//BEWARE OF SLEESTAK//
DA, NUN IST es passiert. Susanne, Max, Chnum und sogar Superman hängen allesamt an Marterpfählen. Die von Max als Sleestaks identifizierten Echsenmenschen tanzen derweil um einen riesigen Topf mit kochendem Wasser, Gewürzen und Gemüse herum und singen dabei mit ihrer pfeifenden und knurrenden Sprache ungewöhnliche Lieder. Unsere Freunde sind verloren und das nur, weil wir ihnen nicht geholfen haben.
»Das ist das Ende«, ist sich sogar Max sicher. »Und ich bin schuld an allem. Es tut mir echt leid. Ich hätte auf dich hören sollen, Susi«, wimmert er beim Anblick des großen dampfenden Kessels, in dem er und seine Freunde bald gekocht werden sollen.
»Dein Selbstmitleid hilft uns jetzt auch nicht weiter. Überleg lieber, wie wir aus dem Schlamassel rauskommen!«, faucht ihn Susi von der Seite an und versucht, sich aus den Fesseln zu winden.
»Hey Chnum! Chnuum! Versuch, die Fesseln mit deinen Hörnern loszumachen!«, schlägt Max daraufhin vor und wendet sich an den sichtlich benommenen Töpfergott, der einen Pfahl weiter hängt.
»Zu spät. Macht's gut, Leute. Das war es für mich«, sagt Susi plötzlich und wirft ihren Freunden einen letzten traurigen Blick zu.
Einer der Sleestaks kommt direkt auf sie zu. Aber er scheint Susi nicht würzen oder dem dampfenden Kochtopf zuführen zu wollen. Stattdessen murmelt er unverständliche Worte vor sich hin und fuchtelt mit einem seltsamen Stab vor dem ängstlich zitternden Mädchen herum.
Aber fällt euch noch etwas auf? Während der Sleestak vor Susi herum gestikuliert, betrachtet er den goldenen Ring, den sie letztens gefunden hat und seit dem an einer Kette um den Hals trägt. Dabei scheint der Grünling sie oder den Ring mit magischen Formeln zu beschwören. Er ist ganz in Trance, wie es aussieht. Könnt ihr etwas verstehen, von dem, was er da von sich gibt?
»Schnnniii, schnuuu. Chaaachnnnoo! Gollumo kongi! Chnnneee schniii! Chrrrrachroooo Chrrrniii! Kongo Gollumi!«
»Lass ja deine schmierigen Finger von meiner Freundin, du Bastard!« Das war Max. Ich bin erstaunt, dass er endlich einmal durchzugreifen versucht. »Superman tu doch was! Du musst dich doch irgendwie von diesen Fesseln befreien können, du Nichtsnutz!«, befiehlt er seinem Kameramann mit panischer Stimme.
»Tut mir leid, Chef. Aber ohne Kamera kann ich leider nicht filmen«, antwortet der Kryptonier und zuckt entschuldigend mit den Schultern.
»Du sollst nicht filmen, du Depp! Du sollst Susi retten!«, schreit Max.
Endlich ist ihm etwas wichtiger als sein Film. Aber kommt diese Einsicht vielleicht schon zu spät?
Der Sleestak hat seine Beschwörungszeremonie gerade abgeschlossen und greift jetzt zielgerichtet an Susis Hals. Sie versucht verzweifelt, nach ihm zu treten, kann sich aber kaum bewegen.
Wir müssen eingreifen, los! Nein? Warum nicht? Seht ihr denn nicht, was gleich mit ihr ... oh, was kommt denn da schon wieder aus dem Unterholz angebrettert? Der Gorilla von vorhin! Aber was tut er denn da? Igitt! Schaut nicht hin, schaut nicht hin!
Er schnappt sich den Beschwörer-Sleestak sowie ein paar der anderen Grünlinge und zerquetscht sie mit bloßen Händen. Unseren Freunden wird übel bei dem Anblick. Es muss ein ebensolches Scheusal sein, wem sich da nicht der Magen umdreht.
Nachdem der Affe mit seinem Massaker fertig geworden ist, betrachtet er Susanne eine ganze Weile, ohne einen Ton von sich zu geben.
»Susi? Was will denn dieses Vieh von dir?«, fragt Max flüsternd, als er sich diese verstörende Szene eine Weile fassungslos mit angesehen hat.
»Stell nicht so blöde Fragen, Max. Woher soll ich das wissen? Denk dir lieber was aus, um mich zu retten!«, tuschelt Susi mit zitternder Stimme zurück.
»Wie denn? Ich bin doch selbst gefangen. Aber er hat uns ja gerettet, vielleicht befreit der Riesenaffe uns von den Fesseln und zeigt uns den Heimweg? Es könnte doch sein, dass er auf unserer Seite ist«, spekuliert Max. »Er hat uns bereits zum zweiten Mal das Leben gerettet. Das muss ein gutes Zeichen sein.«
»Du glaubst immer noch an das Gute in dieser Welt? Nach allem, was wir durchgemacht haben? Ich glaube eher, er hat sich soeben sein Abendessen für heute gesichert. Er hat uns nicht gerettet, nur Nahrungskonkurrenten beiseitegeschafft«, entgegnet Susi wie immer pessimistisch.
Auf einmal gibt der riesige Primat einen markerschütternden Schrei von sich. Die Freunde schrecken zusammen und ich bin glatt hintenüber gefallen. Soll dieser Gigant wirklich ein Freund und Helfer sein? Ich hab da meine Bedenken.
»Wir dürfen nicht so viel reden, das verärgert ihn anscheinend«, merkt Susi an, die sich gerne die Ohren zugehalten hätte, aber ihre Arme sind weiterhin stramm an ihrem Körper gefesselt.
»Ach was, damit will er nur weitere Gefahren von uns fernhalten. Er markiert sein Revier, dass niemand mehr herkommen kann, um uns anzugreifen«, mutmaßt Max, der wieder völlig begeistert von allem ist, was um ihn herum passiert.
»Wann merkst du es denn endlich? ER ist die GEFAHR!«, brüllt Susi ihren wahnsinnigen Freund an.
Der Gorilla erschreckt sich dadurch und knurrt bedrohlich in Max' Richtung. Doch was ist das? Was macht er denn jetzt? Der Affe in Übergröße streckt seine Hand nach Susanne aus und befreite sie von ihren Fesseln. Das gibt's doch nicht!
»Da siehst du es! Er befreit uns doch.« Max lächelt zufrieden. Doch Augenblicke später vergeht ihm die gute Laune schon wieder. »A... aber Halt! Wieso nimmt er dich denn mit? Hey, Affe! Was ist mit uns? Du kannst uns hier nicht so hängen lassen! Komm gefälligst zurück!«
Der Monstergorilla hört Max' Rufe nicht mehr. Er nimmt Susanne in seine gewaltige Hand und läuft mit ihr in den dichten Wald. Max, Chnum und Superman bleiben gefesselt und fassungslos zurück. So wie wir.
»Los Chnum, versuch, an meine Fesseln zu kommen. Wir müssen Susanne retten. Und Superman, vergiss meine Kamera nicht mitzunehmen. Der Affe wird uns noch eine Menge Geld einhandeln«, faucht Max, der trotz allem an seinen Film und den damit einhergehenden Ruhm denkt. »Schade, dass wir die Szene mit den zerquetschten Sleestaks nicht gefilmt haben. Deshalb müssen wir jetzt für alles bereit sein.«
Bin ich unfair, wenn ich sage, dass Max pervers ist? Ja? Warum zum Henker? Niemand will sehen, wie ein Riesenaffe Sleestaks zerquetscht. Ihr seid auch pervers, so.
Wie auch immer. Chnum hat es jetzt in der Tat geschafft, alle restlichen Abenteurer mit seinen Widderhörnern von den Marterpfählen zu befreien. Nun laufen die drei den Spuren hinterher in den Wald, um Susanne zu finden, und aus der Gewalt des Riesenaffen zu befreien. Hinterher, ihr Narren!
»Beeilt euch, ihr Trantüten! Wenn wir nicht schnell genug sind – wer weiß, was diese Bestie mit Susanne macht?«, ruft Max seinen Begleitern zu und wedelt dabei aufgeregt mit der Hand herum.
»Er will sie sicher nicht fressen, wenn er Hunger gehabt hätte, dann hätte er uns doch alle mitgenommen oder die Schließechs oder wie die Viecher heißen, gefressen«, sagt völlig unerwartet Chnum, der sonst eher durch seine Wortkargheit auffällt.
»Chnum? Grundgütiger! Du kannst sprechen, wow!« Auch Max ist von den unerwarteten Worten aus göttlichem Munde überrascht. »Vielleicht hast du recht. Gorillas essen normalerweise kein Fleisch. Aber was will der Affe dann von ihr, wenn er sie nicht fressen will? Noch sind wir schließlich nicht reich. Geld kann er nicht von Susi wollen. Ist er etwa deshalb so groß, weil er sich doch von Menschen ernährt? Das ist alles meine Schuld. Hoffentlich kommen wir nicht zu spät«, hofft der eben noch so unerhört unvernünftige Abenteurer.
»Und was machen wir mit dem XXL-Affen, wenn wir sie gefunden haben? Wir sind klein und nur zu dritt«, fragt Chnum weiter, der nun anscheinend Gefallen am Sprechen gefunden hat.
»Für solche Fälle haben wir doch unseren Superhelden mit rotem Cape. Er soll sich gefälligst Gedanken machen. Aber ich will den Affen lebendig. Er allein handelt uns zehnmal so viel ein, wie der ganze Film«, stellt Max die neue Regel auf und lacht hinterhältig in sich hinein.
»Was hast du denn mit ihm vor?«, will Chnum wissen.
Das würde mich aber auch mal interessieren.
»Das wirst du dann schon sehen«, antwortet Max und reibt sich voller Vorfreude die Hände.
Ich hab da ein ganz mieses Gefühl.
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