∭ Kapitel 10 ∭

„Was meint ihr, wie lange das jetzt noch dauern wird?", erklang Jimins niedergeschlagene Stimme nach einer Weile und durchbrach damit die Stille. „Wir warten jetzt schon wieder über eine halbe Stunde, dass sich etwas tut. Die können uns hier doch nicht ewig schmoren lassen."

Shit ...Wir sitzen jetzt erst eine Stunde insgesamt hier drin? stellte sich Jungkook die Frage in Gedanken, denn er hatte bereits jedes Zeitgefühl verloren. Sie hatten schon so viel aufstellen müssen, um irgendwie die Zeit tot zu schlagen, ohne sich dabei gegenseitig an die Gurgel zu gehen. Wie sollte das denn weiter gehen? Allmählich war er mit seinem Latein am Ende. Das Warten fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Eine nicht enden wollende Ewigkeit.

Es war aber auch wirklich erstaunlich mit diesem Phänomen Zeit. Manchmal, meistens dann, wenn man eh zu viel wenig davon hatte, verflog die Zeit so schnell, dass man sich über bereits fünf Extraminuten wie ein kleines Kind an Weihnachten freuen würde. Und manchmal, so wie jetzt, schien die Zeit geradezu still zu stehen, zum Hohn all derer, die einfach nur warten. Es war, als gäbe es zwei verschiedene Zeitsysteme, die immer entgegen der eigenen Bedürfnisse liefen. Wirklich verrückt, wie unterschiedlich das Gehirn arbeitete und eine Situation beurteilte, je nachdem, wie viele und welche Sinneseindrücke es geliefert bekam.

„Ich hoffe, nicht mehr lange", antwortete Hoseok frustriert. „Ich kriege langsam Hunger."

Als wäre dies der Startschuss gewesen, knurrte nun Jimins Magen. Es war nicht das kurze Grummeln der leisen Sorte, nein. Es war eher von der Sorte, bei dem der Magen jedem in unmittelbarer Nähe mit einer Art Donnergrollen davon in Kenntnis setzten wollte, wie leer und vernachlässigt er sich anfühlte und wie dringend er doch bitte endlich wieder gefüllt werden möge.

Beschämt blickte Jimin zur Seite, ehe er sich, wie die anderen auch, auf dem Boden nieder ließ, gefolgt von Yoongi. Sie standen nun schon so lange in immer der selben Position auf der selben Stelle, ohne irgendwie die Beine bewegen zu können, dass sie bereits zu schmerzen begannen. Daher beschlossen sie, es den anderen gleich zu tun und sich, ungeachtet der eventuellen Beschmutzungen, einfach auf dem kalten Boden nieder zu lassen.

„Hat einer von euch wenigstens was zu trinken?", fragte nun auch Jungkook. Nicht aus dem Grund, weil er selbst Durst hatte, sondern weil der Blick zu seinem schwarzhaarigen Sitznachbarn ihn besorgte. Taehyung hatte ziemlich rumgewütet und sich dabei völlig verausgabt. Nun sah er doch ziemlich erschöpft aus. Sicherlich hatte er schon lange Durst. Jungkook hatte natürlich sofort als erstes in seiner eigenen Sporttasche nachgesehen, ob noch etwas zu trinken in seiner Flasche übrig geblieben war, die er immer zum Sport mitnahm. Aber leider hatte er feststellen müssen, dass sie restlos leer war. Wie immer hatte er brav alles ausgetrunken, was er mitgenommen hatte. Jetzt verfluchte er sich selbst ein bisschen dafür.

„Hab nichts dabei", kam es bedauernd von Hoseok, und auch Seokjin und Namjoon schüttelten gleich entschuldigend den Kopf. Yoongi dagegen holte nach kurzer Überlegung die Umhängetasche hervor, die er achtlos neben sich geschmissen hatte. Jungkook hatte ihr bis jetzt keine große Aufmerksamkeit geschenkt, aber nun hoffte er, dass sich darin etwas zu trinken befand.

„Hier", sagte Yoongi kühl, nachdem er in der Tasche rumgekramt hatte und nun eine halbvolle Wasserflasche hervorzog. Im nächsten Moment warf er sie zu Jungkook, der sie gekonnt lässig auffing und sofort an den schönen Schwarzhaarigen neben ihm weiterreichte. Seine Stimme klang ehrlich besorgt. „Hier, trink das. Dann geht es dir besser."

Die ersten Schlucke waren schnell getrunken, die Flasche wieder zugedreht und zurück in Yoongis Richtung gehalten. Taehyung war dankbar, wollte das Angebot aber nicht zu sehr ausnutzen. Aber Yoongi schüttelte nur den Kopf. Er war nicht unbedingt ein Freund davon, mit jemand Fremdem aus einer Flasche zu trinken, und so starken Durst hatte er doch noch nicht, dass er sein Ekelgefühl dafür überwinden würde. Und Taehyung brauchte das Wasser dringender.

Jungkook versuchte sich währenddessen noch mit einem gedanklichen Nicht hinsehen! davon abzuhalten, Taehyung dabei anzustarren, wie der die Flasche zu seinem Mund führte und daraus trank. Aber da war es schon zu spät, er konnte seine Augen einfach nicht abwenden. Er war nur froh, dass keiner der anderen Anwesenden etwas davon mitbekommen hatte. Wie konnte ein Mensch so schön sein, wenn er einfach nur aus einer Plastikflasche Wasser trank?

Taehyung sah fragend in die Runde und hielt dabei die Getränkeflasche in die Höhe, doch alle lehnten dankend ab. Hoseok, Namjoon und Seokjin, weil sie es wichtiger fanden, dass Taehyung nach seiner Panikattacke ausreichend Flüssigkeit zu sich nahm, und Jimin in erster Linie, weil er sich sicher war, dann noch größeren Hunger zu verspüren als eh schon. Und ja, der Hunger war mittlerweile zu einem schmerzhaften Stechen in seinem Bauch geworden.

Im Endeffekt traute sich nur Jungkook, die Flasche dankend anzunehmen und ein paar kleine Schlucke zu trinken. Er war Sportler und dementsprechend sehr viel trinken gewöhnt. Sein Durstgefühl meldete sich bereits seit einiger Zeit, doch wenn es nicht gerade Taehyung gewesen wäre, der ihm das Getränk angeboten hätte, hätte er sich wahrscheinlich noch zurückhalten können.

Gut, ok. Ich gebs zu. Sein Blick macht mich irgendwie schwach, gestand er sich ein, ehe er ein weiteres Mal ansetzte und sich einen kleinen Schluck aus der Flasche gönnte.

Warum er auf einmal darüber nachdachte, dass Taehyung da bereits vorher draus getrunken hatte und es sich irgendwie komisch anfühlte, wusste er nicht. Er versuchte seine Gedanken so weit einzudämmen, dass er nicht auf die Idee kam, nun nervös zu werden, doch da hatten seine Gedanken sich bereits mal wieder verselbstständigt.

Seine Lippen haben die Flasche berührt ... kein Grund hier gleich nervös zu werden... Du hast schon oft mit deinen Freunden aus einer Flasche getrunken! Jungkook atmete tief ein und aus, weil er sich nicht aufführen wollte wie ein verliebter Teenie.

Aber die haben nicht so wundervoll samtig weich aussehende Lippen..., meldete sich ein weiterer Gedanke, den Jungkook vergeblich durch ein Kopfschütteln zu vertreiben versuchte. Nur die Langeweile, ich hab zu viel Zeit zum Nachdenken. Das wird es sein. Ich habe keinen, ich wiederhole: KEINEN Crush auf Taehyung.
Aber sein Verstand schien den Kampf gegen seine Hormone längst kläglich verloren zu haben, denn als er kurz darauf plötzlich Taehyungs Kopf an seiner Schulter spürte, fing alles in ihm an zu kribbeln.

Alles, ohne Ausnahme.

Er hatte sogar das Gefühl, dass sein restlicher verbliebener Verstand, und das war allem Anschein nach sowieso nicht mehr besonders viel, ungewohnt zu kribbeln begann.

Das darf doch nicht wahr sein! Ich bin doch ein erwachsener Mann! Und nicht ... nicht ..., naja was auch immer! ermahnte er sich in Gedanken. Aber schon driftete sein Blick wieder zu dem Schwarzhaarigen hinüber. Seine Gedanken verstummten sofort, und seine Gegenwehr zerbröselte zu Staub, während er einfach einen Moment genauer das Gesicht des hübschen Jungen neben sich betrachtete.

Taehyungs Kopf lag noch immer erschöpft auf der Schulter des Sportstudenten, seine Augen waren von einem dichten Wimpernkranz gesäumt, seine Lippen ... Oh, seine Lippen...

Jungkook musste bewundernd feststellen, dass Taehyung ziemlich regelmäßig angeordnete Gesichtszüge hatte. Und gleichzeitig fragte er sich, wie ein Mensch, ein Junge wohlgemerkt, nur so perfekt aussehen konnte. Er übte eine wahnsinnige Faszination, Ja, genau! Faszination, mehr ist es nicht! auf ihn aus. Er konnte sich einfach nicht der Schönheit des Mannes an seiner Schulter entziehen.

Nur wenig später konnte er merken, wie Taehyungs Atmenzüge immer regelmäßiger und tiefer wurden und sich ein sanftes Lächeln auf seinem Gesicht ausgebreitet hatte.

Er war eingeschlafen.

Ein Lächeln umspielte nun auch Jungkooks Lippen, während er Taehyung einfach mit einem Arm an sich zog und versuchte, es ihm so bequem zu machen, wie es hier auf dem Fußboden eben ging. Er streichelte sanft seinen Oberarm auf und ab und lauschte glücklich seinen leisen Atemzügen. Schlaf war für Taehyung jetzt tatsächlich das Beste, was ihm passieren konnte.

Und dann passierte eine gefühlte Ewigkeit wieder gar nichts.

Jimin tippte immer noch gelangweilt auf seinem Handy rum, Namjoon und Seokjin unterhielten sich derweil leise über belanglose Themen, Yoongi schien beschlossen zu haben, die Zeit für ein Nickerchen zu nutzen, und Hoseok saß im Schneidersitz und ... tja, was genau er da machte, wusste Jungkook eigentlich auch nicht. Am ehesten sah es nach irgendwelchen Dehnungsübungen aus, aber wahrscheinlich wusste Hoseok einfach nur nicht, wohin mit seiner überschüssigen Energie. Und zum Tanzen war es hier drin eindeutig viel zu eng, selbst wenn er alleine gewesen wäre.
Jungkook wartete einfach weiter darauf, dass etwas passierte, während er Taehyung im Arm hielt und sozusagen seinen Schlaf bewachte. So hockten sie beieinander und hofften auf die Erlösung.

"Oh Mann, ich hoffe, dass wir langsam endlich mal hier rauskommen...", grummelte Jungkook leise.

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Und, was meint ihr, wie lange die da noch festsitzen werden?

Habt ihr irgendwelche Kritik, Verbesserungsvorschläge oder ähnliches? Wenn ja, lasst es mich wissen.

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