𝐭𝐡𝐢𝐫𝐭𝐲 𝐧𝐢𝐧𝐞

⚠️ Triggerwarnung: Verlust von Angehörigen, Selbstmord ⚠️

Es war ein verregneter Samstag gewesen, an dem sich Hyunjin an seine Schulaufgaben gesetzt hatte. Sein Kopf qualmte und dementsprechend hielt er es für richtig, dass er eine kleine Pause vom Lernen machte. Also lehnte er sich zurück, sah den Regentropfen, welche gegen die Fensterscheibe prasselten, zu, wie sie ein kleines Wettrennen veranstalteten, welcher Tropfen als erstes nach unten floss. Ein kleines Lächeln schlich sich auf dessen Lippen. Es erinnerte ihn an seine Kindheit. Oft tat er es, wenn es regnet. Zwar mochte er den Regen als Kind nicht, weil er nicht rausgehen konnte, aber dafür konnte er dieses Wettrennen immer beobachten. Oft saß er einige Zeit vor dem Fenster, vollkommen fasziniert von dem Wasser und es wurde auch nie ansatzweise langweilig. Nicht einmal ein Jahrzehnt später. Er schwebte für einen kleinen Moment etwas von Nostalgie in der Luft. 

Zugleich hatte aber Regen etwas Trauriges für Hyunjin. Schon immer hatte er den Hintergedanken, dass es ein böses Omen für etwas war. Als würde jemand von oben weinen. Erst verband er es mit Jeongin und schob es auf ihn, dass er sich auf einmal ein bisschen melancholischer fühlte, als davor. Er vermisste ihn, sehr sogar. Aber der Brünette war sich sicher, dass es ihm gut ging und er nun in Sicherheit war, dort, wo er sich jetzt befand. Auch wenn Hyunjin nie so ganz wusste, wohin die Seele verschwand, nach dem der Körper gestorben war. Das war die einzige Abneigung, die er vor dem Tod hatte: Die Ungewissheit, was danach passierte. Wurde man neu geboren? Passierte rein gar nichts? Wachte man einfach aus einem Traum auf, der nie wirklich real war? 

Was es auch war, Hyunjin bekam von dem Gedanken ein unwohles Bauchgefühl. 

Je länger er dem Regen zusah, umso verträumter wurde er jedoch. Gemischt mit seinen verschiedenen Facetten seiner Gefühle.

Aber dann, spürte er etwas in sich brechen. Als würde jemand ein Teil von Hyunjin bei lebendigen Leibe aus seinem Körper entziehen. Ein Gefühl, welches er zuvor noch nie gespürt hatte. Nicht einmal, als Jeongin gestorben war, beziehungsweise davon erfahren hatte. Zwar hatte es sich auch angefühlt, als würde ihm etwas weggenommen werden, aber noch lang nicht so, wie in diesem Moment. Es tat weh, nahm Hyunjin die Luft zum Atmen. Er bekam Panik, dass er im selben Moment sterben würde, obwohl es ihm vollkommen in Ordnung ging. Nur dieses Gefühl belastete ihn, weil er es nicht lokalisieren konnte. Er hatte keine Erklärung dafür, wo es genau herkam. 

Ihm stießen die Tränen in die Augen, seine Brust begann zu beben. Ein leises Schluchzen entkam ihm, gefolgt von Tränen, die ihm die Wangen reihenweise herunterliefen. Seine Wangen waren innerhalb weniger Sekunden vollkommen nass gewesen. War es nur die kurze Erinnerung von Jeongin gewesen, die ihn diese Gefühle einbrachte? So ganz konnte er es sich nicht vorstellen. Ja, der Verlust schmerzte dennoch. Aber es war ein vollkommen anderer Schmerz. 

Kurz darauf vibrierte Hyunjins Handy. Eine Nachricht ploppte auf, die erst vollkommen verschwommen wahrgenommen wurde. Der Brünette strich sich über seine Augen, sein Atem stockte. Es war Felix' Nummer gewesen. Die Worte, welche geschrieben standen, hallten in seinem Kopf. Er konnte sie noch nicht so ganz realisieren. Erst beim fünften Mal lesen, erkannte er den Grund für seinen mentalen Ausbruch. Bisher hatte er so etwas nie für möglich gehalten, weil es fernab von jeglicher Vorstellung für ihn war. 

Die Worte waren einfach, aber sie fühlten sich noch so schwer an. 

»Vermiss' mich nicht zu sehr, ich pass auf dich auf.«

Diesen Schmerz den Hyunjin gespürt hatte, war zum selben Zeitpunkt gewesen, als Felix' Herz aufgehört hatte zu schlagen. Der Australier hatte sich umgebracht, sein Leben beendet, weil er dieses nicht mehr aushielt. Geprägt von Schmerzen und Qualen, die er jahrelang zurückstecken musste. Und auch Hyunjin hätte ihm niemals helfen können diese zu beenden. Wahrscheinlich war Felix jahrelang psychisch krank gewesen, hatte aber all das zurückhalten können. Seine dunkle Seite war nie die, welche bereit war zu morden. Es war diejenige, welche Felix dazu gebracht hatte, sein Leben zu beenden. Und nie hatte es jemand auch nur im geringsten gesehen. Nicht einmal er selbst. 

Aber nun würde es Felix besser gehen.
Er würde auf seine Freunde aufpassen. Gemeinsam mit Jeongin. 

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