𝐂𝐚𝐫𝐩𝐨𝐥𝐨 | we became strangers

♡ POLO ♡
[Staffel 3]

Mein Daumen strich leicht über Carlas Handrücken und meine Finger verschränkten sich mit ihren.
Sie fühlte sich eiskalt an.

Das verschmierte Make-up auf ihren geschlossenen Lidern passte nicht zu ihrem sonst nahezu perfekten Äußeren, genau wie der ungewöhnlich blasse Hautton. Ihr Haar trocknete noch nicht vollständig und lag unordentlich auf dem Kissen verteilt.

Es schmerzte, die starke und unnachgiebige Marquesa so zerbrechlich und schwach zu sehen. Am meisten ärgerte mich, nicht gemerkt zu haben, wie schlecht es ihr ging. So schlecht, dass sie unter Drogen- und Alkoholeinfluss in einen Pool stürzte.

Das passte nicht zu ihr.
Ich kannte Carla als ein Mädchen, das immer die Kontrolle bewahrte.
Sie trank viel, aber nicht zu viel.
Sie verzichtete auf Drogen, wusste immer die richtigen Worte in den Mund zu nehmen und wickelte andere mit Leichtigkeit um den kleinen Finger. Im Laufe der Zeit erkannte ich Carlas manipulative Persönlichkeit, aber das änderte nichts.

In meiner dunkelsten Stunde war sie es gewesen, die mich unterstützte. Später wendete sie sich gegen mich, aber ich war nicht mehr wütend auf sie. Ich hatte ihr ein schreckliches Geheimnis anvertraut.

,,Wann haben wir aufgehört, miteinander zu reden?"
Vor wenigen Monaten wäre mir sofort aufgefallen, wenn Carla mit Problemen kämpfte, weil es niemanden auf der Welt gab, den ich besser kannte. Jetzt, wenn ich ihren reglosen Körper beobachtete, realisierte ich, wie sehr wir uns voneinander entfernten. ,,Wann sind wir zu Fremden geworden, Carla?"

Als Samuel mir von den Drogen erzählte, regte sich etwas in mir. Gefühle, von denen ich nicht wusste, dass sie noch existierten. Gefühle, die ich verdrängte.

Ich hörte nie auf, Carla zu lieben.
An dieser Tatsache änderte sich nichts.
Niemals.

Wenn meine Mitschüler mich mit Marina konfrontierten rückte der eigentliche Grund ins Verborgene, warum sie sterben musste. Weil ich es nicht schaffte, Carla gehen zu lassen und dabei die Kontrolle verlor.

Ich betrachtete Carla von der Seite. Auch im Schlaf sah sie wunderschön aus. Zögernd streckte ich die Hand aus und strich ihre Haare glatt. ,,Ich hoffe du kannst mir eines Tages alles Leid verzeihen, was ich dir angetan habe. Es war unfair von mir, dich in alles zu verwickeln und ich will... Ich will einfach nur, dass es aufhört."

Kurz stockte ich und strich mir die Tränen aus den Augenwinkeln. ,,Was ich dir eigentlich nur sagen wollte ist... Ich... Ich werde immer für dich da sein, wenn du mich brauchst. Wir sind Carla und Polo, weißt du noch?"

Natürlich antwortete sie nicht, aber es tat gut, mit ihr zu sprechen. Vor wenigen Stunden verlor ich mit Valerio und Cayetana die letzten Menschen, die noch mit mir sprachen. Ich stieß sie von mir, nur wegen Carla. Mit Carla klammerte ich mich hoffnungslos an einen Strohhalm aus der Vergangenheit, aber wenn sie aufwachte und nicht mit mir reden wollte, dann wäre alles umsonst gewesen. Dann stand ich wirklich alleine da.

Ich konnte erahnen, was Carla jetzt sagen würde. Wir müssen aufhören, Dinge füreinander zu tun, Polo.
Fast hätte ich gelacht. Obwohl unsere Trennung ein Jahr zurücklag und wir uns seit Wochen nicht mehr richtig unterhalten haben, hatte ich schon wieder etwas für Carla getan.

Aber wer machte das sonst?
Samuel wusste von den Drogen und unternahm nichts und als sie in den Pool stürzte, gab es niemanden außer mir, der nicht zögerte, ihr hinterherzuspringen.

Ich sollte endlich aufhören, alles für Carla zu tun, aber das ging nicht.

Sie würde für immer wichtig für mich sein.

•••

,,Was machst du hier?", vernahm ich eine wütende Stimme hinter mir. Verschlafen schreckte ich hoch und blickte mich verwirrt um. Mein Rücken fühlte sich verspannt an, weil ich in einer sehr unbequemen Position auf einem Stuhl neben dem Bett übernachtete und Carlas Hand ließ ich los, als habe ich mich daran verbrannt.

Hinter mir stand Samuel. ,,Ich habe sie gerettet", sagte ich ernst und rieb mir die Augen.

,,Du hast genug getan", verbesserte er und lag damit prinzipiell nicht falsch. Ausnahmslos jeder in der Klasse hasste mich - abgesehen von Carla vielleicht.

,,Ich will nur, dass es ihr gut geht. Sie ist mir wichtig", versuchte ich ihn zu besänftigen, aber der Ausdruck in seinen Augen verdüsterte sich immer weiter. Gestern Abend vergaß ich für einen Moment, dass Carla und Samuel eine Art Beziehung geführt hatten.

,,Ohne meinen Hinweis wäre dir nichtmal aufgefallen, dass sie Hilfe braucht", zischte Samuel und nickte zur Tür. ,,Verschwinde."

Langsam stand ich auf und straffte die Schultern. Ich kam mir wieder vor wie ein hilfloser Schuljunge, der sich leicht von anderen beeinflussen ließ. Unter Samuels Blicken trottete ich zur Tür. Er hatte jedes Recht, auf mich wütend zu sein, aber ich hatte es langsam satt. Ich ertrug es nicht mehr.

,,Polo", vernahm ich eine flüsternde Stimme, die mich in der Bewegung erstarren ließ. Carla.

Ich drehte mich wieder um und sah, dass sie wach war. Die Farbe kehrte wieder in ihr Gesicht zurück, aber es wirkte nicht so, als ginge es ihr gut. Sie trug dunkle Ringe unter den Augen. ,,Wie geht es dir?", fragte ich.

Carla antwortete nicht. Ihr Blick huschte von Samuel zu mir und wieder zurück. ,,Gracias."

,,Dafür nicht. Pass auf dich auf."

•••

Zwei Tage, eine Schlägerei und Schulverweise für mehrere Mitschüler später, tauchte Carla wieder in der Schule auf. Sie stand an ihrem Spind und versuchte frustriert, den Schlüssel aus dem klemmenden Schloss zu ziehen. Zuerst rüttelte sie nur daran, dann schlug sie mit der flachen Hand darauf und strich sich durch die Haare.

,,Carla!"
Ich kämpfte mich an sämtlichen Schülern vorbei, die mich wie immer anstarrten und versuchte ihre finsteren Blicke nicht wahrzunehmen. Insbesondere Cayetanas Blick spürte ich noch lange auf mir liegen.

,,Ich will nicht darüber reden", sagte sie abweisend und kehrte mir den Rücken zu, aber ich holte sie ein.

,,Sag mir nur, dass du keine Drogen mehr nimmst."
Ich machte mir immer noch Sorgen um sie, egal wie oft sie mich zurückwies.

Carla schwieg, schüttelte schließlich aber den Kopf. ,,Es ist vorbei."
Erleichterung. Es schien ihr besser zu gehen und ich hoffte, dass sie die Kontrolle über ihr Leben zurückgewann. ,,Nach allem was geschehen ist, können wir nicht aufhören, den anderen zu beschützen."
Sie im Gerichtssaal, ich vor zwei Tagen auf der Party. Zwischen uns gab es eine besondere Verbindung, die niemals abbrach.

,,Ist alles gut zwischen uns?", wollte ich wissen.

Carla zögerte, aber schließlich nickte sie langsam. ,,Ich habe dich nie gehasst, Polo. Ich brauchte Abstand."

Ich war froh, dass zwischen uns alles gut war. Somit war es die einzige Sache in meinem Leben, die nicht völlig zerbrochen war. ,,Darf ich dich umarmen?", fragte ich  plötzlich. Die Worte kamen schneller aus meinem Mund, als ich darüber nachdachte. Meine Finger umgriffen fest die Träger meines Rucksacks und ich senkte betreten den Kopf. ,,Entschuldige, ich..."

Carla trat einen Schritt näher und legte die Arme um mich. Die Umarmung hatte etwas vertrautes an sich, was ich schon sehr lange nicht mehr spürte. Es erinnerte mich daran, was ich verlor. Überrascht hielt ich die Luft an und kämpfte gegen die Tränen an, ehe ich mich endlich dazu bewegte, ihre Umarmung zu erwidern. Fest drückte ich sie an mich, vergrub eine Hand in ihren Haaren und legte die andere an ihren Rücken. Ihr Körper schmiegte sich an meinen und als sie kurz zu mir aufsah, sah ich eine Träne in ihrem Auge glitzern. Keiner von uns sprach ein Wort, wir verstanden uns auch ohne.

Carla und ich brauchten diese Umarmung aus unterschiedlichen Gründen. Wichtig war nur, dass wir sie nötig hatten.

••••

Vielleicht schreibe ich noch einen zweiten Teil :)

Leider haben Carla und Polo in Staffel 3 nicht viel geredet und das finde ich schade, da ich die beiden liebe. Wenigstens eine solche Szene hatte es geben sollen, deshalb dieser Oneshot :)







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