𝙺𝚊𝚙𝚒𝚝𝚎𝚕 𝙸𝙸
Gesetzesauszug § 19
Das Vermögen ist in Farben unterteilt.
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Lustlos an seinem Sekt nippend stand Yoongi teilnahmslos neben seinem Zwilling. Auf lange Sicht gesehen drängte jedes dieser Events, oder eher das Verhalten ihrer Mutter auf eben diesen sie nur noch mehr an den Rand der Gesellschaft. Da brachte die Farbe ihrer Familie auch nicht mehr viel, wenn jeder, der nur ansatzweise Interesse an einer Eheschließung hatte, von der Hexe abserviert wurde. Jedes Mal, wenn jemand auf ihn oder Jimin zugehen wollte, drängte sich der rote Wirbelsturm dazwischen und ließ die Anwärter mit nur wenigen, herabwürdigenden Worten die Flucht ergreifen. Dabei waren doch genau solche Partys dazu da, Kontakte für die Firmen zu knüpfen. Sie mussten sich mit anderen Familien gutstellen. Sie mussten wenigstens etwas Interesse heucheln. Stattdessen verklickerte die Mitte 50-Jährige jedem, dass sie die falsche Farbe trugen. Sie wollte kein Gelb, Hellgrün, Dunkelgrün oder Violett. Ja, sogar ihr Bordeaux Rot war ihr nicht gut genug. Sie war auf der Suche nach dem Mitternachtsblau der obersten Elite-Schicht. Sie galten fast schon als die Könige der Gesellschaft. Ein einziger Befehl würde reichen und das Marktgeschehen würde sich in knapp einem Monat komplett wandeln.
„Glaubst du, sie wird irgendwann aufgeben?"
„Weiß nicht." Jimin, der bereits einige Sektgläser geleert hatte, kippte den letzten Tropfen des Glases konzentriert auf seine ausgestreckte Zunge, bevor er sich suchend nach dem nächstbesten Kellner umschaute, der ihm ein gefülltes Glas besorgen konnte. „Aber ich kann dir nicht mal sagen, ob ich mich freuen oder es bedauern würde, zu heiraten. Am Ende würden wir schließlich keine Einladungen mehr bekommen. Daraus folgen keine Partys und ja, dann wird das Leben vermutlich ziemlich eintönig sein." Einen Kellner, nur zwei Stehtische weiter entdeckend, winkte er ihn zu sich heran. „Andererseits wären wir sie endlich los."
„Deine Leber würde es dir danken, wenn sie endlich mal eine Pause bekommen würde."
„Papperlapapp.", sich mit einem breiten Grinsen das nächste Sektglas nehmend, winkte der Silberhaarige den Älteren mit einer lästigen Handbewegung ab. „Dafür habe ich doch dich. Du spendest mir doch sicher gerne einen Teil deiner Leber. Streng genommen ist das nämlich auch meine."
„Du magst mit mir vielleicht mehr gemeinsam haben als mein zukünftiges Kind, aber meine Organe gehören dennoch mir allein."
„Vorausgesetzt du bekommst ein Kind.", das Glas in einem Zug leerend, wich der Jüngere dem genervt-bösen Blick seines Zwillings aus.
„Das gleiche gilt für dich." Jimin nicht mehr beachtend richtete Yoongi seinen Blick wieder auf die miteinander redenden Menschen. Alle Farben vermischten sich und tauschten gegenseitig Visitenkarten aus. Dabei ging es viel mehr darum, so viele wie möglich unter die Menschen zu bekommen. Die privateren finanziellen Treffen würden erst bei entstandenem Interesse zu gegebenen Zeitpunkten privat ausgetauscht werden. Welchen wirklichen Nettowert die einzelnen Familien und deren Kinder nun hatten, konnte man am Ende eben nur vage an der Farbe abschätzen.
Er selbst konnte sich nicht daran erinnern, jemals eine Visitenkarte ausgetauscht zu haben. Er hatte welche heimlich zugesteckt bekommen oder auch welche bei Finanzwebseiten gesehen. Doch so wirklich zu gegenseitigem Interesse war es nie gekommen. Er hatte nie ein Treffen gehabt. Denn am Ende hatte er kein Mitspracherecht. Seine Mutter hatte die Firma aufgebaut und mit ihrer jüngeren Partnerin erweitert. Somit lag das Entscheidungsrecht als CEO und leibliche Mutter über die Familie bei ihr. Erstrecht nach der Auflösung ihrer Ehe.
„Jimin.", die glasklare, eiskalte Stimme ihrer Mutter, ließ die Zwillinge zusammenzucken. Beide hatten in unterschiedliche Richtungen geblickt, hingen ihren eigenen Gedanken nach und somit hatte niemand damit gerechnet, dass die Frau mittleren Alters so schnell mit dem Auskundschaften fertig sein würde. „Du weißt, was ich zu Alkohol gesagt habe." Dem Silberhaarigen entwand sie mit Leichtigkeit das leere Sektglas und knallte es fast schon aggressiv zu den anderen. Zumindest war diese Geste für die sonst so ruhige Frau aggressiv.
„Mir ist noch nicht schlecht."
„Das will ich auch für dich hoffen. Vielleicht kommen noch welche."
Leidende Blicke wurden zwischen den Zwillingen ausgetauscht, bevor sie mit einem aufgesetzt hoffnungsvollen Gesichtsausdruck ihre Mutter anlächelten.
„Du hast schon mit allen gesprochen?"
„Gesprochen?", sich angewidert schüttelnd griff die Frau selbst nach einem Sektglas, was auf dem Tablett eines vorbeilaufenden Kellners stand. „Ich brauche hier mit niemandem mehr zu reden. Ich kenne sie alle schon und vertraut mir, hier ist kein Kandidat für euch dabei."
„Was machen wir dann noch hier?", sich seufzend die Schläfe massierend stellte Yoongi das Sektglas, das so gut wie unangerührt war, zurück auf den Tisch. Er wollte das alles nicht mehr. Er wollte eine Pause. Er brauchte eine Pause. Das hatte der vergangene Test ergeben.
„Wir ver-..."
„Aradia!", eine Frau, ebenfalls in Bordeaux Rot gekleidet, kam mit ausgebreiteten Armen auf das Trio zu. Dabei unterbrach sie unhöflich, wie sie nun einmal war, die Erklärung der Schwarzhaarigen. „Das ich dich hier heute sehe, hätte ich nicht erwartet." Grinsend gab sie der kleineren Frau einen Kuss links und rechts auf die Wange. „Und dann gleich noch mit deinen beiden Jungs." Ungeniert ließ sie den Blick über die Zwillinge wandern, die sich unbemerkt etwas weiter nach hinten bewegten. Sie kannten die Absicht der Frau. Sie war kein Freund von ihrer Familie. Sie war ein Parasit, der seit Monaten versuchte, sie mit ihrem Kind zu infiltrieren.
„Mammon." Verkrampft erwiderte die Angesprochene die Geste. „Schön dich wieder zu sehen und natürlich sind meine Kinder dabei. Um sie geht es ja. Außerdem waren sie soeben dabei, sich nach einer kleinen Pause weiter umzusehen.", hinter ihrem Rücken machte sie verscheuchende Bewegungen, sodass sich die Zwillinge umgehend mit einer Verbeugung verabschiedeten und die beiden Frauen allein ließen.
Sobald die Kinder außer Hörweite waren, fiel den beiden Frauen das Lächeln aus dem Gesicht. Stattdessen zierte Kälte und Abscheu ihren Ausdruck.
„Du lässt sie sich allein umschauen?" Mammon schnappte sich das zurückgelassene Sektglas Yoongis.
„Ja.", mit angespannten Schultern beobachtete die zweifache Mutter ihre Ex-Frau. „Ich bin für meine Kinder da, unterstütze sie bei ihrer Zukunft und hintergehe sie nicht mit einem Stripper." Die ausgesprochenen Worte schmeckten bitter wie Galle. Es nagte noch immer an ihr. Sie hatte immer alles für ihre Familie getan. Sie hatte alles geopfert und dann wurde sie betrogen. Mammon hatte ein Kind, ein nicht gemeldetes, ein nicht geplantes Kind von einem Freier bekommen. Von einem nicht registrierten Mann. Und jetzt wagte es die Frau schon wieder vor ihr zu stehen, ihren Kindern nahezukommen und vermutlich wieder das gleiche Anliegen vorzutragen.
„Die alte Leier schon wieder. Es ist 20 Jahre her und am Ende waren bei uns sowieso nie Gefühle dabei. Und genau dafür wird das Ganze doch veranstaltet.", in die Halle deutend, um ihre Behauptung zu unterstreichen, zuckte die Größere mit den Schultern.
„Das mag sein.", mit verkrampftem Kiefer funkelte Aradia ihre Ex-Frau wütend an. „Und dennoch hast du Gesetzte gebrochen. Hättest du es auf dem offiziellen Weg gemacht, wäre es nie so weit gekommen."
„Gesetzte. Der offizielle Weg.", theatralisch seufzte die 50-Jährige. „Du hast dich in all den Jahren wirklich überhaupt nicht verändert. Du bist noch genauso verbissen und regelbesessen wie vor 24 Jahren. Mich würde es nicht wundern, wenn deine Kinder die Nase voll von dir haben."
„Lass sie da raus. Und selbst wenn ich sie nerve, eines Tages werden sie mir danken. Denn ich werde ganz sicher zu verhindern wissen, dass sie eine Kriminelle heiraten, wie ich es machen musste." Sie musste sich beherrschen, der Frau vor sich nicht ins Gesicht zu spucken.
„Kriminell hin oder her. Ich habe die gleiche Farbe wie du. Mein Sohn hat die gleiche Farbe wie du, wie deine Kinder. Findest du nicht, wir können den Fehler von damals wieder gut machen, unseren Eltern zuliebe.", grinsend, wobei es keinesfalls freundlich war, streckte sie der Kleineren ihre weinrote Visitenkarte hin.
„Fehler?", fassungslos lachte Aradia auf. „Einen Fehler macht man aus Versehen und man kann ihn verzeihen. Das, was du getan hast, war weder aus Versehen, noch kann man es verzeihen. Also bleib mir mit deinem Parasitenkind vom Leib. Weder Jimin noch Yoongi werden auch nur in Betracht ziehen können, dass wir unsere Familien wieder vereinen. Eher lasse ich sie einen der Gelben aus Liebe heiraten. Also wach auf und verschwinde aus dieser Welt."
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Ich weiß ja nicht, wie das Wetter bei euch ist, aber bei uns ist es gefühlt schon Winter. Also Zündet euch eine Duftkerze an, lest, kuschelt euch ein und trinkt irgendwas warmes.
<3
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