fifty three 🌊

Die beiden Jungen schienen zunächst irritiert darüber zu sein, tauschten schweigende Blicke aus. Ratlosigkeit. Verwirrtheit. Keiner von ihnen wusste so recht, wie Chans Schwester darauf kam, immerhin kannten sie sich nicht. Es musste sich hierbei um eine Verwechslung handeln, davon waren beide mehr als nur überzeugt gewesen.

„Du verwechselst ihn sicherlich mit jemanden.", meinte der Schwarzhaarige bestimmt. Doch Hannah schüttelte erneut ihren Kopf, zeigte, dass sie mehr als nur davon überzeugt war und brachte ihren großen Bruder dazu, dass er sich peinlich berührt auf den Stuhl neben sie setzte und nach ihrer kalten Hand griff. Man konnte erkennen, dass sie sich nicht sonderlich ernstgenommen fühlte. Ihre Lippen hatte sie aufeinandergepresst, ihre Stirn hatte sich in Falten gelegt und am liebsten hätte sie in verschränkten Armen dagesessen, um ihren Missmut zu zeigen.

„Das ist doch Felix, nicht wahr? Wieso tut ihr so, als würdet ihr euch nicht kennen?", sprach sie die Worte ein bisschen schroff auf. Jedenfalls so sehr, wie es ihre geringe Kraft zu ließ. Immer und immer wieder huschten ihre dunklen Augen zwischen den Beiden hin und her und hinterließen vor allem beim Jüngeren eine unangenehme Gänsehaut. Auf gewisse Art und Weise fühlte er sich so, als würde er sich rechtfertigen müssen, was vollkommener Schwachsinn war. Es gab keinerlei Grund dazu und doch stieg in ihm der Drang immer mehr an. Stillschweigend nahm er neben Chan Platz und hatte seine Aufmerksamkeit auf die Hände der Geschwister gelegt. Erst jetzt fiel ihm auf, wie weiß Hannahs Hand im Gegensatz zu Chans war. So hell, dass man die Blutgefäße deutlich sehen konnte, wenn man sich auf diese fokussierte. Und obwohl es falsch war, jemanden zu bemitleiden nur weil er krank war, fühlte Felix genau das: Es tat ihm mehr als nur leid, dass das Mädchen schon in so jungen Jahren um ihr Leben kämpfen musste, während er in demselben Alter ein knappes Jahr in Südkorea gelebt hatte und nichts mehr wollte, als dass sein Leben aufhörte. Felix zog Parallelen und zum allersten Mal realisierte er, dass er sein Leben zu schätzen hatte, weil es nicht selbstverständlich war. Natürlich konnte er bestimmen, wann er sein Leben beendete, doch genauso konnte eine Krankheit sein Leben beenden und vielleicht war es deswegen nicht ganz richtig, wie seine Lebenseinstellung bisher war. Dadurch war seine psychische Krankheit nicht geheilt, keineswegs war sie das. Aber er hatte bisher vieles durchgestanden und jetzt einfach so aufzugeben, war auch falsch gewesen.

„Aber wieso sollten wir uns denn kennen? Das muss bestimmt ein lustiger Zufall sein!", versuchte sich der Ältere weiterherauszureden. Immerhin hatte er wirklich keinerlei Ahnung, wie sie Felix kennen konnte und irgendwie wurde ihm auch nicht schlüssig, woher er selbst den Brünetten kennen soll. „Wir haben uns in dem Urlaub kennengelernt, weißt du? Ich kann ihn nicht schon davor kennengelernt haben." Chan würde es nicht einmal in Erwägung ziehen, ob er einen Teil davon einfach vergessen hatte. Einen Teil aus seiner Vergangenheit, damit seine Psyche ihn schützen konnte. Oder aber er hatte einen Teil seiner Vergangenheit einfach verdrängt, weil er ihn nicht mehr ertragen konnte und er ihn eine sehr lange Zeit gequält hatte. Und nun, weil er sich gegen Hände und Füßen wehrte, wollte er sich kein erneutes Mal mit vergangenen Tagen auseinandersetzen. Den Grund, warum Felix ihn schon damals bekannt vorkam.

„Was ist, wenn du mich doch schon vorher kennst und wir uns beide einfach nicht mehr daran erinnern können?", warf Felix ein, als er seine Gedanken freien Lauf ließ und die Diskussion nur halbherzig verfolgt hatte. Genau mit den Worten hatte er Chan zum Schweigen gebracht, während sich auf Hannahs Lippen ein Lächeln abzeichnete und sie somit auch wusste, dass sie die Diskussion mehr oder weniger gewonnen hatte. Natürlich gab es keine Beweise, außer vielleicht ihre Erinnerungen. Nicht ohne Grund wusste sie den Namen des Jüngeren und das sollte ein kleines Indiz dafür sein, dass da vielleicht auch ein bisschen Wahrheit dahintersteckt.

„Außerdem wart ihr in Australien schon befreundet! Ihr seid also einfach nur vergesslich."

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