//DER WAHRE SCHMIED//

BEIM BESTEN WILLEN schaffe ich es nicht einzuschlafen. Mich drückt so eine fiese Wurzel in den Rücken. Unsere fünf Freunde haben da offenbar mehr Glück gehabt, mit der Wahl ihres Nachtlagers. Sie finden langsam ihre wohlverdiente Ruhe und Max, Gimli und Chnum sind bereits fest eingeschlafen. Legolas Grünblatt hat anfangs noch Wache gehalten, doch auch ein Elb wird mal müde und jetzt kann man ihn leise schnuffeln hören. Aber schaut mal zu Susi. Sie kann noch lange nicht einschlafen. Als es ihr fast gelang, wird sie plötzlich von einem markerschütternden Schrei aufgeschreckt, der auch mir das Blut in den Adern gerinnen ließ.

»Was war das?! Habt ihr das auch gehört?«, weckt Susi, erschrocken darüber ihre Freunde.

Max blinzelt müde unter seiner Decke hervor. »Was ist denn schon wieder los, Susi? Schlaf endlich. Wir haben noch einen weiten Weg vor uns.«

»Hast du denn dieses schrille Kreischen nicht gehört? Habt ihr nichts gehört? Legolas?«, erkundigt sich Susi weiter.

Doch der Elb schläft an einem Baum gelehnt und starrt blicklos in die Nacht.

»Wenn nicht mal Lego davon wach geworden ist, wird es auch nichts gewesen sein. Das ist der Stress, die Nerven. Da hört man manchmal Dinge, die gar nicht da sind. Vor allem dann, wenn man kurz vor dem Einschlafen ist. Das ist ganz normal, Susi.« Hört, hört! Max mausert sich zu einem Erklärbär für jede Lebenslage. »Schlaf jetzt weiter. Da war nichts. Ganz sicher«, macht Max seine Meinung noch einmal deutlich und dreht sich wieder auf die Seite, um weiter zu schlafen.

»Hoffentlich hast du recht. Mir ist nicht ganz wohl bei der Sache«, murmelt Susi, schaut sich ein letztes Mal ängstlich um und legt sich ebenfalls wieder hin.

Völlig übermüdet schlafen die beiden Freunde schließlich ein.

Aber jetzt mal unter uns. Ihr habt das Kreischen auch gehört, ja? Ich hab mir das nicht eingebildet und ich war hellwach. Susi hat recht, da war ein Kreischen. Eine Eule, meint ihr? Eine Füchsin vielleicht? Da könntet ihr recht haben. Nachts im Wald sind sonderbare Geräusche nichts Ungewöhnliches. Ich mache mir bestimmt zu viele düstere Gedanken und sollte jetzt auch endlich schlafen.

LANGSAM WIRD ES morgen und ein dichter Nebel umhüllt die Gegend. Die letzten Sterne funkeln noch im Westen. Die ersten Vögel fangen an, ihr Morgenlied zu singen, und ein Eichhörnchen sammelte fleißig Nüsse für den bevorstehenden Winter. Ich habe wunderbar geschlafen, das hätte ich wirklich nicht gedacht. Die frische Luft, der Duft nach Moos und Herbstlaub. Einfach herrlich. Ich könnte noch ewig so daliegen und ... was ist denn jetzt wieder passiert?!

Plötzlich springt Gimli auf, wirbelt seine Axt umher und schimpft in den Wald hinein, dass es nur so dröhnt. Max wird unsanft von diesem Zwergenaufstand geweckt.

»WAS? WO? WER? GIMLI! Was machst du denn für einen Lärm am frühen Morgen?«, fragt er erschrocken und muss sich erst einmal selbst finden, nach dieser ungewohnten Nacht.

Jetzt kann Max den Grund für Gimlis Aufregung sehen und mir wird ganz anders, bei diesem Anblick:

Ein NAZGÛL!

Er steht genau vor der schlummernden Susi und ist im Begriff, sie mit sich zu nehmen. Legolas' Pfeile schießen durch ihn hindurch und Gimlis Axt wird nur beim Anblick des Ringgeists schartig. Chnum sitzt erstarrt daneben und Max tut, was er tun muss: Er nimmt allen Mut zusammen und springt die schwarze Gestalt todesmutig an. Beide fallen auf den Boden und Susi erwacht jetzt endlich auch aus ihrem Schlaf. Sie reagiert blitzschnell, nimmt ihre Decke und wirft sie dem Nazgûl über den Kopf.

Als dieser orientierungslos umherirrt, packen die fünf ihre sieben Sachen in Windeseile zusammen und fliehen, ohne nur ein Wort zu sagen, in den Wald. Der Nazgûl hat es jedoch geschafft, sich die Decke vom Kopf zu reißen, schnappt sich sein nahe stehendes Pferd und verfolgt die Freunde im Jagdgalopp.

Los, da müssen wir hinterher! Steht da nicht herum, wie angewurzelt!

»Ich hätte nicht gedacht, dass du es sogar mit einem Nazgûl aufnimmst, Max«, sagt Susi anerkennend zu ihrem Freund und Retter. »Ich bin richtig stolz auf dich.«

»Deswegen bin ich doch mitgekommen. Und jetzt red' nicht so viel, sondern lauf!«, erwidert Max völlig außer Atem vom Rennen.

Der Nazgûl kommt indes immer näher und die Freunde haben keine Chance, ihm zu entkommen. Schon steht er auf seinem riesigen Rappen vor ihnen. Aus allen Ecken des Waldes kommen die anderen acht Ringgeister. Susi wird ganz bleich im Gesicht und wir können nur wieder tatenlos zugucken.

»Sie waren es! Ich erkenne dieses Gefühl wieder. Die Geister aus dem Zug!«, sagt die grünäugige Susanne ängstlich zu ihren Kameraden und beginnt wieder zu zittern.

»Und was jetzt? Es ist aus mit uns. Gegen die können wir nichts ausrichten«, flüstert Max seinen Freunden zu. »Elrond hatte recht. Die Nazgûl sind zurückgekehrt. Haut ab, ihr gesichtsloses Pack! Lasst uns in Ruhe! Wir haben nichts, was euch gehören könnte! Verschwindet!«, versucht er die ehemaligen Könige zu vertreiben und krempelt kampfbereit seine Ärmel hoch.

Der Hexenkönig von Angmar steigt nun von seinem Pferd. Oh, ich kann es nicht beschreiben. Ich weiß, er ist böse, er ist grausam, er ist gewissenlos. Aber dennoch übt er eine ungemeine Faszination auf mich aus. Er ist, man kann sagen, was man will, eine ungeheuer imposante Erscheinung. Er tritt vor Susi und blickt sie stumm und augenlos an. Das Mädchen starrt zurück, völlig entgeistert und geht wie ferngesteuert auf ihn zu.

»Wirst du wohl hierbleiben?!«, versucht Max seine Freundin daran zu hindern.

Der Ringgeist spricht in der schwarzen Sprache von Mordor zu Susi und zieht jetzt seine Morgûl-Klinge hervor. Legolas schießt in diesem Moment einen Pfeil auf den Gaul des Ober-Nazgûls ab und dieser gerät so sehr in Panik, dass er die anderen Pferde ansteckt. Auf einmal springen acht Zossen wild umher und reißen die Nazgûl mit sich. Der Hexenkönig wird von seinem Tier überrannt und stößt sich seine eigene Klinge in den Wanst. Mit einem ohrenbetäubenden Kreischen löst er sich in Staub auf. Susi sinkt im selben Augenblick bewusstlos zu Boden.

Was für ein Drama!

»Susi, was hast du? Wach auf! Sie sind weg. Wir sind in Sicherheit«, versucht Max die besinnungslose Susanne zu wecken.

Er hat Erfolg! Den Ainur sei Dank! Susi kommt langsam wieder zu sich.

»Er hat mit mir gesprochen, seine Stimme war in meinem Kopf. Er hat mich gefragt, wo Gollum und sein Ring ist. Er sagt, er habe den Ring geschmiedet und Gollum hätte ihn ihm gestohlen. Er will ihn zurück und ich soll ihm den Weg zeigen«, berichtet Susi heiser von ihrem gruseligen Erlebnis.

»Der Nazgûl-König hat den Ring geschmiedet? Ein Grund mehr, ihn zurückzuholen. Wer weiß, was dieses Scheusal damit vorhat? Wir müssen Gollum so schnell wie möglich finden und Elrond den Ring bringen. Er weiß sicher, was damit zu tun ist. Los, beeilen wir uns, bevor die Viecher zurückkehren«, schlägt Max vor und ich bewundere sein beherztes Handeln immer mehr.

»Aber woher wissen wir, wo Gollum ist?«, fragt sich Chnum nicht zu Unrecht.

»Ich glaube, ich kann mir denken, wo«, überlegt Susi und betrachtet einen Wegweiser, der windschief an einem Baum hängt. »Gollum liebt tiefe dunkle Höhlen. Er hat sich sicher in der Barbarossahöhle verkrochen. Schnell, wir müssen ihn finden, bevor es die Ringgeister tun!«, schlussfolgert sie und erntet Zustimmung.

Da rennen sie nun alle Fünfe mit einem konkreten Ziel vor Augen – die Barbarossahöhle. Legolas mit seinen leichten Elbenfüßen eilt voran, gefolgt von Max. Chnum stützt Susi, welche sich noch nicht ganz von dem Zusammentreffen mit den Nazgûl erholt hat. Zu guter Letzt versucht Gimli, mit dem Tempo Schritt zu halten.

Ich muss zugeben, dass ich auch so meine Probleme habe, hinterherzukommen. Das ist nichts mehr für meine alten Knochen.

»Dort vorne ist die Höhle!«, macht Legolas die Freunde nach einer gefühlten Ewigkeit auf ihr Ziel aufmerksam. »Doch sie wurde verschlossen. Dort hängt ein Schild, auf dem steht, dass eigenartige Töne aus der Höhle kamen und die Polizei derzeit nachschaut, welche Ursache diese haben«, liest der Elb enttäuscht das Hinweisschild am Eingang der Barbarossahöhle vor.

»Die Polizei? Die könnte uns an unserem Vorhaben hindern. Hat jemand einen Plan B?«, fragt Max ratlos.

»Hineingehen. Es gibt kein Plan B«, antwortet Susi schulterzuckend. »Uns bleibt nichts anderes übrig. Wir sind die Einzigen, die Gollum aufhalten können. Vielleicht begegnen wir den Polizisten auch gar nicht oder sie sind gar nicht mehr drin.«

Kaum ausgesprochen, scheint sich das Problem von selbst zu lösen, als drei Polizisten schreiend aus der Höhle rennen.

»Siehst du, schon sind wir die Polizisten los. Beeilung jetzt, bevor sie noch das FBI zur Unterstützung holen und dann bekommen wir den Ring nie!«, feuert Susi ihre Freunde an und vorsichtig schleichen sie in Richtung Höhleneingang.

Es ist mit der Weile später Nachmittag und die Sonne steht sehr tief. Ich hoffe, dass wir es da drinnen nicht mit weiteren Untieren zu tun bekommen. Wart ihr schon einmal in einer Höhle? Nein? Na, dann ist jetzt eure Gelegenheit. Auf geht's!

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