Unknown

Als der Junge realisierte, was ihm seine Mutter gesagt hatte, verstummte er. Auf den unausgesprochenen Befehl der Frau hin, stand er, den Mund ein kleines Stück weit geöffnet auf wackligen Beinen da und versuchte Richtung Tür zu Laufen. "Sie lügt", dachte er benommen. Er hatte ihn gesehen, mit seinen eigenen Augen hatte er den Tod seines festen Freundes, ohne wen er sich ein Leben niemals vorstellen hätte können, mitverfolgen müssen. 
"Nein... sie lügt..", redete er sich sich hin und her gerissen ein. 

Vor seinen Augen verloren immer mehr Umrisse ihre Schärfe, bis er nur noch dunkle Flecken vor sich tanzen sah. Mit einem schrecklichen Brennen im Hinterkopf klammerte er sich an die Schulter seiner Mutter, die neben ihm stand und ihn besorgt musterte. "Geht es dir gut, Schatz?", wollte sie von ihm wissen, doch der Teenager hielt sich nur eine Hand an die Stirn, um sein Gleichgewicht besser auszugleichen. "L- Lass uns nach Hause gehen", meinte er dann etwas abwesend wirkend. 

Auf dem ganzen Nachhauseweg fielen dem 15-jährigen ab und an die Augen zu, der versuchte mit glasigem Blick aus dem Autofenster nach draussen zu spähen. 

Zuhause angekommen torkelte Jungkook auf die Küche zu, in welcher, wie ihm seine Mutter noch im Auto beschrieben hatte, ein grosszügig belegtes Sandwich stand, welchem er auch nicht lange wiederstehen konnte und ohne weiteres anfing zu essen. 
Seine Mutter sammelte hastig einige Dinge auf der Kommode zusammen um sie in ihre Handtasche zu stopfen und sprach dann zu ihrem Sohn, dem es nach der schnellen Mahlzeit schon etwas besser zu gehen schien. 

"Ich muss noch los. Hab' heute Nachtschicht", plapperte sie. Ein prüfender Blick in den Spiegel, durfte bei ihrem Beruf auch nicht vergessen werden. Schnell richtete sich die mitte 40-jährige den Zopf zurecht, den sie aus dem langen Haar geflochten hatte. "Du bist doch okay, nicht wahr?", fragte sie dann etwas besorgt, den Kopf zu dem Jungen umdrehend. Obowohl desssen nicht wirklich so war, nickte der Teenager versichernd. 
Ihm war klar, dass seine Mutter einen wirklich harten Job hatte, dieser zahlte sich jedoch aus. Ihr Haus war wohl der Traum so einiger anderen, den Luxus den sie sich mit den grossen Zimmern und der sauberen Einrichtung leisten konnte, an den war auch nicht jedermann gewöhnt. 
Vielleicht hätte man sie sogar als perfekte Familie betitteln können, wäre da nicht der Vater gewesen, der Mann, der schon in zartem Alter an einem furchtbar brutalem Krebstumor verstorben war. 
"Gut dann geh ich jetzt, Namjoon sollte spätestens in einer Stunde auch von der Uni zurücksein, heute ist ja Freitag", erklärte sie noch schnell und winkte ihm zum Abschied zu, bevor sie eilend das Haus verliess. 

"Taehyung", murmelnd griff Jungkook in den Kühlschrank um sich ein Glas Milch einzuschenken. "Taehyung ist tot..", er konnte es immer noch nicht realisieren, viel zu plötzlich traf ihn diese Erkentniss. Mit Tränen in den Augen trottete er nach oben, in sein dunkles Zimmer. 
Ein stickiger Geruch hüllte das Zimmer ein, da wohl zu lange keine Fenster geöffnet worden waren, doch das interessierte den 15-jährigen im Moment nicht. Erschöpft von dem Beruhigungsmittel tappte er, den riesigen Spiegel nicht beachtend, zu seinem Bett und liess sich niedergeschlagen auf den Bauch fallen. 

Ein lautes Trampeln liess den Teenager zusammenfahren. Verwirrt hob Jungkook den Kopf. Er realisierte, dass er wohl eingeschlafen sein muss, als er Namjoons Stimme wahrnahm. "Jungkooook! Jungkooook!", schrie dieser und riss kurz darauf auch schon die Zimmertür auf. "Alles okay?", fragte Namjoon dann ernst, als er Jungkooks erschöpften Zustand bemerkte, "deine Augen sehen so geschwollen aus." Gähnend winkte ich den violett Haarigen zu mir. 

"Ja, hab grad geschlafen", erklärte ich mich. Namjoon setze sich vor mir auf den Boden und streckte sich ausgiebig, bevor er mich mit einem breiten Grinsen auf den Lippen anblickte. 
"Mann, du hast uns einen Schrecken eingejagt", meinte er. "War nicht meine Absicht." Kurz herrschte Stille. Namjoon schien zu überlegen, dann verschwand sein Grübchen. 
"Wie ist der Unfall passiert", wollte er dann interessiert wissen. Ich überlegte kurz. "Ich hatte mich mit Tae verabredet, es war auf dem Nachhauseweg von meiner Lehrstelle, die ich mir zum Schnuppern ausgesucht hatte", begann ich zu erzählen, "doch auf dem Weg zurück passte ich nicht sonderlich auf. Die Strassen waren rutschig, ein Auto hatte die Kontrolle verloren und fuhr direkt auf mich zu. Doch Taehyung hatte es bemerkt und warf sich auf mich, um mich von dem Auto wegzuschubsen, um mir das Leben zu retten. Aber... aber als ich aufstand, da war das Auto weg. Mir ist nichts schlimmes passiert, aber Taehyung", Jungkook schluckte an dieser Stelle und versuchte es schnell hinter sich zu bringen, "ist überfahren worden und am Unfallsort verblutet." 

Meine Stimme war gegen Ende immer leiser geworden, jedoch war ich mir sicher, dass der junge Mann mich trotzdem verstanden hatte. Jeon Namjoon war ein wirklich guter Zuhörer. 
"Er ist für mich gestorben", flüsterte Jungkook, wieder einmal komplett in seiner eigenen Welt versunken, "er hat sich geopfert." 
"Ich dachte...", überlegte Namjoon laut, "... dass,.. dass keine anderen beteiligt waren." Kopfschüttelnd blickte Jungkook ihn an. "Das ist dein abasoluter ernst, nicht wahr?", hakte der Ältere nach. Jungkook nickte betrübt. Die Erinnerungen wollten ihn einfach nicht loslassen, gaben ihm keine schmerzfreie Sekunde, so gross war die Trauer, die er verspürte. 
"Wie hiess nochmal der Junge? Kanntest du ihn?", fragte Namjoon. "Taehyung... du weisst schon", kam es als Antwort. Auf die Stirn des anderen legten sich immer mehr falten. 
"Kim Taehyung, mein Freund verdammt", platzte es dann aus lauter Überforderung aus dem Jüngeren heraus. 

"Ich verstehe nicht", sagte Namjoon verwirrt, "seit wann hast du einen Freund?"
"Der Junge, der bei mir übernachtet hat und in die Küche gegangen ist, als du gerade Frühstück machen wolltest, der Junge, der so frech war und mich vor deinen Augen geküsst hat, weil er wusste, dass es mir schwerfallen würde, mit Worten zu rechtfertigen, der Typ mit den braunen Haaren, den breiten Schultern...", Jungkook hatte gar nicht gemerkt, wie er angefangen hatte zu schluchtzen.
All die Erinnerungen kamen wieder in ihm auf, wie Namjoon geguckt hatte, als er seinen kleinen Bruder einen jungen Mann küssen gesehen hatte, wie erstaunt er darüber gewesen war und wie er hoch und heilig geschworen hatte, es niemandem weiter zu erzählen.

Voller Erwartungen blickte er nun zu seinem Bruder und wartete darauf, dass er etwas aufmunterndes sagte, etwas dass ihm Kraft verleihen würde. Jedoch sah ihn dieser nur absolut verwirrt an und sagte mit hochgezogener Augenbraue: "Was redest du denn da Jungkook? So etwas ist nie geschehen. Ich weiss nichts von alldem und du hast doch keinen Freund.
Und Kim Taehyung, von dem habe ich weder jemals etwas gehört noch etwas gesehen. Wer zum Teufel ist das überhaupt?

"Aber- dass ist mein Freund... ich liebe ihn und jetzt ist Taehyung tot... er ist tot, verdammt!", brach es aus dem Jüngeren heraus. Es fühlte sich an, als wäre er von der ganzen Welt betrogen worden, so machtlos wie er den Geschehnissen ausgeliefert war.

Namjoon blickte den Teenager besorgt an und drückte ihn vorsichtig an der Schulter auf den Rücken. 
"Ich denke es ist besser wenn du dich nochmals hinlegst, Jungkook. Im Moment redest du nähmlich einfach nur totalen Schwachsinn."



----------------------------------------------------------------------------------

Und?

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top