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Ich lieรŸ den Stift aus meinen Fingern gleiten und mit einem leisen Klirren von Plastik hatte er auch recht schnell auf meinem Schreibtisch an Platz gefunden, brachte mich zudem auch wieder in die Realitรคt, weil ich etwas vertrรคumt aus dem Fenster gesehen hatte. Anstatt meinen Schulaufgaben nachzukommen, hatte ich es als wichtiger empfunden weitere kleine Brief fรผr Hyunjin zu schreiben. Es war absurd und absolut kindisch, vielleicht auch total peinlich, was ich fรผr einen Unsinn fรผr den Jungen anstellte. Doch nur so konnte ich รผberhaupt mit meinem Gefรผhlen klarkommen. Ich wollte kein gefundenes Fressen werden fรผr meine Mitschรผler und den ร„lteren wollte ich damit auch nicht wirklich belasten. Daher wรผrde ich weiterhin so verfahren, versuchen an mir zu arbeiten und hoffen, dass mich Hyunjin im Nachgang nicht einfach so wieder abzuwimmeln versuchte. Nur was sollte ich anderes tun?ย 

Wenn mir jemand eine Anleitung geben kรถnnte, wie ich mit Gefรผhlen, Gedanken und besonders meinem Leben umgehen konnte, wรคre ich deutlich weiter und es wรคre mir um einiges auch geholfen worden. Solang das nicht der Fall war, wรผrde ich weiterhin auf meine Methoden zurรผckgreifen. Ganz egal, was andere davon denken wรผrde. Obwohl mir das doch nicht so egal war, wie ich es vorgab. Ich vertraute auf die Meinung von Menschen, auch wenn sie mich nicht einmal kannten.ย 

Ich hatte eine lรคngere Zeit aus dem Fenster gesehen, nur um jetzt festzustellen, dass es regnete. Die Tropfen prasselten ans Fenster und wenn man etwas mehr Fantasie aufwies, kรถnnte man meinen, es wรผrde sich hierum um einen kleinen Applaus handeln. Total wirr und zugleich viel zu laut, wenn man nur diesen wahrnahm. Weswegen der Regen applaudierte, blieb mir verborgen. Vielleicht, weil ich mal an etwas anderes denken konnte, als nur Hyunjin. Man mag es kaum glauben, aber dem war wirklich so. Mein Kopf schien nun im Moment endlich leer, was meines Erachtens einerseits mal angebracht war, andererseits genoss ich diese Stille in mir. Ich bevorzugte das Alleinsein, besonders wenn mein Kopf nicht รผberschรผttet war. Und in letzter Zeit war es das und man konnte meinen, dass ich beinahe eine kleine, eigene Geschichte schreiben konnte, wie wunderbar und faszinierend ich den Schwarzhaarigen fand. Wie gern ich alles รผber ihn wissen wollte, nur um mir sicher zu sein, ob er auch meiner Vorstellungen entsprach oder ob ich in dieser Hinsicht, im besten Falle รผberrascht oder im schlechten Falle enttรคuscht, werden wรผrde.ย 

โ€žIch sollte wirklich damit aufhรถren, sonst fliege ich nur auf.", mahnte ich mich selbst und schob die kleinen Papierstรผcke in eine Art Tagebuch. Jedoch schrieb ich seit Monaten nicht mehr an diesem und somit war es ein einfacher Platzhalter, um die Zettel dort drinnen verschwinden zu lassen. Da waren sie auch am sichersten, meiner Meinung nach. Solang ich es nicht fallen lieรŸ und aus gerechnet Hyunjin zu diesem Zeitpunkt in meinem Zimmer war, wรผrde nichts schiefgehen. Nur leider hatten wir ausgemacht, dass er mich am morgigen Tag besuchen wรผrde, damit wir unser Gruppenarbeit zum Abschluss bringen wรผrden. Ganz so aufwendig, wie ich gedacht hatte, war es nicht. Wobei ich eben auch derjenige war, der mich an Kleinigkeiten aufhielt und somit zwar grรผndlicher arbeitete, aber auch viel zu lang Zeit brauchte, als alle anderen.

Dieses Mal tat ich dies nicht. Vielleicht war es auch dem Fakt geschuldet, dass ich mit Hyunjin zusammenarbeitete. Nicht, dass ich ihn nicht mochte. - Es war eher das genaue Gegenteil davon. - Nur ich wollte bisher nicht von ihm derartig unter Beschlag genommen werden. Es war mir einfach viel zu viel Aufmerksamkeit von einem Jungen. Ich bekam Angst und das war nicht einmal seine Schuld, sondern meine Eigene. Jedenfalls redete ich mir dies jedes Mal ein, wenn es zu so einer Situation kam und am Ende fand ich mich mit schwerem Herzen, sowie Trรคnen in den Augen wieder. Schรคmte mich vor mir selbst, obwohl ich mich sonst noch so bemรผhen konnte, aus mir herauszukommen.

โ€žVielleicht sollte ich sie auch niederbrennen. Hyunjin will eh nie etwas von mir wissen und wenn wir die Prรคsentation hatten, tut er so, als hรคtte es die letzten Tage nicht gegeben.", brummte ich weiter vor mich hin und hielt ein Stรผck Papier in den Hรคnden. Ich las nicht einmal, was auf diesem stand, weil ich mich derartig schรคmte, was ich schrieb. Ich รคrgerte mich irgendwie, ohne triftigen Grund. Meine Augen vernahmen nur die Farbe weiรŸ, ehe ich das Papier einfach mit einem Ruck in meiner linken Hand zerknรผllte, es somit zunichte machte und sich dann in meinem Mรผlleimer wiederfand. Komischerweise hatte ich nicht einmal Angst, dass meine Eltern dieses kleine Knรคul finden wรผrden, es entfalteten und lasen. Das war eines meiner letzten Sorgen, weil sie sowas wohl eher nicht machen wรผrden. Das war ungefรคhr genauso wahrscheinlich, dass Hyunjin mir aus heiterem Himmel seine Liebe erklรคren wรผrde.ย 

โ€žAch, was solls. Es wird doch eh niemand davon erfahren."

Noch immer frustriert, stand ich auf, nur um mich eher kraftlos auf meinem Bett fallen zu lassen. Wie ein nasser Sack. Dass mein Kopf Ruhe gab, hatte sich nun doch erledigt und er schien wieder so รผberfรผllt zu sein, wie zuvor auch. Als hรคtte ich nicht einmal eine kleine Pause vor mir selbst gehabt.ย 

Es war ermรผdend, wie jeder dachte und sagte, dass ich nur Aufmerksamkeit mit meinem Verhalten wollte. Zwar war es oft unterschwellig, aber mit jedem Mal, dass ich davon mitbekam, schwellte meine Brust an. Ich wollte das Gegenteil. Fรผr mich allein sein, jemanden, der mir die Zeit gab, die ich brauchte und nicht jemanden, der mir Mitleid gab, weil ich mich anders verhielt und fรผr andere verhaltensauffรคllig war. Eine Zeit lang wurden sogar meine Eltern kontaktiert, ihnen wurde sogar angeraten, dass sie mich einem Therapeuten vorstellen sollten. Doch sie stritten es dankbar ab. Nicht, weil sie mir schaden wollten, sondern weil sie wussten, dass ich schon immer so war. Es war zwar nicht abwegig gewesen, dass ich unter irgendetwas litt, was man behandeln musste. Und ich hatte mir auch vorgestellt, was wรคre, wenn meine mich dazu gezwungen hรคtte. Vielleicht wรคre ich normal geworden oder es hรคtte vieles verschlimmert. Der Gedanke anders als in diesem Moment zu sein, machte mir sogar Angst und am liebsten wollte ich es schon wieder viel zu weit weg schieben. Am besten auรŸerhalb meines Vorstellungsbereiches. Ein anderes Leben konnte ich mir eben nicht vorstellen.ย 

Diese seltsame, zurรผckhaltende Art, wie sie viele beschrieben, machte mich aus.ย 
Und ganz so falsch konnte es doch nicht sein, oder?ย 

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