24.
Yoongi's PoV.:
Ich versuchte mich wirklich an Hoseok's Regel zu halten und nicht mitten in der Nacht zu ihm zu schleichen, aber es kostete mich eine Menge schlafloser Stunden. Meine Augenlider fielen immer erst nach Mitternacht zu und ich schreckte jeden Morgen um 05:00 Uhr hoch.
So war es auch an diesem Tag. Die Sonne schimmerte bereits am Horizont, dabei jeden Moment aufzugehen. Der Himmel war dadurch in ein sanftes orange gefärbt und ich konnte sogar noch den Vollmond scheinen sehen. Es sah wunderschön aus. Ich nutzte die Zeit genauso wie an den letzten beiden Tagen auch schon, blieb einfach tief unter Hoseok's Bettdecke gekuschelt liegen und blinzelte müde durch eines der riesigen Fenster nach draußen. Dabei schweifte ich automatisch mit meinen Gedanken ab, erinnerte mich an den gestrigen Abend zurück. Wie Hoseok am Ende des Films eingedöst war, wie ich den Fernseher ausgeschaltet und leise unser Geschirr weggeräumt hatte. Ich hatte den Älteren nicht aufwecken wollen, weswegen ich ihn mit einer Wolldecke zugedeckt und danach einfach ins Badezimmer gegangen war, um meine Zähne zu putzen. Überraschenderweise ist er selbst dann nicht aufgewacht, als mir ausversehen die Zahnpasta Tube ins Waschbecken gefallen ist. In meinem Unterbewusstsein hatte ich mir selbstverständlich die Information zu seinem tiefen Schlafverhalten abgespeichert. Dann war ich selber schlafen gegangen.
Mittlerweile fühlte ich mich ziemlich wohl bei Hoseok. Er machte nicht mehr den Anschein, als würde er meine Anwesenheit hassen und ich glaubte ihm mit jedem verstreichenden Tag näher zu kommen. Zwar nur in kleinen Schritten, aber das war mir lieber als gar nichts.
Das brummende Geräusch von der Kaffeemaschine drang plötzlich an meine empfindlichen Ohren und ich setzte mich instinktiv hoch. Das war für mich das Startsignal um aufzustehen, weswegen ich eilig unter der warmen Bettdecke hervor krabbelte und nach meinen Klamotten griff. Genaugenommen waren es die von Hoseok, die ich mittlerweile als mein Eigentum identifizierte. Ich hätte mir auch meine Uniform aus dem Life Companionship Center anziehen können, allerdings mochte ich Hoseok's Klamotten viel lieber. Sie waren gemütlicher und rochen nach ihm, was mich während seiner Abwesenheit unheimlich beruhigte.
Als ich zu ihm in die Küche tapste, durfte ich mir dazu gleich einen tadelnden Kommentar anhören. „Ich habe dir nicht umsonst deinen Kram mitgebracht", sagte er und stellte seinen frisch gebrühten Kaffee auf den Tisch. Mir hingegen bereitete er eine warme Tasse Milch zu, genauso wie ich sie auch in der kleinen Bar unter dem Elektronikladen getrunken hatte. Nur nicht mit der Katzenminze, aber das war nicht sonderlich schlimm.
„Dir auch einen guten Morgen", grummelte ich und ließ mich schließlich gegenüber von ihm an dem Tisch nieder. „Guten Morgen...", erwiderte Hoseok mit einem entschuldigenden Lächeln, fuhr dann aber ernst fort, „Wieso ziehst du deine Sachen nicht an. Sind die zu klein geworden? Ich kann dir auch eine Nummer größer mitbringen".
„Nein, ich will sie nicht anziehen. Ich mag deine Sachen lieber", nuschelte ich. „Du siehst darin aber aus wie in einem Sack Kartoffeln", Hoseok schmunzelte amüsiert und brachte mich damit zum Lachen: „Bitte was? Als ob das so schlimm aussieht".
„Doch, wirklich. Ich trage gerne weite Klamotten, aber ich bin auch einen ganzen Kopf größer als du, weswegen das bei mir deutlich besser aussieht. Dir hingegen reichen meine T-Shirts beinahe bis zu den Knien... Du siehst aus als würdest du in einem Sack Kartoffeln stehen", erklärte er. „Mir egal", gespielt verärgert verschränkte ich die Arme ineinander, „Mich sieht doch eh niemand. Ich mag deine Klamotten lieber, also werde ich sie auch weiterhin anziehen".
Hoseok verdrehte die Augen, lachte dann aber und nickte resignierend: „Wenn du meinst. Solange du nicht jeden Tag etwas Neues raussuchst und damit mein ganzes Waschritual durcheinanderbringst, soll es mir egal sein". Ich lächelte zufrieden in mich hinein, nippte dabei vorsichtig an meiner warmen Milch. Hoseok schien seinen Kaffee mittlerweile ausgetrunken zu haben, denn er stand mit einem: „Ich mach mich jetzt für die Arbeit fertig", auf und verschwand im Badezimmer. Ich konnte daraufhin die Haarspraydose zischen hören und wie er sich das Gesicht wusch, genau zwei Spritzer Parfüm auftrug. Letztendlich putzte er auch seine Zähne und als er wieder in der Küche erschien, folgte ihm eine angenehme Duftnote. Ich schnupperte ihm unauffällig hinterher, während er mir den Haufen Arbeitsblätter vorlegte, den er mir gestern Abend von Frau Kim mitgebracht hatte.
„Du kannst heute Mittag am besten die Aufgaben hier erledigen. Versuch so viel zu machen, wie du schaffst, ja?", fragte er nach. „Okay", ich nickte, immer noch deutlich abgelenkt durch seinen wunderbaren Geruch. Es ließ meine Nase etwas kitzeln, wahrscheinlich durch das Haarspray, aber ich versuchte mir ein Niesen zu verkneifen. „Ich bringe dir heute Abend wieder ein paar Arbeitsblätter mit, damit du morgen weiterarbeiten kannst. Vielleicht bekommen wir es ja hin, dass du auf demselben Lernstand der anderen bist", Hoseok richtete ein letztes Mal seine Krawatte, ehe er in die Hände klatschte und sagte, „Ich werde mich jetzt auf den Weg machen. Denk dran leise zu bleiben und niemandem die Haustür aufzumachen". Schließlich konnte ich das kribbeln in meiner Nase doch nicht ignorieren und nieste einmal laut. Erschrocken von dem Geräusch sah ich zu Hoseok auf und er lachte wieder. „Gesundheit. Alles in Ordnung?", hakte er dann nach. „Ja, tut mir leid. Was ist, wenn das jemand gehört hat?", besorgt hielt ich die Luft an, um nicht ein weiteres Mal niesen zu müssen. „Naja, noch bin ich zu Hause, also sollte das kein Problem gewesen sein. Wenn ich weg bin, darf das allerdings nicht nochmal passieren", antwortete er. Ich nickte verstehend, lief dabei sicherlich rot an, während ich immer noch versuchte nichts von seinem Haarspray einzuatmen. Meine Nase war einfach viel zu sensibel dafür.
Deswegen war ich ausnahmsweise auch ziemlich erleichtert, als Hoseok das Haus verließ. Sein präsenter Geruch lungerte zwar noch eine Weile länger in der Wohnung und ich kämpfte verzweifelt gegen weitere Nies-Attacken an, aber nach einer Weile ging es und ich konnte das tun, was der Ältere mir aufgetragen hatte.
Die Arbeitsblätter von Frau Kim beinhaltenen zwei verschiedene Themen: einmal ging es um verschiedene Arten von Ängsten und dann um Arten von Trauer. Sie schien mir dafür sogar ein paar Seiten aus den Büchern herauskopiert zu haben, denn es gab eine Menge zu lesen und ich stürzte mich mit großer Freude ins Lernen. Es war Interessant herauszufinden wie der menschliche Verstand funktionierte und wie er mit gewissen Situationen umging. Noch dazu wie ich mich in diesen gewissen Situationen zu verhalten hatte. Wie konnte man den Eltern eines behinderten Kindes geschickt erklären, dass sich der Zustand ihres eigenen Fleisch und Blut verschlechterte? Wie konnte man genannte Eltern trösten und Mut zusprechen? Wie galt es sich gegenüber dem Kind zu verhalten?
In den Arbeitsblättern gab es eine Menge von Beispielen, zu denen ich mithilfe der ausgedruckten Buchseiten meine Lösungswege hinschreiben musste. Einige davon waren einfach, andere wiederrum versetzten mich in einen so großen Zwiespalt, dass ich ganze 20 Minuten brauchte um sie zu lösen.
Es war eine Herausforderung für mein Gehirn, dass spürte ich deutlich. Und dennoch nahm ich diese Herausforderung gerne an. Jede einzelne gelöste Aufgabe machte mich stolz, selbst wenn ich nicht wusste ob mein Lösungsweg der Richtige war. Das Gefühl spornte mich an. Ich vergaß komplett die Zeit, während ich arbeitete. Als ich alles - bis auf ein paar wenige Ausnahmen - geschafft hatte, war es bereits 15 Uhr und ich müde genug, um mich wieder für eine Weile hinzulegen.
Mittagschläfchen waren die besten, so viel stand fest. Ich genoss es nach einer Stunde aufzuwachen und auf einmal hellwach zu sein. Man sollte meinen das einen der Schlaf in der Nacht mit Energie vollpumpen sollte, doch für mich taten es die Mittagsschläfchen. Besonders, wenn ich mir danach etwas von Hoseok's übrig gebliebenen Bratnudeln aufwärmen konnte. Ausgeschlafen und mit vollem Magen lebt es sich eben besser. Ich fühlte mich rundum glücklich. Der Moment hätte wirklich nicht schöner sein können, als plötzlich das schrille Klingeln der Wohnungstür an meine Ohren drang.
Erschrocken fuhr ich hoch. Mein Herzschlag verdoppelte sich und ich lauschte gespannt in die folgende Stille. Ein klopfen, danach wieder das Klingeln... Mit einem Satz sprang ich auf meine Beine und huschte in den Flur. Von hier aus konnte ich die Stimme einer männlichen Person auf der anderen Seite ausmachen. „War ja klar... Dann muss ich wohl warten", sagte der Kerl und ich brach noch mehr in Panik aus. Wer auch immer das war, wollte zu Hoseok und würde so lange warten, bis er nach Hause kam. Dann würde die Person reinkommen und mich automatisch sehen. Vielleicht würde sie uns verraten? Vielleicht würde dieser wunderbare Tag in einem Desaster enden?
Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, als ich zu Hoseok's Haustelefon griff und mit zittrigen Fingern die Nummer wählte, die er mir auf einem gelben Post-It aufgeschrieben hatte. Das tuten kam mir ewig vor, ehe ich die vertraute Stimme des Älteren am anderen Ende der Leitung hören konnte. Sie beruhigte mich ungemein, obwohl er etwas besorgt klang. „Yoongi? Ist alles okay?", fragte er nach und ich schüttelte den Kopf, merkte aber im selben Moment das er das nicht sehen konnte. „Nein", antwortete ich also, „Jemand ist hier. Jemand steht vor deiner Tür und will zu dir. Er hat gesagt, dass er auf dich warten wird... Was machen wir jetzt? Ich habe Angst, Hoseok", den letzten Satz hauchte ich bloß. „Scheiße, ich komme sofort. Rühr dich nicht vom Fleck und öffne nicht die Tür, verstanden?", erwiderte er panisch. „O-Okay. Beeil d-dich", stammelte ich, legte den Hörer leise zurück auf seine Station.
Wie Hoseok es mir gesagt hatte, rührte ich mich nicht vom Fleck. Ich blieb genau vor dem Telefon stehen; bewegte dabei keinen Muskel, wagte es nicht einmal mehr vernünftig zu atmen. Die Angst, dass die Person auf der anderen Seite der Tür mich hören konnte, war viel zu groß. Ich wollte nicht in ein Heim geschickt werden. Nicht jetzt, wo ich mich gerade einigermaßen bei Hoseok eingelebt hatte...
Sope Fans sind wahrlich eine andere Spezies. Ich glaube ich hatte noch nie so ruhige Leser xD Yall please make some noise!!
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