//DER WÜTENDE KAISER//
ARGWÖHNISCH BETRETEN DIE fünf Abenteurer die Höhle. Es durchfährt sie ein unheimlicher Schauer und sie fühlen sich irgendwie beobachtet und haben ein ganz mieses Gefühl bei dem Gedanken, dort noch tiefer hinein gehen zu müssen.
Fragt mich mal! Ich wäre jetzt auch lieber wieder zuhause bei meinem köstlichen Abendbrot und würde es mir auf dem Sofa gemütlich machen.
»Wollen wir nicht doch warten, bis das FBI eintrifft?«, fragt Chnum, der anscheinend kalte Füße bekommt. »Die könnten uns Rückendeckung geben.«
»Ach, Schmarrn! Habt euch nicht so!«, freut sich Gimli als Einziger auf die Höhlenexpedition und reibt sich genüsslich die Hände. »Eine schöne tiefe Höhle ist doch eine wunderbare Abwechslung zu all diesen Zügen und dumpfen Wäldern. Vielleicht finde ich hier sogar Spuren alter Zwergenvölker und deren Schätze.«
»Ich hoffe eher, dass wir hier Spuren von Gollum und seinem Schatz finden«, entgegnet ihm Susi kopfschüttelnd und auch Legolas schmunzelt über die Aussagen seines besten Freundes.
»Mir ist auch nicht wohl bei der Sache, aber es hilft nichts. Augen auf und durch«, spricht sich der Elb selbst Mut zu, der seinerseits lieber in einem Wald geblieben wäre.
Nun schleichen die fünf händchenhaltend durch die finstere Barbarossahöhle. Gimli fühlt sich ganz wie zu Hause und erzählt unermüdlich Geschichten seiner Zwergen-Vorfahren und die Schätze, die sie in solchen Stollen einst gefunden haben. Er redet so laut und mit so viel Humor, dass die Freunde bald keine Angst mehr haben. Nur Susi fühlt sich in dieser Finsternis nicht wohl. Sie blickt sich ständig um und hat das Gefühl, beobachtet zu werden. Sie scheint die Einzige zu sein, die im Augenblick noch an den eigentlichen Grund denkt, warum wir überhaupt in dieser Höhle gegangen sind. Mir wäre wohler zumute, wenn der Zwerg weniger Aufmerksamkeit auf uns lenken würde, auch, wenn man euch und mich gar nicht sieht. Wer weiß, was hier in der Dunkelheit haust, das uns doch sehen und angreifen kann? Und um Susi und die anderen bin ich selbstredend ebenfalls besorgt.
»Gimli, wenn du weiter so laut redest, weiß Gollum doch sofort, dass wir hier sind, und haut ab. Wir sollten die Sache alle etwas ernster nehmen«, ermahnt Susi den Sohn von Gloin.
»Sei nicht so streng, wir wollen doch nur unsere Angst besiegen«, widerspricht ihr Max.
Aber sie hat recht! Wir sind hier nicht auf Klassenfahrt!
»Ihr wisst doch gar nicht, was Angst ist! Oder wurdet ihr schon einmal von lauter Geistern in einem total finsteren Zug umzingelt? Oder von einem Ringgeist mitten im nebligen Wald bedroht? Von der Entführung durch einen überdimensionalen Gorilla ganz zu schweigen«, faucht Susi wütend zurück.
»Ja, ist gut. Wir sind in Zukunft etwas umsichtiger. Musst nicht gleich zickig werden«, grummelt Max und geht still weiter.
Gimli war nun etwas beleidigt, denn es ist für ihn die größte Freude, über seine ehrbaren Vorfahren und die Kultur der Nogothrim zu reden. Ohne nachzudenken (was er nur sehr selten tut), schlägt der temperamentvolle Zwerg mit seiner geliebten Axt gegen einen Fels, der genau vor ihm steht. Es bröckeln ein paar Steine nach unten und danach beginnt der Boden zu zittern und ein unheimliches Grollen erschallt von Felswand zu Felswand.
»Typisch Zwerg. Wer hat euch eigentlich eine Erlaubnis für das Führen einer Axt gegeben?«, schimpft Legolas, der sich gerade noch vor einem herabstürzenden Stein in Sicherheit bringen kann.
»Wer hat euch Elben erlaubt, so hochnäsig zu sein? Denkt ihr wirklich, ihr währt so schön und klug mit euren spitzen Ohren? Man sollte sie euch noch länger ziehen!«, kontert Gimli herzhaft lachend und klopft seinem zarten Freund auf die Schulter.
»Findet ihr nicht auch, dass dieser Fels ein bisschen wie Kaiser Barbarossa aussieht?«, stellt Susi fest, nachdem sie den Stein des Anstoßes eine Weile betrachtet hatte.
»Daher kam sicher die Sage, dass der Kaiser hier ruht und auf seine Rückkehr wartet«, denkt Max laut nach und will den Felsen mit dem Finger berühren.
Doch dazu kam er nicht mehr. Denn auf einmal grollt es erneut schrecklich laut und das Unfassbare wurde wahr, als der Fels, welcher in der Tat wie ein kauernder alter Mann aussieht, anfängt, sich zu bewegen. So etwas Gruseliges habe ich noch nie gesehen! Er richtet sich vor den Freunden auf und sein steinernes Antlitz verwandelt sich in ein geisterhaftes. Dann tritt er einmal kräftig auf den Boden, dass die Erde bebt, und spricht mit finsterer Stimme zu den fünf Abenteurern, die sich zitternd in eine Ecke der Höhle stellen. Nur Gimli tritt mutig und axtschwingend vor den wütenden Geist, der von uns zum Glück keine Notiz nimmt.
»Was erdreistet ihr euch? Ihr betretet mein Reich, ohne meine Erlaubnis und stört meinen ewigen Schlaf. Ihr habt offenbar überhaupt kein Benehmen. Aber das werde ich euch schon lehren!«, schimpft der Geister-Barbarossa und lässt dabei die Höhle wackeln wie Pudding.
»Was fällt Euch denn ein, werter Herr? Wer seid Ihr überhaupt, dass Ihr so ein Radau macht? Ihr habt nicht das Recht -«, will Gimli ihm besserwisserisch entgegnen.
Doch das erzürnt den alten Kaiser umso mehr.
»NICHT DAS RECHT FÜR WAS?«, dröhnt er und fuchtelt mit der halbtransparenten Faust in der Luft herum. »Ich bin der Kaiser des deutsch-römischen Reiches, ich habe alle Rechte hier. Und euch Störenfriede werde ich schon Respekt lehren.«
»Herr Friedrich, ähm ... Kaiserchen, nein. Eure hoch wohl geborene Hoheit«, unterbricht Max den Wutausbruch des Gespensts. »Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass das Heilige Römische Reich Deutscher Nation oder so ähnlich, schon lange nicht mehr existiert. Wir leben nun in einer Bundesrepublik und werden von einer Kanzlerin namens Angela regiert«, klärt er den tobenden Kaiser mit erhobenem Zeigefinger auf.
»Ihr dreistes Pack wagt es, einen so mächtigen Kaiser, wie ich es bin, anzulügen? Niemals wird eine Frau mein Reich regieren und niemals wird mein Reich untergehen. Sollte es doch so sein, werde ich dem ein Ende setzen. Denn die Stunde der Rückkehr Barbarossas ist nun gekommen. Lasst mich meines Amtes walten, eure Strafe erhaltet ihr, wenn es meine Zeit zulässt.«
Barbarossa will gerade aus seiner Höhle stampfen, als Susi ihn zurückhält.
»Ich glaube nicht, dass Frau Merkel sich nach einem so harten Wahlkampf ausgerechnet von einem dahergelaufenen Kaiser, der vor über 800 Jahren gestorben ist, vom Thron schubsen lässt«, warnt sie den mittelalterlichen Monarchen.
»Schon gar nicht von einem mit 'nem so ungepflegten Bart«, ergänzte Gimli, wie immer vorlaut.
»Zügel deine Zunge, du zu klein geratener Holzfäller!«, faucht ihn Barbarossa daraufhin an.
»HOLZFÄLLER? Ich zeig Euch mal, was so ein Holzfäller mit seiner Axt alles kann!« Gimlis Ehrgeiz wurde geweckt. Sehr gefährlich!
Mit ausgestreckter Axt springt der Zwerg in Richtung Geister-Kaiser und schlägt ihm gekonnt den langen roten, jedoch filzigen Bart ab. Dessen Träger ist davon natürlich alles andere als begeistert, denn diesem Bart verdankt er seinen weltbekannten Beinamen. Fritz Rotbart ohne Bart verfällt daraufhin in Raserei und bringt die ganze Höhle zum Beben. Von der Decke fallen große Gesteinsbrocken und die Freunde versuchen, diesen auszuweichen.
Wir sollten auch vorsichtig sein. Nur, weil wir gerade unsichtbar sind, heißt das nicht, dass wir nicht erschlagen und zerquetscht werden können! Gebt Acht!
Legolas packt Gimli an dessen Bart, den er nicht minder liebt, als Barbarossa den seinen und zieht ihn hinter sich her. Die fünf rennen wie wilde Eber durch die einstürzende Höhle. Der Kaiser düst hinter ihnen her. Er lässt sich nicht so einfach abschütteln, der alte Knabe. Auf einmal öffnet sich jedoch ein riesiger Spalt im Boden und Max fällt hinein. Die anderen vier hören nur noch sein Schreien und danach ein dumpfes Platschen.
»Max! Antworte doch! Hast du dich verletzt?! Wir müssen ihn da rausholen!«, ruft Susi verzweifelt und versucht, ihren Freund am Grund des Bodens ausfindig zu machen.
»Keine Zeit mehr. Wenn wir nicht mit Rotbart zusammentreffen wollen, bleibt uns nur eins: SPRINGEN!«, schlägt Legolas vor und wendig wie eine Katze hüpft der Elb in die Tiefe und wieder gibt es ein dumpfes Platschen.
Susi nimmt nun Chnum an die Hand und springt mit ihm hinterher. Gimli bleibt zögernd am Rand des Spalts stehen. Barbarossa kommt aber immer näher. Es wird ihm und auch uns nichts anderes übrig bleiben, als ebenfalls zu springen.
»Los Gimli, spring! Beweise uns den viel gelobten Mut der Zwerge! Ich fang dich auch auf!«, feuert Legolas seinen ungleichen Freund an, den anderen zu folgen.
»Wenn du unbedingt zu Sülze zerquetscht werden willst, dann pass auf!«, droht Gimli und macht sich bereit zu Absprung.
Kurz bevor der wutentbrannte Kaiser mit einem riesigen Geröllbrocken auf Gimli einschlagen konnte, springt auch dieser in den rettenden Spalt. Legolas allerdings tritt zur Seite, als der korpulente Zwerg auf ihn zukommt und dieser landet mit dem Popo voran in einen unterirdischen See.
»Erst ziehst du mir den Bart lang und dann lässt du mich ins eisige Wasser stürzen. Wer solche Freunde hat, braucht wahrlich keine Feinde mehr!«, grummelt und knurrt Gimli.
»Sei lieber froh, dass dein Feind dir nun nichts mehr anhaben kann«, kontert Legolas und grinst selbstherrlich, als er den nassen Zwerg sieht.
Barbarossa steht stampfend und brüllend am Spalt im Boden und schaut wütend hindurch, denn er ist zu dick, um den Freunden zu folgen. Wir sollten den noch vorherrschenden Tumult nutzen und hinterherspringen. Auf die Plätze, fertig, hüpft!
Zum Glück haben sie uns nicht bemerkt, denn die Abenteurer sind schon wieder auf dem Weg Gollum zu suchen. Doch die Ruhe sollte nicht lange andauern. Plötzlich erschrickt Susi fürchterlich und wäre am liebsten aus dem Wasser gesprungen.
Was wird uns denn jetzt wieder Furchtbares auflauern?
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