Gefahr darstellt, bekommt man was.

Allerdings ist wirklich selten jemand dort und isst. Die meisten lassen sich ihr Essen auf ihr Krankenzimmer bringen. Weil.. man ist ja dort, weil man krank ist und Pflege braucht.
Das mache ich meistens auch.

Ich kann zwar jederzeit einen Anfall bekommen, aber das wird eigentlich nicht durch Laufen oder dergleichen hervorgerufen. Meistens eher durch Stress, Angst oder körperlicher Überanstrengeng. Und ich denke mal, Laufen gehört nicht dazu.

Aber es darauf anlegen will ich nun wirklich nicht.

Ich bin schon echt beeindruckt, wenn ich es mal einen Monat ohne Anfälle schaffe.
Diesen Monat sieht es erstmal ganz gut aus.
Zwei Wochen sind schon seit dem letzten Mal vergangen.

Aber hey, es kann jederzeit passieren, als sollte ich lieber nicht zu übermütig werden.

Während ich nachgedacht habe, habe ich unbewusst angefangen, durch mein Zimmer und das Bad zu laufen und mit der Hand über verschiedene Möbel zu streichen.

Ich trete aus dem Badezimmer.

Direkt gegenüber befindet sich die letzte der drei Türen.

Sie ist im Gegensatz zu den anderen beiden weiß gestrichen.
Ich war noch nie in dem Raum hinter dieser Türe.
Dort befindet sich ein Saal, in welchen die Leute gebracht werden, welche im Koma liegen.

Da wir hier auf der Palliativstation sind, auf welche nur die Schwerkranken kommen, denen kaum mehr geholfen werden kann, kommt es selten vor, dass ein Patient diesen Komasaal lebend verlässt.

Deswegen meide ich diese Tür.

Mein Zimmer ist das einzige mit direktem Zugang zum Komasaal.

Ich hasse es.

Ich stehe einfach nur da und betrachte die weiße Tür.

Meine Gedanken fangen an, sich um die Dinge zu drehen, die sich hinter dieser Türe befinden.

Bis ich hinter mir ein Räuspern höre.

Mein Herz hüpft. Erschrocken drehe ich mich um und lasse meine Augen auf der Suche nach dem Verursacher dieses Räuspern durchs Zimmer schweifen.

Sie gleiten über die großen Bogenfenster, streifen die ungemachte, blaue Bettwäsche.
Bis sie auf die schwarzen eines Jungen treffen.

Dieser steht in der Mitte des Raumes.
Er steht einfach nur da.

"Wer bist du?" frage ich, bin mir nicht sicher, wie ich auf ihn reagieren soll.

Er legt seinen Kopf schief.

"Ich bin Min Yoongi. Dein neuer Mitbewohner"

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Uund einen großen Applaus für unseren Genius!

Ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht sicher, wie ich das nächste Kapi beginnen werde.

Es ist Montag und ich sitze hier (mal wieder) auf der Fensterbank.
Muss nämlich auf Theater warten.

Und nicht wundern, ich schreib dir Kapitel immer vor und veröffentliche eines immer erst, wenn ich das nächste schon fertig habe.

Oder Sonntagabend.
Ich denke, das wird so mein 'Uploadtag'... mal sehen

Und.. ich habe keine Ahnung, wie es auf so einer Palliativstation tatsächlich abläuft.. also please don't believe anything ^-^

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