𝗫𝗫𝗜𝗜𝗜 | glaistigs
"Frohe Weihnachten!", begrüßte Rose Scorpius mit einer Umarmung.
"Frohe Weihnachten, Rose.", antwortete der Malfoy und erwiderte die Umarmung.
"Weiß James Bescheid?", fragte Al.
"Nein, er sitzt in einer Ecke und bläst Trübsal."
"Jamie, Lieblingscousin!", rief Roxanne quer durch den Raum, sodass sich einige Verwandte beim Geschenke auspacken genervt umdrehten.
"Was willst du, Roxanne?", rief er schlecht gelaunt zurück.
Zu viert gingen sie zu James, der auf der selben, abgenutzten Couch wie vorhin saß und wütend einen Stuhl anstarrte. "Wir haben eine Überraschung für dich.", sagte Rose aufgeregt.
"Lass hören.", murmelte James angenervt und starrte weiter den Stuhl an, als hätte er seine Familie getötet.
"Wir gehen Alice besuchen." James wütender Gesichtsausdruck veränderte sich zu einem überraschten.
"Was?", fragte er ungläubig nach.
"Wir haben es mit Dad und Professor Longbottom abgesprochen, und zu Weihnachten haben uns die Ärzte erlaubt, nach Glaistigs zu apparieren und Alice zu besuchen.", erklärte Al.
"Echt jetzt?", fragte James nach und langsam war eine Art ungläubige Begeisterung in seinem Gesicht zu sehen.
"Ja. Wir fünf, Frank, Onkel Harry und Professor und Mrs. Longbottom.", redete Rose weiter und lächelte stolz.
"Weiß Alice davon?"
"Ich glaube nicht, dass die ihr das gesagt haben. In ihren Briefen stand aber auch, dass sie sich freuen würden, wenn Alice Besuch bekommt, weil sie jetzt die letzten Tage um Weihnachten herum immer niedergeschlagener geworden ist. Die Ärzte meinten, dass am Anfang alle Patienten Heimweh haben, vor allem an Festen, die man eigentlich mit der Familie verbringt."
Mit neu gewonnener Begeisterung sprang James auf und zog alle vier in eine stürmische Umarmung. "Ihr seid die Besten.", murmelte er.
"Ich hasse Gruppenkuscheln.", grummelte Albus.
"Du hast den Moment ruiniert, du Spast.", hörte man Roxannes gedämpfte Stimme.
Nein, das hatte er nicht. Im Gegenteil, er hatte diesen Moment zu ihrem gemacht, denn Albus wäre nicht Albus, würde er sich nicht stets über die Anwesenheit von Menschen beschweren. Es war so viel persönlicher und passte besser zu der kleinen Gruppe. Gruppenkuscheln konnten alle Freunde, aber nicht jeder hatte einen menschenfeindlichen Albus und eine Roxanne, die mit Beleidigungen um sich warf.
"Ich liebe euch, Leute.", sagte James, als sich Albus aus der Umarmung befreit hatte und alle anderen seinem Beispiel gefolgt waren.
"Dann lasst uns jetzt zu Onkel Harry gehen und wir können los.", sagte Roxanne und für ein einziges Mal klang sie nicht scherzhaft, als hätte sie gerade einen grandiosen Witz gerissen oder einen hinterlistigen Streich gespielt, sondern sanft und liebevoll.
Und das jemand Roxanne Weasley als sanft beschrieb, war verdammt selten.
Harry und die Familie Longbottom warteten bereits am Ausgang, als die Vierergruppe auf sie zukam. Frank nickte James mit einem leichten Lächeln zu, der den Blick breit grinsend erwiderte.
"Wollen wir?", fragte Harry lächelnd und hielt seinem ältesten Sohn seine Hand hin. Er nahm sie und griff dann Al's Hand, der wiederum nahm Scorpius' und immer so weiter, bis sie sich alle an den Händen hielten und eine lange Reihe bildeten.
"Ach übrigens, Scorpius: ich habe mit Draco geredet. Er sagt, es ist in Ordnung, dass du mitkommst.", sagte Harry und lächelte den jungen Malfoy leicht an. In der nächsten Sekunde fühlte er die bereits bekannte Enge in seinen Eingeweiden, bevor er unsanft auf dem Boden landete.
Vor der Gruppe erstreckte sich ein weißes Betongebäude mit einem flachen Dach und hell erleuchteten Fenstern in der Abenddämmerung. Sie waren nicht weit entfernt von einem Laubwald; das Gebäude schien auf einer gigantischen Lichtung zu stehen.
Zusammen gingen sie auf den Eingang zu und fanden sich wenig später in einer kleinen Eingangshalle, deren Wände von teuer aussehenden Tapeten bedeckt wurden. Am Empfangstisch saß eine alte Dame, die aussah, als würde sie gleich einschlafen.
"Guten Tag, wir sind hier, um Alice Longbottom zu besuchen." Die Frau öffnete ihre Augen leicht und sah genervt aus, bis sie erkannte, wen sie vor sich stehen hatte.
"Harry Potter?", fragte sie ungläubig und versuchte, Ordnung in ihre Unterlagen zu bringen.
"Keine Umstände. Wir waren in Kontakt mit... Albus, wie hieß der Arzt?"
"Keine Ahnung, frag Ro-", begann er, wurde jedoch mitten im Wort von Besagter abgebrochen. "Ich habe zuerst Doktor Bain erreicht, danach wurde mit von Doktor Glean geschrieben.", sagte sie in Rekordgeschwindigkeit.
"Alice Longbottom, was? Süßes Mädchen, aber sie redet nicht viel. Zweiter Stock, Zimmer 17, Doktor Glean sollte gerade dort seinen Rundgang machen.", erwiderte die Empfangsdame und deutete auf eine Tür, die wohl zum Treppenhaus führte.
"Danke sehr, Madam.", bedankte sich Rose höflich und ging allen voran zur Tür.
Frank und James unterhielten sich über irgendetwas, während sie Rose folgten.
Die Klinik sah von innen anders aus als von außen. Die Inneneinrichtung sah alt und wertig aus, während die äußere Betonverkleidung eigentlich einen Eindruck von Modernität vermittelte. Aber Scorpius mochte es hier; die Treppen waren aus dunklem, poliertem Holz, genau wie der Parkettboden im Eingangsbereich.
Im Kontrast dazu war der Boden im zweiten Stock aus Linoleum, als die Gruppe das Treppenhaus verließ. Es war ein ziemlicher Unterschied zwischen der Eingangshalle und dem Treppenhaus und dem Flur; hier sah nun alles ziemlich modern und hygienisch aus.
Rose ging immer noch am Anfang der Gruppe und steuerte mit schnellen Schritten auf das Zimmer mit der Aufschrift "17" zu. Als alle anderen hinter ihr angekommen waren, trat sie zurück und ließ Alices Familie vortreten.
"Ist offen.", klang Alices leise Stimme aus dem Zimmer, als ihre Mutter anklopfte.
"Ich denke, wir sollten erstmal warten und sie mit ihrer Familie alleine lassen.", murmelte Rose allen zu, deren Nachname nicht Longbottom war, während die drei anderen das Zimmer betraten. James verzog das Gesicht, nickte aber.
Allerdings trat wenige Sekunden später Alices großer Bruder aus dem Zimmer. "Du bist ihr Freund. Wenn du magst, kannst du mitkommen.", sagte er zu James, der daraufhin lächelte und Frank ins Zimmer folgte. Von innen hörte man gedämpfte Gespräche, von denen die Leute auf dem Flur nur Bruchteile verstanden.
"Echt cool von euch, dass ihr das gemacht habt, Leute.", sagte Roxanne da an Rose und Albus gerichtet.
"Es war kein großes Ding, Rose hat das meiste gemacht und eigentlich war es auch eine offensichtliche Möglichkeit.", murmelte Al nur und sah in eine andere Richtung.
"Es war ein Kompliment. Das kannst du auch einfach annehmen.", sagte Scorpius lächelnd und nahm Al's Hand. Harry sah die beiden mit einem undefinierbaren Gesichtsausdruck an, sagte jedoch nichts.
"Onkel Harry, hab ich dir schon von Regina erzählt?", begann Roxanne da. Harry seufzte. "Nein, ich schätze nicht.", erwiderte er.
In dem Moment wurde die Tür von Professor Longbottom geöffnet, was Harry sichtlich erleichterte. "Ihr könnt reinkommen.", sagte er, was die fünf auch augenblicklich taten.
Das Zimmer sah wieder eher alt und elegant aus; die Tapete war ähnlich wie im Eingangszimmer, und das Bett war kunstvoll graviert. Darauf lag ein aufgeschlagenes Gedichtbuch und auf dem kleinen Tisch stand ein Tablett mit Essen, von dem Alice höchstens zwei Gabeln genommen hatte.
In der Mitte des Raumes stand James, der Alice in die Arme geschlossen hatte. Frank saß auf einem der hölzernen Stühle, während sich Mrs. Longbottom im Raum umsah.
In diesem Moment löste sich Alice aus der Umarmung und registrierte die anderen Menschen, die im Raum standen.
Scorpius fiel auf, dass er die Longbottom noch nie wirklich lächeln gesehen hatte. Nur ganz leicht, und es hatte nie ihre Augen erreicht, sondern war immer nur ein Verziehen der Lippen gewesen. Er hatte sie auch noch nie glücklich gesehen, auch wenn er natürlich nicht wusste, wie sie sich fühlte. Aber man erkannte den Unterschied.
Sie lächelte. Ihre Augen schwammen in Freudentränen und funkelten, und sie ging auf Scorpius zu, um ihn in eine Umarmung zu schließen. Es war keine besonders feste Umarmung, vermutlich, weil Alice nicht gerade viel Kraft hatte. Aber trotzdem überraschte sie Scorpius; Alice hatte noch nie irgendwelche freundschaftlichen Gefühle ihm gegenüber gezeigt.
"Danke, dass ihr gekommen seid.", sagte sie und klang dabei gerührt. Sie schloss nun auch Albus in ihre Arme, jedoch um einiges kürzer, da er sich dabei sichtbar versteifte und dem Mädchen nur unbeholfen auf den Rücken klopfte.
"Ist doch selbstverständlich.", sagte Scorpius. "Rose und Al hatten die Idee, übrigens."
Alice sah die beiden freudig überrascht an. "Danke.", sagte sie.
"Kein Problem. Und, wie ist es hier?", fragte Rose ein wenig unsicher. Sie machte sich anscheinend immer noch Vorwürfe - oder sie hatte einfach nur keine Ahnung, wie sie mit dem Mädchen umgehen sollte.
"Es ist... ganz okay.", meinte Alice ein wenig wortkarg.
"Wie läuft es?", fragte ihre Mutter und legte einen Arm um ihre Tochter. "Ich meine, wie geht es dir, Liz?"
"Gut.", erwiderte Alice nur. "Na ja. Halbwegs.", fügte sie dann murmelnd hinzu.
"Wie meinst du das? Sind die Ärzte schlecht? Hilft dir das nicht?", fragte ihre Mutter und nahm Alice zur Seite, während Scorpius, Albus, Rose, Roxanne und Harry ein wenig verloren am Eingang standen.
"Mom.", beschwerte sich Alice genervt. "Die Klinik ist gut. Nein, vergiss es, alles ist gut. Mir geht's gut, wirklich." Mrs. Longbottom sah sie skeptisch an, wollte aber anscheinend vor den ganzen versammelten Leute nicht weiter darauf eingehen.
Alice setzte sich nun auf ihr Bett neben James, der sich bereits dort niedergelassen hatte.
"Was ist so in der Schule passiert, während ich weg war?", fragte sie ihre Mitschüler, die mittlerweile alle ein wenig näher an ihr Bett hinangetreten waren.
"Nicht viel. Es war wie immer vor den Weihnachtsferien. Fast keine Hausaufgaben, es hat geschneit, alles war ganz entspannt. Aber dein Freund hat Quidditch gespielt." Alice schüttelte den Kopf.
"Das war zu erwarten.", sagte sie lachend.
"Zu meiner Verteidigung, Roxanne und Rose haben mitgespielt.", sagte James und legte Alice einen Arm um die Schultern, die nur grinsend den Kopf schüttelte.
"Du wirst dich erkälten.", murmelte sie James mahnend zu. "Und wie geht's... euch beiden?", fragte sie dann weiter und sah Scorpius und Albus an.
"Gut. Ellen wurde für den Rest des Schuljahres suspendiert, und wird ab dann zuhause unterrichtet... Sie kommt nicht wieder. Während Hogwarts werden wir sie nicht mehr sehen.", antwortete Albus und nahm Scorpius' Hand.
"Das ist auch besser so.", sagte Professor Longbottom, der sich bis eben leise mit Harry unterhalten hatte.
"Und wie läuft's mit deinem Praktikum, Frank?", fragte Alice dann ihren Bruder. "Ganz gut.", erwiderte dieser. "Im Frühling fang ich Vollzeit an."
"Cool!", sagte die Longbottom begeistert. "Wisst ihr, es nervt mich, dass ich jetzt noch ein Jahr machen muss. Aber na ja, ich schätze es geht nicht anders."
"Wir werden dann in einer Klasse sein, oder?", meldete sich Roxanne seit einiger Zeit auch mal wieder zu Wort. "Also, in einer Jahrgangsstufe."
"Ja. Wahrscheinlich haben wir dann ein paar Klassen zusammen. Roxanne, richtig? Dann kenn ich in in der Stufe schon einmal jemanden.", sagte Alice und lächelte die Weasley höflich an.
"Ich werde dir so oder so jeden Tag schreiben.", meinte James.
"Ich werde dir nicht zurückschreiben, ich muss für meine UTZs lernen.", erwiderte Alice kichert, was James dazu gebrachte, gespielt beleidigt sein Gesicht zu verziehen.
"Das können wir dann ja schon mal zusammen machen.", sagte Roxanne und grinste breit.
"Okay, wenn du mir meine Freundin klaust, werde ich sauer.", warf James spaßeshalber ein.
"Du weißt, dass ich es könnte. Nicht wahr, Babe?", sagte Roxanne zu Alice und zwinkerte ihr zu, was die Longbottom zum Lachen brachte.
"Klar.", erwiderte sie immer noch kichernd, was James dazu brachte, melodramatisch nach Luft zu schnappen. "Ich dachte, du liebst mich, Alice Longbottom!", sagte er und fasste sich an die Brust.
"Tja, ich bin eben die bessere Wahl.", sagte Roxanne mit einem breiten Grinsen.
"Okay, Spaß beiseite, ist noch jemand der Meinung, dass wir irgendetwas gegen Roxannes Ego unternehmen sollten?", warf Al da ein.
"Ich bin dabei.", sagte James und schüttelte fassungslos den Kopf.
Die sechs unterhielten sich noch eine Weile über alles mögliche, irgendwann kam auch Frank dazu, der bisher ein wenig gelangweilt daneben gesessen hatte. Die Erwachsenen redeten im Hintergrund, während Scorpius erfuhr, dass Frank gerade ein Praktikum in der magischen Menagerie machte und bald anfangen würde, dort zu arbeiten. Der Longbottom interessierte sich für die Natur, jedoch eher für Fauna als für Flora wie sein Vater.
"Oh. Guten Abend, alle miteinander." Plötzlich trat ein weiß gekleideter Mann mit Klemmbrett ins Zimmer.
"Es tut mir sehr leid, aber die Besuchszeit ist zuende, sie müssen jetzt gehen.", teilte er ihnen mit. "Oh, Harry Potter! Was für eine Ehre." Plötzlich bemerkte er der Mann, der am Rand des Raumes stand, und er schien zu versuchen, den Zusammenhang zwischen Alice und Harry zu finden.
"Ist ihr Sohn mit unserer Alice befreundet?", fragte er ehrfürchtig.
"Ja, ist er. Sie beide, sogar.", sagte Alice.
"Oh.", sagte der Doktor nur und murmelte irgendetwas von "Harry Potter, Wahnsinn", während er fahrig auf seinem Klemmbrett herumkritzelte und die Besucher sich zum Gehen bereit machten. Alices Mutter umarmte ihre Tochter fest. "Schreib uns, Liz.", sagte sie eindringlich und nahm dann ihren Mantel, den sie an der Garderobe aufgehangen hatte.
Auch Frank schloss seine Schwester in die Arme. "Machs gut. Schreib mir, wenn's Probleme gibt. Ich gehe für dich über Leichen, das weißt du ja.", sagte er mit einem Grinsen.
"Frank!", rief Alice empört, lächelte aber dabei.
"Ich auch.", versicherte ihr James und umarmte Alice, bevor er sie kurz küsste.
"Ich werde dich vermissen, Ally.", sagte er und umarmte sie erneut. "Ich dich auch.", flüsterte das zierliche Mädchen in seine Halsbeuge.
"Aww.", kommentierten Rose, Scorpius und Roxanne gleichzeitig, auch wenn Roxanne das wohl eher sarkastisch meinte.
"Haben sie alle noch ein schönes Weihnachtsfest! Frohe Weihnachten, Mr. Potter!", rief der Arzt ihnen nach, immer noch sichtlich nervös.
Kurz darauf stand die kleine Gruppe wieder im Fuchsbau. Es herrschte eine entspannte Stimmung im Wohnzimmer; aus einem Küchenradio schallten alte Weihnachtslieder und die Leute machten alle Gebrauch von ihren Weihnachtsgeschenken. Scorpius fiel auf, dass sein Vater an dem von Kerzen erleuchteten Esstisch saß und mit Lily Schach spielte. Die junge Potter starrte konzentriert auf das Brett; es sah ziemlich aussichtslos aus für sie. Sie trug nicht mehr das elegante Festtagskleid, dass sie vorhin angehabt hatte, sondern hatte sich jetzt einen Strickpullover übergeworfen, auf dem groß der Buchstabe L stand. Jetzt, wo er darüber nachdachte, trug beinahe jeder im Raum einen von diesen Pullis mit dem jeweiligen Anfangsbuchstaben hinaufgestickt.
Al schien seinen Blick zu bemerken.
"Die Pullover sind von Granny. Sie strickt sie jedes Jahr, für jeden von uns, die ganze Familie.", erklärte er. Die Longbottoms waren mittlerweile nach Hause appariert, vermutlich, um dort ihre eigene Bescherung abzuhalten.
"Geschenke!", jubelte Roxanne und steuerte auf die mehreren Haufen an Präsenten zu, die noch übrig waren. Das erste Paket, das sie aufriss, war einer der Pullover in weinrot. Stolz zog sie ihn über die gepunktete Bluse, die sie bisher getragen hatte. Die anderen gerade zurückgekehrten folgten ihrem Beispiel und machten sich auch daran, die Geschenke auszupacken.
In Scorpius' erstem Paket waren einige Bücher, deren Beschreibungen alle wirklich gut klangen. "Die sind von mir.", sagte Rose. "Ich habe deinen Büchergeschmack observiert."
"Du bist eine ziemlich talentierte Stalkerin, danke sehr!", sagte Scorpius zu der Weasley, die jetzt auch ihren Strickpullover trug. Ihrer war rosarot und biss sich furchtbar mit ihrem Haaren, was sie nicht zu interessieren schien.
"Ich gebe mein bestes.", sagte sie mit einem Zwinkern und machte sich daran, weiter ihre Geschenke auszupacken.
Scorpius' nächstes Paket überraschte und rührte ihn gleichermaßen.
Es war einer der Pullover.
Verwirrt runzelte er die Stirn. Er war kein Weasley, er war ein Malfoy, und eigentlich sollten Al's Großeltern doch etwas gegen ihn haben, oder etwa nicht? Die Malfoys konnten sich nicht gerade mit einer glorreichen Vergangenheit rühmen.
"Hey, cool, du hast auch einen!", sagte Al. Seine Haare waren ein wenig durcheinander, wahrscheinlich, weil er sich gerade den Pullover übergezogen hatte. Seiner war sturmgrau mit einem leichten Blaustich.
"Komm, zieh ihn an.", forderte James Scorpius auf, der gerade skeptisch ein viereckiges Paket musterte.
Scorpius' Pullover war smaragdgrün und das S war in weiß darauf gestickt. Er war angezogen ein wenig zu groß und kratzte leicht an seinem Hals, aber der Malfoy wollte trotzdem nie mehr einen anderen Pullover tragen.
Dominique warf den Neuankömmlingen, vor allem Scorpius, skeptische Blicke zu und zischte ihrem Bruder etwas ins Ohr, aber das könnte ihn nicht weniger interessieren.
Ja, dieser Abend kam definitiv in die Hitlist der besten Abende seines Lebens.
"Roxanne und James halten sich wohl für besonders lustig.", sagte Al da und hielt eine riesige Packung der Kekse hoch, die es in Hogwarts gegeben hatte.
"Wir sind besonders lustig.", sagte Roxanne aus irgendeiner Ecke und inspizierte ihr neues Besenpflegeset.
"Ich kann nur zustimmen.", sagte James mit seinem rotbraunen Pullover. Al verdrehte die Augen.
"Was ist das?", fragte er dann an Scorpius gerichtet, als er dessen Geschenk inspizierte.
"Eine Polaroid-Kamera. Ist ein Muggelding.", erklärte der Malfoy. "Du kannst damit ein Foto machen und es wird sofort ausgedruckt."
"Nein.", sagte Al ungläubig und starrte die Kamera fasziniert an. "Muggel sind Genies. Wie funktioniert das?"
"Du musst auf diesen Knopf drücken.", sagte Scorpius. Gott sei Dank hatte ihm der Verkäufer das Gerät erklärt.
"Okay. Lächeln!", sagte Albus und hob die Kamera, um ein Foto seines Freunds zu machen. Scorpius ließ ein leicht schüchternes Lächeln sehen - er hasste es, fotografiert zu werden, auf den meisten Fotos sah er einfach nur bescheuert aus.
Al zuckte leicht zusammen, als die Kamera klickte. Dann nahm er das gerade entstandene Foto und betrachtete es. "Die bewegen sich nicht?", fragte er dann stirnrunzelnd.
"Kein Foto bewegt sich von selbst. Du brauchst dafür eine besondere Technik - ich weiß nicht genau, ob es ein Zauberspruch ist, aber du kannst Rose fragen. Sie hat bestimmt schon darüber gelesen."
"Rose hat über alles gelesen.", erwiderte Al.
"Das stimmt!", erschien Rose praktisch aus dem Nichts neben Scorpius.
"Okay, langsam wird es gruselig.", kommentierte Al trocken.
Das nächste Geschenk, das Scorpius auspackte, war eine schlichte, weiße Schachtel. Er öffnete sie und innen lag eine filigrane Kette mit einem silbernen Anhänger, in den das Skorpion-Sternbild graviert worden war. "Wow.", hauchte er. Die Kette war wunderschön.
"Rose meinte, wenn jemand von uns eine Kette tragen würde, dann du.", sagte Al und grinste.
"Ich fände es echt toll, wenn meine beste Freundin meine Maskulinität nicht in Frage stellen würde.", sagte Scorpius lachend. Rose schnaubte.
"Also bitte, selbst ich bin maskuliner als du.", sagte sie.
"Heißt das, die Kette gefällt dir nicht?", fragte Al unsicher.
"Ich liebe sie. Kannst du sie mir umlegen?", fragte Scorpius seinen Freund.
"Ich bin dann mal weg. Muss mich bei Roxanne für das T-Shirt bedanken.", murmelte Rose grinsend und stand vom Boden auf, um quer durch den Raum auf ihre Cousine zuzusteuern.
Das Metall fühlte sich zuerst kalt an auf Scorpius' Haut, aber er würde diese Kette nie wieder ausziehen, so viel war sicher.
"Leute."
"Was zum Fick, Roxanne? Es ist drei Uhr.", grummelte James. Die fünf hatten über Nacht das kleine Gästezimmer unter dem Dach beansprucht, in dem nur zwei Betten standen, sodass Roxanne und Rose auf Matratzen auf dem Boden lagen. James hatte sich natürlich sofort eines der doch recht unbequemen Feldbetten beansprucht, und weder Scorpius noch Albus hatte etwas dagegen einzuwenden, ein Bett zu teilen.
"Ich hab Hunger."
"Und ich bin müde und hasse dich.", erwiderte James. Scorpius war immer noch halb schlafend, schlug nun jedoch blinzelnd die Augen auf und gähnte. Ihm war irgendwie kalt, und er bemerkte, dass er keine Decke hatte. Die hatte Albus beansprucht, der immer noch im Tiefschlaf war.
"Können wir bitte was zu essen holen?", fragte die Sechzehnjährige.
"Verhunger.", grummelte James missmutig, setzte sich jedoch auf und streckte sich. "Schlafen die anderen noch? Glückliche Bastarde."
"Ich bin wach.", flüsterte Scorpius. Rose sagte nichts, also ging er davon aus, dass sie genau wie Al noch schlief.
"Cool. Können wir was Essen?"
Also gingen Scorpius, James und Roxanne um drei Uhr nachts hinunter in die Küche, um die Reste des Truthahns zu essen. Die Weasley konnte doch sehr überzeugend sein, und auch Scorpius Magen hatte begonnen, zu knurren, und nun war er sowieso wach.
Das war vermutlich der Grund, aus dem die drei am nächsten Morgen erst um elf aufwachten.
"Scorp, wach auf.", waren die ersten Worte, die der Malfoy am ersten Weihnachtsfeiertag von seinem Freund hörte, während dieser ihn unsanft wachrüttelte.
"Mhm.", nuschelte Scorpius nur in sein Kissen und drehte sich zur Seite.
"Scorpius. Zeit, aufzustehen.", sagte Albus ein wenig lauter.
"Scorp!"
"Hör auf mich zu boxen! Idiot.", nuschelte der Angesprochene verärgert und drehte sich um. Das helle Licht aus dem Dachfenster blendete ihn, und so schirmte er sich mit einer Hand dagegen ab.
"Dein Vater wartet auf dich. Wir gehen jetzt wieder nach Hause.", verkündete Al und zog Scorpius die Decke weg.
"Ich hasse dich.", nuschelte dieser und kniff missmutig die Augen zusammen.
"Frohe Weihnachten, Scorpius.", begrüßte ihn sein Vater, als er endlich fertig war, sich von allen verabschiedet und seine Sachen zusammengepackt hatte.
"Frohe Weihnachten, Dad.", erwiderte Scorpius die Glückwünsche und folgte Draco aus dem Fuchsbau.
"Wie war es bei der Longbottom, die ihr gestern noch besucht habt?", fragte der Ältere.
"Gut. Sie heißt Alice. Nächstes Jahr kommt sie noch mal nach Hogwarts.", erzählte Scorpius abgehackt.
"Schön. Bist du mit ihr befreundet?", fragte Draco weiter.
"Ja. Wir sind alle sechs miteinander befreundet."
Sein Vater sagte nichts mehr, sondern sah mit einem bedauernden Ausdruck im Gesicht in die Ferne. "Das freut mich für dich.", sagte er dann.
"Und was hast du gestern Abend noch gemacht?"
"Ich hab zu Hause übernachtet und bin heute morgen wieder hergekommen. Und ich habe mit Harry geredet.", erzählte Draco tonlos.
"Und was ist dabei rausgekommen?", fragte Scorpius vorsichtig nach.
"Es ist die Vergangenheit. Darüber sollte man sich keine Sorgen machen, Scorpius, eher über die Zukunft. Wir werden uns jetzt wohl verstehen müssen, wegen dir und Albus.", erklärte Draco und seufzte leicht.
"Danke.", erwiderte Scorpius und lächelte breit.
"Kein Problem."
Ja, die Vergangenheit sollte wohl vergangen bleiben, viel wichtiger sind Zukunft und Gegenwart. Und mit Albus an Scorpius' Seite und mit Roxanne, Rose, James und Alice konnte sie ja nur gut werden.
✯ THE END ✯
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top