»Du bist kein Idiot. Du weißt, was für ein Arsch er ist und irgendwann kommt auch die Einstellung kommen, dass er dir egal wird und mit der Einstellung wird dann auch wieder dein Selbstbewusstsein kommen. Ich bin mir sicher, Lix.« Doch Felix vertraute nicht auf die Worte seines Freundes. Es kam ihm lediglich so vor, als würde Jisung dies nur sagen, damit er sich besser fühlte, als dass es aufrichtig und ernst gemeint war. Der Koreaner war aber nie jemand gewesen, der einem leere Worte gab und daher kam in Felix auch das schlechte Gewissen auf, dass er nicht dankbar war, dass Jisung seine freie Zeit für ihn opferte und extra zu ihm mit nach Hause kam. Zwar war es nichts Neues gewesen, aber es war dennoch nichts Selbstverständliches. 

»Ich weiß nicht...« Seufzend löste sich der Australier von der Umarmung und behielt seinen Blick auf seinen Händen, die er wie paralysiert anschaute. Er konnte nicht in das Gesicht seines besten Freundes sehen, weil seine Schuldgefühle nur noch schlimmer werden würden. Und dieses Verhalten wiederum ließ die Sorge des Koreaners nicht verschwinden. Auch Jisung seufzte, spürte wie sich seine Brust wieder einmal zusammenzog und schmerzte. Es tat ihm weh Felix am Boden zu sehen, nicht wissend, was er tun sollte. Alles was er versuchte, schien genauso schnell zu scheitern, ohne dass er es wirklich zu probieren versuchte. 

Chan einfach so aus ihrem Leben zu vertreiben, war eben auch nicht so einfach, auch wenn er sich das wünschte. Denn dann würde sich wohl vieles normalisieren und Felix konnte endlich von dem Jungen loslassen. Zwar dauerte es einige Zeit, aber irgendwann wären die Gefühle ganz verschwunden. 

»Du bist toll so wie du bist und solang du keine Entscheidungen triffst, die du bereust, weil du weißt, dass sie dir schaden, musst du dich auch nicht schlecht fühlen.«

Doch genau das war der Punkt. Am Wochenende würden sich die beiden Australier treffen, Zeit gemeinsam verbringen und ob das wirklich eine so gute Entscheidung von Felix war, dem Vorschlag zuzustimmen, wusste er eben auch nicht. Für den Moment, als die Idee in den Raum geworfen wurde, schien alles noch so perfekt. Er hatte sich wirklich gefreut, aber seit gestern Abend kamen in ihm dann doch die ersten Zweifel auf, ob das wirklich eine so gute Idee war, die er nicht doch viel zu schnell bereuen würde. 

»Ich treff' mich am Wochenende mit Chan.« Stille. So ganz hatte es Jisung zunächst nicht verinnerlichen können. Es klang nach einem unlustigen Witz und als er realisierte, was gesagt wurde, stieg in ihm die Wut auf. Jedoch nicht gegen über Felix, sondern Chan, der skrupelloser war, als er dachte. Die Worte von gestern schienen nun viel mehr Sinn zu ergeben und dementsprechend dachte dieser auch, dass er Felix mit diesem Treffen sofort um seinen Finger wickeln konnte. - Was schließlich nicht ganz so abwegig wurde. - Und somit konnte die Freundschaft zwischen ihnen auch sehr schnell zugrunde gehen. »Und eigentlich freut man sich, wenn man sich mit seinem Crush trifft, ihm schreibt und so... Oder nicht? Ich hab eher Angst, dass ich noch eine Nachricht von ihm bekomme und am liebsten will ich auch nicht zu diesem Treffen. Ich hab Angst, dass er mich als genauso widerwertig ansieht, wie ich mich selbst.«

Doch in Jisungs Augen war Felix alles andere als das. Er war ein wundervoller Mensch, der sich manchmal einen viel zu großen Kopf macht, der sich ziemlich leicht verunsichern lässt und nun in einer Zwickmühle steckte. Aber das machte ihn definitiv nicht unliebenswert. Es zeigte viel eher Menschlichkeit, weil er nicht perfekt war. Niemand war das und doch verstellten sich viele, damit sie so schienen. Ganz bestimmt würde das auch Chan tun, dessen Schwächen man sich wohl nicht ausmalen konnte, weil er die der anderen zu sehr ausnutzte und damit von seinen eigenen ablenkte. 

»Wenn du nicht dorthin möchtest, dann sag ihm das. Du solltest dich wohlfühlen und-«
»Er meinte, dass es die einzige Chance wäre, dass wir uns in nächster Zeit treffen könnten, weil er viel seinen Eltern hilft und sich sonst mit seinen Freunden trifft.«