Cara [8]
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„Und dann meinte sie, ich solle mich nicht so anstellen. Angeblich gäbe es nichts zu befürchten, schließlich war die Situation unter Kontrolle. Könnt ihr euch das vorstellen? Da steht ein wütender Bär ein paar Meter entfernt, und ihr sollt nicht so zittern? Naja, jedenfalls habe ich dann versucht, Elen zu erklären, dass ein wütendes Tier nie eine kontrollierte Situation darstellen kann. Aber sie hat nicht auf mich gehört und versucht, das Tier zu beruhigen.
Das hat natürlich nicht funktioniert, also musste ich uns da rausholen. Ich stand noch nie so unter Druck, so viel könnt ihr mir glauben. Aber immerhin hat sie ihr Ziel erreicht: Meine Meisterin danach anzusprechen war ein Kinderspiel. Aber das dürft ihr ihr unter gar keinen Umständen erzählen, verstanden? Sonst bildet sie sich nur wieder etwas darauf ein und dann..."
„Maila, wo bleibst du denn? Ich brauche dich hier."
Der laute Ruf der anderen Fae, Fina, unterbrach Mailas lebhafte Erzählung eines desaströsen Treffens mit Elen in der Nähe einer Bärenhöhle. Anscheinend war Yans Angst wohl nicht ganz unbegründet gewesen, auf einen Bären zu stoßen.
Bei dem Gedanken daran, einem solchen Tier zu begegnen, lief mir ein kalter Schauer über den Rücken und ich versuchte, mit Maila Schritt zu halten, die geradezu über den Boden zu fegen schien. Drysden auf der anderen Seite der Fae gelang es etwas besser, mitzuhalten, schließlich hatte er auch die längeren Beine.
Ich gab gerne zu, dass seine Bereitschaft, Maila bei all ihren Abenteuern zuzuhören, unerwartet war. Eigentlich hatte ich mich zu den beiden zurückfallen lassen, um ihm die Möglichkeit zu geben, der Situation zu entkommen. Aber er war geblieben und hatte immer wieder nachgeharkt, mit einer Lebhaftigkeit und Begeisterung, die ich nicht erwartet hatte. Der ungewohnte Anblick hatte mir das Herz gewärmt.
Das konnte man von Issi nicht sagen, die uns, als wir nun zu ihr aufschlossen, kaum mehr als einen Blick aus dem Augenwinkel und ein kurzes Nicken schenkte. Drysden warf mir einen fragenden Blick zu, da auch er gemerkt haben musste, dass etwas nicht stimmte. Ich schüttelte als Antwort nur den Kopf. Wenn er selbst nicht bemerkt hatte, warum sie sich so verhielt, dann schuldete ich es meiner besten Freundin auch, Stillschweigen zu bewahren.
Dennoch, manchmal wünschte ich mir, ich könnte sie einmal gut durchschütteln. Denn ich war mir zwar sicher, dass Drysden ihre Gefühle nicht erwiderte, aber es würde ihr ungemein helfen, mit ihm darüber zu reden. Ein solches Gespräch, so unangenehm es doch schien, könnte dabei helfen, darüber hinwegzukommen. Drysden war schließlich ein netter Kerl, wenn auch etwas ruhig manchmal, der sicherlich verantwortungsvoll damit umgehen würde. Vermutlich würde er ihr sogar dabei helfen, über ihn hinwegzukommen.
Frustriert darüber, meine beste Freundin in einer solchen Situation zu sehen und ihr nicht helfen zu können, schüttelte ich den Kopf und zwang mich dann, meine Gedanken in eine andere Richtung zu schieben. Im Endeffekt war es schließlich ganz allein Issis Sache, was sie mit ihren Gefühlen so anstellte.
Ein paar Meter entfernt, in dem rötlich schimmernden Licht des Waldes, standen die beiden Fae neben einem hohen Baum, der sich nicht wirklich von den anderen unterschied. Warum wir ausgerechnet hier hielten, leuchtete mir nicht ganz ein, denn der überraschend glatte Waldweg führte noch weiter, bis er schließlich hinter einer Kurve verschwand.
Ein Knirschen, als würde jemand durch Kies waten, ließ mich überrascht zu den Fae blicken. Emerald, der bis dato dicht bei Fina gestanden hatte, trat einige Schritte zurück, den Blick auf den Baum gerichtet. Ich tat es ihm gleich und trat ein Stück näher, um besser sehen zu können, auch wenn das Knirschen mir einen Schauer über den Rücken laufen ließ.
Als ich schließlich einen guten Blick auf die Arbeit der Fae richten konnte, hielt ich kurzzeitig den Atem an. Denn ganz langsam verschoben sich die Äste, bis sie spiralförmig um den dicken Stamm verliefen. Diese Spirale bewegte sich den Baum hinab, während die Äste, die zuvor kaum fingerbreit gewesen waren, langsam an Durchmesser zunahmen.
Dieser ganze Vorgang dauerte einige Minuten und am Ende, als die beiden Fae zurücktraten, fühlte ich so etwas wie Ehrerbietung in mir aufsteigen, wie auch schon Nieven sie in mir ausgelöst hatte. Wer solche Fähigkeiten hatte, der verdiente jedes einzelne Gedicht auf dieser Welt.
„Wir nennen es eine Baumtreppe. Echt großartig, oder?"
„Unglaublich", stimmte Drysden neben mir zu, ein begeistertes Lächeln auf den Lippen.
Maila schien unter dem Lob geradezu aufzublühen, denn sie kam fröhlich angehüpft, anders konnte ich es nicht beschreiben, und harkte sich bei ihm unter, bevor sie ihn weiterzog.
„Warte nur, bis du die Aussicht da oben siehst. Das ist einfach herrlich."
„Wirklich großartig."
Bei dem giftigen Tonfall drehte ich mich überrascht zu meiner besten Freundin, die, als ich sie für ein paar Sekunden ungläubig anblinzelte, den Blick schuldig senkte. Dann stiefelte sie voran, hinter den beiden her, den Blick stur auf den Baum geheftet. Wortlos folgte ich ihr, auch wenn ich so etwas wie Sorge in mir aufkommen fühlte.
Die Baumtreppe, die die beiden Fae errichtet hatten, knirschte bei jedem Schritt, den wir taten. Die Äste gaben immer wieder nach und ich umklammerte meinen Kampfstab etwas fester, während ich mit der anderen Hand an dem festen Baumstamm neben mir nach Halt suchte. Yan, der vor mir ging, grub seine Finger förmlich in das Holz hinein und schwankte, als wir schließlich das Ende der Treppe erreichten.
Vor uns erstreckte sich eine Holzplattform, deren Ränder von blassen Ranken und zwitschernden Vögeln bedeckt waren, die bei unserer Ankunft auseinanderstoben. Erleichtert erkannte ich, dass das Holz nicht schwankte, auch wenn der hohle Klang meiner Schritte kein haltbares Holz versprach.
Als ich mich umsah, erkannte ich zu meinem Erstaunen, dass wir uns über den Wipfeln der Bäume befanden. Wo man auch hinsah, erstreckte sich ein Meer aus roten Baumkronen, die im Licht der hochstehenden Sonne leuchteten. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag war ich froh darum, den Mantel in einer behelfsmäßigen Tasche verstaut zu haben, die ich in der alten Truhe gefunden hatte. Die Sonnenstrahlen hier oben wärmten meine Haut auf angenehme Weise, die mich fast an Zuhause erinnerte, auch wenn der Anblick auf den Feldern meiner Familie ein ganz anderer war.
„Seht ihr dort hinten, wie die Bäume plötzlich aufhören? Da müssen wir hin."
Ich folgte Finas Geste, eine Hand zum Schutz vor der Sonne über den Augen. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich erkannte, worauf sie deutete. Weit entfernt am Horizont schien eine Art Loch in dem dichten Blattwerk zu herrschen, so klein, dass ich es allein vermutlich niemals bemerkt hatte.
„Und wie genau kommen wir da hin?"
Issis Stimme klang noch immer schnippischer als sonst, auch wenn ihr Gesichtsausdruck eher nachdenklich als unglücklich schien. Niemandem außer mir schien ihr Verhalten aufzufallen, oder die anderen ließen sich nichts anmerken, denn Maila begann sofort zu Grinsen. Dann ließ sie Drysdens Arm los, den er sich mit einer kleinen Grimasse rieb, und eilte auf Issi zu. Mit einer schnellen Bewegung hatte sie nach ihrer Hand gegriffen und zog sie hinter sich her.
Der überrumpelte Gesichtsausdruck meiner besten Freundin ließ mich ebenfalls grinsen und ich folgte den beiden an ein Ende der Plattform. Dort, schon fast verborgen von roten Blättern, sah ich ein Konstrukt, ebenfalls aus Holz. Daneben hatte Maila sich hingekniet, noch immer eine Hand in Issis. Mit den Fingerspitzen fuhr sie über ein paar schmale Einkerbungen, die wohl eine besondere Bedeutung hatten, denn mit einem leisen Stöhnen bewegte sich das Holzkonstrukt plötzlich, bis eine hölzerne Hängebrücke vor uns aufragte.
Zufrieden erhob Maila sich, dann trat sie, ohne zu zögern, vor und zog Issi ein weiteres Mal mit, die mit vorsichtigem Gesichtsausdruck vortrat. Ich folgte den beiden und erkannte erleichtert, dass das Holz der einzelnen Tritte weder nachgab noch hohl klang. Aber sie schwankte leicht, besonders, als die anderen uns folgten. Für alle Fälle griff ich nach dem Geländer, das aus einer Art Ranken zu bestehen schien.
Yan, der dicht hinter mir ging, schien sich weitaus unsicherer zu fühlen. Durch zusammengebissene Zähne murmelte er leise vor sich hin, während ein Blick über die Schulter mir zeigte, dass er die Ranken umklammerte, bis seine Knöchel weiß hervortraten.
Ich zog eine Grimasse, denn auf der einen Seite tat er mir leid, aber auf der anderen Seite fühlte es sich verdammt gut an, dass der Fürst wohl nicht in jeder Situation ein nerviger Idiot war, der sich ständig für etwas Besseres hielt. Ein solches Erlebnis sollte ihm wohl aufzeigen, wo seine Grenzen waren.
Am Ende dieser Hängebrücke befand sich eine kleine Plattform, der wieder eine Hängebrücke folgte. Aufgrund der Tatsache, dass diese immer wieder aus dem Blätterdach hochgeholt werden mussten, während Fina die Brücken hinter uns versenkte, kamen wir nur langsam voran.
Als ich einen Blick in die Richtung warf, in der dieses Loch lag, fühlte ich mich zunehmend erschöpft. Der Weg war noch weit und die Sonne neigte sich bereits dem Blätterdach zu. Die Vorfreude, die ich zuvor empfunden hatte, wich langsam der Sorge, noch die ganze Nacht hindurch wandern zu müssen, denn ich war mir nicht sicher, ob ich das schaffen würde.
Als wir auf eine neue Plattform stießen, trat Maila zwar ein weiteres Mal an den Rand, dann aber hielt sie inne und warf einen Blick über die Schulter. Ich stieg langsam zu ihr und Issi auf das Stück Holz, das etwas breiter als die Vorherigen zu sein schien. Auch die anderen folgten, bis wir uns schließlich auf dem Holz drängten.
„Ab hier nehmen wir die Blommas, das geht schneller. Wir teilen uns am besten auf, das heißt, dass Isabel, Cara und Yan mit mir kommen, die anderen drei steigen zu Fina."
Verwirrt runzelte ich die Stirn, nicht sicher, worauf Maila hinauswollte. Also beobachtete ich die Fae ein weiteres Mal dabei, wie sie beide Hände anhob und konzentriert die Augen schloss. Wie zuvor schien das Blätterdach nachzugeben, doch statt einer Brücke öffnete sich ein Loch und eine riesige Blume, die gelblich schimmerte, erhob sich.
Zu meinem Entsetzen trat Maila auf die Blume, die unter ihren Schritten kaum nachgab, auch wenn sie wie ein Netz bebte. Dann winkte sie uns näher und schenkte uns ein weiteres Lächeln.
„Nun kommt schon."
Ich wechselte einen Blick mit Issi, die schließlich mit einer Grimasse loslief und einen ersten Fuß auf die Blüte setzte. Diese schwankte leicht, gab aber nicht nach, also trat meine beste Freundin ganz darauf. Schnell ließ sie sich dann neben Maila auf die Knie sinken.
Ein wenig skeptisch folgte ich ihr, bis auch ich mit beiden Füßen stand. Es war ein seltsames Gefühl, denn das Schwanken war spürbar, aber keinesfalls unangenehm. Vorsichtig sank ich auf die Knie, dann schob ich mich etwas ungelenk näher an meine beste Freundin heran, bis ich bequem saß, ohne Yan den Weg zu versperren.
Der Fürst zögerte, als wäre er sich nicht sicher, ob er nicht doch fallen würde, dann schloss er die Augen und trat mit zwei schnellen Schritten vor. Belustigt beobachtete ich, wie er vorsichtig die Augen öffnete und sich dann beinah erleichtert neben mir auf die Knie sinken ließ.
Neugierig beobachtete ich dann, wie sich die Ränder der Blüte nach oben zu heben schienen, bis sie die vage Form eines Bootes annahm. Maila, die beide Hände erhoben hielt, warf uns einen Blick über die Schulter zu.
„Keine Sorge, euch passiert nichts. Vielleicht wird es ein paar Mal ruckeln, aber wir haben extra lang gewartet, bis wir die Blommas nehmen, also sollte ich nicht mittendrin erschöpft zusammenklappen oder so."
„Ruckeln?"
Die Stimme des Fürsten klang beinah wie die eines kleinen Jungen, während seine Augen komisch weit aufgerissen waren. Maila schenkte ihm ein Nicken, noch immer grinsend, als würde sie seine Angst gar nicht bemerken, dann wandte sie sich wieder vor.
„Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich eine Blomma habe abstürzen lassen."
„Abstürzen?", fragte Yan nach, nun mit eindeutig panischer Stimme, doch Maila antwortete nicht.
Langsam erhob sich dieses Blumenschiff über die Wipfel der Bäume, bis wir gut zwei Meter über den nächsten Blättern schwebten. Der Fürst neben mir schien geradezu zu zittern, während er sich umsah. Nach ein paar Augenblicken bekam ich Mitleid, denn so gerne ich ihn auch ein bisschen leiden sah, wusste ich auch, wie schlimm es war, sich in einem so aufregenden Moment allein zu fühlen.
„Du kannst gerne meine Hand halten, wenn das hilft", bot ich ihm leise an, während die Blume auf der Stelle schwebte.
Der Fürst schenkte mir dafür einen bösen Blick, seine Panik momentan vergessen. Mit einem Augenverdrehen zog ich die Hand zurück, die ich ihm entgegengestreckt hatte. Doch dann ruckelte die Blume und tat einen Satz vor. Die plötzliche Bewegung schüttelte mich ordentlich durch und ich biss die Zähne zusammen, um keinen Fluch auszustoßen.
Mit überraschender Geschwindigkeit jagte dieses Blumenboot dann über die Baumwipfel, sodass der Fahrtwind mir ins Gesicht peitschte. Die Sonne, die mir nun direkt ins Gesicht schien, war blendend hell, bis ich kaum noch etwas sehen konnte. Im selben Moment spürte ich, wie überraschend feingliedrige Finger meine eigenen umschlossen und fest zudrückten.
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Hejj,
ein vollständiges Kapitel. Die Reise scheint sich dem Ende zuzuneigen, denkt ihr nicht?
Naja, ich kann Großartiges verkünden: Statt um 6 Uhr abends werde ich vermutlich schon um halb 5 heimkommen, also findet sich wohl genug Zeit zum Schreiben.
Over and Out,
DasLebenLesen
02/08/2021
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