𝐕𝐈𝐈.
Warum Ophelia Graves und Julien Clark in ihrem fünften Jahr auf Hogwarts zusammen gewesen waren, wusste niemand außer ihnen selbst genau.
Ophelia war unkontrolliert und chaotisch und mit ihrer Impulsivität die perfekte Gryffindor, während Julien Clark der Ravenclaw schlechthin war und mit seiner etwas ruhigeren Art einen ziemlichen Gegenpol zu der temperamentvollen Gryffindor bildete.
Niemand, nicht mal die besten Freunde der beiden, konnte also verstehen, warum sie über Monate hinweg ein Paar gewesen waren.
Ganz zu schweigen von dem unbekannten Grund der Trennung und vor allem, warum sie das Prinzip Lass uns Freunde bleiben anders als die meisten anderen Teenager meisterhaft bewältigten.
Ophelia wurde bereits unzählige Male von all ihren Freunden gefragt, wie es zu dieser Beziehung und der plötzlichen, aber offenbar komplett Herz-Schmerz freien, Trennung gekommen war.
Aber sie hielt dicht.
Und nach und nach, hörten die Leute auf, diese ungewöhnliche Beziehung und ihr Ende zu hinterfragen und Ophelia und Julien blieben befreundet, wie sie es wollten.
So kam es, dass Ophelia an einem Samstagmorgen im November, nachdem Heather sich wie selbstverständlich zu den Rumtreibern gesetzt hatte und Chester deshalb zu seinem Bruder an den Hufflepuff-Tisch geflohen war, gemeinsam mit ihrem Ex-Freund Julien Clark und dessen besten Freund Peter Davies am Ravenclaw-Tisch saß und ihr Frühstück genoss. Und das, ganz ohne einen gewissen Gryffindor, der sich ununterbrochen damit brüstete nun volljährig zu sein.
,,Ich verstehe einfach nicht, was sie an diesem aufgeblasenen Typ findet..." Ophelia warf dem Gryffindortisch einen skeptischen Blick zu.
,,Sieh ihn dir doch an, Ophelia! Dieser aufgeblasene Typ ist ein einziges Kunstwerk... diese Figur, diese Wangenknochen und dieser göttliche-" Hustend prustete Julien bei den Worten seines besten Freundes den Schluck Tee aus, den er gerade trinken wollte.
,,Sicher, aber ihr kennt Heather... naja zumindest ein kleines bisschen. Sie ist doch nicht dumm! Warum merkt sie nicht, dass er mit ihr spielt, genauso wie mit all den anderen?" Mäßig interessiert beobachtete das blonde Mädchen ihren noch immer hustenden Ex-Freund, der dem Erstickungstod gerade ungewohnt nahe schien, und seinen besten Freund, welcher Julien mehr oder weniger hilfreich auf den Rücken schlug, sich dabei aber gleichzeit vor Lachen kaum noch halten konnte.
Die beiden waren ein lustiges Freundschaftsgestell.
Julien, der vorbildliche Musterschüler, der seine blonden Haare immerzu in einer ordentlich gekämmten Frisur trug, mit der hochgewachsenen Figur und dem herzlichen Lächeln.
Und Peter, der für einen Ravenclaw geradezu unangebracht aufgedreht war, immerzu lachte und Witze riss, im Unterricht reinrief, dessen brauner Wuschelkopf immer ein einziges Chaos bildete und der zugegeben wirklich nicht besonders groß war.
,,Also als hundertprozent schwuler Teenager kann ich dir versprechen, Phelia, dass Sirius Blacks Aussehen sämtliche charakterlichen Mängel wieder wettmacht." Vielsagend grinste Peter, was Ophelia schnauben ließ.
,,So schlimm ist Black ja garnicht. Er kann wirklich nett sein und alles, aber er ist einfach niemand, mit dem man in einer Beziehung sein sollte. Erst recht nicht, wenn man so eine wundervolle Person wie Heath ist... Sie verdient etwas besseres als Black."
Julien, der sich langsam wieder von seinem Hustenanfall zu erholen schien, runzelte die Stirn. ,,Ich dachte genau das wolltest du, als du-", begann der blonden Ravenclaw, doch Ophelia unterbrach ihn mit einem gezischten Pssst!.
Hektisch sah die Blonde sich um, was Peter zum Lachen brachte. ,,Keine Sorge, Phelia, ich weiß, dass du Black bestochen hast, damit er wieder mit Heather zusammen kommt." Er grinste schelmisch.
Kurz sah Ophelia geschockt zu dem Ravenclaw, dann seufzte sie resigniert. ,,Natürlich weißt du es..." Sie warf Julien einen anklagenden Blick zu. ,,Du hast versprochen, es niemandem zu verraten! Wenn Heath es herausfindet bin ich tot... Ach, und Ches spricht vermutlich nie wieder ein Wort mit mir!"
Aber Julien zuckte nur mit den Schultern. ,,Würde dir recht geschehen!"
Ophelia seufzte. ,,Vielleicht hast du recht..."
,,Natürlich habe ich das!" Bei Juliens Worten verdrehte Ophelia die Augen, ließ dann aber ein erneutes Seufzen vernehmen.
,,Woher der Sinneswandel?", fragte Julien dann beiläufig. ,,Vor ein paar Wochen noch, hättest du deine Heather-Black-Mission um jeden Preis verteidigt." Er hob die Augenbrauen.
,,Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob es richtig war, das zu tun...", gab die blonde Gryffindor schließlich zerknirscht zu. ,,Ich wollte Heath doch nur helfen. Aber letztendlich... hab ich das schmerzvolle Ende vermutlich sowieso nur herausgezögert. Früher oder später wird Black es wieder vermasseln... Und bis dahin wird es sich immer wie ein Verrat anfühlen, wenn ich Heath mit ihm sehe und weiß, dass er das ganze nur spielt, während sie davon ausgeht, dass er sie wirklich liebt oder sowas..."
Nun zuckte die Gryffindor mit den Schultern. ,,Aber was soll ich machen? Es ist geschehen, oder? Also kann ich nur hoffen, dass niemand es herausfindet," An dieser Stelle warf sie Julien und Peter einen vielsagenden Blick zu. ,,Und die beiden irgendwann einfach Schluss machen, ohne dass Heather mich ermorden muss... Wenn ich Glück hab, wird sie nie etwas davon erfahren-"
Julien hob die Brauen. ,,Sie wird es früher oder später herausfinden! Also sag es ihr lieber jetzt, als später!"
,,Ihr Ravenclaws mit eurer dämlichen Weisheit, ist ja nicht auszuhalten!" Ophelia schnaubte.
Julien wollte gerade noch etwas erwidern, aber Ophelia unterbrach ihn und damit war das Thema beendet.
,,Genug jetzt! Lasst uns lieber über was anderes reden. Peter zum Beispiel.", sie wandte sich dem genannten Ravenclaw zu. ,,Wie läuft es mit Justin?"
Der Braunhaarige schnaubte abfällig, aber das immerwährende, belustigte Funkeln verließ seine Augen nicht. ,,Eher nicht so prickelnd... Es ist Schluss."
Zum zweiten Mal an diesem Morgen verschluckte Julien sich an seinem Tee, konnte sich diesmal aber schnell vor einer Hustenattacke retten und schob seine Tasse dann entschieden von sich, die Augen auf seinen besten Freund gerichtet.
,,Wieso in Merlins Namen weiß ich davon nichts?"
Peter sah seinen besten Freund mit gehobenen Brauen an. ,,Ich wusste nicht, dass du dich so sehr für mein Liebesleben interessierst."
Empört sah Julien ihn an. ,,Natürlich interessiere ich mich für dein Liebesleben!"
Bei Juliens Worten prusteten Ophelia und Peter los, was den Ravenclaw die Augen verdrehen ließ. ,,Seid wann?", fuhr er an seinen besten Freund gerichtet fort.
,,Seit Donnerstag Abend...", gab Peter bereitwillig Auskunft.
,,Aber warum? Du bist doch so... liebenswert und-" Unsicher fuhr Julien sich durch die blonden Haare. ,,naja toll und gutaussehend und sexy und-"
Ophelia trat ihm unterm Tisch gegen das Schienbein und er unterbrach sich. Vielsagend sah sie ihren Ex-Freund an, der nur rot anlief und kaum merklich mit dem Kopf schüttelte.
Peter schien das glücklicherweise nicht zu bemerken, denn er sah seinen blonden Freund nur kurz irritiert an. ,,Erzähl das Justin... der Dreckskerl wollte das mit dem Geheimhalten noch ewig so weiter durchziehen. Also hab ich ihm gesagt, dass ich keine dreckige Affäre sein will und ja... dann wars wohl vorbei.".
Ophelia nickte verstehend, während Julien nur gedankenverloren auf die Tischplatte vor ihm starrte.
Peter zuckte mit den Schultern. ,,Aber wer will sich beschweren! Immerhin bin ich noch nicht so romantisch und sexuell unausgelastet wie ihr beide!" Er grinste vielsagend.
,,Ich habe keine Ahnung wovon du sprichst.", empörte sich Ophelia. ,,Im Gegensatz zu euch beiden, hab ich heute ein Date für Hogsmeade!"
Überrascht sahen die beiden sie an. ,,Wer hat denn die Ehre?", fragte Peter leicht belustigt. ,,Chester zählt nicht!", fügte er dann noch hinzu.
Ophelia verdrehte die Augen. ,,Nicht mit Chester, Idiot! Eher heiratet ihr beide, adoptiert ein Kind und benennt es nach Dumbledore!-" ,,Hätte ich nichts dagegen!", warf Peter ein, was Julien rot werden und Ophelia interessiert zwischen den beiden hin und her blicken ließ. Doch sie beließ es dabei und fuhr fort. ,,Selbstverständlich gehe ich nicht mit Ches auf das Date! Ich gehe mit Marlene!"
,,McKinnon?", fragte Julien nun interessiert. Die Blonde nickte zufrieden.
,,Ich wusste gar nicht, dass du auch auf Mädchen stehst.", stellte Peter fest.
Sie zuckte mit den Schultern. ,,Ich auch nicht... Aber es ist einen Versuch wert, findet ihr nicht?"
---------- » ▪︎ « ----------
Marlene wartete in der Eingangshalle auf Ophelia.
Sie lächlte, als die Graves zu ihr trat, doch Ophelia konnte nicht umhin, die leichte Überraschung in Marlenes Augen wahrzunehmen.
,,Ich war mir nicht sicher, ob du kommen würdest.", meinte die andere auf Ophelias fragenden Blick hin.
Diese runzelte die Stirn, während die beiden blonden Mädchen aus der Eingangshalle ins Freie traten.
Eine graue Wolkendecke hing am Himmel über ihnen, während sie sich auf den Weg in das kleine Zauberer-Dorf machten.
,,Wieso hätte ich nicht kommen sollen?", hakte Ophelia nach einem Moment des Schweigens nach.
Marlene schnaubte amüsiert. ,,Du hast mich schon damit überrascht, letzte Woche überhaupt zugesagt zu haben." Sie musterte Ophelia. ,,Ich wusste nicht einmal, dass du auch auf Mädchen stehst..."
Ophelia zuckte mit den Schultern. ,,Ich weiß zugegeben nicht, ob ich das überhaupt tue.", lenkte sie ein.
Erneut hoben sich Marlenes Augenbrauen überrascht. ,,Warum hast du dann Ja gesagt, als ich dich gefragt habe?"
,,Naja, ich wollte dich nicht abweisen, ohne es überhaupt probiert zu haben. Ich hab einfach nie darüber nachgedacht, ob ich nicht auch auf Mädchen stehen könnte...", antwortete Ophelia wahrheitsgetreu.
Marlene nickte nachdenklich. ,,Bei mir war das anders, denke ich. Ich habe darüber nie nachgedacht, ich wusste es einfach irgendwann."
,,Tja, vielleicht werde ich es heute mit dir auch herausfinden..." Marlene lächelte bei Ophelias Worten.
Gemeinsam liefen die beiden weiter Richtung Hogsmeade.
Marlene war eine angenehme Gesprächspartnerin, es machte Spaß mit ihr Zeit zu verbringen, auch wenn Ophelia sich nicht sicher war, wohin dieses Date führen würde.
In Hogsmeade angekommen, schlenderten sie weiter durch die Straßen des kleinen Dorfes, redeten und lachten.
,,Erzähl mir etwas über dich!" Marlene ließ sich auf eine Bank fallen.
Sie waren am Rand von Hogsmeade angekommen und nun saßen sie hier auf dieser Bank, Marlenes Blick interessiert auf Ophelia gerichtet.
Diese überlegte. ,,Also meine Lieblingsfarbe ist, uhm..."
Marlene verdrehte die Augen. ,,Du weißt, dass ich sowas nicht gemeint habe." Sie piekste Ophelia grinsend in die Seite, was diese ebenfalls zum Lachen brachte.
,,Nagut... Ich liebe Hunde. Nicht diese kleinen Kleffer, die großen, die einen zur Begrüßung umrennen, die man so gut knuddeln kann."
Auf Marlenes Lippen bildete sich ein Lächeln und sie nickte zustimmend. ,,Meine Tante hatte früher genauso einen Hund..." Ihr Blick verdunkelte sich. ,,Bis die Todesser in ihr Haus eingedrungen sind und sie, ihren Freund und ihren Hund ermordet haben." Verbittert biss Marlene die Zähne zusammen.
Ophelia schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln, das Marlene halbherzig erwiderte, dann schüttelte sie sich und das Grinsen kehrte auf Marlenes Gesicht zurück. ,,Erzähl mir noch etwas.", forderte sie das blonde Mädchen neben sich auf. ,,Etwas, das kaum jemand weiß!"
Ophelia seufzte. ,,Ich habe Höhenangst.", gab sie schließlich widerwillig zu.
Marlenes Augen weiteten sich in Überraschung.
Ophelia seufzte. ,,Als ich noch jünger war ging es, aber jetzt... Es ist mit der Zeit immer schlimmer geworden. Ich hasse es!"
Marlene nickte, schwieg aber, als Zeichen, dass Ophelia weiter erzählen sollte.
Ophelia schnaubte. ,,Es begann schon sehr früh. Du kannst Black fragen, ich bin mir sicher, er erinnert sich noch genauso gut daran wie ich.- Ich kannte Sirius schon vor Hogwarts.", fügte sie bei dem verwirrten Ausdruck in Marlenes Gesicht hinzu. ,,Unsere Eltern waren lange befreundet... ekelhaft, ich weiß." Ophelia schnaubte abfällig bei dem Gedanken an diese Zeit ihrer Kindheit. ,,Meine Geschwister und ich haben damals viel Scheiße mit den Kindern der Blacks gemacht. Du kennst Sirius ja, sein Bruder war nicht ganz so schlimm, aber das hat Sirius mit seinem Sinn für Unsinn meistehaft wettgemacht."
Ophelia legte ihren Kopf in den Nacken, starrte einen Augenblick nur in den grauen Himmel über ihr. ,,Wir waren dumme kleine Kinder, mit einer Menge Langeweile." Ein Grinsen stahl sich auf ihr Gesicht. ,,Sirius ist das wahrscheinlich sogar immernoch... Fest steht, dass wir uns auf den ewigen Treffen mit all den Erwachsenen immer zu Tode gelangweilt haben.
Was spricht also dagegen, bei Nacht einfach mal auf ein Dach zu steigen und London bei Nacht zu beobachten?"
Ophelia lächelte gequält. ,,Mein großer Bruder, Adrian, war damals sogar schon etwas älter. Merlin allein weiß, warum er uns nicht aufgehalten hat. Ich weiß nur, dass es Sirius' Idee war und dass meine Schwester Hanna begeistert war. Also sind wir auf dieses gottverdammte Dach gestiegen... Alles war nass und rutschig." Sie sah zu Marlene. ,,Den Rest kannst du dir ja sicher denken."
Die Graves erschauderte bei der Erinnerung. ,,Es war so verdammt hoch! Wir alle sind ständig ausgerutscht, wären einige Male fast- Vermutlich wären wir damals alle von diesem bescheuerten Haus gestürzt, hätte Regulus, Sirius' kleiner Bruder, nicht irgendwann so viel Angst gehabt, dass er unsere Eltern geholt hat."
,,Tja, und seitdem hat die große Ophelia Graves Höhenangst! Sirius oder meine Geschwister hat das nie so getroffen, nur mich! Merlin weiß, warum...", schloss Ophelia verbittert.
Sie zuckte zusammen, als sie plötzlich Marlenes Hand auf ihrer Schulter spürte.
,,Ist schon ok. Jeder hat doch irgendeine Schwäche, oder?"
Ophelia lächelte bei ihren Worten. ,,Lass uns über was anderes reden, oder noch wohin gehen... Hauptsache wir reden über etwas schöneres als das!", bat sie dann.
Über solche unschönen Erinnerungen aus ihrer Kindheit zu reden, war nicht gerade Ophelias liebste Beschäftigung und vor allem hatte es die schöne Stimmung durchbrochen, die vor ein paar Minuten noch zwischen ihnen geherrscht hatte.
Marlene legte den Kopf auf die Lehne der Bank und sah ebenfalls in den Himmel. ,,Was willst du denn noch machen?", fragte sie schließlich zögerlich.
Nachdenklich starrte Ophelia in die grauen Wolken und wollte gerade den Mund aufmachen, um etwas vorschlagen, da landete ein Tropfen auf ihrer Nase.
Ein Tropfen. Ein weiterer...
,,Marls?"
,,Mh?"
,,Es regnet."
,,Mh... lass uns gehen..."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top