XVI: The last day of summer
Viel zu schnell war der letzte Tag des Sommers gekommen. Das letzte gemeinsame Abendessen, der letzte gemeinsame Rundgesang am Lagerfeuer.
Am nächsten Morgen würde ein Großteil der Halbblute das Camp für ein Jahr verlassen, Reyna und Frank würden nach Neu-Rom zurückreisen, sogar Travis würde gehen. Wenn Nico daran dachte wurde ihm ganz mulmig zu Mute.
Er konnte sich das Camp ohne Travis Stoll nicht vorstellen. Doch noch weniger konnte er sich Letztgenannten auf dem Campus eines College vorstellen.
Warscheinlich würde er gleich nach dem ersten Semester rausfliegen.
"Musste das wirklich sein?", hörte Nico Annabeth schimpfen, als er sich dem Lagerfeuer nährte.
"Ja.", sagte Percy und verschrenkte die Arme. "Nein.", erwiederte Annabeth.
"Hey Leute, ich-", Jason gesellte sich zu den Beiden.
"Zisch ab, Jason. Und komm erst wieder, wenn ich mit Percy fertig bin.", unterbrach ihn eine ziemlich wütende Annabeth.
Jason hob eine Augenbraue und wandte sich wieder ab, dann sah er Nico und lief eilig auf ihn zu.
"Wie geht's dir?" Nico musste zugeben, dass er stolz darauf war, mit einem "Gut." antworten zu können.
Jason beschrieb Nico die Pläne für die neuen Tempel, die er ausgearbeitet hatte. Irgendwann gesellte sich Frank zu ihnen und musterte Nico von oben bis unten.
"Ich habe gehört, du bist mit Will Solace zusammen.", sagte er statt einer Begrüßung. "Und?"
Nico merkte, wie er sich verkrampfte.
"Was ist schlimm daran, in einen Jungen verliebt zu sein?", von irgendwoher tauchte Will auf und legte schützend einen Arm um Nico, sein Ton war schneidend scharf.
"Nichts.", klingte Jason sich ein.
"Ich bin laktoseintolerant.", steuerte Frank schulterzuckend bei, worauf Will und Jason lachten.
"Habe ich doch gesagt.", Reyna stellte sich ebenfalls zu ihnen und stieß Nico den Ellenbogen in die Seite, woraufhin dieser gegen Will stolperte.
"Es ist nicht so, wie du es dir vorgestellt hast, aber so, wie es am besten für alle ist."
Sie lächelte, dann zog sie Frank und Jason mit sich.
"Was zur Hölle...", murmelte Nico.
Will zuckte mit den Schultern und reichte ihm einen Becher mit in Saft aufgelöstem Nektar. Nico nahm ihn entgegen und legte seinen Kopf auf Wills Schulter, während er in die Flammen starrte.
Sie züngelten hoch und leuchtend rot, dabei hatte noch nicht einmal der Rundgesang angefangen.
Um sie herum lachten und redeten die Camper, Wills Geschwister stimmten ihre Instrumente und ein paar Tutoren standen grüppchenweise zusammen. Und aus irgendeinem Grund hatte Nico das Gefühl, zuhause angekommen sein.
"Das ist unmöglich!", keifte hinter ihm eine Stimme. Nico hätte sich nicht um sie gekümmert, doch Will drehte sich um und damit war er gezwungen, seinen Kopf von dessen Schulter zu nehmen.
"Will, sag mir, dass das nicht wahr ist!" Nico fragte sich, wieso diese Athenetochter überhaupt noch hier war.
"Ich frage mich, wieso dieser Abschaum von einem Hadessohn überhaupt noch hier ist!", fuhr sie fort. Will und Nico wechselten einen Blick.
"Darf ich?", fragte Nico.
"Meinetwegen. Aber sorge dafür, dass sie nicht wie der Typ von neulich drei Tage durchschläft." Der Hadessohn nickte kurz, dann hob er die Hand und das Mädchen sackte auf dem Gras zusammen.
"Echt jetzt?" Annabeth betrachtete ihre kleine Schwester im Vorbeilaufen, dann machte sie eine wegwerfende Handbewegung und setzte ihren Weg fort. Will hob das Mädchen hoch und legte sie auf eine Bank.
"Wie lange schläft die jetzt so?", kritisch betrachtete er sie.
"Ungefähr fünfzehn Minuten.", antwortete Nico.
"Ich weiß gar nicht, was du hast. So ein Todesschlaf kann bestimmt sehr erholsam sein."
Connor stellte sich neben Nico, er hatte die Szene aus sicherer Entfernung beobachtet.
"Solange man nicht in einem Tonkrug sitzt und halb am verhungern ist.", murmelte Nico.
"Bitte was?", Connor schaute ihn verstört an.
"Nichts."
Er beschloss, sich nicht weiter mit seiner düsteren Vergangenheit zu beschäftigen. Nicht hier und jetzt.
"Nico, Will, Problem.", begrüßte sie Travis. Er grinste Will und Nico an, seinen Bruder strafte er mit einem Todesblick.
Anscheinend hatte er sich seit der Sache mit Mirander angewöhnt, seinen Bruder "Problem" zu nennen. Erstaunlicherweise passte der Spitzname außerordentlich gut zu Connor. Dieser streckte Travis die Zunge raus und lief beleidigt zu den anderen Bewohnern von Hütte 11.
Nico ließ seinen Blick über den Platz schweifen, er blieb an einem Punkt in der Nähe der Zeushütte hängen.
Dort warf ein Stützpfeiler um einiges dunklere Schatten als die anderen. Nico streckte seine Sinne aus.
Hier lagen überall Knochen im Boden verstreut, doch von keinem Punkt ging eine so massive Dunkelheit aus wie die dieses Schattens.
Nico konzentrierte sich allein auf diesen Punkt und nach einer Weile konnte er tatsächlich Achlys Stimme ausmachen. Er spürte sie mehr, als das er sie hörte.
Na schön. Du hast gewonnen. Aber soltest du nochmal auch nur einen Fuß in den Tartarus setzen, dann...
"Nico, komm. Die Perlenverteilung beginnt gleich."
Connor zog ihn zu den Bänken und ließ sich neben seinen Bruder fallen. Nico setzte sich neben ihn und blinzelte einmal. Achlys hatte ihn ziemlich aus dem Konzept gebracht.
Dann wandte er seine Aufmerksamkeit der freien Fläche zu, auf der Mr. D stand, im Begriff zurück zu treten. Ehrlich gesagt war Nico sogar froh, dass er dessen Rede verpasst hatte.
Einige Tutoren, darunter auch Will, traten vor und riefen nacheinander jeden Camper auf, der nach vorne ging und sich seine neue Perle geben ließ. Nico entdeckte auf vielen Ketten den Half-Blood Hill mit der Athena Pathenos und Thalias Fichte.
Die vier griechischen Anwesenden der großen Sieben bekamen eine Perle, auf der die Argo II abgebildet war. Auf Wills Perle prangte ein kleiner Satyr.
Langsam neigte die Perlenzeremonie sich dem Ende zu.
"Wir haben noch eine letzte Perle zu vergeben.", erhob Will die Stimme.
"An Nico di Angelo."
Nico stand verwundert auf. Sein Herz pochte wie verückt. Er hatte das Camp Half-Blood nie als ein richtiges Zuhause angesehen. Dies war der Ort an dem er von Percy Jackson, seinem damaligen Helden, gesagt bekam, dass seine Schwester gestorben sei. Der Gedanke an das Camp hatte für ihn immer einen bitteren Beigeschmack gehabt.
Langsam trat er in die Mitte des Kreises. Will lächelte und hängte ihm ein Lederband mit Perle um den Hals.
Wie bei jedem Halbblut, das seine erste Perle bekam, wiederholte Chiron die altbekannten Worte: "Χαιρετώ, Νίκο ντι Άντζελο, γιο του Άδη! *"
Alle Halbgötter wiederholten den Ruf. Die Flammen loderten hoch, als wollte Hestia Nico willkommen heißen.
In ihm breitete sich ein warmes Gefühl aus, als er die jubelnden Halbgötter betrachtete. Und dieses eine Mal dankte Nico der Dunkelheit, die sie umgab. Wäre es heller gewesen, hätte man sicherlich den Rotschimmer in seinem Gesicht bemerkt.
Und wenn Will nicht so nah bei ihm gestanden hätte, wäre es sicherlich auch ihm entgangen.
"Ich sage es euch, er ist rot geworden."
"Nein, bin ich nicht."
"Doch. Aber sowasvon."
"Halt die Klappe, Solace."
Will lachte und strubbelte Nico durch die schwarzen Haare. Travis und Connor hatten sich anscheinend wieder halbwegs vertragen und wechselten nun einen belustigen Blick. Kayla kam zu ihnen, einen grinsenden Cecil im Schlepptau.
"Was ist mit dem passiert?", Connor hatte eine Augenbraue hochgezogen und studierte Cecil genau. Dieser grinste blöd und ließ sich leicht wankend neben Kayla fallen, welche genervt stöhnte.
"Dakota ist passiert.", antwortete sie, woraufhin Travis in Richtung Cecil schnupperte und mit Kennermiene sagte: "Ganz klar ein guter Himbeersirup, Jahrgang 2010, halbtrocken." Kayla, Will und Connor lachten los.
"Als ob Cecil nicht schon hyperaktiv genug wäre.", bemerkte Will.
"Ehrlich, wenn ich Dakota noch einmal damit erwische, nehme ich ihm seinen Sirup weg.", regte er sich weiter auf.
"Komm runter.", sagte Nico.
"Du hast dich heute morgen doch auch fürchterlich aufgeregt, weil Chiron nicht wollte, dass du deinen ach-so-tollen Zombie-Chauffeur hier im Camp heraufbeschörst.", rechtfertigte sich der Apollosohn.
"Klingt fast so, als wärst du eifersüchtig auf Jules-Albert.", bemerkte Nico.
"Auf einen untoten Zombie? Nie im Leben."
"Und im Tod?"
"Sehr witzig."
"Ich weiß."
Diese Runde ging ganz klar an Nico.
Travis, Connor und Kayla hatten ihre Diskussion gespannt verfolgt, während Cecil hatte es sich zur Aufgabe gemacht hatte, jeden Jungen, der Lou ansah, zu Tode zu starren.
"Netter Haufen hier.", kommentierte Austin, der hinter Kayla aufgetaucht war. "Ich brauche dich mal kurz.", sagte er dann zu seiner Halbschwester.
Diese nickte, stand auf und ging mit Austin in Richtung Hütten, den kichernden Cecil hinter sich her ziehend.
"Wir brauchen unbedingt auch etwas...", sagte Connor.
"...von dem Himbeersirup.", führte Travis fort.
"Damit können die Kleinen sicherlich auch was anfangen."
"Aber du musst den Victor-Schwestern unbedingt noch Nachhilfe geben, wenn ich weg bin. Ihr Tempo ist echt erbärmlich.", gab Travis zu bedenken. Connor nickte überzeugt, stand auf und zog Travis hoch.
"Auf einen letzten Streich?"
"Auf einen letzten Streich."
Die beiden salutierten, dann stahlen sie sich lachend davon. Weder Will, noch Nico hielt sie auf.
Sie wollten ihnen den Spaß lassen. Nur noch ein Mal. Nico drehte seine Tonperle in den Fingern. Sie war schwarz und auf ihr prangte die Athena Pathenos.
Will zog ihn zu sich und legte einen Arm um Nico. Um sie herum wurde gelacht und geredet, von irgendwoher schimpfte Katie Gardiner über die Stolls, hier und da waren ein paar Römer zu finden.
Percy und Annabeth saßen aneinandergekuschelt am Feuer. Nico ließ seinen Blick zu Will gleiten.
"Womit habe ich all das nur verdient?", flüsterte er. "Wie wäre es mit: Du bist eine wundervolle Person und Weltenretter noch dazu.", erwiederte Will genauso leise und küsste ihn auf die Stirn.
Nico durchfuhr ein wohliger Schauer und er lächelte breit.
Und dieses eine Lächeln erreichte Nicos Augen. Und gleich danach Wills Herz.
*Heil dir, Nico di Angelo, Sohn des Hades!
________________________
Man soll ja immer aufhören, wenn es am schönsten ist, stimmt's?
Noch einmal herzlichen Dank an alle, die dieses Geschichte gelesen, dafür gevotet und/oder Kommentare geschrieben haben.
♡♡♡
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top