𝗧𝗘𝗜𝗟 𝗩
Erst nach einer gefühlten Ewigkeit erspähte er in der Ferne grobe Umrisse. Er kniff die Augen zusammen. War es der Boden, der dort immer näher kam? Oder spielte ihm seine noch restliche Angst nur einen Streich? Je näher er dem vermuteten Untergrund kam, desto genauer konnte er erkennen, um was es sich handelte und die Erkenntnis erfreute ihn ganz und gar nicht. Er stürzte geradewegs auf Stalagmiten zu, deren Spitzen gefährlich funkelten wie die messerscharfen Krallen eines Wampa.
Und er, Kylo Ren, war die Beute, die gleich von der Schwärze für immer verschlungen werden würde. Er musste schwer schlucken. Die Düsternis, die ihm gerade noch so vertraut erschien, verwandelte sich urplötzlich in einen kalten, leblosen Ort, der ihn packen wollte. Die scharfen Spitzen näherten sich unheimlich, wurden von Mal zu Mal besser erkennbar.
Ren fasste einen Entschluss: Er verpflichtete sich selbst dazu, alles Erdenkliche auszuprobieren, um zu überleben. Der Überlebensinstinkt trieb seinen Willen voran, auch wenn er noch nicht wusste, was getan werden musste. Also schrie er aus vollem Hals und ließ seiner Angst freien Lauf. Allmählich verwandelte sich die Angst und wich der Wut. Ren schrie noch lauter, aber nichts geschah, weshalb er die Augen schloss und mit dem Leben abrechnete. Gleich war es um ihn geschehen, dann war er Geschichte. Ein letztes Mal einatmen. Ein letztes Mal ausatmen. Er wappnete sich vor den gleich kommenden, unerträglichen Schmerzen, wenn die Spitzen sein Fleisch durchlöcherten, seine Knochen zerborsten und seine Sehnen zerrissen.
Schützend hielt er seine Hände vor sein Gesicht, sodass die Handflächen nach unten zeigten als könnten sie seinen Sturz abfedern, was allerdings lächerlich war. Ihn konnte nur noch ein Wunder oder sein Meister retten. Aber etwas hatte ihn dazu veranlasst. Er konnte nicht recht sage, was es war. War es ein Gefühl? Oder doch eher ein Instinkt. Nichtsdestotrotz, der Aufprall war nicht mehr weit. Er hielt die Luft an, wagte es nicht zu zwinkern.
Doch der junge Sith wartete vergebens auf den schmerzvollen Zusammenstoß. Es geschah rein gar nichts und als er blinzelnd seine Augen öffnete, konnte er ihnen kaum Glauben schenken. Er schwebte doch tatsächlich eine Haaresbreite über den todbringenden Stalagmiten, die er nun klar und deutlich voneinander trennen konnte. Seine Hände zitterten, er atmete erleichtert aus, ließ ein kurzes, erschöpftes Seufzen seine Lippen verlassen und gestattete sich einen kurzen Moment der Erleichterung. Er hatte es tatsächlich geschafft. Er selbst hatte die dunkle Macht heraufbeschworen und genutzt. Dies war sein Werk, seine Leistung, die ihm niemand mehr nehmen konnte. Aus seiner Angst wurde Wut und aus der Wut hatte er die Macht geschöpft, die er benötigte.
Mit neuer Kraft drehte er leicht seine Hände und wie durch Zauberhand schwebte sein Körper nach oben. Im Gegensatz zu dem freien Fall fühlte es sich diesmal an, als würde er auf einer flauschigen Wattewolke schweben. Ein warmes, kribbelndes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus und schwoll immer mehr heran. Sein Herz schlug vor Freude schneller, aber dieses Mal war es ein angenehmes Pochen. Als Kylo Ren oben den Vorhang erreichte und sicher mit beiden Beinen wieder fest auf dem Boden stand, hob er mit neuer Energie, die seinen ganzen Körper ergriffen hatte, stolz den Kopf. Der junge Sith fühlte sich neugeboren, ein Phönix, auferstanden aus der Asche der Furcht.
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