//DER RING MUSS WEG!//

ES IST KAUM zu glauben, aber Herr Gandalf hat wirklich an alles gedacht. Vor dem Schulgebäude parkt ein Schlitten mit, na ja, Rentiere sind das jetzt nicht, aber immerhin geben sich die Pferde mit den aufgesetzten Geweihen alle Mühe, wie welche auszusehen. Zum Glück ist der Schlitten groß genug, sodass wir uns hinten mit drauf quetschen können.

»So schwer seht ihr beiden doch gar nicht aus«, stellt Gandalf nach einer Weile fest, nachdem sich seine pferdigen Rentiere ordentlich einen abgemüht hatten, den Schlitten zu ziehen.

Wieso in aller Welt wiegen wir etwas, obwohl wir unsichtbar sind? Verrückte Welt.

Nach einer Weile erreicht unser sehenswerter Tross die Stadt Eichenstedt und zum Leidwesen aller die verfallene Villa am Fluss, in die Herr Elrond bereits beim letzten Mal eingeladen hatte.

»Nicht schon wieder diese alte Rattenburg«, murmelt Max vor sich hin und erntet einen strengen Blick vom Weihnachtself.

Gemeinsam mit ihrem Leibwächter Anakin Skywalker, der aufmerksam die Umgebung beobachtet, betreten die Freunde Elronds Geheimversteck. Max und Susi sind jedoch nicht besonders begeistert über diese vorweihnachtliche Einladung und das liegt nicht nur an der Ruine.

»Wir hatten also Recht. Auch diese Ferien werden wieder abenteuerlich. Adé, liebliches und besinnliches Weihnachtsfest!«, jammert Susi und hält sich theatralisch die Stirn.

»Nun malt Sauron nicht an die Wand! Vielleicht seid ihr pünktlich an Weihnachten wieder zu Hause und habt für immer Ruhe vor dem Ring«, versucht Gandalf sie auf seine gewohnt mürrische Art zu beruhigen.

»Schön wär's. Aber wo ist eigentlich Herr Elrond?«, fragt Max und sieht sich suchend in dem Haus um, das mehr einer Rumpelkammer gleicht.

»Na, da vorne ist er doch. Du solltest dein Umfeld besser beobachten, Maximilian Winter«, murrt Gandalf zur Antwort und zeigt mit seinem Zauberstab in Richtung Elf.

»Aber da ist doch nur dieser nutzlose und absolut lächerlich aussehende Weihnachtself!«, stellt Susi kichernd fest. »Hat er Herrn Elrond etwa unter seiner Mütze versteckt?«

»Guten Tag, ihr beiden Naseweise. Wie ich sehe, habt ihr euren Humor noch nicht verloren.« Der mutmaßliche Elf nimmt nun seine Zipfelmütze und seinen künstlichen Bart ab und vor den Mädels steht in all seiner elbischen Pracht – Herr Elrond! Wie peinlich.

»Oh, Herr Elrond. Ich hab Sie gar nicht erkannt. Nettes Kostüm haben Sie da«, sagt Susi und grinst den Elbenfürsten verlegen an.

Ich muss wohl Tomaten auf den Augen haben! Wie konnte ich Elrond nicht erkennen? Aber wer rechnet schon damit, dass sich der Herr Elbenfürst als Weihnachtself verkleidet und Geschenke austeilt?

»Spar dir das, Susanne«, grummelt der Verwandlungskünstler zurück und streicht sein Kostüm glatt. »Es gibt wichtigere Dinge zu besprechen. Ich habe mich mit vielen Weisen zusammengesetzt, um nach einer Lösung zu suchen, was mit dem Ring zu tun ist. Doch leider sind wir zu keinem brauchbaren Ergebnis gekommen und unsere einzige Möglichkeit, den Ring loszuwerden, ist es, ihn an einen Ort zu bringen, wo ihn weder Gollum noch die Nazgûl jemals finden werden«, erklärt Elrond die aktuelle Sachlage.

Hört sich nicht besonders vielversprechend an, was?

»Und wo soll ein solcher Ort sein? Wir könnten ihn doch einfach in den Schlund des Vesuvs werfen, da wollte ich sowieso schon immer mal hin! Vulkane und Ringe, das funktioniert doch sonst auch immer ganz gut«, schlägt Max in seinem jugendlichen Leichtsinn vor.

»So einfach ist das leider nicht, denn nur die Nazgûl selbst wissen, wo und wie er zerstört werden kann. Alles andere wäre reine Spekulation und würde die Sache vielleicht noch verschlimmern. Unsere einzige Möglichkeit ist es daher, den Ring ins Weltall zu befördern. Auf einen abgelegenen Planeten werden sie das Ding nie bekommen«, erklärt Elrond mit ernster und donnernder Stimme.

»Ins Weltall?! Ach du meine Güte. Das klingt ziemlich unrealistisch, wenn Sie mich fragen. Wie sollen wir denn da rauf kommen? Wir sind doch keine Astronauten und auf welchen Planeten sollen wir das Ding aussetzen?«, fragt Susi verwirrt nach.

Ich bin da ganz bei ihr. Heißt es nicht immer, dass man das Ende einer Serie daran erkennen kann, dass die Handlung ins Weltall verlegt wird?

»Du bist viel zu pessimistisch und stellst eindeutig zu viele Fragen«, blockt Elrond ihren Einwand genervt ab.

»Also ich komme nicht mit ins All. Unsere Eltern würden das ohnehin nie erlauben! Meine ganz bestimmt nicht«, schüttelt Max aufgeregt mit dem Kopf. »Ich hätte dann auch zum ersten Mal ein schlechtes Gewissen, sie über unseren Aufenthaltsort anlügen zu müssen. Ne, das mache ich nicht!« Die Lust an Abenteuern scheint ihm tatsächlich vergangen zu sein, wer hätte das je gedacht? Kein Gedanke an einen spektakulären Weltraum-Film, Max?

»Ihr erzählt euren Eltern einfach etwas Glaubhaftes. Ach, ich habe keine Zeit für solche Kinkerlitzchen. Nun folgt mir in den Keller, dort erkläre ich euch den Rest meines Planes«, sagt Elrond und geht voran.

Warum ist der denn so stinkig? Ist ihm die Weihnachtszeit nicht gut bekommen oder hat er einfach die Schnauze gestrichen voll, von diesen Ringen, Nazgûl und Gollum?

Mit flauen Mägen folgen die Freunde Herrn Elrond in den Keller des geheimen Hauses. Dort, an einer der mit Spinnweben übersäten Wände öffnet sich plötzlich eine große Klappe und dahinter kann man bereits ganz viele Monitore und anderen technischen Schnickschnack erkennen. Als Max und Susi die verborgene Halle betreten, stehen sie vor einem kleinen Raumschiff und können eine Weile nichts mehr sagen.

Die Weisen haben keine Kosten und Mühen gescheut.

»Damit werdet ihr fliegen. Hier ist auch eine Karte von dem Planetensystem, in dem ihr den Ring absetzt«, beginnt Herr Elrond ohne Umschweife zu erläutern. »Habt keine Angst, ich habe alles genau durchdacht. Ich würde euch auch gerne einen Schutztrupp mitschicken, aber je kleiner das Raumschiff ist, umso weniger Aufsehen erregt es. Die Nazgûl werden gar nicht mitbekommen, dass ihr Ring fort ist.«

Ist er sich da so sicher?

»Das klingt ja alles ganz nett, aber ... wir können leider kein Raumschiff fliegen, Herr Elrond. Tut mir leid«, winkt Max ab und will kehrtmachen und die ganze wahnwitzige Sache abblasen.

»Aber unser Leibwächter kann fliegen! Anakin ist doch Raumpilot«, merkt Susi zu seinem Unmut an.

»Ich kann nicht behaupten, dass mich das beruhigt. Gibt es vielleicht doch noch einen anderen Ausweg aus diesem Schlamassel?«, fragt Max vorsichtig nach und betrachtet skeptisch den Skywalker, der neugierig das Raumschiff inspiziert.

»Nein, das ist unsere letzte Hoffnung und ihr müsst das tun«, stellt Elrond mit Nachdruck klar. »Ihr werdet das tun, und dann haben wir für immer Ruhe und die Welt wurde durch euch gerettet. Andere würden euch für diesen Heldenmut beneiden und gern an eurer statt diese einmalige Abenteuerreise antreten«, meint der Herr von Bruchtal, der weiterhin fest an diesem Plan festhält.

Einmalige Abenteuerreise. Wo haben wir das bloß schon einmal gehört? Genau! Einst wollte ein Junge namens Max nichts lieber unternehmen, als eine solche Fahrt ins Ungewisse. Ganz schön geläutert, der Bub.

»Ich würde gerne mit so jemandem tauschen«, nuschelt Max missmutig in sich hinein. »Wenn sie einen kenne, dann tun sie sich keinen Zwang an und rufen sie ihn an.«

»Ach, komm schon, Mäxchen. Du bist doch sonst nicht so! Das Weltall, unendliche Weiten warten auf uns. Also ich freu mich drauf!«, ermuntert Susi ihren abenteuermüden Freund. »Außerdem haben wir den Ring nun mal gefunden und bis jetzt aufbewahrt. Wir können ihn nicht einfach einem anderen geben.«

Habt ihr's gesehen? Susis anfangs noch strahlender Gesichtsausdruck hat sich erneut verdunkelt, als sie von dem Ring sprach. Ja, wir sollten sie im Auge behalten.

»Du hast ihn gefunden und getragen. Ich habe damit eigentlich gar nichts zu tun gehabt. Nie«, stellt Max noch einmal klar, blickt dann aber in enttäuschte Gesichter und geht in sich. »Na ja, du bist meine beste Freundin und für ein paar Unannehmlichkeiten bin auch ich verantwortlich. Dann lasse ich dich auf dem letzten Stück Weg nicht im Stich, Susi. A... aber ohne Chnum fliege ich nicht! Er steckt genauso in diese Sache drin wie wir!«, verlangt, Max, nachdem er sich entschieden hat, doch mit Susi ins All zu fliegen.

»Ja, genau. Er wird zwar Angst haben, aber er lässt uns ganz sicher nicht allein«, stimmt Susi diesem Vorschlag zu.

»Meinetwegen. Nehmt ihn halt mit. Er weiß ohnehin Bescheid und ein bisschen Platz ist noch frei in dem Raumschiff«, gibt Elrond sein Okay. »Aber sonst erzählt niemandem davon. Die Sache muss streng geheim bleiben, damit die Nazgûl nicht Wind von der Mission bekommen«, ermahnt der Halbelb die Freunde.

»Versprochen. Es wird das geheimste Geheimunternehmen von allen geheimen Geheimunternehmen, die es je gab, und den Ring sieht hier auf der Erde niemals wieder jemand«, verspricht Susi und hebt die rechte Hand zum Schwur. »Wir sind mit dem Ding so weit gekommen, jetzt werden wir die Geschichte erfolgreich zu ihrem Ende bringen.«

»Ich verlasse mich darauf. Bereitet euch nun auf die bevorstehende Reise vor und heute Nacht seid ihr abflugbereit. Bis dann und gebt stets Acht«, sagt Elrond zum Abschied und verlässt die Halle.

Schon heute Nacht! Ins Weltall fliegen! Wie vermisse ich die Bootsfahrten, langen Zugeisen und Wanderungen jetzt schon.

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