six
Mit dröhnendem Kopf öffnete Jeongin seine müden Augen, als der Wecker ihn unsanft aus seinem Schlaf zerrte und er sich wünschte, dass er nicht doch einige Minuten hätte weiter schlafen können. Vielleicht auch einige Stunden. Es war der einzige Ort, wo er für einen Moment abschalten konnte, für eine Weile seine Gefühle in den Hintergrund rückten. Dafür musste er erst einmal seinen Kopf dazu zwingen, dass er ihm Ruhe gab. Es kam auch ziemlich oft vor, dass er erst um drei einschlief, somit nur allerhöchstens vier Stunden in der angenehmen Schwärze umhüllt war. Jetzt musste er allerdings aufstehen, auch wenn er so gar nicht wollte und am liebsten in seinem Bett liegen blieb, weil er keinen sonderlichen Antrieb fand. Wozu auch? Jeongin hatte nichts, an was er sich festhalten konnte. Alles was er einst hatte, stieß er von sich.
Selbst Chan war er auf dem besten Wege zu verlieren. Und dies nur wegen seiner dämlichen Angst.
Dennoch zwang er sich dazu aufzustehen und machte sich Not gedrungen für die Schule fertig, ging denselben, endlosen Weg zur Schule und kämpfte sich an der Unmenge an Schülern vorbei, die ihn einengten, um sich letztlich auf seinen allbekannten Sitzplatz hinzusetzen. Während er mal wieder einer der Ersten war, der im Klassenraum war, konnte er mit jeder vergangenen Minute sehen, wie sich der Raum immer mehr füllte und auch Seungmin neben ihm saß, der ihn stillschweigend musterte. Seinen Blick ignorierte Jeongin, legte stattdessen seinen Kopf einfach auf das Holz und schloss seine Augen. Zwar konnte er nicht schlafen, was er liebend gern tun würde, doch es nahm ihm das penetrante Gefühl von allen Seiten beobachtet zu werden. Und dieses Gefühl überkam ihn immer dann, wenn er am Vortag die Schule spontan verlassen hatte.
"Geht es dir heute besser?", begann Seungmin das Gespräch und wollte zuerst seine Hand auf Jeongins Rücken legen, entschied sich aber dagegen. Einmal wurde er von ihm deswegen angefahren, dass dieser sich nicht berühren lassen wollte. Seitdem versuchte der Ältere ein wenig mehr Rücksicht auf die Wünsche seines Freundes zu nehmen. Mal gelang es ihm mehr, mal eher weniger.
"Geht schon, war schon mal schlimmer." Die Aussage stellte den Schwarzhaarigen nicht sonderlich zufrieden und gab ihm ein erneutes Gefühl der Ablehnung. Doch gleichzeitig war er sich ziemlich sicher, dass es Jeongin nicht so meinte, wie es über dessen Lippen kam. Schließlich machte er sich nur Sorgen um den Brünetten, wie so viele andere auch. Nur war es schwierig an jemanden heranzukommen, der so unnahbar war und aus diesem Grund ließen auch viele von solchen Menschen ab, weil sie das Gefühl der Ablehnung nicht mochten und es auf sich selbst projektierten. Das hatte aber mit diesen Menschen an sich nichts zu tun.
"War Chan gestern bei dir?" Direkt schnürte es Jeongin die Kehle zu. Die Erinnerungen an gestern schwirrten wieder in seinen Kopf, sodass er sich wünschte, er könnte sie einfach aus seinem Gedächtnis löschen. Es schmerzte und zugleich fühlte er sich wieder einmal schutzlos ausgeliefert. Wieso musste Seungmin auch immer auf wunden Punkten herumstechen, die ihn eigentlich nichts angingen? Er hätte jedes andere Thema anschneiden können, doch wieder musste es sich alles um Chan drehen, der sowieso den liebelangen Tag nicht aus seinem Kopf verschwand.
"Hm"
"Das beantwortet meine Frage nicht."
"Ich will nicht darüber reden. Bitte, danke." Genervt fuhr Jeongin hoch. Eigentlich wollte er heute den ganzen Tag in der Schule verbringen, doch wenn er schon am frühsten Morgen von seinem Nachbarn belästigt wurde, wollte er schon nach der ersten Stunde wieder gehen. Doch irgendwann würde das alles Konsequenzen mit sich tragen, wenn es das nicht schon längst hätte.
"Wenn du kein anderes Thema als Chan hast, dann versuch mir kein Gespräch ans Knie zu nageln."
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