Fünf
Ich atmete sanft, so unmerkbar wie möglich, durch meine Nase ein und merkte dann, wie mein Herz für einen Moment aussetzte.
Es ist derselbe Geruch, beziehungsweise das gleiche Parfum, welches Agust benutz hat. Ohne Zweifel.
Mit weiterem Schreck bemerkte ich noch mehr Ähnlichkeiten. Die Höhe passt. Und... ich erinnerte mich an Agust Augen zurück und an Yoongis. Dunkel. Außerdem konnte ich tatsächlich seinen Herzschlag an mir spüren, der mich in seiner Geschwindigkeit eine Woche zurück, zurück in die Gasse, bringt.
Nein, das kann nicht sein. Also wirklich, drehe ich komplett durch? Der Schluck Sekt hatte wohl seine Wirkung. Yoongi ist nicht... Nein. Das wäre mehr als unlogisch. Nur weil sie denselben Geruch und dieselbe Statur, sowie schnell schlagendes Herz haben, wenn sie wohl aufgeregt sind... Nope. Absolut nicht. Vor allem der Herzschlag ist kein Indiz für irgendetwas!
...was natürlich noch ein Zufall wäre, wäre, wenn ihre Hände beide ähnlich gebaut wären.
"Yoongi", murmelte ich und löste meinen Kopf von seiner Schulter, entfernte mich leicht. Er sah mich ruhig an und ich schluckte bei dem genauen Betrachten seiner dunklen Augen. Aber nein, viele haben dunkle Augen! Trotzdem...
Langsam nahm ich seine Hand, die noch an meinem Hinterkopf lag und legte meine Hand auf diese, fuhr sie an meine Wange. Vorsichtiger fuhr ich sie dann, über meinen Mund, wo ich anfing der Innenseite der Hand sanfte Küsse zu verabreichen, damit diese Geste irgendwo erklärbar für Yoongi war.
Ich verlor kurz meinen Atem, als ich realisierte, dass seine Hand laut meinen Erinnerungen genau die gleiche Größe besitzt, wie die von Agust. Der Mann, der mir letzte Woche ein Messer in den Bauch gerammt hat. Der Mann, der seine Hand gegen meine Lippen gepresst hat, damit ich nicht schreien kann.
"Lass uns hier abhauen, ja?", fragte er und wartete nicht auf eine Antwort, sondern packte mein Handgelenk und zog mich mit ihm.
"Warte", konnte ich herausbringen, obwohl ich mich wie betäubt fühlte. Es rauschte in meinen Ohren. "Ich muss jemanden Bescheidgeben."
"Du bist erwachsen."
"Es wird nicht lange dauern."
Er ließ mich, anscheinend etwas genervt, los. "Okay. Ich werde hier warten. Beil dich, bitte." Sein Ton war verlangend. Ich nickte noch, dann ging ich mit schnellem Schritt zurück unter die Menschen. So schnell, keiner konnte mich ansprechen, quetschte ich mich durch alle hindurch, bis ich schließlich Seokjin sah. Er war mit fünf Leuten im Gespräch und lachte gerade, als ich vor ihm ankam. "Jin, ich muss mit dir reden."
"Jimin, wie du gerade siehst-"
"Es ist dringend", unterbrach ich ihn. "Außerdem fliegen manche Vögel nicht."
Sein Blick wurde sofort ernst, obwohl unser Code für "ACH DU SCHEIßE, GERADE LÄUFT ALLE SCHIEF" wirklich nicht ernst zu nehmen ist. "Wenn ihr mich entschuldigt", sagte er und ging mit mir etwas weg von der Menschenmasse.
"Ich glaube, ich habe Agust gefunden."
"Wie bitte? Bist du betrunken?"
"Nein. Es ist eine lange Geschichte-"
"Dann fasse dich kurz."
Ich seufzte. "Da war so ein Typ, er wusste, dass ich schwul bin, wir haben geflirtet, ich habe bemerkt, er hat dasselbe Parfum wie Agust."
"Dasselbe Parfum?"
"Und Augenfarbe, Körpergröße, Herzschlag und Handgröße."
"Okay." Er nahm mich ernst. "Wer ist er?"
Ah, scheiße. Das habe ich vergessen zu erwähnen.
"Es ist Min... Min Yoongi."
"Min Yoongi?", fragte Seokjin zu laut, wurde dann wieder leise. "Wie viel hast du getrunken? Huh? Min Yoongi soll Agust sein?" Er schüttelte seinen Kopf. "Da hat dir jemand seinen falschen Namen gegeben." Mit einem komischen Gefühl bemerkte ich, dass das tatsächlich sein könnte. Das könnte irgendein wildfremder Typ sein! Also, ja, Yoongi, obwohl, besser "Yoongi", ist auch fremd für mich, aber es geht hier ums Prinzip! Seokjin nahm sein Handy heraus und tippte kurz, bevor er mir den Bildschirm hinhielt und ein Bild aus dem Internet zeigte. "Du musst falsch liegen, denn das ist Min Yoongi."
Gut, Hauptsache wurde mir kein falscher Name gegeben. "Das ist er", sagte ich. "Und er wartet auf mich, damit wir-... alleine sein können."
"Boa, ihr jungen Leute seid echt zum Kotzen."
"Was soll ich tun?"
Er wurde wieder ernst. "Das hier ist jetzt eine Mission. Versuch, dass du immer Kontakt haben kannst, okay? Geh mit ihm und versuch Beweise zu finden. Mach nichts Unüberlegtes, verstanden?"
"Beweise. Verstanden... Ähm, was, wenn er mich küssen will?"
"Dann küsst du ihn, wenn es nicht anders geht."
"Und... mehr? Wenn er will."
Er schüttelte seinen Kopf. "Du wirst dich für eine Mission nicht zu Sex zwingen, denn ist gefühlt eine Subform der Vergewaltigung... und du musst ihn auch nicht küssen. Aber versuch, Beweise zu finden, wenn du wirklich glaubst, dass du richtig liegen könntest. Bleib in Kontakt."
Ich nickte und ging wieder durch die Masse, zurück dorthin, wo mein potenzieller Erzfeind, wenn man es mal dramatisch sagen darf, steht und wartet. Als er mich sah, lächelte er leicht. "Ich hatte Angst, du würdest nicht zurückkommen."
"Tut mir leid", entschuldigte ich mich. Beweise. "Jetzt hätte ich nichts dagegen, dir etwas näherzukommen." Ich betete dafür, dass mein Blick irgendwie verführerisch herüberkam. Anscheinend kam er das, denn Yoongi nahm mich an meinem Handgelenk und hatte mich schnell durch eine Tür gezogen, hinter der, Stille war. Das Licht war glücklicherweise an, obwohl hier scheinbar keiner war.
Dann drückte er mich gegen die nächste Wand und legte seine Lippen auf meine. Überfordert erwiderte ich den Kuss und... und... meine Augen flatterten zu und ich verlor mich in dem Kuss, legte meine Hände in seine Haare und wollte mehr. Erst, als eine seiner Hand unter mein Hemd kam und die frische Narbe berührte, war ich wieder in der Realität angekommen. Schnell löste ich uns voneinander und sah ihn atemlos an. "Nicht hier im Gang", murmelte ich.
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