∭ Kapitel 9 ∭

Jungkook hatte seine gut gemeinten Worte noch nicht ganz zu Ende gesprochen, da knackte es leise in den Lampen an der Decke, und es wurde ganz plötzlich stockdunkel in der Kabine.

Er spürte, wie Taehyung sich Schutz suchend an ihm festklammerte und mit hoher, quietschender Stimme immerzu „Nein!" rief. Auch Jimins weinerliche Hilferufe waren zu hören, sowie lautes Brummen und Seufzen der anderen. Keiner wusste zunächst, was jetzt wieder los war.

Jungkook zog Taehyung, ohne es willentlich zu steuern, näher an sich heran. Er versuchte alles, um ihn zu beruhigen, dabei raste nun sogar sein Herz unnatürlich schnell. Stecken bleiben war ja schön und gut, aber wenn auf einmal alles dunkel wurde, dann bekam sogar er etwas Angst.

Wenige Sekunden später flimmerte ein weniger starkes Licht auf. Es reichte gerade mal, um das Notdürftigste zu erkennen, aber wenigstens erkannten sie dadurch wieder irgend etwas außer pechschwarzer Dunkelheit. Sie konnten einander wieder schemenhaft wahrnehmen und sich in die Gesichter schauen.

„Scheiße! Was ist denn jetzt schon wieder!?", fluchte Hoseok total angenervt. Selbst ihm schien diese Situation langsam zuzusetzen, auch wenn er deutlich weniger ängstlich aussah als die anderen alle. Yoongi antwortete darauf, während er nachdenklich die Notstrombeleuchtung an der Decke inspizierte.

„Stromausfall."

„Und jetzt!?", quiekte Jimin, dessen Nervenkostüm so langsam aber sicher wirklich Risse bekam. Jungkook hatte Sorge, dass Jimin der nächste Kandidat sein würde, der panisch werden würde. Aber noch ging es, und außerdem brauchte Taehyung nun erstmal seine Hilfe.

Dieser hatte sich, kaum dass er Yoongis Antwort realisiert hatte, wieder auf den kalten, schmutzigen Boden in seiner Ecke fallen lassen und wurde nun von heftigem Zittern geschüttelt. „NEIN!", stieß er immer wieder panisch aus, während er nach Luft schnappte. Und da bekam auch Jungkook leichte Panik, denn Taehyung sah nochmal um einiges Schlimmer aus als bei seiner ersten Panikattacke. Er schaffte es nicht einmal, dass Taehyung ihn nochmal ansah, egal mit welchen Worten er auch versuchte, zu ihm durchzudringen.

Es war, als prallten Jungkooks Worte einfach ungehört an ihm ab, und das war gar nicht gut! Jungook fühlte sich furchtbar hilflos.

Scheiß Dreck! Was mache ich denn jetzt!?

Der Rest wurde nebensächlich. Er bekam nur am Rande mit, wie Seokjin um sich tastete und ein weiteres Mal den Notruf betätigte, nachdem er mit den anderen darüber diskutiert hatte, ob dieser denn bei einem Stromausfall überhaupt noch funktionieren würde.

Genauso hörte er nur am Rande, dass die selbe blecherne Stimme von vorhin ihnen mitteilte, dass der Stromausfall sich gerade über die ganze Stadt zog. Die Nothelfer und Techniker hätten auch so schon alle Hände voll damit zu tun, das bereits entstehende Verkehrschaos und die allgemeine Panik unter Kontrolle zu kriegen. Die sieben jungen Männer müssten sich wohl oder übel noch einige Zeit gedulden ... blablabla ... tut uns leid ... höhere Macht. Klick. Stille.

Aber sonderlich interessiert hatte es ihn nicht, denn Taehyung, der mittlerweile dazu über gegangen war, wild und unkontrolliert um sich zu schlagen, forderte seine ganze Aufmerksamkeit.

Immer wieder wich er den hilflosen, unkoordinierten Schlägen des Schwarzhaarigen aus, und versuchte, seine Arme einzufangen, damit er sich nicht selbst verletzte. Bis er von Yoongi auf die Seite gestoßen wurde. Jungkook wollte sich gerade über die rüde Behandlung beschweren, als er sah, wie Yoongi sich vor Taehyung aufbaute, dessen Hände schnappte und entschlossen an der kalten Metallwand des Aufzugs fixierte.

„Taehyung! Krieg dich wieder ein!", schrie er ihn an, ohne den Griff um Taehyungs Handgelenke zu lockern. Jungkook fand es gar nicht gut, wie er mit Tae umging, und wollte Yoongi bereits von ihm wegziehen, als er sah, wie Taehyung langsam wieder zu sich kam. Zumindest ein bisschen. Mit schreckensweiten Augen starrte er Yoongi ins Gesicht.

„Taehyung, du hörst mir jetzt ganz genau zu, kapiert!? Ich weiß, wie du dich gerade fühlst! Ganz genau! Aber du bist verdammt nochmal stärker als diese dumme Panik in deinem Körper! Das sind nur Botenstoffe, die ausgelöst werden. Weißt du, wie winzig die sind? Du bist doch viel größer und stärker als die! Du wirst nicht gegen die Mistviecher verlieren, verstanden!? Du kannst das! Wehr dich, du schaffst das!"
Yoongis Stimme hatte eine gute Portion Härte innewohnen, und das schien in diesem Moment genau das zu sein, was Taehyung jetzt grade brauchte. Yoongis Worte hatten dafür gesorgt, dass er sich wieder fokussieren und langsam aus seiner Panik heraus finden konnte.

Erst, als sich Yoongi ganz sicher war, dass er Taehyungs volle Aufmerksamkeit hatte, lockerte er den Griff um seine Handgelenke und sprach in weniger rauem Ton weiter: „Die meisten Panikattacken gehen in fünfzehn bis zwanzig Sekunden vorbei, auch wenn sie dir wie eine Ewigkeit vorkommen. Du musst nur dagegen ankämpfen. Atme ruhig ein und aus, denk daran, dass dir so eine Lappalie nichts anhaben kann, okay? Dir wird hier nichts passieren, hast du das verstanden, Taehyung?"

Die verbliebenen jungen Männer starrten mit offenen Augen und Mündern auf den sonst so grimmigen Menschenfeind. Wie auch immer er das grade geschafft hatte - Taehyung nickte zaghaft und versuchte auf die Worte seines Gegenübers zu hören. Allmählich schloss Taehyung seine Augen und konzentrierte sich auf seine Atmung, bis sie schließlich etwas ruhiger wurde.

Einige tiefe Atemzüge später hatte Taehyung sich wirklich ein ganzes Stück von der gewaltigen Angst in seinem Körper erholt. Yoongi verließ den Schwarzhaarigen nicht, sondern blieb weiter vor ihm in der Hocke und fixierte ihn mit einem strengen Blick.

„Gut so. Genauso ist es richtig. Atme die Angst weg. Ein und aus, immer weiter", bekräftigte er ihn. Keiner von den Anwesenden hatte bisher so viel Einfühlsamkeit und Fingerspitzengefühl von ihm erwartet.

„Das ...hätte ich dir ehrlich gesagt nicht zugetraut", murmelte Jimin erschrocken darüber, dass der Blonde anscheinend auch noch zu etwas anderem fähig war, als sinnlosem Gemecker und homophoben Sprüchen.

Ein bitteres Lächeln huschte über Yoongis Lippen, als er das hörte. Er sah Jimin nicht an, als er seine Rückfrage stellte, sondern konzentrierte sich scheinbar weiter ganz auf Taehyung. „Was hast du denn von mir gedacht? Dass ich ein kalter, gefühlloser Menschenhasser bin?" So sehr Yoongi bei seiner Antwort auch versuchte, sarkastisch zu klingen, hörte nun doch jeder die Verletzlichkeit aus seiner Stimme heraus, die er bisher gut zu verstecken gewusst hatte.

„Um ehrlich zu sein ... ja. Das trifft es ziemlich genau", gab Jimin leise zu.

Yoongi klopfte Taehyung freundschaftlich auf die Schulter, während er sich vergewisserte, dass wieder alles gut sei, und erhob sich erst, als Taehyung das bestätigt hatte. Auf den Kommentar von Jimin ging er nicht weiter ein. Es verletzte ihn, das so klar gesagt zu bekommen, aber er würde den Teufel tun, das dem anderen zu zeigen. Nur keine Blöße geben. Stattdessen verkroch er sich wieder in seiner Ecke des Aufzuges, ignorierte alle anderen völlig und musterte still Taehyung.

Jungkook währenddessen sah Yoongi noch immer völlig verdutzt an. Doch sobald der sich wieder an seinen Platz zurückgezogen hatte, nutze er die Gelegenheit, um sich wieder neben Taehyung zu setzen und einen Arm um ihn zu legen.

Ihre Blicke trafen sich, und Jungkook war sich ziemlich sicher, dass in den ehrlichen Augen seines Gegenübers so etwas wie Dankbarkeit lag. Zumindest, bis er den Kopf sinken ließ und auf einmal ziemlich traurig wirkte.

„Weißt du...", murmelte Taehyung einige tiefe Atemzüge später. "Ich komme mir so unglaublich albern vor. Ich sehe jeden Tag diese Kinder und wie stark sie sind. Wie sie ihr schweres Schicksal meistern. Und dann komme ich mit meiner scheiß Angst vor Aufzügen ..."

Taehyung schien das ziemlich mitzunehmen, und ganz sicher war es nicht das erste Mal, dass er sich dafür schämte und selbst so hart verurteilte. Seine Stimme hatte fast verächtlich geklungen, als er sich selbst so runter machte.

"Das ist keine Schande, Taehyung. Du machst es ja nicht bewusst. Ich meine ... kein Mensch ist perfekt." Jungkook machte eine kurze Pause, während er Taehyung fest ansah. „Außerdem finde ich es echt mutig, dass du dich deiner Angst stellst. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Guck dich doch an - du bist hier! Du kneifst nicht oder schickst einen Kollegen vor, um dich davor zu drücken. Du kämpfst, und das ist toll."

Taehyung wendete seinen Blick ab, da er nicht wusste, was er darauf antworten sollte. Dennoch schienen diese Worte ihn nachdenken zu lassen, auch wenn er dabei stumm blieb.

Und dann passierte nichts.

Jungkook saß einfach weiter neben Taehyung, während die anderen sich an ihrem Platz die Beine in den Bauch standen und ziemlich verloren und ratlos aussahen.

Ihre Hoffnung, dass sie nun bald hier rauskommen würden, war mit einem Male zerplatzt wie Seifenblasen, und das wurde ihnen just in diesem Moment klar.

Und so wie es sich anhörte, würde es auch noch eine ganze Weile dauern, bis sich daran etwas ändern würde. Sie saßen hier zusammen fest und würden so schnell nicht mehr rauskommen.

Sie hofften nur, dass der Strom schnell wieder da sein würde, denn besonders lange würden sie es nicht mehr in der kleinen, stickigen Aufzugskabine aushalten.

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Muhahahahah ma friendz,
Wie einige schon vermutet haben: es ist noch nicht vorbei! >:D
Wäre doch eine Schande. Der Spaß fängt jetzt doch erst richtig an! ♡

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