KAPITEL 20

𝟎𝟐. 𝐉𝐔𝐋𝐈, 𝟏𝟗𝟖𝟓 𝐇𝐀𝐖𝐊𝐈𝐍𝐒, 𝐈𝐍𝐃𝐈𝐀𝐍𝐀Das Wetter ist trüb, der Himmel lässt kein Sonnenschein durch und Sinika parkt ihr Auto auf dem Parkplatz vor der Starcourt Mall.

Das Mädchen trifft Steve und Robin in der Eisdiele an, Dustin ist wohl schon wieder auf dem Dach und spioniert die Russen aus.

»Mit dieser Schlüsselkarte öffnet man das Tor. Aber leider hat der Russe dem die gehört eine richtig fette Kanone. Egal was in dieser Halle ist oder in den Kartons, es ist ihnen wichtig, dass es keiner findet.«

Während Dustin es den drei älteren erklärt, spielt Steve mit seiner Mütze, Robin hört ihm zu und Sinika fallen fast die Augen zu.

»Irgendwie müssen wir da rein«, meint die 17-Jährige, Sinika stimmt ihr nickend zu und Dustin bleibt stehen. »Na ja, ich könnte... ihn einfach K.O. schlagen«, meldet sich Steve zu Wort und Sinika muss lachen. Steve schaut das Mädchen fragend an. »Was?«, fragt er sie eingeschnappt.

»Du und K.O. schlagen? Schon vergessen, was mit Jonathan war? Oder Billy?«, fragt sie, und jetzt schmunzelt auch Dustin. »Oh ja, an das mit Billy erinnere ich mich.« Steve schaut seinen Kumpel an.

»Hey, das ist doch ganz einfach. Ich schleiche mich von hinten an, schalte ihn aus, nehme mir die Schlüsselkarte. Ganz leicht«, meint er und Sinika muss wieder kichern.

»Hast du das mit der Riesenknarre mitbekommen?«, fragt Dustin den ältesten und Sinika nickt ihm stumm zu.

»Doch, Dustin, natürlich. Und genau deshalb würde ich mich ja von hinten anschleichen.« Steve nickt wieder überheblich, doch Dustin deutet auf Sinika.

»Nika hat übrigens recht. Du hast noch keinen einzigen Kampf gewonnen.« Sinika grinst breit und würde sich am liebsten selber auf die Schulter klopfen.

Steve verdreht die Augen. Im nächsten Moment steht Robin plötzlich auf, greift in das Glas mit dem Trinkgeld und möchte die Eisdiele verlassen.

»Hey, Robin! Was machst du da?«, fragt Steve. »Ich brauche Geld«, erklärt sie ihm schulterzuckend. »Aber das ist auch meins. Wo willst du denn hin?«

»Einen Weg suchen, wie wir da rein kommen. Und zwar einen sicheren. Und in der Zwischenzeit, verkauf Eis, benimm dich und lass dich nicht vermöbeln.«

Und dann verschwindet sie. »Eins zu null für Robin«, flüstert Sinika schmunzelnd und stellt sich hinter die Theke.

Steve schaut Sinika nach und tut es ihr dann gleich. Er lehnt sich mit dem Rücken gegen die Theke und schaut ihr dabei zu, wie sie Eis verkauft.

»Eigentlich ist das ja dein Job«, murmelt sie nach einer Weile leise und schaut zu Steve. Sie hat bemerkt, wie Steve sie die ganze Zeit beobachtet hat.

»Nika...« Doch das Mädchen schüttelt den Kopf und unterbricht Steve sofort. »Nein, nicht Nika. Steve... das, was vor meiner Abreise zwischen uns passiert ist, das hat mich verletzt...«

»Ich wollte dich nie verletzen, Ni... Sinika. Wirklich, das musst du mir glauben. Aber ich war einfach nur... nur eifersüchtig.« Das Mädchen schaut auf und schüttelt den Kopf.

Sie dreht sich ihm zu und legt den Portionierer beiseite. »Aber du hattest kein Recht dazu, Steve. Du warst nicht mein Freund.« Sinika macht eine kurze Pause. »Du bist nicht mein Freund.«

Steve geht sich mit den Händen über das Gesicht. »Ich weiß. Und es tut mir leid.« Wütend dreht sich Sinika von dem Jungen weg. »Tut es das? Tut es dir leid?«

Sinika versucht krampfhaft nicht zu weinen. Steve soll nicht sehen, wie sehr er sie verletzt hat. »Ja, verdammt. Es tut mir leid. Bitte, Sinika. Lass uns wieder Freunde sein. Lass uns das vergessen, was vor zwei Monaten passiert ist.«

»Denkst du, ich könnte es einfach vergessen? Steve, du hast mich Schlampe genannt. Das kann ich nicht einfach vergessen.« Das Mädchen schüttelt den Kopf und geht hinter der Theke hervor.

Der Harrington-Junge sieht ihr nach und folgt ihr dann. »Wohin gehst du?«, ruft er dir nach. »Ich brauche Abstand. Vor allem von dir.« Sinika verlässt Scoops Ahoi und schlendert durch die Mall.

Sinika bummelt schon eine Weile durch die Mall, ehe sie Robin sieht, die gerade das Starcourt betritt. Sie erkennt die Blondine und geht auf sie zu. »Ärger im Paradies?«, fragt sie und Sinika nickt.

»Komm, ich habe etwas, was deine Stimmung vielleicht aufmuntert.« Robin harkt sich bei ihr ein und die beiden gehen zurück in die Eisdiele. Die vier stehen um dem Tisch im Lagerraum herum und Sinika meidet Steves Blicke.

»Es ist wirklich faszinierend, was man für zwanzig Dollar bei der Bezirksverwaltung alles bekommt.« Robin breitet den Umriss der Starcourt Mall auf den Tisch aus.

»Der komplette Bauplan«, flüstert Sinika beeindruckt. »Nicht übel«, meint auch Dustin begeistert.

»Also, das sind wir, Scoops, und da wollen wir hin.« Dabei deutet Robin auf die Eisdiele und den verschlossenen Raum. »Ja, aber ich sehe hier keinen Weg«, meint Steve. »Da ist auch keiner, wenn man nur die Türen betrachtet.«

Robin nimmt den oberen Plan weg und darunter erscheint ein anderer Plan. »Luftschächte«, meint Dustin.

»Genau«, stimmt Robin dem jüngsten zu. »Und natürlich braucht dieser Geheimraum, wie jeder andere Raum, Luft. Und diese Luftschächte führen den ganzen Weg... bis... hierher.«

Mit einem roten Marker malt Robin den Weg der Luftschächte von Scoops Ahoi zu dem verschlossenen Raum.

Steve macht sich sofort dran, das Gitter zu entfernen, sodass einer durchklettern konnte. »Taschenlampe«, nuschelt er mit der Schraubenzieher im Mund und Sinika reicht ihm den gewünschten Gegenstand.

»Danke. Ich habe wirklich keine Ahnung, ob hier wirklich einer durch passt. Es ist echt... super eng.«

»Das passt. Kein Schlüsselbein, schon vergessen?«, macht sich Dustin neben Sinika bemerkbar und die beiden Mädchen schauen ihn verstört an.

»Bitte, was?«, fragt Sinika nach und Robin schüttelt fassungslos den Kopf.

»Oh, er... Ja, er hat eine Krankheit«, fängt Steve an zu erklären. »Die nennt sich, Krei... Sie heißt Kreido... Ja, ihm fehlen Knochen. Er ist biegsam wie Gumbo.«

»Du meinst Gumby«, klugscheißt Robin und Sinika muss kichern. »Ich bin mir ziemlich sicher, er heißt Gumbo.«

»Steve, halt die Klappe und schieb«, hören die drei Dustin sagen, der schon bis zum Arsch im Lüftungsschacht hängt.

Steve stellt sich zu Dustin auf die Leiter und schiebt ihn an seinen Füßen weiter hinein. »Nicht an den Füßen, Idiot. Sondern hinten am Arsch«, meint Dustin.

»Was?«, fragt Steve sicherheitshalber nochmal nach. »Fass meinen Arsch an, ist doch egal. Los, drück fester!« Steve schüttelt den Kopf. »Ich drücke ja«, meint der Junge.

Doch die Aufmerksamkeit von Robin und Sinika wird von der kleinen Erica auf sich gezogen. »Ahoi, Matrosen, ahoi. Alle Mann an Deck. Ahoi.«

Dabei schlägt sie immer wieder auf die Klingel ein und lächelt die beiden Mädchen mit einem fiesen Grinsen an. »Kommt jetzt mal endlich jemand, und serviert mir Kostproben?«

Sinika und Robin schauen sich wissend an und nicken sich zustimmend zu.

Skeptisch mustert Erica den Luftschacht. »Na ja, ich weiß nicht«, sagt sie nach einer Weile und sieht die vier schulterzuckend an.

»Du weißt nicht, ob du durch passt?«, fragt Dustin die Jüngste. »Oh, ich pass da durch. Ich weiß nicht, ob ich's will«, sagt sie und Sinika schmunzelt.

Das Mädchen, ist ja schon ein Biest. »Hast du Klaustrophobie?«, fragt Robin sie. »Nein, ich habe keine Phobien.«

»Ok, also, was ist dann das Problem?«, fragt Steve, der die Arme verschränkt hat. »Das Problem ist, ich habe noch nicht erfahren, was dabei für Erica rausspringt.« Sinika schüttelt den Kopf.

»Hast du gerade wirklich von dir in der dritten Person geredet?«, fragt sie und das Mädchen nickt.

Sinika hebt hochachtungsvoll die Hände und schaut in die fragenden Gesichter der drei anderen. »Seid ihr wirklich so schwer von Begriff? Sie will Eis«, meint Sinika und zustimmend nickt Lucas' Schwester.

Die fünf sitzen schließlich an einem Tisch, vor Erica stehen bestimmt fünfzehn verschiedene Eisbecher, voll bis oben hin. »Zu wenig Schokolade«, meint sie, schiebt den Bananensplit zu dem ältesten und Steve verschwindet mit dem Eis hinter die Theke.

»Na schön, siehst du das?« Robin hebt den Plan an »Diese Route nimmst du«, meint Robin und deutet auf die rote Linie, welche sie auf dem Plan eingezeichnet hat.

»Dann warten wir, bis die letzte Lieferung heute rausgeht. Du schlägst das Gitter raus, hüpfst runter und öffnest uns die Tür.«

»Und ihr schaut nach, was in diesen Kisten ist?«, fragt Erica. »Richtig, genau«, sagt Robin zustimmend. »Und ihr sagt, dieser Kerl ist bewaffnet?«, fragt Erica weiter und schaut skeptisch. »Ja, aber er wird nicht da sein«, meint Dustin.

»Und was ist mit Fallen?«, fragt Erica wieder. »Fallen?«, fragt Sinika nach. »Na, Laser, Nägel in Wänden?«, erklärt sie offensichtlich. »Wisst ihr, wie euer mieser Plan auf mich wirkt?«, fragt sie nach. »Das klingt nach Kindeswohlgefährdung.«

»Aber wir halten Kontakt über Funk...«, will Robin erklären, dich wird von dem Mädchen sofort unterbrochen. »Ah – ah – ah – ah! Kindeswohlgefährdung«, wiederholt sie.

»Erica? Hi«, fängt Dustin an. »Wir glauben, diese Russen wollen unserem Land schaden. Enorm schaden. Liebst du dein Land nicht?«

»Man kann "America" nicht ohne "Erica" schreiben«, sagt sie und nimmt einen Schluck von ihrem Milchshake. »Seltsamerweise ist das sogar wahr«, überlegt Dustin. »Also tu es nicht für uns. Sondern für dein Land. Für deine Mitmenschen. Tu es für America... Erica.«

Das Mädchen stellt das mittlerweile leere Getränk beiseite. »Uh, ich habe richtig Gänsehaut. Oh, ja, von diesem Shake, nicht von deiner Predigt. Wisst ihr, was ich am meisten liebe an diesem Land? Kapitalismus. Wisst ihr, was das ist?«, fragt sie in die Runde und alle nicken.

»Das bedeutet, hier gilt die freie Marktwirtschaft. Demnach wird man für Dienste entlohnt, gemessen am Wert der Dienstleistung. Und ich habe den Eindruck, der Umstand, dass ich klein genug bin für diesen Schacht, ist wirklich wahnsinnig wertvoll für euch. Also, ihr wollt meine Hilfe? Dann ist dieser USS Butterscotch besser der erste von vielen. Und ich spreche hier von Gratis-Eiscreme auf Lebenszeit.«

Am Abend lassen Steve und Robin Erica in die Eisdiele, während Sinika und Dustin sich auf dem Dach einfinden. Nach einer Weile stoßen die beiden Eisverkäufer dazu.

»Erica, hörst du mich?«, fragt Robin durch den Funk. »Ja, ich hör dich«, antwortet sie. »Seid ihr Nerds in Position?« Die vier auf dem Dach begutachten das Geschehen vor sich. »Ja, wir sind in Position. Alls ruhig, du hast grünes Licht.«

»Grünes Licht, verstanden. Beginne Operation Kindeswohlgefährdung.« Als Erica das sagt, muss Sinika kichern. »Könnten wir das vielleicht anders nennen?«, fragt Robin stattdessen und Steve nickt zustimmend. »Wir sehen ins auf der anderen Seite, ihr Hirnis.«

Eine lange Zeit ist nichts von Erica zu hören, Robin macht sich leichte Sorgen, Dustin schaut durch das Fernglas, Sinika kämpft gegen ihre Gedanken und Steve mustert Sinika. »Alles klar, ihr Hirnis«, tönt die Stimme von Erica durch das Funkgerät. »Ich bin da.«

»Und, siehst du was?«, fragt Robin. »Ja, die öden Kartons, auf die ihr so abfahrt«, meint Erica. »Wachpersonal?«, fragt Robin. »Negativ.«

»Oder Fallen?«, fragt Robin spaßeshalber. »Wenn ich die sehen könnte, wären es ja wohl richtig beschissene Fallen, meint ihr nicht?«, erwidert Erica und Sinika muss schmunzeln.

»Ich bin drinnen«, sagt die Jüngste dann nach knapp einer Minute und die vier auf dem Dach sehen sich glücklich an.

Dann öffnet sich die Tür zum Raum und Erica tritt heraus. »Eis umsonst. Für den Rest meines Lebens.« Sinika nickt, die vier stehen auf und gehen nach unten, wo Erica steht. Sofort eilen die vier nach unten und betreten den Lagerraum.

Steve öffnet einen Karton und dort drinnen befindet sich eine Metallkiste. Unsicher schaut der Junge in die Runde, bevor er an dem Griff dreht und den Deckel abnimmt. Gespannt schauen die vier hinein.

»Das ist definitiv kein chinesisches Essen«, kommentiert Steve, als er vier zylinderförmige stählerne Behälter sieht.

»Ähm... Ihr solltet besser weggehen«, meint Steve und Sinika sieht den Jungen an. Sie nickt zustimmend und zieht Erica am Handgelenk mit sich mit. Robin stellt sich zu den beiden, doch Dustin bleibt bei Steve stehen und schüttelt den Kopf.

»Nein«, sagt er entschlossen, doch Steve drückt ihn leicht weg und schüttelt den Kopf. »Gehst du in den Tod, gehe ich mit«, meint Dustin und Sinika hebt beide Hände.

»Wow, mach mal halblang, Dustin. Hier stirbt keiner. Schon vergessen. Wir tragen die Verantwortung.« Dabei deutet Sinika auf Steve und dann auf sich selber.

Dann stellt sie sich zu Dustin. Steve nickt ihr zu und holt dann einen der Behälter hinaus. Der Inhalt ist Giftgrün und sieht einfach nur unappetitlich aus. »Was zur Hölle?«, fragt Steve und mustert den Inhalt in seiner Hand.

Im nächsten Moment wackelt der Boden und Sinika hält sich panisch an einem Karton fest. »Spüre nur ich das, oder hat sich gerade der Raum bewegt?«, fragt Dustin. »Also doch eine Falle«, haucht Erica.

»Wisst ihr was?«, fragt Robin, geht auf Steve zu und nimmt ihm den Behälter aus der Hand. »Wir nehmen das mit und dann weg von hier.«

Dustin nickt zustimmend und drückt den blauen Knopf, der eigentlich die Tür öffnen sollte. »Auf welchen muss ich drücken, Erica?«, fragt er das Mädchen.

»Drück einfach den verdammten Knopf, Hirni«, antwortet sie. »Welchen, ich drücke ja den Knopf, ok?«, murrt Dustin sauer. »Drück auf "Tür öffnen"«, schreit sie ihm zu. »Den drücke ich ja«, erwidert er gereizt.

Dann geht Steve dazwischen und drückt wahllos auf irgendwelche Knöpfe. »Hast du sie noch alle? Du weißt doch überhaupt nicht, wofür die Knöpfe alle da sind!«, geht Sinika dazwischen.

Doch zu spät. Eine rote Wand fährt runter und versperrt den Ausgang ins Freie.

Das Licht fängt an zu flackern und der Raum stürzt im nächsten Moment in die Tiefe. Robin und Erica schreien panisch, Sinika krallt sich krampfhaft an Dustin fest und Steve schaut sich um.

»Ach du scheiße«, hauchen Steve und Sinika zeitgleich.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top