Kapitel 08
Wir beide verstummten, sahen einander nur an. In meinem Kopf spielten sich unzählige Szenarien auf einmal ab. Angefangen davon, dass Jeongin es kommen sehen hatte, bis hin, dass er unglaublich sauer auf mich war, weil ich ihm nicht vertraute. Natürlich wusste ich, dass es keinen sonderlich großen Aufstand gäbe, nur weil jemand vor der Tür stand, der sich mit mir treffen wollte. Jeongin war keineswegs der Mensch hierzu, der einem eine Szene machte. Nur dann, wenn man ihm die ganze Zeit eins vormachte, ihn bewusst anlog zu seinem Nachteil.
Wie von selbst öffnete er wortlos die Tür, da seine Hand die ganze Zeit auf der Klinke verweilt hatte und es für ihn selbstverständlich schien, sie ohne meine Erlaubnis zu öffnen. Die Stirn des Brünetten runzelte sich, sah zu mir, als würde er verwirrt sein, wer hinter der Tür stand. Scheinbar musste es dem Blonden nicht anders gehen, da dieser sich für einige Sekunden unserem Schweigen anschloss.
„Ist Hyunjin da? Eigentlich wollten wir beide uns heute treffen. Ich wusste nicht, dass er schon etwas vorhatte.", waren die Worte, welche die Stille brechen sollten. Den stechenden, noch immer verwirrten Blick von Jeongin konnte ich keineswegs ignorieren, sodass meine Lippen einfach nur eine schmale Linie bilden mussten, während ich mich entschuldigend hinter der Tür hervorschob und mich zu erkennen gab. Sofort erhellte sich der teils unruhige Gesichtsausdruck des Blonden, als er mich erkannte und genauso schnell wollte ich der Situation entfliehen. Wie stand ich in diesem Moment da? Meine Meinung nach war das keineswegs der passende Zeitpunkt, dass es hierzukommen sollte.
„Ich wollte sowieso gehen. Ich würde eh unnötig stören.", meinte mein bester Freund. Viel eher unerwartet, als dass ich es hätte verhindern können. Ebenso ratlos wusste ich nicht, was ich in diesem Augenblick tun sollte. Immerhin war er hergekommen, damit wir seinen Geburtstag gemeinsam verbringen konnten und nun verschwand er, weil ich wieder einmal alles vermasselt hatte, was möglich war. Aus Reflex griff ich nach seinem Handgelenk, um ihn zu verdeutlichen, dass er nicht gehen sollte. „Lass es gut sein. Mir war eigentlich klar, dass ihr euch treffen würdet. Es war naiv von mir zu denken, dass Felix hier heute nicht auftauchen würde."
„F-Felix?" Außer Konzept wusste ich nicht, was ich mit der Information, besser gesagt dem Namen, hinsollte, noch wem dieser überhaupt gehörte. Dabei schien es noch so offensichtlich, dass es sich hierbei um den Blonden handelte, der nicht den Anschein erweckte, dass er etwas dagegen hatte, wenn Jeongin das Weite suchte. Wobei ich davon ausging, dass sie einander wohl kennen und ich dementsprechend ziemlich dümmlich bei den Beiden herüberkommen musste.
„Vergisst du jetzt schon die Namen von deinen Freunden und nicht nur den Geburtstag von deinem besten Freund?", scherzte er und meinte es nicht einmal böse mit mir, während mich bereits jetzt schon das schlechte Gewissen plagte, ohne dass ich groß darüber nachdenken konnte, was in den wenigen Minuten passierte. Kurz gesagt, wie viel Spaß konnte man machen, ehe man den anderen verletzte? Ich war mir ziemlich sicher, dass es bei mir nicht viel brauchte, bis man mich so richtig traf. Doch brauchte es sehr viel, ehe ich es dem anderen zeigte, weil ich viel zu gern meine Probleme und Gefühle wie kleine Geheimnisse wohlbehütete und darauf Acht gab, dass sie niemand zu Gesicht bekam. Meine Maske, welche ich täglich trug, konnte in binnen Sekunden bröckeln. Egal, welche Mühe ich mir gab, dass sie zusammenhielt und meine Gefühle versteckte. Manchmal war ein kleiner, noch so nett gemeinter Witz einfach zu viel.
Freude konnte jeder zeigen, aber nicht jeder war dafür gemacht, seine wahre Seite zu zeigen. Und ich war definitiv einer davon, der sowas nicht konnte.
„Aber das ist wohl nicht das Einzige, was du vergessen hast, Hyunjin." Mit einem Lächeln zog er seine Hand weg, sodass er sich von uns distanzierte und ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Ich hatte keinen blassen Schimmer von was er redete. Mittlerweile wusste ich nicht einmal mehr an was ich überhaupt denken sollte. Scheinbar schien das, was ich wusste, auch nicht so korrekt zu sein, wie ich es bisher immer angenommen hatte.
Dabei kannte ich noch nicht einmal die eigentliche Spitze des Eisbergs...
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