𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝚅𝙸𝙸
Gesetzesauszug § 21c)
Ausnahmen bei Verlobungen und dessen Auflösung unterliegen die der Mitternachtsblauen Kategorie, die neben § 20b) ebenfalls allein die Verlobung mit eines ihnen selbst ausgesuchten Partners ohne die jeweilige Unterschrift der ausgewählten Familie rechtskräftig schließen und auch auflösen können.
Gesetzesauszug § 20b)
Trägern der Farbe Mitternachtsblau ist des freigestellt, welchen Stand sie nach außen hin präsentieren wollen.
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„Wie sagten sie, ist ihr Name noch mal?"
„Min Aradia.", sich gestresst durch die kurzen Haare fahrend, lief sie seit gefühlten Stunden durch ihr Zimmer. Das Kommunikationspanel war mit einem ihrer Kopfhörer verbunden und gab ihr somit die Freiheit, ungestört zu reden. Den Morgenmantel hatte sie inzwischen in bequeme und dennoch elegante Alltagskleidung ausgetauscht. Nun wartete sie darauf, dass der Kundenberater bei „'Love' Marriage" ihr weiterhelfen konnte.
„Und sie wollen was genau?", die monotone, langsame Stimme des Mannes auf der anderen Seite brachte die Frau und Mutter fast zum Explodieren. Es war klar, dass der Herr, mit dem Sie redete, definitiv die Ruhe selbst war. Schließlich wurde er dafür bezahlt, sich mit ihren Problemen und Anliegen zu beschäftigen, doch gerade hatte sie überhaupt keine Geduld für geldgieriges Verhalten.
„Ich möchte die Verlobung, die in der Zeitschrift ‚Korean Proposal' angegeben wurde, annullieren. Es muss ein Missverständnis aufgetreten sein. Ich habe nie etwas unterzeichnet."
„Okay, ich müsste dann aber auch noch wissen, welches ihrer Kinder heiratet."
„Ich habe keine Ahnung, verfickt noch mal!", nun endgültig die Geduld verlierend, schrie sie durch das Zimmer. Sie stand vor einer mit Bilderrahmen gezierten Wand. Überall hingen Bilder ihrer kleinen, damals noch unschuldigen Zwillinge herum. Das Bild, was sie jedoch anschrie, zeigte keines ihrer Kinder. Es zeigte sie selbst. In der Hand hielt sie einen positiven Schwangerschaftstest und Mammon küsste sie auf die Stirn. Sie hatte sich damals so sehr über ihre Schwangerschaft gefreut und genau das hatte das Bild eingefangen. Und trotz, dass es sie an ihre Ex-Frau erinnerte, konnte sie es nicht abnehmen. Dafür bekam es jetzt all ihre Wut ab. Sie hasste gerade alles und kurz nachdem das Bild entstanden war, ging die Ehe auch in die Brüche. Mammon war schwanger und gerade hoffte die Mitte 50-Jährige inständig, dass sie keinen ihrer Jungs an den Sohn ihrer Ex-Frau ‚verkauft' hatte.
„Okay, wir beruhigen uns jetzt mal. Ich kann ihnen so auch nicht weiterhelfen. Ich werde mich kurz mit meinem Chef unterhalten und dann werde ich mich gleich wieder melden. Haben sie bitte etwas Geduld.", gelassen und ruhig, als wenn der Mann gerade aus einem Spar gekommen wäre, sprach der Mitarbeiter mit ihr und noch bevor sie einen Einwand bringen konnte, hörte sie die nervige Warte-Schleifen-Musik.
„Geduld.", schnaubend äffte sie den Mann nach. Er lebte auch in einer anderen Geschwindigkeit. Das hatten die Angestellten, die mit Kunden arbeiteten, nun mal so an sich. Sie hatten aus einem nicht erklärbaren Grund immer alle Zeit der Welt.
„Zeit wächst auch nicht auf Bäumen." Die zweifache Mutter setzte sich an ihren Schminktisch im Schlafzimmer und begann damit, sich aufwendig zu schminken. Seit ihrer Schwangerschaft war sie nicht mehr der Typ von Menschen, die sich aufwendig unter Kilo von Make-up versteckten. Doch manchmal, wenn sie in stressige Situationen gesteckt wurde, gewann der innere Drang, etwas Produktives zu tun. Wie produktiv das Schminken nun war, sei mal dahingestellt, aber es war wenigstens eine Beschäftigung, bei der sie weder die Firma noch ihre Kinder in Gefahr brachte und gleichzeitig ihr Stresslevel etwas senkte.
Geschickt deckte sie jede Unreinheit und Unebenheit in ihrem Gesicht ab und realisierte nach und nach, dass auch an ihr der Zahn der Zeit nagte. Sie war definitiv nicht mehr die Jüngste und Jimin kostete sie mehr Kraft, als ihr lieb war. Sie konnte sich glücklich schätzen, dass Yoongi wenigstens alles einfach so hinnahm. Vor Jahren hatte sie sich noch genau deswegen gesorgt, doch jetzt sah sie es einfach als ein Geschenk an. Sie wollte es auch nicht hinterfragen, da es sie nur noch mehr Sorgen kosten würde. Die Schwarzhaarige war schon genug damit beschäftigt, zu versuchen, ihr Ziel zu erreichen und nichts würde sie stoppen. Weder Jimins rebellische und doch labile Art, noch die Gleichgültigkeit ihres Älteren. Sie würde sie sicher in eine Ehe geben und dann würden sie es ihr danken. Da war sie sich sicher.
Das plötzliche Verstummen der Warte-Schleifen-Musik ließ die in Gedanken versunkene Mutter aufschrecken. Der Lidstrich ging nun einmal quer über ihre Wange, doch darüber konnte sie sich gerade nicht ärgern. Viel wichtiger war, was der Mann auf der anderen Seite in Erfahrung gebracht hatte.
„Also Mrs. Min. Ich habe mich mit dem Chef unterhalten und muss ihnen leider mitteilen, dass diese Ehe nicht zu annullieren ist. Stattdessen kann ich ihnen jedoch die Einzelheiten über die nächsten Schritte erklären. Also zuerst mal, sie haben nicht versehentlich etwas unterschrieben. Sie waren nie in der Position, etwas darüber zu entscheiden und somit werden sowohl Min Jimin als auch Min Yoongi in die Ehe übergeben. Außerdem möchte ich sie darüber unterrichten, dass-..."
Hätte die zweifache Mutter eben noch einen Telefonhörer in der Hand gehabt, so hätte dieser in dem Moment, wo ihr mitgeteilt wurde, dass beide ihrer Kinder verheiratet werden würden, den Boden geküsst und wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit kaputt gewesen. Doch stattdessen blickte sie nur sich selbst stillschweigend in dem Spiegel an. Der schwarze Lidstrich ließ sie wie eine kaputte Puppe erscheinen und so fühlte sie sich auch. Kaputt und machtlos. Dabei hatte sie doch nur das Beste gewollt.
„Mrs. Min? Hallo? Sind sie noch dran?"
„Wie ist das möglich?", es fassungslos hauchend, senkte die Mutter ihre Hand. Nun lagen sie verschränkt in ihrem Schoß und sie blickte weiterhin ihr nun gefühlt sekündlich alterndes Spiegelbild an.
„Wie ist was möglich?", der Mann auf der anderen Seite in der Kundenberatung kam nicht so ganz mit. Er hatte schon viele empörte Kunden, die sich jedoch eher um das Datum stritten und nicht um versehentlich geschlossene Verlobungen. Obwohl, diese kamen auch gelegentlich vor, wenn die höhergestellte Farbe am Abend zu tief in das Glas geblickt und willkürlich etwas unterzeichnet hatte.
„Wie ist eine Verlobung möglich, ohne meine Zustimmung!", ihre Stimme wiederfindend, schnürten sich ihre Innereien unangenehm zusammen. Sie fühlten sich wie ein schwerer Klumpen in ihrem Körper an und ihr Herz klopfte erschreckend langsam. Fast so, als wenn ihre Organe vor Schreck gleich den Job quittieren würden.
„Ach so, natürlich. Verzeihen sie. Aber laut § 20b) und § 21c) ist es möglich, dass Mitglieder der Mitternachtsblauen Kategorie sich sowohl ihre Farbe, mit der sie in der Gesellschaft auftreten wollen, als auch ihre Partner im Alleingang aussuchen können. Demnach bedarf es nur die Unterschrift des finanziell Stärkeren, der bei zwei verschiedenen Farben unweigerlich die Mitternachtsblaue Kategorie ist. Eine solch geschlossene Verlobung ist nur durch den Vertragsführer, also in diesem Falle Herrn Kim, möglich. Sollten sie also nach dem ersten vereinbarten Treffen noch immer das irrationale Bedürfnis verspüren, diese geplante Hochzeit zu annullieren, so wenden sie sich bitte an den Verlobten. Die rechtlichen Grundlagen können sie sowohl im Gesetzbuch als auch auf unserer Website nachlesen.", die Erklärung in einem schnellen Tempo herunterleiernd, versuchte der Mann nun doch in den Themen weiterzukommen. „Aber nun zu den Einzelheiten. Das erste Treffen ist am-.."
„Schicken sie es mir einfach per Post.", den Mann abwürgend, legte sie mit einem schnellen Doppelklick auf. Ihre vor kurzem noch vor Angst zusammengezogenen Organe verkrampften sich nun eher vor Fassungslosigkeit und Erleichterung. Ein leises, unterdrücktes Quietschen verließ die Lippen der Mutter, bevor sie vor Erschöpfung einfach in Tränen ausbrach. Würde nun alles einfacher werden? Hatte sie es endlich geschafft? Und noch viel wichtiger, es war auf keinen Fall das Kind von Mammon, mit der sie ihre Kinder versehentlich verheiratet hatte. Also zusammengefasst, sie hatte alles richtig gemacht und nicht versagt, wie sie vor wenigen Minuten noch dachte. Sie hatte gewonnen, nicht wahr?
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