04. Zigaretten
August, 2002
"Verdammt, Winter! Wie sieht es hier denn aus? Hast du nicht mal vor deine Klamotten aufzuräumen? Oder diese stinkenden Aschenbecher zu leeren?"
Lennie stolperte über eine von Winter's Jeans auf den Weg zu diesem in die Küche. Sein Freund lehnte an der Küchenzeile; das grelle Stasilicht eingeschaltet, welches auf den überfüllten Tisch strahlte. Unzählige Fastfoodschachteln stapelten sich.
"Nein", antworte er monoton, in einer Hand die Zigarette und in der anderen eine halb leergetrunkene Bierflasche.
"Ist noch irgendwas, Mom? Oder bist du hier, um mich ins Bettchen zu bringen?"
"Winter-"
"Hau ab, Lennie."
"Seit wann rauchst du wieder?"
"Seitdem er tot ist."
"Aber du hattest aufgehört ... Seinetwegen. Denkst du denn, dass er darauf stolz wä-"
"Er ist tot!", schrie Winter ihm entgegen und warf die Bierflasche nach ihm, die an der Wand zerschmetterte, da sich Lennie noch rechtzeitig bücken konnte.
"Es interessiert ihn nicht! Es interessiert mich nicht! Verpiss dich, Lennie!"
Urplötzlich war Lennie bei seinem besten Freund und riss ihm die Zigarette aus der Hand. Er zerdrückte sie in einem der vollen Aschenbecher und wandte sich anschließend wieder Winter zu, der ihn fassungslos ansah. Dann hob er drohend seinen Zeigefinger und blickte ihm tief in seine dunkelgrauen Augen.
"Es interessiert mich aber. Also lass es und nimm jetzt deine verdammten Schmerzmittel. Wo sind die überhaupt? Ich schwöre bei Gott, wenn du sie die Toilette heruntergespült hast-"
Lennie nahm Abstand und durchsuchte dessen Wohnung, die Küchenschränke, das Sofa im Wohnzimmer und den Tisch. Die Luft stand und es war nebelig, weshalb Lennie kurzerhand die Fenster aufriss und stoßlüftete.
"Wir bekommen das hin, Winter. Wir schaffen es", murmelte Lennie gedankenverloren vor sich hin; er glaubte wirklich fest daran.
Winter starrte vor sich hin, sein leerer Tunnelblick auf den Küchentisch gerichtet. Seine schwarzen Haare waren wirr, zerzaust und das T-Shirt trug er bereits eine Woche lang. So lange wie sein Entlassungstag aus dem Krankenhaus zurücklag.
"Hab sie!", rief Lennie erfreut, als er die orangefarbene Dose mit dem starken Analgetikum aus einer Furche des Sofas herauszog.
"Die nimmst du jetzt und danach gehst du duschen, verstanden?"
Er wartete auf keine Antwort - er wusste, dass er sowieso keine bekommen würde.
Nachdem er sich ein Glas aus einem der Küchenschränke gegriffen und dieses mit Leitungswasser gefüllt hatte, drückte er es Winter in die Hand. Dann holte er zwei Tabletten Tilidin aus der Dose und legte sie in dessen andere Hand.
"Runter damit, Winter. Oder ich flöße sie dir ein."
Winter schnaufte und warf die Tabletten in seinen Mund, dann trank er danach das Glas Wasser halbleer. Als er Lennie's kritischen Blick sah, verdrehte er die Augen und trank noch den Rest aus.
"Gut. Komm jetzt", meinte Lennie und nahm ihm das Glas wieder weg, um es auf der Küchenzeile abzustellen. Dann schob er seinen Freund vorsichtig Richtung Bad. Natürlich darauf bedacht, ihn nicht zu grob anzufassen. So einen Autounfall steckte man nicht einfach so leicht weg.
Lennie schaffte es an diesem Tag Winter unter die Dusche zu bekommen. Für ihn persönlich ein voller Erfolg und ein Schritt vorwärts in Richtung Besserung.
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