Pills
"Haben sich die Halluzinationen wenigstens ein wenig verharmlost?"
"Nein."
"Weniger bedrohlich?"
"Nein."
"Ein bisschen Motivation könnte ihnen nicht schaden, Mr. Jeon", meinte der Psychiater höflich. "Mögen sie sich noch an den Tag, als ich im Krankenhaus zufälligerweise Aushilfe war, erinnern? Sie waren so überdreht, dass ich ihnen ein Beruhigungsmittel verabreichen musste. Wieso sind sie so still in sich zurückgekehrt?"
Der Junge der gelangweilt, halb liegend, auf dem Patientenstuhl sass schaute den Mann vor sich grimmig an. Seokjin zog fragend eine Augenbraue nach oben, woraufhin der Schwarzhaarige ergenbens mit den Schultern zuckte. Es war schon der 4. Tag nach seinem Anfall bei Jimin.
Doktor Kim hatte ihm zwar Tabletten verschrieben, doch weil diese einfach gar keine Wirkung zeigten, hatte sich Jungkook gegen all seinen Willen doch gezwungen gesehen erneut zu einer Besprechung zu erscheinen. Urintest und noch einige andere Daten wurden von ihm überprüft und tatsächlich hatten sie festgestellt, dass er sehr warscheinlich an einer paranoiden Form von Schizophrenie leidete, was auch seine Werte nochmals fast schon bewiesen.
Schon eine Stunde sassen sie da und der Mann im weissen Kittel hatte noch nicht viel aus dem Schawarzhaarigen herausbekommen, welchem heute wohl einfach gar nicht nach Sprechen war.
"Hören sie Mr. Jeo-", plapperte Seokjin wieder, da unterbrach der Andere ihn mitten im Wort.
"Nein. Hören sie einmal zu. Wissen sie, wie ich mich fühle? Nein?
Schön, dann hören sie mir einmal genau zu. Ich vermisse meinen verdammten Freund, ich trauere um ihn und da taucht er vor mir auf, tut so als wäre er quicklebendig und dann erzählt niemand geringerer als ihr mir, dass das alles nur in meinem Kopf so abgeht? Abgesehen von dem Buch, welches ich euch gezeigt habe, was wollen sie noch als Beweis, verdammt nochmal?", fauchte der 15-jährige und giftete seinen Arzt mit vor Zorn blitzenden Augen an.
Seokjin verschränkte gelassen die Hände auf dem Tisch.
"Nun ja, normalerweise helfen die Pillen", sagte er mit fester Stimme und nickte leicht zu den Medikamenten, die in ihren Packungen vor seinen Händen, neben dem blutrot eingefassten Buch lagen.
"Sie sind ein Sonderfall", fügte er hinzu.
"Weisst du, du musst versuchen ihn zu vergessen. Abgesehen davon, dass er niemals existiert hat, musst du versuchen nicht an ihn zu denken. Ich weiss, das ist leichter gesagt, als getan, aber es wird schon klappen, irgendwann", überlegte er laut.
"Ich hab' neulich im Schlaf seine Leiche gesehen", erzählte dann Jungkook plötzlich, doch ein weiterer Kommentar blieb verschwiegen, währenddessen sich Jin eifrig Notitzen machte.
"Du musst lernen, ohne ihn auszukommen. Weisst du, Menschen bekommen imaginäre Freunde, wenn sie sich allein fühlen, wenn sie niemandem zum Reden haben."
"Ich kann nicht ohne Taehyung", Jungkooks Stimme hatte angefangen zu zittern.
"Sie müssen neu beginnen, glauben sie mir", redete der Psychiater ruhig auf ihn ein. "Nein, ich kann nicht", schniefte Jungkook. "Sie können sich neu verlieben. Ich bin mir sicher, dass es einen Haufen junger Männer oder Mädchen gibt, die gefallen an ihnen finden würden, sie sind ein hübscher junger Mann, solche Menschen werden immer seltener", lachte Jin leicht.
"Ich will das nicht", schluchzte Jungkook, dem jetzt einzelne Tränen über die Wangen liefen. "Es fühlt sich so falsch an", erklärte er zitternd. "Es ist nicht falsch, sie dürfen das."
Jungkooks Herz zog sich bei den Worten seines Psychiaters zusammen. Er wollte sich nicht vorstellen sein Leben mit einer anderen Person als Taehyung zu führen, ihn gar zu vergessen. Aber dies würde eines Tages wohl passieren, irgendwann würde er sich vielleicht nicht einmal mehr an Taehyungs Gesicht erinnern, wenn er einmal die richtigen Pillen schlucken würde.
Und das machte ihm Angst, denn er wollte ihn nicht vergessen. Er liebte ihn.
"I-Ich will nicht darüber reden", stotterte er dann und riss sich halbwegs zusammmen.
"Ist okay", lächelnd beugte sich Seokjin ein wenig näher an den Jungen, "Ich werde dir neue Medikamente geben. Kannst du mir vielleicht zum Schluss unseres Termins verraten, wann du Taehyung das letzte mal gesehen hast?"
In der Kehle des Schwarzhaarigen bildete sich ein riesiger Kloss, als der Psychiater diese Frage gestellt hatte. Er biss sich kurz auf die Unterlippe, nach einigen Sekunden des Schweigens antwortete er jedoch unsicher.
"Er steht seit einer Stunde neben mir und sagt mir, dass ich auf keinen Fall auf sie hören darf. Ansonsten würde ich sterben."
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