-winter

01 | chocolate flavor

Dicke Schneeflocken tanzten in der Luft und fanden ihr
Ende auf dem mittlerweile weiß glänzenden
Asphalt der Metropole Koreas.

Mein Atem bildete jedes Mal einen kleinen Hauch,
der sich zum Himmel empor wölbte,
bevor er von der eisernen Kälte erfasst wurde und
sich schlagartig wieder in Luft auflöste.

Schmatzende Geräusche und kleine Fußabdrücke hinterließen
die mittelgroßen Stiefeletten, während ich mich nach einem
schönen Café umsah.

Mein Handy zog ich mit zitternden Fingern aus der Jackentasche,
um nach der Uhrzeit zu schauen.

15:57

Geschäftsleute liefen die Straßen Seouls mit
ihren langen Trenchcoats und einem Handy am
Ohr an mir vorbei und lachende Kinder
rannten einer Frau hinterher.

Die Glastür, welche ich mit einer Hand aufschob, machte einen
klingelnden Ton und der Duft von frischem
Gebäck begrüßte mich.

Leicht lächelnd nickte ich dem Mann an der Theke zu
und suchte mir einen geeigneten Platz in dem
kleinen Café.

Ich machte es mir in einer Ecke gemütlich und zog meinen Mantel
aus, um ihn anschließend auf den Stuhl
zu hängen.

Gleichzeitig setzte ich meinen Rucksack auf den hölzernen Stuhl ab und zog meinen Laptop
aus diesem heraus. Während er hochfuhr, beobachtete ich die Gäste,
welche fröhlich miteinander redeten und lautes Gelächter
ihre Münder verließen.

Ich seufzte. Es musste schön sein, etwas zum Lachen zu haben.

Nachdem ich mich eingeloggt hatte, sah ich mir meine neu empfangenen
E-Mails an. Wohnungsgebühren überzogen. Ergebnisse zu
meinen Examen. Werbung für Sales.

Ich öffnete die E-Mail mit meinen Prüfungsergebnissen und sah,
dass ich...durchgefallen bin? Frustriert packte
ich mir an den Kopf.

Verdammt.

Schon wieder eine Prüfung verhauen. Das Glück meinte es nicht
gut mit mir.Wie auch sonst hätte ich durchfallen können, wenn
ich wochenlang ohne Pause dafür gelernt habe?

Vielleicht bin ich doch so nutzlos, wie meine Eltern es gesagt haben.
Vielleicht hatten sie von Anfang an Recht und
ich pack das einfach nicht.

Wahrscheinlich hatten alle Recht. Ich würde nie etwas
erreichen, egal, wie oft ich es versuche.
Schließlich bin ich es.

Yuri. Die kleine Yuri, die nichts alleine hinbekommt.
Die immer Hilfe von anderen braucht, um
weiterzukommen.

Eine Mitläuferin

Die alles dafür tut, damit sie gemocht wird. Aber ist es es denn
wirklich wert? Mache ich nicht sowieso alles
falsch?

Bin ich nicht Gottes große Enttäuschung?

Noch nicht mal meine Wohnung konnte ich mit meinem Job bezahlen.
Ich kriegte nichts hin. Warum bin ich denn einfach
einfach nur so dumm?

Warum ich?

Ich weiß, andere hatten es viel schlimmer.
Menschen starben.
Kinder hungerten.
Streit
Angst
Wut
Aber darf etwas nur als schlimm empfunden werden,
wenn es die Gesellschaft auch so sieht?

,,Jeogiyo."

Ich merkte, dass ich mich verkrampft hatte und entspannte mich kurz,
um die gesprochene Person mit einer monotonen
Miene zu konfrontieren.

,,Ich soll Ihnen das hier übergeben."
Die Mitarbeiterin stellte mir eine Tasse hin, zwinkerte mir
kurz zu und verschwand wieder so schnell,
wie sie aufgetaucht war.

Verwirrt betrachtete ich das dampfende Getränk vor mir.

Es war Kakao.

Auf der Untertasse lag noch ein kleiner, zusammen
gefalteter Zettel, den ich in die Hand
nahm und las.

,,Kakao. Ein Getränk, welches deine kalten Gedanken
mit purer Wärme ummantelt, und sie schließlich
mit dem tiefen Aroma der Hoffnung erfüllt.
Ein Genuss für die Seele."

Ich betrachtete die fein säuberlich geschriebenen Worte
auf dem Papierfetzen und ließ mir die diese
nochmal durch den Kopf gehen.

Dann griff ich nach der heißen Tasse und nahm einen Schluck.
Und obwohl ich nicht wusste, wer mir dieses kleine
Geschenk bereitet hatte,

Noch, ob ich es weit bringen würde mit meinem
bisherigen Prüfungsergebnissen:

Es war tatsächlich ein schönes Gefühl,
wieder Lächeln zu können.

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