Alex' Geburtstag
Zwei Wochen war es her, als wir es uns vor einem warmen Kamin gemütlich gemacht hatten und nun standen wir hier, zitternd in der Kälte und vor einem der angesagtesten Clubs dieser Stadt, weil Silas keine bessere Idee einfallen wollte. Abgesehen von den Geschenken, die er mir bereits gekauft hatte. Doch es war der erste Geburtstag in meinem abgefuckten Leben, den ich auch wirklich feiern würde. Dafür wollte er unbedingt nur mit mir gehen, um mir zu zeigen, wie es eigentlich normal ablaufen sollte. Nicht so, wie damals in der Bar, wo ich von fremden Männern weggeekelt wurde.
Und dafür liebte ich ihn über alles.
"Komm, Alex", riss er mich aus meinen Gedanken. Er zerrte an meiner Jacke und wollte mich zum Gehen animieren. "Ich hoffe, du kannst tanzen!"
Sein Grinsen schien, als könne es die ganze Stadt erleuchten. Es war sogar so ansteckend, dass ich zu einem Lächeln gezwungen war.
"Ich weiß nicht", antwortete ich ehrlich und begab mich dann mit ihm zu der riesigen Eingangstür, welche von zwei Männern in schwarzen Anzügen flankiert wurde.
Silas seufzte leise wegen meiner Worte, jedoch tat er dies übertrieben theatralisch und ich wusste, dass er mich auf den Arm nahm. "Also, Alex! So geht das aber nicht. Jetzt müssen wir leider wieder nach Hause", scherzte er im vorwurfsvollen Ton, während er sein Portmonee aus der inneren Brusttasche seines Sakkos herauszog.
Ich schüttelte darauf nur belustigt den Kopf und sah ihm dann dabei zu, wie er einem der Männer seinen Ausweis zeigte und ihm sagte, dass wir angekündigt kämen. Dessen Gegenüber nickte kurz und öffnete uns anschließend die Tür, sodass wir eintreten konnten. Uns wurde von einer Angestellten gezeigt, wo wir unsere Jacken ablegen konnten, was wir dann auch taten. Denn diese würden jetzt bloß stören.
Als wir dann am Rande der tanzenden Menschenmenge standen, uns wegen der lauten Musik kaum akustisch verstehen konnten und dann auch noch aufgrund der bunten, flackernden Lichter völlig aus dem Konzept gebracht wurden, ergriff Silas meine Hand, die er sicher festhielt, während wir uns einen Weg zum Tresen bahnten. Dort angekommen, lächelte mich Silas kurz an, ehe er sich auf einen der Barhocker setzte und eine Bestellung abgab. Nach einiger Zeit bekamen wir schließlich die hellgrünen Getränke.
"Ist ein Mixgetränk!", rief er mir zu, als er meinen bedenklichen Blick bemerkte. "Curaçao - ein blauer Likör, mit Orangensaft und Sekt. Man merkt den Alkohol kaum, wird dir bestimmt schmecken."
Ich nickte kurz, dann ergriff ich den Strohhalm und probierte. Es prickelte für einen kurzen Moment, dann schmeckte es nur noch süß und ich fand Gefallen daran. Dabei vergaß ich sogar, dass ich überhaupt keinen Alkohol trinken durfte.
Silas schmunzelte amüsiert und war mit seinen Gedanken auch woanders, anstatt bei meinen Medikamenten. Doch im Inneren spürte ich, dass ich es nicht übertreiben sollte.
"Schmeckt wirklich gut!"
"Na siehst du", meinte er nur, als er sich dann auch seinem Glas widmete. Er trank in großen, schnellen Zügen, sodass es innerhalb weniger Minuten leer war. Ich hingegen hatte noch ein halb volles Glas und würde mir dieses auch einteilen.
"Willst du noch eins?", fragte Silas und musste sich dabei zu mir lehnen, damit ich etwas verstand.
"Nein, alles gut." Sein verwirrter Blick wanderte von meinem Gesicht zu dem Glas in meiner Hand, dann nickte er kurz.
"Okay, aber ich bestell' mir noch was!"
Er hob seine Hand, um dem Kellner ein Zeichen zu geben, der gerade am anderen Ende des Tresen beschäftigt war. Als dieser zurückkam, nahm er Silas' Bestellung entgegen und kümmerte sich anschließend um das hochprozentige Getränk. Es war eine bernsteinfarbene Flüssigkeit, zu der der Kellner einige Eiswürfel tat.
Silas bedankte sich, nachdem es ihm gereicht wurde und dann schaute er dem Kellner dabei zu, wie dieser unsere Getränke auf einen Zettel schrieb, die wir bereits bestellt und noch zu bezahlen hatten. Ich hatte die Befürchtung, dass zu dieser Liste noch einiges dazukommen würde.
"Eigentlich ein Longdrink, aber zur Feier des Tages ist mir das heute egal", teilte Silas mit, obwohl ich nicht einmal gefragt hatte. Dann trank er einen kleinen Schluck und zeigte dabei eine Gesichtsregung, die mich zum Grinsen brachte.
"Whisky ist toll", lächelte er anschließend. Danach hielt er mir das Glas hin und meinte, dass ich mal kosten sollte. Ich nippte einmal kurz, verzog im nächsten Moment aber schon das Gesicht. Es war mir zu trocken und der rauchige Geschmack ließ mich außerdem erschaudern. Das war mir eindeutig zu stark und zuwider.
"Bah!" Ich schüttelte mich und spülte gleich mit meinem Mixgetränk nach, damit ich etwas anderes schmeckte.
"Tja, nicht jedermanns Sache."
Das konnte er laut sagen. Nach einem kleinen Kopfschütteln, schlürfte ich schließlich mein Getränk mit dem Strohhalm aus und schob es dann von mir weg. Hübsche Orange, die da am Glas klebte. Auch der glitzernde Miniregenschirm war nicht schlecht. Okay, was?
Als ich meinen irritieren Blick wieder auf Silas richtete, hatte der sein Glas ebenfalls entleert. Ist ja eklig!
Nur die Eiswürfel gaben noch ein klirrendes Geräusch von sich, als er es auf den Tresen abstellte. Totale Verarsche, um ehrlich zu sein. Die machte man dort doch nur hinein, damit es nach mehr aussah.
"Gibt Ihnen jemand aus", meldete sich der Kellner plötzlich vor uns, als er ein rot-orangefarbenes Getränk vor Silas' Nase hinstellte und mir einen unschuldigen Blick zuwarf. Silas zog verwirrt die Augenbrauen zusammen und schaute sich anschließend an der Theke um.
"Oh, verdammt", murmelte Silas leise zu sich selbst, als er denjenigen schließlich entdeckte, wie er an der Ecke des Tresens saß. "Sehe ich denn echt so schwul aus? Das wusste ich ja gar nicht."
Der Typ hatte blonde, lockige Haare und winkte Silas mit einem 100-Watt-Lächeln zu. Außerdem sah er aus wie ... Okay, nein, ich hatte keinen Vergleich. Tatsache war aber, dass er sich an meinen Silas heranmachen wollte, was er sich gleich wieder abschminken konnte. Ich wollte voller Inbrunst und mit all meinem Mut aufstehen, wurde aber bei diesem Versuch an meinem Oberarm festgehalten, sodass ich sitzen bleiben musste.
"Ich habe eine bessere Idee", schmunzelte Silas dann und zog mich zu sich heran, sodass wir perfekt im Blickfeld des Fremden waren. Im nächsten Moment spürte ich seine weichen Lippen auf meinen, weshalb ich meine Augen schloss und ihm entgegenkam - nicht nur mit meinem Oberkörper, sondern auch mit meinen Lippen, die sich beim Küssen einen Spalt öffneten. Dies nutzte Silas aus, indem er meinen Mund mit seiner Zunge erkundete. Er schmeckte noch leicht nach seinem Whisky und mir stellten sich die Härchen auf, da es mir mehr als nur gefiel.
Als er jedoch in meine Unterlippe biss, gab ich ungewollt ein leises Keuchen von mir und unterbrach somit den langwierigen Kuss.
"Lass uns tanzen", hauchte er an meine geöffneten Lippen. Danach löste er sich wieder von mir, ließ mich ihn atemlos und fasziniert anstarren, als er mit einem selbstgefälligen Grinsen das bezahlte Glas von dem Kerl ergriff und einen Schluck mit dem Strohhalm trank, wobei er ihm einen unterschwellig warnenden Blick zuwarf. Der Typ blickte genervt weg und entfernte sich anschließend mit hängenden Schultern vom Tresen.
Dann stellte Silas das feuerrote Zeug wieder zurück und bezahlte den Rest unserer eigenen Getränke, bevor er es vergaß.
"Komm, Baby", sagte er in einem besitzergreifenden Ton zu mir, wobei er meine Hand ergriff und mich schließlich an dieser in die Menge zog. Dort legte er seine Hände an meine Hüfte, sodass er unsere Becken aneinanderdrücken konnte, und meine eigenen Arme legten sich um dessen Nacken.
Wir fanden schnell den Takt und bewegten uns eine ganze Weile rhythmisch zur Musik, bis Silas mich herumdrehte und damit begann, meine Halsbeuge mit federleichten Küssen zu bedecken. Ich legte meinen Hinterkopf auf seiner breiten Schulter ab, schloss die dunkelbraunen Augen und ließ mich einfach treiben.
Ich wurde das elektrisierende Gefühl nicht los, dass sich Silas' rauen Hände überall auf meinem Körper befanden. Erst an meiner muskulösen Brust, von der eine Hand nach unten zu meinem Unterleib fuhr. Dann an meinen Seiten entlang, über die Kurven meiner schmalen Taille und zu meiner Hüfte, wo er letztendlich inne hielt, um meinen Hintern an seinen Schritt zu drücken, sodass ich seine Beule deutlich spüren konnte.
"Happy Birthday, Baby", flüsterte er dann nah an meinem Ohr und bescherte mir damit eine Gänsehaut.
Seine heißen Berührungen ließen mein Herz höher schlagen und meinen Atem unregelmäßiger werden. Jedoch wollte ich nicht, dass er bei mir nun auch diese bestimmte und unfreiwillige Reaktion auslöste - in seinem Wagen oder Haus gerne, aber um Gottes Willen nicht hier.
Deshalb drehte ich mich wieder zu ihm, gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen und tanzte ihn weiter an. Ich wusste nicht, ob es an meinen brasilianischen Wurzeln lag, doch ich hatte es einfach im Blut.
Silas' Bewegungen wurden mit der Zeit aber immer unkoordinierter, was vermutlich daran lag, dass der Alkohol seine Wirkung zeigte.
"Ich liebe dich!", brüllte er dann wie aus dem Nichts angetrunken über die Menschenmasse hinweg, was mir die Hitze in meine Wangen stiegen ließ und mich außerdem zum Lachen brachte. Er war einfach ein liebevoller Idiot.
An seinem durchgedrehten Zustand erkannte ich aber, dass es für uns höchste Zeit war, zu gehen. Nicht, dass hier oder unterwegs noch etwas schlimmes passierte, aber wir nahmen ja sowieso ein Taxi. Das Bezahlen würde dann wohl ich übernehmen müssen, weil ich viel klarer denken konnte als der übertrieben grinsende Mann vor mir. Am liebsten hätte ich ihn jetzt so lange und oft geküsst, dass ihm die Luft zum Atmen weggeblieben wäre. Stattdessen zog ich ihn mit mir aus der Menge, holte unsere Jacken und dann torkelten wir Arm in Arm, da ich ihn ein wenig stützen musste, aus dem feierlichen Club, in dem die Menschen unbekümmert weitertobten.
"Ich- ich liebe dich", wiederholte Silas nun ein wenig benommen und undeutlich nuschelnd neben mir und ich konnte nicht anders, als zu schmunzeln.
"Ich dich auch - für immer."
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