-Kapitel 29-

**Celine's Sicht**

•••
Ich hatte kein Gefühl mehr über die Zeit.

Jeden Moment würde mir die Kraft ausgehen und ich würde direkt auf diesen kalten Boden einschlafen.

Immer wieder stieß ich meinen Kopf gegen die große Metalltür, um wach zu bleiben.

Die Schmerzen hatten schon vor einigen Minuten...Stunden..vielleicht sogar Tagen aufgehört.

Was hatte er vor?

Mein eigener Vater hatte mich hintergangen. Mich gefangen genommen und nun hielt er mich als.. Geisel?

Welchen Nutzten hatte ich ihm?

Ich ragte meine Fingernägel in meiner Handfläche sodass sie langsam eine rötliche Farbe annahm. Es war als ob ich gar nicht existieren würde. Eine einsame Seele, welche in einer Zelle gefangen gehalten wurde und es nicht schafft Frieden zu finden.

Die ganze Situation glich einem ausgedachten Märchen. Als hätte ich schlicht nur einen schlechten Traum. Mein Kopf dröhnte, doch ich konnte der Routine des Kopf an die Wand schlagen nicht widerstehen. Es gab mir Halt und gleichzeitig eine Beschäftigung.

"Du bist krank"

, schallten die Worte meines Vaters durch meinen Kopf und ließen mich stark über meine Existenz und mein Leben nachdenken.

Ich war...krank?

Was ist mit mir?

Mir geht es doch gut.

Auch wenn ich nicht wusste, dass es möglich war mehr zu weinen, setzte ich erneut ein. Wie flüssiges, heißes Metal flossen die Tränen in Mengen meine Wangen, bis zum Fußboden, hinunter.

Leises Klopfen ertönte augenblicklich, welches nicht von mir kam. Laut atmend richtete ich meinen Kopf etwas auf und stieß ein leises, „Hol mich hier raus", aus.

Meine ganze Hoffnung war bereits aufgebracht. Mich konnte niemand mehr retten.

Doch was konnte ich denn anderes machen, als um Gnade zu bitten?

Ich war zu schwach.

Zu schwach um etwas anzurichten.

Ich legte langsam meine Hand gegen die kalte Tür und drückte dagegen, obwohl es vollkommen unmöglich war sie zum Öffnen zu bringen.

„Celine.."

, erklang es von Außerhalb. Mir blieb das Herz ruckartig stehen, als ich realisierte, dass die Stimme nicht die meines Vaters war. Ebenso war es keine fremde Stimme.

Spielte mir mein Gehör einen Streich?

Wie kam er hier her?

Woher wusste er wo ich war?

Es schien so als würde ich verrückt werden. Meine Vorstellungskraft zauberte mir einen nicht existierenden Retter her. Ein erfundener edler Ritter, welcher seine Prinzessin aus den grausamen Fängen ihres Vaters entreißen würde. Er würde sich mit dem Feind duellieren und daraufhin seine große Liebe zu sich holen um ein glückliches und ewigen Leben zu leben, bis der Tod sie scheiden würde.

War es nicht so?

In Märchen?

„Du bist nicht echt!"

, schrie ich und wich wie eine wütende Raubkatze zurück. Ich durfte unter keinen Umständen meinen Verstand verlieren. Er war das letzte, das mir in dieser Einsamkeit noch treu blieb.

Mein einziger Begleiter, der mich vor dem Tod bewahrte. Ich lehnte mich gegen eine nahe liegende Wand und fuhr mit meinen Fingerspitzen durch mein schwarzes Haar.

1...2...3.. Beruhige dich Celine. Dein Unterbewusstsein spielt dir nur einen Streich.

Er kommt dich nicht holen.

Niemand stand hinter dieser Tür.

Du bist auf dich allein gestellt.

„Ich bin es...Chan. Bitte hab keine Angst."

Ich hielt mir die Ohren zu und platzierte meinen Kopf zwischen meine Knie.

Es ist nicht real...dies ist alles nicht real.

"Bitte Fantasien! Lasst mich in Frieden! Ich will hier raus!"

Meine Stimme nahm eine ganz andere Stimmlage ein, sodass mein Hals anfing wie heißes Gift zu brennen, um mir meine Stimmbänder zu zerstören. Konnte ich den Wahnsinn stoppen oder fiel er gerade jetzt, in diesem Moment, über mich her?

Mit roten Augen, sah ich zu wie sich die Tür langsam öffnete. Mein Atmen wurde immer schneller sodass es sich kaum noch wie atmen anfühlte.

Sie kommen mich holen.

Sie werden mir weh tun.

Sie werden meinem Leben ein Ende setzten.

Ich nahm die Geräusche nur noch wie in einem Tunnel war. Ewige Schallwellen, welche nur in geringen Maßen Töne ausstießen.

Ohne dass ich es so schnell verarbeiten konnte, kniete sich jemand direkt vor mich. Ich spürte eine starke Präsenz, welche sich nur wenige Zentimeter von mir entfernt befand.

Ich schaute meinen gegenüber direkt in die Augen. Aus der Höllenstimme hinter der Tür, transformierte sich nun auch eine Person, welchen ihm zum verwechseln ähnlich sah.

Blondes Haar und tiefen braune Augen.

Ich hatte keine Angst vor ihm.

Ich rieb mir mit all meiner Kraft meine Augen, um wieder einem Faden in die Realität zu folgen. Auf einmal spürte ich einen sanften Druck an meinen Handgelenken, welche diese wieder auf den Boden führten.

Ich ließ es geschehen. Wie, als hätte ich meine eigenen Kontrolle verloren. Nach einigen Blinzeln stand er immer noch vor mir.

"Chan.."

, stieß ich mit meiner heiseren Stimme ganz schwach heraus und tastete sein Gesicht mit meinen verwundeten Händen ab.

War er wirklich hier?

Ich konnte endlich wieder etwas spüren. Ich war nicht mehr alleine im Raum. Ohne nachzudenken fiel ich ihn in die Arme und auch er erwiderte innig meine Umarmung.

Wie?

Warum?

Fragen über Fragen, welche ich von mir stieß.

Freudentränen kullerten mir die Wange herunter.

Konnte es sein?

Wurde ich gerade aus den Fängen meines Vaters befreit?

Ein Blick zur Tür, zeigte eine weitere bekannte Person, welche mir seit langer Zeit ein Lächeln in Gesicht zauberte. Mit erschreckter Miene kam der Rothaarige auf leisen Sohlen auf mich zu und strich mir behutsam über meine Handfläche.

Geborgenheit machte sich in mir breit und vertrieb das Gefühl von Verzweiflung und Einsamkeit.

„Wir sollten gehen. Man weiß nie, wie viel Zeit uns noch bleibt"

, flüsterte er und auch seine Stimme war genauso wie ich sie in Erinnerung hatte.

„Du hast Recht."

Chan packte mich an den Schultern und richtete mich so, dass es mich direkt ansehen konnte.

„Es wird alles wieder gut. Wir bringen dich in Sicherheit."

Und mein Bauchgefühl sagte mir ebenfalls, dass keines seiner Worte eine Lüge war. Im nächsten Moment hob er mich ohne Vorwarnung hoch. In meiner Verfassung konnte ich es mir nicht einmal ausmalen, laufen zu können.

Ich klammerte mich an Chan, welcher im Schnellschritt das Psychozimmer verließ. Ich schaute mich schockiert um und konnte schnell feststellen, dass es sich um meine eigene Wohnung handelte....Dieses Zimmer...es war mein eigenes Zimmer.

Wie konnte so etwas schreckliches einmal mein vertrautes Zimmer gewesen sein?

Ich schluckte einen großen Klos herunter und vergrub mein Gesicht in Chans Brust.

Ich wollte diesem Alptraum entkommen.

Ich wollte einfach nur aufwachen und feststellen, dass dies alles nur das Werk meiner weitreichenden Fantasie war.

Ich drehte meinen Kopf nach hinten um das Zimmer meines Vaters im Auge zu behalten. Eine riesige Tür aus braunen Kiefernholz, welche sich nicht öffnete, egal wie lange ich sie anstarrte.

War er überhaupt zuhause?

Wie auf einer richtigen Rettungsmission rannte Chan die Treppen herunter, sodass ich Bedenken hatte, dass wir womöglich fallen konnten. Ich schloss krampfhaft meine Augen und hielt mich an seinem Shirt fest.

Es dauerte nicht lange bis ich kalte Luft auf meiner Haut spüren konnte. Ich hatte das erste Mal das Gefühl richtig einatmen zu können.

Wir hatten es geschafft.

Wir waren diesem Gefängnis entkommen, auch wenn es sicherlich erst der Anfang war. Immer wieder spürte ich, wie er auf mich herab sah.

Die zuvor angestaute Angst von ihm verletzt zu werden, verschwand genauso schnell wie sie auch gekommen war.

Er wollte mich nur beschützten.

Wie konnte ich nur angenommen haben, dass er mich verletzten würde?

Dieser Mann in seiner Wohnung.

War er gefährlich?

Hatte er es verdient niedergeschlagen zu werden?

Auch wenn die Möglichkeit bestand, dass Chan ein Mörder war...hatte ich keine Angst. Ich fühlte mich sicher in seinen Armen. Er war vielleicht der Grund für mein Überleben.

Die Worte meines Vaters durchstachen mich wie scharfe Klingen, welche sich in meine Haut ragten.

Wollte ich überhaupt wissen wozu mein Vater fähig war?

Ein paar Stunden später und ich hätte es herausgefunden.

Als wir weit genug von meiner Wohnung entfernt waren, traute ich mich zum ersten Mal meine Augen richtig aufzumachen.

Man konnte schon langsam die Sonne hinter der Stadt aufgesehen sehen. Ich war so müde...So müde, dass ich jede einzelne Sekunde einschlafen könnte. Doch ich musste wach bleiben.

Ich musste wissen, wie die beiden Jungs es erfahren haben. Musste wissen, warum sie mich retten kamen.

"Schließ schnell die Tür auf. Sie muss sich unbedingt ausruhen"

, drängte Chan unseren rothaarigen Freund.

Mir ging es gut.

Ich brauche mich nicht auszuruhen.

Ich brauchte Gemeinschaft.

Zeit mit meinen Freunden.

Menschen denen ich wirklich vertrauen konnte.

"Ja sicher"

, antwortete Felix ihm und schloss ungeschickt mit wackeligen Fingern die Tür auf. Am liebsten würde ich ihnen sagen, dass es mir gut ging.

Das ich es allein schaffen würde die Treppen hochzulaufen.

Doch weder mein Mund, noch mein Köper, signalisierten es.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top