𝟏𝟒. 𝐖𝐞𝐢𝐡𝐧𝐚𝐜𝐡𝐭𝐬𝐳𝐚𝐮𝐛𝐞𝐫

✧ 𝐋𝐈𝐋𝐘 𝐏𝐎𝐓𝐓𝐄𝐑 ✧
"𝐓𝐡𝐞𝐲 𝐬𝐚𝐲 𝐲𝐨𝐮 𝐬𝐡𝐨𝐮𝐥𝐝 𝐥𝐨𝐯𝐞 𝐭𝐡𝐞 𝐠𝐢𝐯𝐞𝐫, 𝐧𝐨𝐭 𝐭𝐡𝐞 𝐠𝐢𝐟𝐭. 𝐁𝐮𝐭 𝐰𝐡𝐚𝐭 𝐢𝐟 𝐈 𝐝𝐨𝐧'𝐭 𝐤𝐧𝐨𝐰 𝐰𝐡𝐨 𝐭𝐡𝐞 𝐠𝐢𝐟𝐭 𝐢𝐬 𝐟𝐫𝐨𝐦?"

Der Dezember und damit die schönste Zeit im Jahr machte sich mit Temperaturen unter -15 Grad und weiteren Schneefällen, so dass mittlerweile mindestens zwei Meter Schnee lagen, bemerkbar. Die Schüler vertrieben sich die Zeit mit wilden Schneeballschlachten und dem Eislaufen auf dem zugefrorenen See. Auch Lily hatte sich Schlittschuhe ausgeliehen und übte zum ersten Mal seit Jahren wieder diesen fantastischen Sport aus. Obwohl sie anfangs noch etwas wackelig auf den Beinen gewesen war, konnte sie schon ganz passabel laufen, wenn auch nicht so gut wie beispielsweise Felix, der so schnell am Eis flitzte, dass Lily nicht mal zuschauen konnte.

Bis jetzt hatten sich die Zauberer zum Glück noch nicht wieder blicken lassen, aber Lily ging natürlich nicht davon aus, dass sie sie in Ruhe gelassen hatten. Im Gegenteil, mit jedem Tag, an dem sie nichts von ihnen hörte, wurde sie nervöser. Denn vielleicht nutzten die Anhänger von Sirius Black die Zeit, um ihren nächsten Angriff genau zu planen. Oder sie dachten, wenn sie ihr Opfer für kurze Zeit in Ruhe ließen, würde es denken, sie hätten aufgegeben.

Aber Lily war sich sicher, dass sie das nicht tun würden. So viel hatten sie ihr in der Nachricht auf dem Spiegel verraten, die die Schülerin noch heute in ihren schlimmsten Albträumen verfolgte. Inzwischen hatte sie ihren eigenen Tod auf mindestens hundert verschiedene Arten erlebt. Doch eines war immer gleichgeblieben. In jedem Traum hatte sie dieselbe eisige Stimme gehört, die den letzten Satz der Nachricht wiederholte. Wir haben dich gefunden und werden nicht ruhen, bis wir dich vernichtet haben.

Auch in dieser Nacht waren ihr die Zauberer in ihren Träumen erneut begegnet. Ausgerechnet heute, am 24. Dezember, musste Lily bestimmt immer wieder an die schrecklichen Szenen aus dem Albtraum denken. Egal, wie sehr sie sich anstrengte, sie würde Weihnachten garantiert nicht so genießen können, wie sie es sonst tat, denn sie würde ständig Angst haben, dass ihr Traum wahr werden könnte.

Trotzdem verließ sie an dem Morgen ihr Zimmer und ging zu Draco, um ihn abzuholen. Normalerweise war es immer er, der Lily weckte, aber heute hatte sie nicht schlafen können und war deshalb selbst früher aufgestanden. Als sie Dracos Zimmer erreichte, klopfte sie an und kurz darauf öffnete ein bereits angezogener Draco die Tür.

„Lily, schon wach?", fragte er erstaunt.

„Ja, ich konnte nicht schlafen", gähnte Lily.

„Aufgeregt wegen Weihnachten?", vermutete Draco.

„Nein, Albträume", antwortete sie, bevor sie schnell das Thema wechselte. „Jedenfalls, irgendwie ist es komisch, dass die Österreicher schon am Heiligen Abend feiern."

"Für die wird es komisch sein, am 25. zu feiern." Draco zuckte bloß mit den Schultern, ging aus seinem Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Gemeinsam schlenderten sie durch die Gänge, die alle unglaublich weihnachtlich geschmückt waren. An jeder Tür stand ein Weihnachtsbaum, überall hingen Christbaumkugeln und kleine Feen erleuchteten die Gänge mit ihren winzigen Zauberstäben. Pärchen küssten sich unter den Mistelzweigen, die hier und da hingen.

Lily fand, dass dieser Brauch überbewertet wurde. Sicher, für die meisten war es romantisch, aber für sie war es einfach nur kitschig. Wie der Valentinstag, nur etwas, das die Liebe einfach und perfekt erscheinen ließ, obwohl sie in Wirklichkeit viel komplizierter war, als nur rote Rosen zu verschenken oder sich unter Mistelzweigen zu küssen. Das hatte Severus ihr schon oft erklärt, und auch wenn sie es nur ungern zugab, konnte Lily ihm in diesem Punkt nicht widersprechen.

Als sie mit Draco den Festsaal betrat, konnte sie nur staunen. Die Tische waren so umgestellt worden, dass in der Mitte des Raumes ein riesiger Weihnachtsbaum stand. An ihm hing ausschließlich selbstgemachter Christbaumschmuck, den die Schüler im Unterricht gebastelt hatten. Auch Lily hatte einen kleinen Engel aus Stroh angefertigt, der wohl irgendwo hing. Obwohl sie von dieser schönen Idee gewusst hatte, war es etwas ganz anderes, ihn jetzt zu sehen. Denn der Anblick war so schön und persönlich, dass Lily nun ganz in Weihnachtsstimmung war und ihre vielen Alpträume und deren Ursprung völlig vergaß, was sie vor ein paar Minuten noch für unmöglich gehalten hatte.

„Wow", meinte Lily, denn anders konnte man den Anblick nicht beschreiben. Es fehlten dazu einfach die Worte.

„Wow", wiederholte Draco ihre Begeisterung, bevor sie sich zu ihrem Stammtisch begaben. Dort saß Celina bereits und strich sich Butter auf ihre Semmel.

„Frohe Weihnachten", wünschte sie den beiden. Lily und Draco wiederholten ihre Worte, bevor sie sich setzten.

„Die Zeit ist so schnell vergangen", sagte Lily beiläufig, nachdem sie und Draco etwas zum Essen geholt hatten, „Wir sind gefühlt gerade erst hier angekommen und schon ist Weihnachten. Ich kann es kaum glauben."

„Du hast recht, dieses Schuljahr ist für mich bis jetzt schneller vergangen als das letzte. Wahrscheinlich, weil ich damals keine Freunde hatte und mich das ganze Jahr auf das Ende gefreut habe", stimmte Celina ihr zu.

Etwas später kamen Elena und Felix zu ihnen an den Tisch und wünschten ihnen frohe Weihnachten. „Habt ihr heute schon was vor?", fragte Felix, „Wir könnten eine Schneeballschlacht machen."

„Ja, gerne", antwortete Lily, die selbst die Idee, mit Felix Zeit zu verbringen, hervorragend fand. Auch Draco und Celina gefiel der Vorschlag und so brach die Gruppe nach dem Frühstück auf.

Kaum waren sie angekommen, bildeten sie zwei Teams nach dem Prinzip "Jungs gegen Mädchen" und schon ging der Kampf los. Sie benutzten einen Zauber, so dass jedes Mal, wenn jemand getroffen wurde, dies auf einer Strichliste vermerkt wurde. Und das stellte sich als viele Striche heraus.

Alle fünf Sekunden kam ein Schneeball auf Lily zu, und oft konnte sie nicht schnell genug zur Seite springen, weil sie gleichzeitig ihre eigenen Bälle auf Felix und Draco warf. Es war ein langer Kampf, aber am Ende entschieden die Mädchen ihn für sich. Lachend ließen sie sich in den Schnee fallen und machten Schneeengel, als wären sie noch kleine Kinder. In diesem Moment war Lily vollkommen glücklich. Mit den fallenden Flocken, die ihre Nase kitzelten, und der weichen Schneedecke unter ihr konnte sie nicht anders, als zu lächeln. Egal, wie gefährlich es für sie sein mochte, hier in den österreichischen Alpen, an einer weißen Weihnacht, fühlte Lily sich wohler als seit dem Tag, an dem sie die Wahrheit hinter sich erfahren hatte.

Irgendwann wurde den Freunden trotz des Wärmezaubers, den sie vor zwei Stunden benutzt hatten, kalt. Alle waren bis auf die Unterwäsche vom Schnee durchnässt, und Lily sehnte sich nach einem heißen Bad und frischer Kleidung.

Am späten Nachmittag machte sie sich mit Draco und Celina auf den Weg zu einer Kirche im Dorf St. Endor. Dort sollte der Weihnachtsgottesdienst stattfinden, an dem alle Schüler, die noch in der Schule waren, teilnehmen mussten. Lily hatte sich schon die ganze Woche darauf gefreut, zu sehen, wie eine österreichische Christmette im Vergleich zu einer britischen war.

Als sie die Kirche betraten, fielen Lily schon viele Unterschiede zu England auf. Statt eines Steinfußbodens gab es hier einen Marmorboden, die Säulen waren nicht aus Granit, sondern aus demselben hellen Stein wie die Wände und es war auffallend mehr Gold zu sehen als in den altmodischen Kirchen in Lilys Heimat. Alles in allem war es ein ganz anderer Anblick, aber nicht weniger schön.

Während der Messe versuchte Lily, so viel wie möglich mitzusingen, denn sie liebte Weihnachtslieder - solange sie im Dezember gesungen wurden. Das erwies sich jedoch als schwierig heraus, da sie den Text und die Melodie noch nie zuvor gehört hatte und die deutschen Worte immer erst im Kopf ins Englische übersetzen musste. Den Liedtext zu lesen, ihn so zu übersetzen, damit Lily auch den Inhalt verstand, und dann auch noch zu singen, stellte ihr Gehirn auf die Probe. Denn nur den Text zu singen, ohne zu wissen, was man gerade sang, war wahrscheinlich nicht die beste Idee.

Trotzdem gefiel ihr die Mette sehr gut, vor allem die ruhige Atmosphäre zwischen all den Hexen und Zauberern. Als das Vaterunser gesungen wurde, musste Lily eine Träne unterdrücken, so rührend war es, wie sich alle die Hände reichten. Obwohl die Stimmen sehr unterschiedlich waren, harmonierten sie perfekt in dem Lied, das die meisten von ihnen seit ihrer Kindheit auswendig konnten. Und trotz der Tatsache, dass Lily das Lied schon bei den wenigen verpflichtenden Schulmessen in der kleinen Kapelle neben der Schule gesungen hatte, war es kein Vergleich zu der heutigen Aufführung.

Vielleicht lag es gerade daran, dass Lily nicht besonders religiös erzogen worden war, dass es sie umso mehr berührte.

Nach dem Gottesdienst ging sie mit Draco und Celina zurück zur Schule. Inzwischen war die Dämmerung schon weit fortgeschritten und Lily beleuchtete den Weg mit Lumos. Das Licht ließ die tiefe Schneedecke glitzern, und die immer noch fallenden Schneeflocken schenkten der Szenerie etwas Magisches. Es war eines der schönsten Weihnachten, die Lily je erlebt hatte.

Zwanzig Minuten später erreichten die Freunde das Schloss. Sie begaben sich in den Festsaal, wo ein großes Festessen stattfinden sollte, auf das sich Lily schon sehr freute.

Die meisten Schülerinnen und Schüler waren schon eingetroffen und so setzten sie sich schnell an ihren gewohnten Tisch. Als auch die restlichen eingetroffen waren, begann die Direktorin Andretta, mit ihrer Rede: „Liebe Schülerinnen und Schüler! Die heutige Mette war wieder sehr schön und hat mich wie immer sehr berührt. Jedenfalls bin ich mir sicher, dass ihr von dem Weg zurück ins Schloss noch friert, weshalb ihr nur euer Essen verspeisen und dann eure Geschenke auspacken wollt. Also fasse ich mich kurz: Frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr!"

Mit den letzten Worten der Direktorin erschien ein Festmahl, wie Lily es noch nie zu Weihnachten gesehen hatte. Statt fertiger Speisen stand in der Mitte des Tisches etwas, das aussah wie ein Griller im Kleinformat. In den Schalen lagen verschiedene Fleischsorten, Käsescheiben, Ananasstücke, Champignons und einige andere ungekochte Dinge.

„Habt ihr noch nie Raclette gegessen?", fragte Celina, die offensichtlich Lilys und Dracos Zögern bemerkt hatte. „Ihr sucht euch aus, was ihr essen wollt, legt es auf die Platte und wartet, bis es gebraten ist. Den Raclettekäse könnt ihr unten in den kleinen Pfännchen schmelzen."

Neugierig wählte Lily ihre Zutaten aus und kochte sie auf dem Tischgriller, wie sie das seltsame Objekt getauft hatte. Offensichtlich handelte es sich um eine ziemlich neue Erfindung, die es noch nicht nach Großbritannien geschafft hatte. Dennoch musste sie eines zugeben: Es war eine wirklich gute Idee, auch im Winter grillen zu können. Außerdem schmeckte es köstlich, wie Lily beim ersten Bissen feststellte.

Als die meisten Schüler nur noch plauderten, bat die Direktorin noch einmal um Aufmerksamkeit. „Da die meisten von euch schon gegessen haben, könnt ihr jetzt in eure Zimmer gehen, wo eure Geschenke unter dem Weihnachtsbaum liegen. Einen schönen Abend noch, ich öffne dann mal meine Geschenke, mal sehen, ob ich dieses Jahr etwas anderes als Bücher bekomme."

„Wollen wir die Geschenke zusammen auspacken?", schlug Lily Celina und Draco vor, „Ihr könnt gerne in mein Zimmer kommen." Da beide einverstanden waren, holten sie gemeinsam die Geschenke aus Celinas und Dracos Zimmer und transportierten sie in Lilys private Bibliothek, wo ihr Weihnachtsbaum stand. Dort setzten sie sich auf den Boden und begannen, die Geschenke auszupacken.

Draco schenkte Lily ein wunderschönes Armband, während sie ihm ein Buch über das Duellieren besorgt hatte. Zufällig hatten sich die zwei Mädchen beide eine farbige Feder geschenkt. Von Severus bekam Lily noch einen Brief, in dem er sie bat, nach Hause zu kommen, und von Narzissa eine Einladung nach Malfoy Manor in der zweiten Ferienwoche. Sie versicherte Lily darin, dass Severus während der Ferien in Hogwarts geblieben sei. Deshalb beschloss die junge Hexe sofort, die Einladung anzunehmen.

Im Gegensatz zum letzten Jahr, als sie die Halskette ihrer richtigen Mutter ohne Schlüssel bekommen hatte, bekam sie dieses Jahr größtenteils normale Sachen, aber das sollte sich natürlich mit dem allerletzten Geschenk ändern. Denn Lily löste ein dunkelblaues Band von einer schwarzen, elegant aussehenden Schachtel, bevor sie diese öffnete. Darin befand sich eine Taschenuhr, über die sie sich zunächst nicht sonderlich wunderte. Bis Draco erkannte, dass es sich um einen magischen Gegenstand handelte.

„Lily, das ist eine Periculum-Uhr!", sagte er staunend, „Normalerweise funktioniert sie wie eine ganz normale Uhr, aber wenn Gefahr in der Nähe ist, ändern sich die Zeiger auf 12 Uhr! Die sind extrem selten, wer hat sie dir geschenkt?"

„Keine Ahnung, es war keine Karte dabei." Lily starrte ratlos auf die Taschenuhr. Wer um Himmels Willen hatte ihr so etwas geschenkt und vor allem, warum? Wusste diese Person, dass sie in Gefahr war? Kannte diese Person die Wahrheit über ihre Identität? Oder war es nur Zufall, dass ihr jemand genau das geschenkt hatte?

So sehr Lily auch versuchte, sich einzureden, dass alles Zufall war, konnte sie sich nicht überzeugen. Denn das Fehlen eines Namens war bestimmt bewusst geschehen. Die Frage war nur, wer diese namenlose Person war.

***
Anmerkung der Autorin

Hallo! Ich hoffe, euch hat dieses Kapitel gefallen. Wenn ja, drückt doch gerne auf den Stern, um mich motivieren, bald weiter zu schreiben.

Ich wollte euch kurz Bescheid geben, dass bei mir die Schule bald wieder beginnt (ich habe nach diesem Wochenende noch eine Woche Ferien) und deshalb Updates langsamer kommen werden. Ich versuche momentan, ein wenig vorzuschreiben, damit ich dann in der Schularbeitszeit (Schularbeit = Klassenarbeit) weiterhin updaten kann.

Vermutlich werde ich jede Woche oder alle zwei Wochen ein neues Kapitel rausbringen, kommt ganz drauf an, wann ich wie viel Zeit und Motivation zum Schreiben habe.

Noch einen schönen Tag und liebe Grüße Amy

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top