𝘃𝗶𝗶 | der beste ferienaufsatz

Albus hatte sich um 16:30 Uhr mit Rose in der Bibliothek verabredet. Auf diese Weise könnte er ihr Lilys Vorschlag unterbreiten und nebenbei noch für die Prüfungen lernen, die bedrohlich näher rückten.

Am Anfang der Woche hatte er sich für gut vorbereitet gehalten, aber je näher das Ende des Semesters rückte, um so paranoider wurde er. Also war er schon dreißig Minuten vor dem eigentlichen Termin in der Bibliothek, in der linken Hand eine Tasse Früchtetee im Thermosbecher und in der anderen Hand sein Notizbuch.

Er setzte sich in eine der stilleren Ecken der Bibliothek an ein Fenster, dass dringend einer Reinigung bedurfte. Er war sich dessen bewusst, dass Rose ihn dazu animieren würde, sich as nächste Mal in die Nähe der "interessanten Bücher" setzen sollte. Unter "interessante Bücher" verstand Rose Bücher, die davon handelten, wie man bei seiner Steuererklärung besonders viel Geld sparte. Albus war glücklich neben dem Regal voll veralteter Bücher über mittelalterliche Geschichte.

Die halbe Stunde, bis Rose auf die Minute pünktlich ankam, verging schleppend; es wurde Albus klar, dass er den Stoff bereits konnte, und ehe er sich in der Wiederholung verrannte, begann er, Löcher in die Luft zu starren. Eine weniger produktive, aber doch sehr entspannende Alternative.

Albus' Cousine setzte ihre Tasche auf den Stuhl quer gegenüber von Albus und setzte sich auf den daneben gelegenen.

"Hi.", sagte sie, und zog, ohne ihn anzusehen, ein Buch aus der Tasche.

"Hey, Rose.", sagte Albus, nicht allzu beeindruckt von ihrer Begrüßung. "Wie geht's?"

"Ganz gut.", sagte sie, ohne von ihrem Buch aufzuschauen. Unhöflich, aber zu erwarten.

"Kannst du deine Bücher nicht mal langsam auswendig?" Jetzt sah sie auf. Sie funkelte Albus zornig an, als hätte er sie gerade aufs Höchste beleidigt.

"Nein.", erwiderte sie langgezogen und las dann weiter. Albus verdrehte die Augen. Wer dachte, dass Rose für gewöhnlich angespannt war, hatte sie noch nie kurz vo den Abschlussprüfungen erlebt. Vielleicht war Lilys Idee ja gar nicht einmal so bescheuert, vielleicht würde ein Ausflug Rose wirklich zu besserer Laune verhelfen.

"Okay, also, ich wollte mich nicht nur zum Lernen mit dir Treffen.", begann Albus.

Rose seufzte genervt. "Dann beeil dich. Nächste Woche sind Prüfungen." Albus verkniff sich einen Kommentar darüber, dass sie wahrscheinlich selbst dann bestehen würde, wenn sie das Wochenende durchschlief (was sie eventuell nötig hätte).

"Also, ich hab mich letztens mit Lily getroffen." Rose zog ihre Augenbrauen hoch.

"Du verbringst Zeit mit Lily? Das ist neu."

Albus ging nicht weiter auf den Kommentar ein. "Auf jeden Fall, du kennst ja die Gruppe, die sie erstellt hat." Rose nickte misstrauisch.

"Und du weißt auch, dass bald Semesterferien sind?"

"Nur über meine Leiche unternehme ich in den Semesterferien etwas mit Lily."

"Okay, ich wusste dass du das sagen würdest-" "Wusstest du nicht." "Doch, wusste ich, und lass mich erstmal zu Ende reden. Also, Lily hat einen Roadtrip geplant. Mit allen Leuten, die in der Gruppe aktiv sind, bis auf Roxanne und Fred, natürlich."

"Ich komme sowas von nicht mit.", sagte Rose trocken. Albus seufzte bloß.

"Wäre das nicht interessant, mal-" "Moment.", unterbrach sie ihn erneut. Albus zog erwartungsvoll eine Augenbraue hoch. Rose sah aus, als hätte sie soeben die Idee des Jahrhunderts gehabt.

"Du bist ein Genie!", rief sie begeistert. Albus war nun maßlos verwirrt.

"Meine Professorin in dem Zusatzkurs für kreatives Schreiben, den ich belege, hat uns gestern noch einen Aufsatz über unsere Ferien aufgegeben! Und natürlich ist Parkinson auch in dem Kurs angemeldet, und sie hat erstmal groß und breit erzählt, dass sie in den Ferien eine Europareise mit ihrer Mutter macht. Die Professorin war so begeistert. Aber wenn wir auf diesem Roadtrip was erleben, kann ich sie mit meinem Aufsatz locker schlagen!"

Es gab nicht viele Tage, an denen Roses Konkurrenzvernarrtheit jemandem zugute kam, aber heute war einer von ihnen.

"Ehrlich, Al, Parkinson ist komplett besessen von mir. Sobald sie erfährt, dass ich einen Extrakurs belege, meldet sie sich in genau dem gleichen an und setzt sich neben mich, wahrscheinlich, um meine Notizen zu kopieren. Ich kann sie nicht ausstehen!"

"Wusstest du, dass ihr bester Freund in Lily's Instagramgruppe ist?", fragte Albus beiläufig. Rose runzelte die Stirn.

"Woher weißt du das? Ich wette, es ist dieser Lorcan. Der versteht sich so gut mit Lily."

Al schüttelte den Kopf und Rose sah ihn verwirrt an. "Er heißt Scorpius."

Die Rothaarige schien eine Weile nachzudenken, bevor ihr die Person einfiel. "Oh.", meinte sie nur. "Der schien aber eigentlich so, als wäre er ganz nett."

"Ist er auch.", sagte Albus, vielleicht ein wenig zu defensiv. Rose zog eine Augenbraue hoch.

"Und das willst du woher wissen?"

Albus sagte nichts mehr, und Rose sah ihn bloß mit verschränkten Armen an.

"Hey, vielleicht könnte ich mich mit diesem Scorpius anfreunden und Details über Parkinson herausfinden, um sie zu ruinieren!"

Jetzt war es an Albus, seine Arme zu verschränken. "Das wirst du ganz sicher nicht tun."

Rose verzog das Gesicht. "Du hast Recht. Sie ist zwar nervig, aber ich bin ja kein komplettes Arschloch."

"Also kann ich Lily sagen, du hast ja gesagt?"

Rose nickte.

Albus zog daraufhin sein Handy hervor und schickte seiner kleinen Schwester eine Nachricht. Offensichtlich hatte sie gerade nichts besseres zutun, als am Handy zu sein, obwohl die Abschlussprüfungen bedrohlich näher rückten, und antwortete augenblicklich mit dem Gif einer tanzenden Katze.


Wie versprochen rief James am Sonntagabend vor den Prüfungen noch einmal an, um Albus Glück zu wünschen. Es half nichts, und Albus lag in der Nacht auf Montag trotzdem hellwach im Bett und konnte nicht einschlafen.

Das war definitiv nicht die ideale Vorraussetzung für seine erste Prüfung, aber er schlug sich trotzdem ganz gut, fand er.

Die Woche darauf verging schleppend langsam und war gefüllt von schwarzem Kaffee und dem letzten Durchlesen von Notizen vor dem Hörsaal, in dem die Tests absolviert wurden. Am Mittwoch traf er auf Rhea, die die Ruhe selbst zu sein schien, während alle um sie herum mit den Nerven am Ende waren. Sie überreichte Albus einen Lutscher in der Form einer Blume und wünschte ihm viel Glück bei den Prüfungen. Der Lutscher schmeckte nach Erdbeere und Zitrone und Albus hatte danach Lust auf noch einen.

Leider bekam er keinen zweiten Lutscher. Aber die Prüfungen liefen trotzdem ganz gut, und die Woche war zuende, ehe er sichs versah.

Freitagabend erhielt er eine Nachricht von Lily, in der stand, dass sie sich morgen um drei an dem Parkautomaten am Besucherparkplatz treffen würden, weil dort James auf sie warten würde. Und da James' VW-Bus zwar groß war, aber auch nicht allzu groß, hatte Lorcan sich bereiterklärt, die Leute, für die im Bus kein Platz mehr war, in seinem Gebrauchtwagen mitzunehmen.

In der Nacht von Freitag auf Samstag lag Albus vor Aufregung bis drei Uhr wach.

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