~~VII~~


Die Legende besagt, dass an Samhain (sowie auch an den anderen drei Feiertagen) die sogenannte „Andere Welt“ offensteht. Das heißt, die Grenze zwischen den Lebenden und den Toten wurde geöffnet und die Seelen der Toten konnten ihre Häuser wieder aufsuchen – ähnlich wie beim mexikanischen Día de Muertos . In den Häusern wurde dann beispielsweise ein Platz für die Verstorbenen freigehalten.

An Samhain konnten aber durch die geöffneten Tore der Anderswelt auch Geister und Feen („Aos Sí“) die menschliche Welt betreten. Der traditionelle Glaube besagt, dass diese Wesen besänftigt werden mussten, damit Mensch und Vieh den Winter überstanden. Deswegen wurden beispielsweise Speisen und Getränke vor die Tür gestellt. Manche Quellen besagen auch, dass bereits vor hunderten von Jahren das Verkleiden und Vermummen zum Brauch gehörte und dass Menschen von Tür zu Tür zogen, um Essen zu sammeln. Als Tausch wurden oft Gedichte und Verse vorgetragen, was stark an den heutigen Halloween-Brauch amerikanischer Kinder erinnert.

Seit etwa den 1950er Jahren wurde Samhain durch den Wicca-Kult und den Neopaganismus wieder populärer und eigene Samhain-Rituale haben sich herausgebildet.

Die Nacht zum 1. November bedeutete bei den Kelten die Grenze zum Winter und damit zur dunklen Jahreszeit. Auch die Grenze zur Anderswelt, zur Totenwelt, war in jener Nacht besonders durchlässig. So glaubten sie, dass sich die Hügel der Feen öffnen und dieselben den Menschen erscheinen konnten. Unter den „Feen“ verstanden die Kelten dabei die Repräsentanten der Vorzeit, die in den uralten Grabhügeln wohnten. Die Seelen der Toten waren mit ihnen verbunden. Zu Samhain also öffneten sich die Tore zur Unterwelt und ihre Bewohner erschienen den Lebenden, um sich mit ihnen zu verbinden. Genau dies ist auch die Bedeutung des Wortes „Samhain“ oder „Samuin“: Vereinigung. Die richtige Aussprache von Samhain ist übrigens „sauwen“ mit einem gehauchten „w“.

Auch andere alte Völker wie die Römer und Griechen feierten Feste, die den Seelen der Toten geweiht waren. Bei all diesen Festen kam es darauf an, die Bewohner der Unterwelt zu besänftigen oder ihre Gunst zu gewinnen. Dies geschah, indem man ihnen in Form von Opfern ihren Anteil am gegenwärtigen Leben gewährte.

Dem Totengott der Kelten, Cromm Cruach, wurde zu Samhain das Opfer der Erstgeborenen gebracht. Für keltisches Verständnis waren es nämlich die Götter der Unterwelt, die der Welt Fruchtbarkeit verliehen, und deshalb mussten diese mit den besten Früchten geehrt werden. Dabei beschenkten die Kelten ihren Gott nicht nur mit den Früchten des Ackers und der Viehzucht, sondern nahmen auch die Menschen nicht aus. Man opferte Cromm Cruach auch die Erstgeborenen. Heute mag man sich nicht einmal mehr vorstellen, welch dramatische Konsequenzen die Ausübung dieses Opfers einst gebracht  hat.

Ein Samhain Brauch, der auf das Jahr 700 vor Christus zurückgeht, ist das große „Fest von Tara“. Das war eine der wichtigsten altirischen Versammlungen, bei der ein großes Feuer entzündet wurde. Auch auf dem Hügel Tlachtga (Hill of Ward), zwölf Meilen von Tara entfernt, wurde ein großes Feuer gemacht. Das Feuer verbannte die Dunkelheit, schützte vor der Macht der eisigen Winterkälte und hielt die bösen Geister der Unterwelt fern.

Außerdem schritten Menschen und Tiere durch das Samhain-Feuer – ein Ritual der Reinigung. Ähnlich wie zu Beltane nahmen die Menschen später die Glut des Feuers mit nach Hause, um ihre eigenen Herdfeuer neu zu entzünden.

Ein weiterer Brauch bestand darin, den Verstorbenen kleine Gaben auf die Gräber zu stellen, um sie gnädig zu stimmen. Hier galt demnach dasselbe Prinzip des Gabenopfers wie im Falle des keltischen Totengottes. Auch in christlichen Zeiten, als Samhain allmählich zu Allerheiligen (Halloween) wurde, erhielt sich dieser Brauch. Bis ins 19. Jahrhundert praktizierte man in manchen Gegenden Irlands die Essens-und Getränkegaben vor der Haustür. Heute werden mancherorts Seelenkuchen und Allerseelenbrötchen gebacken und weltweit ziehen die Kinder, um Gaben bettelnd von Tür zu Türe …

Der Brauch des Verkleidens entstand vermutlich aus Furcht vor den Besuchern aus der anderen Welt. Je abstoßender die Verkleidung war, desto eher bestand die Chance, die Geister damit zu verjagen. Und desto größer war die Hoffnung der Maskierten, dass die Geister sie nicht erkannten und später zu ihnen zurückkehrten, um sie heimzusuchen. Nicht zuletzt dieser Brauch ist es auch, der das einstige Samhain mit dem heutigen Halloween verbindet.

Die „Wandlung“ von Samhain zu Allerheiligen bzw. Halloween erfolgte irgendwann zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert nach Christus. Die christliche Kirche wollte die alten, heidnischen Bräuche der Bevölkerung ausrotten, ohne jedoch die Einheimischen allzusehr vor den Kopf zu stoßen. Also gab sie dem Fest einen christlichen Sinn und machte es zum Ehrentag aller Märtyrer, Heiligen und Verstorbenen. Die alten Bräuchen jedoch übernahm man in etwas abgewandelter Form, und schon war aus Samhain Halloween geworden! Halloween ist die Kurzform des englischen Begriffs All Hallows Eve (von evening „Vorabend“ und hallow „Heiliger“) und bezeichnet damit den Abend vor Allerheiligen.

Es währte allerdings nicht lange und das volkstümliche Irland drückte auch dem neuen Fest seinen eigenen Stempel auf: Statt der verstorbenen Heiligen gedachten und gedenken sie des gänzlich unheiligen Jack O’Lantern. Jack O’Lantern war ein Taugenichts und Trunkenbold, der aufgrund einer Wette mit dem Teufel von der Hölle verschont blieb. In den Himmel kam er dennoch nicht, und so wandert nunmehr seine Seele mit einer ausgehöhlten Rübe im Dunkel zwischen Himmel und Hölle. Die ausführliche Schilderung von Jack O’Lanterns Leben und Tod lest Ihr in unserem Artikel Die Geschichte von Halloween.

Die Geschichte von Jack O’Lantern wurde zum Bestseller, lange ehe es Bestseller gab. Dasselbe gilt für seine Rübenlaterne, auch wenn diese im Lauf der Zeit zum Kürbis wurde. Die irischen Auswanderer nämlich exportierten ihre Halloween-Version nach Amerika, und dort wurde – aus Mangel an Rüben – Jacks Laterne fortan aus einem Kürbis geschnitzt. Von hier aus verbreitete sich die irische Art, Halloween zu feiern, über die ganze Welt. Der Kürbis wurde gar zum unverzichtbaren Bestandteil jeder jahreszeitlichen Dekoration.

Kurz gesagt: Das heutige Halloween ist eine bunte Mischung aus heidnischem und christlichen Brauchtum mit einer Prise irischen Humors, das weltweit ausgelassen gefeiert wird. Und zwar, ohne sich große Gedanken um die historischen Hintergründe zu machen.

Der Mythologie nach machten sich an Samhain die Toten auf die Suche nach den Lebenden, die im nächsten Jahr sterben sollten. Zur Abschreckung der bösen Geister verkleideten sich die Menschen mit furchterregenden Kostümen und spukten selbst bei Nacht durch die Straßen. Große Feuer sollten böse Geister fernhalten.

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