[ 0.3 ] DON'T WORRY, IT'LL BE ALRIGHT ── chensung
CHENSUNG
29.01./ 5.02.
5.553 words
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HAPPY JISUNG DAY!!
let's suffer together for losing the 1 in front of our age, rip the 10s, we've officially entered our 20s, sir 🥲✊🏼
p.s.: I wrote this in like,,, the span of 7 hours, hope it's not as crappy!
p. p. s.: STREAM CHILD!! the man deserves all the love and appreciation in the world for this masterpiece of art.
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Okay, das darf nicht wahr sein.
Jisung denkt er träumt, während er viel zu lange auf die Leuchtziffern seines Weckers starrt, die ihm im Halbdunkel seines Zimmers fast höhnisch entgegen blinken, immer nur noch mehr Zeit damit verschwendet. „Shít", flüstert er, blinzelt noch einmal, aber die Zahlen werden nicht kleiner, und so ist er mit einem Mal hellwach, strampelt sich das Laken von den Beinen und stolpert beim Aufstehen trotzdem darüber.
So viel verschlafen hat er lange nicht mehr. Und alles nur, weil er gestern so lange wach war, alle Hausaufgaben machen wollte, damit er heute nichts machen muss, und dann hat Chenle angerufen, kaum dass es Mitternacht war. Jisung erinnert sich nur zu gern an den schiefen Gesang seines besten Freundes, der durch seine heisere Stimme, die er sich bei der Kälte draußen zugezogen hat, noch grauenvoller geklungen hat. Trotzdem war er dankbar, denn außer Chenle und seiner Großmutter gratuliert ihm selten jemand zum Geburtstag, höchstens die automatisierte Nachricht bei KakaoTalk. Und ausgerechnet am wichtigsten Tag seines Lebens verpennt er und kommt zu spät zur Schule!
Jisung flucht leise um die Zahnbürste in seinem Mund, während er sich mit den Fingern wie wild durch die Haare fährt. Für eine Dusche ist es längst zu spät, und er muss seine Großmutter noch wecken, ihre Medikamente vorbereiten und Frühstück machen, dabei fährt der Bus zur Ersten in fünfzehn Minuten und er ist noch nicht einmal angezogen.
„Morgen, Oma!" Jisung platzt in das Zimmer seiner Großmutter, ein wackeliges Tablett in den Händen, auf denen alles steht was sie braucht bis er wiederkommt. Er stellt es auf dem Tisch ab und schiebt die Gardinen zur Seite, damit mehr Licht herein kommt.
„Guten Morgen, mein Liebling", sagt sie vom Bett aus, schenkt ihm ein kleines Lächeln. „Du bist aber spät heute." Etwas schwerfällig setzt sie sich auf, lässt sich nicht von ihm helfen, wie sie das für gewöhnlich machen. Er küsst sie auf die Wange.
„Ich hab verschlafen, Oma, deswegen muss ich gleich los", erklärt Jisung, schon wieder auf dem Weg zur Tür. „Kommst du zurecht?" Er zögert beim Verlassen des Zimmers, fast so als würde er auf etwas warten.
„Geh schon, Junge", sagt sie, und sonst nichts mehr.
Jisung presst die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen, während er im Flur in seine Schuhe schlüpft, den Rucksack schon auf dem Rücken. Seine Großmutter vergisst seinen Geburtstag nie, auch wenn sie ganz schlimme Phasen hat, in denen sie manchmal sogar seinen Namen vergisst. Für gewöhnlich backt sie ihm auch einen Kuchen, oder beauftragt eine ihrer Freundinnen damit, wenn sie selbst nicht kann. Heute ist nichts davon in ihren Augen zu sehen, es ist beinahe so, als wäre ein ganz normaler neuer Tag angebrochen - mit dem einzigen Unterschied, dass Jisung verschlafen hat und deswegen zu spät mit dem Frühstück dran war.
Die Rücklichter des Buses verschwinden eben um die Ecke, als Jisung atemlos am Wartehäuschen ankommt. Mit einem frustrierten Geräusch lässt er sich auf die Bank fallen und bemerkt im selben Moment, dass er sein Handy vergessen hat. Na toll, er kann Chenle noch nicht einmal schreiben, dass er zu spät kommt, kann keine Musik hören und auch nicht dieses Spiel mit den bunten Bällen spielen, das seine zitternden Finger beruhigen würde, so wie immer. Stattdessen ist er seinen Gedanken hilflos ausgeliefert.
Die erste Stunde hat längst angefangen, als Jisung das Klassenzimmer betritt, sich tausendmal entschuldigt und dann mit hochrotem Kopf zu seinem Platz geht, während ihn alle anstarren. Irritiert starrt er auf den leeren Tisch neben seinem, an dem für gewöhnlich sein Lieblingsmensch sitzt. Doch Chenle scheint wie vom Erdboden verschluckt, denn er taucht auch nicht in der zweiten Stunde auf, und auch nicht in der dritten, in der sie einen Englischtest schreiben, von dem Jisung nichts wusste.
Der Tag kann gar nicht mieser werden. Jisung hat die Vokabeln nicht gelernt, und das Heft, in dem alle drin stehen, hat er natürlich auch vergessen. So kann er nur mit wippendem Knie und Tränen in den Augen dasitzen und darauf warten, dass es endlich vorbei ist. Sein Blatt ist fast leer, als er es am Ende der Stunde beim Lehrer abgibt.
Als wäre der Test nicht bereits die Krönung des Tages gewesen, ist Jisung in der Mittagspause so zittrig, dass ihm sein Tablett durch die Hände rutscht, bevor er sich setzen kann. Es knallt vor mindestens zweihundert Schülern bei der Essensausgabe auf den Boden, und obwohl gleich eine Küchenhilfe mit Tüchern und Müllbeutel kommt, um ihm zu helfen, könnte das Ereignis gar nicht unangenehmer sein. Vor allem, wenn man Menschen hasst und der einzige Freund nicht da ist. Chenle hätte gelacht, Jisung weiß das, aber immerhin wäre er da gewesen und hätte ihm dann auch beim Aufräumen geholfen.
Den Rest der Mittagspause verbringt er auf dem Jungsklo, nur einen Trinkjoghurt konnte er vor dem Unfall bewahren, und jetzt trinkt er ihn in kleinen Schlucken leer, damit er wenigstens etwas im Magen hat. Er hatte ja nicht einmal Zeit für ein Frühstück. Außerdem muss er weinen, weil noch nie ein Geburtstag so beschissen war wie dieser. Zuerst verschläft er, seine Oma vergisst seinen Geburtstag, Chenle kommt nicht zur Schule und dann blamiert er sich auch noch vor der ganzen Schule. Haben sich heute etwa alle Mächte gegen ihn verschworen? Er dachte, neunzehn zu werden wäre etwas Besonderes, endlich erwachsen sein, selbstständig, Dinge tun können, die er zuvor nie tun durfte. Chenle hat ihm eine riesige Torte versprochen, und vielleicht eine Party, wenn ein paar Leute Lust haben zu kommen. Oder nur sie beide, was Jisung irgendwie von Anfang an am liebsten war. Nur Chenle und er auf seiner Geburtstagsparty. Sie könnten an den Fluss gehen, denn abends darf er jetzt auch länger weg, Fastfood essen, und zu Chenles Musik tanzen, wenn er seine kabellosen Kopfhörer nicht wieder vergisst.
Er hat sich alles so schön vorgestellt, aber stattdessen wird ihm nur wieder bewusst, wie allein er eigentlich ist, seitdem er bei seiner Großmutter wohnt. Schon als er auf die neue Schule gekommen ist, haben ihn alle als seltsam abgestempelt, ihn und seine Schweigsamkeit, seine irritierenden Blicke, wenn er versucht, Menschen zu verstehen und wieder kläglich daran scheitert. Früher hatte er Freunde, aber er hat sie alle aus den Augen verloren, seit er hier in Seoul lebt. Seine Kindheit war eben anders als die seiner Klassenkameraden, denn es ist nicht dasselbe, wenn eine Großmutter zwei Elternteile und ihren verstorbenen Mann ersetzen muss, obwohl sie längst nicht mehr wirklich in der Lage ist, sich überhaupt um sich selbst zu kümmern.
Jisung weiß, dass sie alt geworden ist. Mittlerweile nimmt sie täglich mehr Medikamente als Nährstoffe zu sich und es belastet ihn jeden Tag mehr, zu sehen wie sie sich selbst verliert.
Chenle war der Erste und Einzige, der sich getraut hat, ihn anzusprechen, obwohl es auch ihn damals noch viel Mühe gekostet hat. Er galt anfangs genauso als Außenseiter wie Jisung, aber das liegt größtenteils auch daran, dass er aus China kommt und früher noch Schwierigkeiten hatte, sich zu verständigen. Sein Koreanisch ist jetzt besser, ebenso wie seine Fähigkeit, soziale Kontakte aufzubauen, ganz im Gegenteil zu Jisung. Trotzdem ist er immer geblieben, klebt bis zum heutigen Tag an Jisungs Seite und lässt ihm eigentlich nie im Stich - außer heute. Am wichtigsten Tag seines Lebens.
Jisung freut sich heute über kaum mehr als das Ende des Schultages. Dieses Mal verpasst er den Bus nach Hause nicht, setzt sich ganz nach hinten, wo die meisten Sitze leer sind, und sinkt in das Plastik, versteckt sich vor der Welt, bis er endlich aussteigen kann.
Es ist still im Haus, als er in den Flur tritt. Er hat kaum Kraft, etwas zu sagen, trotzdem ruft er: „Bin zurück, Oma!", auch wenn keine Antwort zurückkommt, weil sie vermutlich wieder vor dem Fernseher eingeschlafen ist. Er streift sich die Schuhe von den Füßen und kommt im Vorbeigehen trotzdem nicht umhin, einen hoffnungsvollen Blick in die Küche zu werfen, wo lediglich das dreckige Geschirr von heute Morgen neben der Spüle steht und darauf wartet, von ihm abgewaschen zu werden. Bei dem Gedanken daran, dass er dann auch gleich wieder anfangen könnte Abendessen zu machen, damit seine Großmutter rechtzeitig essen kann, schließt er für einen Moment erschöpft die Augen. Hassen die Leute deswegen ihren Geburtstag so sehr? Weil nie jemand dran denkt? Weil ihnen damit alles genommen wird, was sie im Leben noch schön finden? Weil es doch nur ein ganz normaler Tag ist, ohne Ereignisse?
Seine Großmutter sitzt halb aufrecht in ihrem Bett und ist vor dem laufenden Fernseher eingenickt, wie es zu erwarten war. Immerhin hat sie alles aufgegessen und alle Medikamente rechtzeitig genommen, wenigstens daran hat sie gedacht und Jisung hat eine Sorge weniger. „Hey Oma", sagt er sanft und berührt ihre Schulter.
„Oh, du bist es", sagt sie müde, während sie ihn verschlafen anblinzelt. Sie lächelt schwach, hebt die Hand und streicht ihm eine Haarsträhne aus der Stirn. „Tut mir leid, ich bin wieder eingenickt, dabei wollte ich wach bleiben bis du kommst." Sie richtet sich schwerfällig mit Jisungs Hilfe auf.
„Das ist doch nicht schlimm, Oma", sagt er. „Hattest du heute Besuch?" Er stapelt das leere Geschirr auf dem Tablett und steht von ihrem Bett auf, als sie die Beine über die Kante schwingt.
„Oh, Areum ist kurz nach Mittag eine Weile hier gewesen", erzählt sie. „Sie hat frisches Kimchi vorbeigebracht, steht im Kühlschrank."
„Okay, Oma, du kannst sitzen bleiben. Was möchtest du heute essen?" Jisung ist schon halb aus der Tür, dreht sich noch einmal fragend zu ihr um. Er wartet immer noch darauf, dass es ihr einfällt, in jedem Moment hofft er darauf, aber er ist zu selbstlos, um sie darauf hinzuweisen.
„Ach, koch einfach was du am liebsten isst", sagt sie und schenkt ihm noch ein Lächeln. Bevor noch jemand etwas sagen kann, bevor sie seine mühsam zurückgehaltenen Tränen sehen kann, schiebt er sich auf den Flur. Er weint, während er ihnen Kimbap macht, und zum ersten Mal ist er froh, dass ihn niemand dabei sieht. Schniefend und schluchzend steht er in der Küche, schneidet schiefe Streifen aus der Gurke und den Karotten, versalzt ziemlich sicher den Reis, und dauernd reißen ihm beim Aufrollen die Algenblätter ein. Er würde gerade so gern in den Arm genommen werden, aber es gibt niemanden, der ihm diesen einzigen Wunsch, den er heute äußern will, erfüllen könnte.
Bevor er seiner Großmutter das Essen bringt, zieht er sich in seinem Zimmer um und wirft bei der Gelegenheit auch einen Blick auf sein Handy, obwohl sich alles in ihm dagegen sträubt.
Jisungie, es tut mir leid, ich kann heute nicht kommen, hab Fieber 😑
Man, das ärgert mich SO, aber Mama lässt mich nicht gehen 🙄
Ich hatte so ein cooles Geschenk 😭😭😭😭
Ich hab für heute Handyverbot, damit ich morgen wieder gesund bin 🙄😑
ALLES GUTE, JISUNGIE!! Ich hab dich lieb! Grüß deine Oma von mir 😍
Wir sehen uns morgen, ja? Melde dich mal heute irgendwann 🥺
Schick mir ein Bild von deinem Kuchen! Und ein Lächelselfie, weil ich dich an so einem special day lächeln sehen will 🥺
Dieser Tag ist besonders, okay? Also genieß ihn, dann bin ich auch schneller wieder da 😌
Chenle hat nichts ausgelassen, was ihn nicht noch mehr zum Weinen bringt, und Jisung schlingt die Arme um sich selbst, als es zu schlimm wird. Er will gerade einfach nur noch seine Eltern sehen. Er hat ihnen sowieso versprochen, dass er sie an seinem Geburtstag besuchen kommt, und eigentlich dachte er, Chenle wird dann dabei sein, damit es nicht so sehr weh tut.
„Oma, ich muss nochmal weg", sagt Jisung, als er ihr das Essen bringt. Sie hat die Decke wieder über ihre Beine gezogen und schaut die tägliche Folge ihrer Lieblings-Talkshow.
„Oh? Essen wir nicht zusammen?"
„Ich hab schon gegessen", behauptet Jisung. „Ich hab was bei einem Klassenkameraden vergessen und gehe das schnell holen, ist nicht weit, okay?" Es ist eine Lüge, aber er wird ihr nicht die Wahrheit sagen, wenn er weiß, dass sie dann unbedingt mitkommen will. Sie wird Fragen stellen und er muss noch mehr Lügen erfinden und ... nein. Also beschränkt er sich darauf, sie zu beruhigen, ihr die Medikamente für den Abend neben ihr Wasserglas zu stellen und sich mit einem Kuss auf die Wange zu verabschieden. „Vielleicht schläfst du schon, wenn ich wiederkomme, ich schau später nochmal vorbei."
„Mach nichts Dummes, mein Junge."
„Du kennst mich doch."
Sie nickt lächelnd, schüttelt den Kopf und wendet sich wieder dem Fernseher zu, scheint noch im selben Moment zu vergessen, dass Jisung immer noch da steht. Wartend. Auf etwas, das heute ganz bestimmt nicht mehr kommen wird, weil sie es wirklich vergessen hat. Jisung nimmt drei Kerzen aus dem Schrank im Flur und ein Feuerzeug aus der Schublade in der Küche, bevor er sich auf den Weg macht.
Es ist kalt heute Abend, fast eisig. Er fährt mit dem Bus, weil der Weg dann doch zu weit ist, um zu Fuß zu gehen, obwohl er das zuerst in Betracht gezogen hat. Als er im Bus sitzt, schreibt er Chenle endlich zurück, auch wenn er sich sicher ist, dass der Andere entweder schläft oder so viel quengeln kann wie er will, seine Mutter wird nicht nachgeben und ihn sein Handy überlassen, bevor er nicht wieder vollständig gesund ist.
Hey Chenle 🙂
Er zögert. Er weiß, dass er Chenle alles erzählen kann. Wirklich alles. Das hat er schon bemerkt, als er sich endlich getraut hat, dem Anderen die Wahrheit zu erzählen. Warum er bei seiner Großmutter wohnt, warum die Leute ihn so eigenartig finden und warum seine Eltern nie zum Elternabend kommen oder die Einladungen von Chenles Eltern regelmäßig ablehnen. Er würde seinem besten Freund jetzt gern sagen, dass der Tag schön war. Dass er einen Kuchen bekommen hat und vielleicht ein oder zwei Geschenke. Stattdessen tippen seine Finger wie von selbst Antworten.
Ich hab heute morgen verschlafen und mein Handy vergessen, deswegen melde ich mich erst jetzt, sorry 🙏🏼
Und wenn ich ganz ehrlich bin war der Tag heute beschissen
Er beißt sich auf die Unterlippe. Zum Glück werden die Nachrichten nicht durchgestellt.
Ich bin zu spät zur ersten Stunde gekommen, in der Mensa ist mein tablett runtergefallen und wusstest du, dass wir englisch schreiben????
Außerdem hat oma meinen Geburtstag vergessen
Und du warst nicht da, das war irgendwie am schlimmsten
Jisung blinzelt die Tränen weg, sie sich in sein Sichtfeld schieben wollen. Er hat genug davon, eine Heulsuse zu sein, gerade jetzt mehr als irgendwann sonst. Noch nie hat er an seinem beschissenen Geburtstag so viel geweint. Wütend wischt er sich mit dem Jackenärmel über die Wangen.
Ich vermisse dich, hoffentlich wirst du schnell wieder gesund
ich gehe jetzt noch Eomma und Appa besuchen
Eigentlich wollte ich das mit dir machen, aber es geht ja jetzt nicht, deswegen geh ich allein
Bis dann, Lele 🤍
Sein Herz tut weh, als er schließlich aussteigt.
Nur spärlich beleuchten einige Straßenlaternen den Weg zum schmiedeeisernen Tor des Friedhofs. Es quietscht fürchterlich, als Jisung es auf drückt und durch den schmalen Spalt aufs Gelände schlüpft. Seine Schritte knirschen auf den gefrorenen Kieswegen, während er sich mit dem Licht seiner Handytaschenlampe einen Weg durch die Reihen von Gräbern sucht. Er war schon so lange nicht mehr allein hier, dass es heute besonders schlimm ist.
Seine Eltern liegen gemeinsam in einem Grab. Jisung weiß, dass sie sich das so gewünscht hätten, und seine Oma wusste das auch, deswegen hat sie alles dafür getan, dass es klappt. Ein Stein aus Obsidian säumt das Grab, um das sich schon länger niemand mehr gekümmert hat. Vertrocknete Blumen von Jisungs letztem Besuch liegen noch immer verloren auf dem kleinen Grashügel, unter dem seine Eltern für immer begraben liegen.
„Hey Eomma, hey Appa", sagt er leise, und setzt sich auf das trockene Gras. Vorsichtig zieht er den Reißverschluss seines Rucksacks auf und holt die drei Kerzen daraus hervor. „Tut mir leid, dass ich keine Blumen dabei hab, ich hab nicht mehr daran gedacht welche zu kaufen." Er seufzt leise, zündet alle drei Kerzen an und stellt sie nebeneinander auf das Grab, zwei unter die schwarz-weißen Gesichter seiner Eltern und eine dritte in die Mitte. Auf den Bildern lächeln sie beide in die Kamera, fast als wäre alles ganz normal, obwohl es das nie wieder sein wird. Nur wussten sie das damals noch nicht.
Es ist jetzt fünf Jahre her. Jisung war gerade vierzehn. Für ihn war es ein ganz gewöhnlicher Schultag, alles was anders war, war dieses seltsame Gefühl in ihm, kurz bevor er aus dem Haus gegangen ist, aber er hat es auf die Angst vor dem anstehenden Mathetest geschoben. Seine Mutter hat gelächelt und ihn sanft dazu gezwungen, ein bisschen was zu essen, und sein Vater hatte sich hinter seinem Tablet verschanzt, auf dem er immer die Morgenzeitung gelesen hat. Als Jisung nicht hören wollte, weil er einfach keinen Hunger hatte, hat er ihn über den Rand seiner Lesebrille hinweg angesehen, ihn unter dem Tisch mit dem Fuß angestupst und unauffällig auf Chico gezeigt, den alten Dackel, den sie damals noch hatten. Jisung hat gegrinst und dem Hund sein halbes Frühstück zugesteckt, als seine Mutter nicht hingesehen hat. Noch heute kann er das Lachen seines Vaters hören, ein angenehm tiefes Geräusch, es klang ein wenig so wie seins heute. Seine Mutter hat ihnen beiden das Geschirrtuch über die Köpfe gezogen, als sie davon Wind bekommen hat, und Jisung sieht sie noch heute, wie sie sich das Lachen verkneift und seinen Vater küsst, kurz bevor er aus dem Haus gegangen ist.
Seine Eltern sind morgens immer zusammen zur Arbeit gefahren, mit dem einzigen Auto, das sie hatten. Auf dem Weg zu seinem Büro hat Jisungs Vater seine Mutter regelmäßig morgens um dieselbe Zeit am Tanzstudio abgesetzt und nachmittags zur selben Zeit auch wieder abgeholt. An diesem Morgen kamen sie noch nicht einmal bis zur ersten Kreuzung, bevor ein voll beladener Lastwagen mit kaputten Bremsen und knappen siebzig Stundenkilometern auf der Geschwindigkeitsanzeige frontal in ihr Auto krachte und es überrollte wie ein Panzer.
Die Psychologen und seine Großmutter, ebenso wie alle Verwandte, die sich im Laufe der Zeit bei ihm gemeldet haben, haben gesagt, dass es irgendwann aufhört so weh zu tun, auch wenn man sich das am Anfang noch nicht vorstellen kann. Dass die Wunde heilt und später vielleicht eine Narbe bleibt, die hin und wieder ein bisschen brennt.
Jedes Mal, wenn Jisung zum Friedhof kommt, fühlt es sich an, als würde diese alte Wunde wieder aufklaffen; jedes Mal tut es wieder genauso weh wie am ersten Tag, verwandelt ihn in ein bebendes, blutendes Bündel Einsamkeit.
Auch heute sitzt er wieder voll Schmerzen da, die Arme um sich selbst geschlungen, weil es sonst niemanden gibt, der ihn umarmt. Sein Körper bebt unter den krampfhaften Schluchzern, die ihn wieder und wieder durchschütteln, obwohl er gerade vor seinen Eltern versuchen will, stark zu sein. „Es tu-tut mir leid", weint er leise. „Heute war bloß so ein beschissener Tag." Er streckt die Hand aus, berührt die eisige, harte Erde des Grabes. „Ich hab mir schon lang nicht mehr so sehr gewünscht, dass ihr hier sein könntet." Schniefend wischt er sich mit dem Ärmel seiner Jacke unter der Nase entlang. „Ich vermisse euch so sehr", flüstert er. Die Worte schweben mit der eisigen Brise davon, die in diesem Moment über die Gräber weht. Er bekommt auch keine Antwort, obwohl er das schon wusste. „Wisst ihr, nicht einmal Chenle konnte heute zur Schule kommen", erzählt er leise. „Aber er ist mein einziger Freund und das hat es nur noch schlimmer gemacht." Warum kann er nicht einfach normal sein? Warum können seine Eltern nicht am Leben sein, damit er sich nicht mit einem Haufen Erde und einem kalten Stein unterhalten muss? Warum muss er so verdammt allein sein?
Wie auf Kommando vibriert sein Handy auf dem Boden neben ihm, aber er findet nicht die Kraft, es vom Boden aufzuheben. „Sogar Oma hat mich heute vergessen." Jisung zieht die Nase hoch, kramt vergeblich nach einem Taschentuch. Nicht einmal ein benutztes hat er dabei. „Aber wenigstens bin ich jetzt neunzehn und kann machen was ich will. Ich wünschte ihr hättet noch so lang hier sein können. Bei mir." Er presst beide Handflächen gegen die kalte Erde, beugt sich nach vorn, bis auch seine Stirn den Boden berührt. Warm tropfen seine Tränen zwischen seinen Fingern auf seine Eltern, während er stumm um sie betet, so wie er es immer tut.
Er weiß nicht wie lange er so dort sitzt, jedenfalls ist sein Körper steif vor Kälte, als er eine Berührung spürt. „Jisung-ah." Das muss ein Traum sein. Ein eigenartiger Traum, wenn er in der Eiseskälte auf dem Friedhof sitzt und sein bester Freund auch darin vorkommt. Das passt irgendwie nicht zusammen. „Jisung-ah, ich bin's." Jisung spürt einen Arm um seine Mitte, die Präsenz eines anderen Menschen neben ihm.
„Chenle?" Es ist kaum mehr als ein heiseres Flüstern.
„Ja. Ich bin hier." Chenle klingt nicht so gesund wie er sein sollte, um tatsächlich hier sein zu können, ohne Ärger zu bekommen. Als Jisung den Kopf hebt, blickt er in sein blasses Gesicht, halb versteckt von einer Kapuze und einem Mundschutz. Chenles Augen sind trotzdem genauso wach und aufmerksam wie immer. Etwas in seinem Blick zerbricht, als Jisung ihm in die Augen sieht. „Oh, Jisungie", flüstert er, dann drückt er Jisungs Kopf gegen seine Brust, vergräbt die Finger in seinem Haar, hält ihn fest, während Jisung sich an seinen Parka klammert und versucht, seinen Atem in den Griff zu bekommen. „Ich hab dich", sagt Chenle leise.
„Warum bist du hier?", würgt Jisung irgendwann hervor.
„Ich hab deine Nachrichten gelesen", sagt Chenle. Tatsächlich klingt er immer noch ein wenig heiser und nasal. „Ich konnte doch nicht einfach zu Hause sitzen und darauf warten, dass ich gesund werde, wenn du ganz allein hier bist." Er streicht mit der Hand über Jisungs Rücken. „Ich weiß doch, wie schwer es für dich ist, allein herzukommen", flüstert er.
„Ich wollte aber allein sein", schnieft Jisung. „Niemanden sehen."
„Das hat sich in deiner Nachricht anders angehört", sagt Chenle. „Mehr danach, als bräuchtest du ganz dringend eine Umarmung."
Jisung schweigt für einen Moment. Dann sagt er tonlos: „Du hast recht."
„Siehst du", flüstert Chenle. „Hast du es deinen Eltern erzählt?" Jisung nickt zaghaft. „Magst du noch ein bisschen hier bleiben?"
„Ich glaube ich bin fertig", sagt Jisung leise und richtet sich wieder auf. Er reibt seine eisigen Hände aneinander, bis Chenle sie in seine warmen nimmt und sanft massiert.
„Hast du Hunger, Birthday Boy?", fragt er leise und unsicher, als wäre das nicht die richtige Frage für den Moment.
„Schon ein bisschen", gibt Jisung zu und schenkt ihm ein zögerliches Lächeln. Irgendwie tut alles weniger weh, wenn Chenle da ist. „Und es ist kalt", fügt er hinzu.
„Stimmt." Chenle zerrt den Mundschutz unters Kinn und lächelt zurück. Jisung fand sein Lächeln schon immer das schönste Merkmal an ihm. Er bekommt Grübchen dabei und weckt in Jisung das Verlangen, seine Wangen zu berühren. Heute ist das erste Mal, dass er diesem Verlangen nachgibt, die Hände an Chenles Wangen legt und sein Gesicht festhält, es ansieht, weil es irgendwie gerade das Wichtigste in seinem Leben ist, alles was ihn am Boden hält. „Hey, du bist kalt", sagt Chenle grinsend und nimmt Jisungs Hände wieder in seine. „Komm, lass uns gehen, sonst wirst du auch krank."
Jisung verabschiedet sich von seinen Eltern, und als wäre es das Normalste der Welt tut Chenle es ihm gleich, bevor er seine Hand nimmt und sie in seine Jackentasche schiebt. Dieses Mal gehen sie in der Dunkelheit zurück zur Straße, ohne Taschenlampe, weil es für Jisung so einfacher ist, weg zu gehen. Er dreht sich auch nicht noch einmal um, das hat er schon als kleiner Junge nie getan. Umdrehen würde ihn nur aufhalten.
„Auf was hast du Lust?", fragte Chenle, als sie wieder auf der Straße stehen, im Licht der Straßenlaternen; wieder in der Zivilisation angekommen. „Den Berg runter gibt's ein paar Lokale, sollen wir mal schauen gehen?"
„Musst du nicht wieder heim, bevor deine Mutter was merkt?", fragte Jisung. Er ist versucht, seine Hand aus Chenles zu lösen, aber in seiner Jackentasche ist es so schön warm und Chenles eigene Hand schmiegt sich so beruhigend in seine.
„Nein", sagt Chenle. Er bleibt stehen, hält Jisung fest und sieht zu ihm auf. „Ich will bei dir sein." Seine Augen leuchten wie Sterne, als er das sagt, und wieder tauchen die Grübchen in seinen Wangen auf, während Jisung spürt, wie er rot wird. „Außerdem hattest du immer noch keinen Kuchen, oder? Ich hab das nicht vergessen."
Jisung möchte weinen. Aber dieses Mal vor Freude.
Chenle kauft ihnen so viele ungesunde Sachen, dass sie kaum die Hälfte davon essen können, was auch daran liegt, dass Chenle kaum etwas runter bekommt. Jisung fühlt sich schließlich, als könnte er nach Hause rollen, wenn er wollte, und lehnt sich schwer gegen die Plastikwand des Imbisses in seinem Rücken. „Danke, Le", sagt er, die Hände auf den Bauch gelegt. Er beobachtet Chenle, wie er langsam isst und ihn dabei anlächelt, wie das Neonlicht sein schönes Gesicht beleuchtet, die Sterne in seinen Augen. Wieder fragt er sich, wie er jemanden wie Chenle verdient hat. Wer ihm diesen Engel geschenkt hat und warum.
„Bist du schon fertig?", fragt Chenle. „Wir haben noch nicht einmal einen Kuchen. Wartest du kurz hier?" Er sieht sich um und als Jisung nickt, springt er auf und ist um die Ecke, bevor noch jemand etwas sagen kann. Es dauert nicht lang, bis er mit einem kleinen Paket wiederkommt, ein freches Grinsen auf den Lippen, als er sich wieder auf den roten Hocker fallen lässt und ein paar leere Plastikschalen stapelt, um das Paket in der Mitte des Tisches zu platzieren. „Also", sagt er und sucht in seiner Tasche nach etwas. „Los, mach auf."
„Ich?" Jisung beugt sich zögerlich nach vorn, bearbeitet den Karton so lange vorsichtig, bis er ihn aufklappen kann. Im Inneren befindet sich eine kleine Schokotorte mit Sahne und Kirschen. Jisung strahlt. „Ist der für mich?"
„Für wen denn sonst?" Chenle grinst. „Warte, hier ist noch mehr." Er zieht eine Packung Kerzen aus der Tasche. „Hast du noch das Feuerzeug?" Jisung reicht es ihm wortlos, er ist viel zu gerührt von der Geste, dass er kein Wort sagen kann. Chenle steckt ein paar der Kerzen in den Kuchen, dann zündet er sie vorsichtig an, bevor er leise Happy Birthday anstimmt. Jisung weint schon, als er noch nicht einmal fertig ist, und dann pustet er die Kerzen aus mit dem einzigen Wunsch, dass sein bester Freund für immer bei ihm bleibt. „Nicht weinen, Jisungie", sagt Chenle von der anderen Seite des Tisches und greift darüber hinweg nach Jisungs Hand, hält sie ganz fest. „Es tut mir leid, dass ich heute nicht den ganzen Tag für dich da sein konnte, ich hoffe, dass es das hier jetzt irgendwie wieder gut machen kann." Seine Stimme bebt beim Sprechen und als Jisung ihn ansieht, glänzen auch seine Augen verdächtig.
„Du bist viel zu perfekt, Lele", bringt er hervor. „Weißt du das eigentlich?" Als Antwort drückt Chenle seine Hand nur fester.
Sie malträtieren den Sahnekuchen mit Plastikgabeln, füttern sich gegenseitig und kichern die ganze Zeit. Den Rest packen sie schließlich ein, bevor sie sich langsam auf den Rückweg machen. Jisung hofft, dass seine Großmutter schon schläft und dass Chenles Mutter nicht allzu wütend ist.
Bis sie bei Jisung sind halten sie einander an den Händen und sprechen nicht viel, weil es irgendwie schöner ist, in die Stille zwischen ihnen zu hören; sie verstehen sich auch ohne Worte. Jisung möchte Chenle gar nicht gehen lassen, als sie im Halbdunkel unter dem Vordach stehen. „Danke, dass du meinen Geburtstag gerettet hast", sagt Jisung leise, lässt Chenles Hand nicht los.
„Danke, dass du ehrlich zu mir warst und nichts erfunden hast, damit ich beruhigt bin", meint Chenle, lächelt ihn an. Auch er macht keine Anstalten, bald zu gehen. „Du ... hast dein Geschenk übrigens noch gar nicht bekommen", sagt er schließlich. Auf seinen Wangen hat sich ein leichter Rotschimmer ausgebreitet, zumindest wenn Jisungs Augen ihm im schwachen Licht der Straßenbeleuchtung keinen Streich spielen.
„Du- Du hast ein Geschenk!?", sagt er perplex, weil er damit wirklich nicht gerechnet hat. Chenle hat so viel für ihn getan heute, dass es wohl kaum noch perfekter werden kann.
„Klar hab ich eins, hab ich doch schon geschrieben." Chenle grinst schief. „Vielleicht kann man es sogar eher als zwei Bezeichnen, oder als ein großes, aber ich weiß nicht, ob dir der erste Teil davon gefällt, deswegen bin ich eher etwas vorsichtiger mit dem zweiten-"
„Chenle", unterbricht Jisung ihn, lächelt und stupst ihn die Seite. „Jetzt sag schon."
„Du bist zu ungeduldig!", mault Chenle. „Ich brauche Vorbereitungszeit."
Zum ersten Mal wächst in Jisung der Wunsch, ihn zu küssen, gleich hier, unter dem Vordach des Hauses, in dem seine Mutter groß geworden ist, in dem er so viele Jahre seiner Kindheit verbracht hat und in dem Chenle mittlerweile ein und aus geht, als würde er selbst dort wohnen. Er weiß nicht, ob er es darauf schieben soll, dass er jetzt ein Jahr älter ist, erwachsener, darauf dass es nacht ist, oder dass er Chenles Schmollmund noch nie widerstehen konnte.
„Na gut", sagt er, um etwas gesagt zu haben, und um sich davon abzulenken, dass er seinen besten Freund plötzlich küssen will. „Du kannst auch hier stehen bleiben bis mein Geburtstag vorbei ist." Er streckt die Hand ganz langsam nach dem elektronischen Schloss aus.
„Nein!", Chenle greift nach seinem Arm und drückt ihn wieder nach unten, dann räuspert er sich. „Ich wollte ... Ich wollte mit dir nach ... nach Jeju fahren." Den letzten Teil nuschelt er so leise vor sich hin, dass Jisung ihn kaum versteht. Doch als sich der Sinn des Ganzen in seinem Hirn zusammenbaut, fällt ihm der Kuchen beinahe aus der Hand.
„A-Aber Chenle", sagt er. „Jeju, d-das war doch-"
„Ja, ich weiß", sagt Chenle schüchtern. „Jeju ist nur für die Person bestimmt, von der wir denken, dass sie für immer bleiben wird. Aber ... das bist nur du für mich. Ich will mit niemandem sonst nach Jeju fahren als mit dir, ich kann mir das nicht mal vorstellen." Er sieht mit großen Augen zu Jisung auf. Schließlich, als Jisung nichts sagt, holt er tief Luft. „Vielleicht hätte ich das nicht gerade heute sagen-", beginnt er, doch Jisung schließt ihn kurzerhand in die Arme.
„Ich will auch mit dir nach Jeju fahren", bringt er irgendwie erstickt hervor, drückt das Gesicht in Chenles Parka und wünscht sich, dass der Moment niemals endet. „Das ist echt ... der schönste Geburtstag seit Langem. Egal wie beschissen der Tag war." Jisung löst sich von Chenle, stellt den Kuchen auf der Treppe vor der Tür ab und sieht den Anderen wieder an, prägt sich jeden Millimeter seines Gesichts ein, bis es wie ein Tattoo auf seiner Netzhaut leuchtet.
„Magst du den zweiten Teil dann auch haben?", fragt Chenle leise. Er ist plötzlich so nah, lehnt sich mit seinem ganzen Gewicht gegen Jisung.
„O-Okay." Jisung spürt, wie er rot wird, weil der Andere ihm so nah ist. Das passiert nicht oft und deswegen benebelt es ihn. Gleichzeitig will er den Anderen noch näher bei sich haben.
Chenle schlingt die Arme um seinen Hals, das ist die einzige Warnung, bevor seine Lippen auf Jisungs liegen, weich und zart wie der Flügelschlag eines Schmetterlings, von denen in diesem Moment hunderte in Jisungs Bauch abheben. Jisung schnappt nach Luft, aber bevor Chenle sich wieder von ihm lösen kann, beugt er sich nach vorn, jagt seinen schönen Lippen nach, bis der Andere lacht und ihm gegen die Brust schlägt. „Du wirst noch krank", sagt er und lacht.
„Ich glaube dafür ist es schon zu spät", meint Jisung atemlos. Der Kuss pulsiert immer noch auf seinen Lippen, bahnt sich wie warmer Honig einen Weg durch die Windungen seines Hirns, bis er es endlich realisiert. „Oh mein Gott, Chenle." Er drückt das Gesicht gegen Chenles Schulter, schlingt die Arme um seine Mitte, und dann hebt er ihn hoch, bis der Andere quiekt.
„Lass das!", protestiert er halbherzig, aber er macht mindestens so wenig Anstalten, etwas dagegen zu unternehmen.
„Das sind die schönsten Geschenke, die ich je bekommen habe", sagt Jisung. Am liebsten würde er Chenle mit nach drinnen nehmen und ihn die ganze Nacht küssen. „Weißt du, was das schönste Geschenk von allen ist?" Er setzt den Anderen wieder ab, hebt die Hände an sein Gesicht und hält es ganz vorsichtig fest. „Du."
„Cheesy", sagt Chenle, aber seine Augen leuchten, der Rotschimmer zieht sich jetzt bis hinter seine Ohren, und er ist so schön.
„Ich weiß. Aber ich weiß auch, dass du sowas gern hörst." Jisung stiehlt ihm noch einen Kuss. „Willst du ... noch mit reinkommen?" Es behagt ihm nicht, wenn der Andere jetzt so allein im Dunkeln nach Hause muss. Lieber nimmt er den Ärger seiner Mutter auf sich, ebenso wie die Schuld, wenn er sich bei Chenle ansteckt. „Ich opfere mich auch für die Schimpfattacke und nehme die ganze Schuld auf mich, wenn ich muss."
Chenle grinst und knufft ihn in die Seite. Statt etwas zu sagen tippt er lediglich den Code ins Schloss und öffnet ihnen die Tür, lässt Jisungs Hand nicht los. „Aber nur wenn ich bei dir im Bett schlafen darf", sagt er, zögert noch einen Moment, doch dann schlingt Jisung die Arme von hinten um ihn und hebt ihn über die Schwelle.
„Wo denn sonst, Pabo", sagt er.
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