XXVII. Gebrochene Seele
,,Sag mir, dass sie zurückwachsen", flüsterte Crowley.
,,Ich ... ich fürchte, das werden sie nicht."
„Warum würdest du das dann tun? Ich wollte nie, dass du deine Flügel für mich aufgibst. Ich kann nicht ... ich könnte nicht mit mir leben."
,,Niemand hat meine Federn herausgerissen, Crowley. Ich wusste erst viel später, dass es passiert ist. Es tut nicht weh. Schau - ich zeige es dir."
Erziraphael drehte sich um, um seine Flügel zu öffnen. Ein Großteil der weißen Federn fehlte - es war beinahe nur ein kahles Gerippe. Der Anblick reichte anscheinend aus, um den Dämon zum Weinen zu bringen, nicht, dass Crowley es Erziraphael erlauben würde, ihn so zu sehen. Er zischte, bedeckte die Augen mit beiden Händen und drückte sich gegen die Wand.
„Ich wollte, dass du sie hast, Crowley. Ich wollte dich glücklich sehen. Haben sie dich nicht glücklich gemacht?", fragte der Engel traurig.
,,Ob du mich glücklich machst?", erwiderte Crowley mit zitternder Stimme und gezwungenem Lachen. ,,Ich kann dir nichts zurückgeben. Ich habe zu viel genommen und nichts zu bieten."
,,Ich bin ein Engel. Ich tue keine guten Taten in der Hoffnung, eine Gegenleistung zu bekommen. Ich wollte nur, dass du glücklich bist, und wiedergutmachen, was passiert ist. Bist du froh?"
„Mehr als das", flüsterte Crowley und bedeckte immer noch seine Augen.
,,Dann ist das alles, was zählt", sagte Erziraphael, ließ seine kahlen Flügel verschwinden und legte eine Hand auf Crowley's Schulter.
,,Es hat sich gelohnt, auch wenn ich zugeben muss, dass ich eifersüchtig war. Aber du kümmerst dich besser um sie, als ich es jemals getan habe."
Es dauerte etwas länger, bis Crowley sich wieder an ihn gekuschelt hatte und Erziraphael seine Federn streicheln konnte. Von Zeit zu Zeit rückte Crowley näher - manchmal drückte er sein Gesicht weiter in Erziraphael's Brust oder stieß diese kleinen, beinahe berauschenden Seufzer aus. Erziraphael fragte sich, ob der Dämon mehr Nervenenden hatte, was das ganze so intensiv für ihn machte. Andererseits waren Dämonen Kreaturen der Lust und des Vergnügens. Er vermutete, dass es Sinn machte.
Er und Crowley lagen zusammen, bis jede Feder wieder schwarz und glänzend geworden war und mit dem Abwerfen der letzten weißen Feder, bewegte sich Crowley schließlich. Er streckte seine Hand nach Erziraphael's aus und berührte sie, als sie durch das schwarze Gefieder fuhr.
Nach allem, was sie durchgemacht hatten, fühlte sich Händchenhalten irgendwie wie das intimste an, was sie getan hatten. Es war mehr als eine einfache Berührung, es war ein Eingeständnis.
Seine Finger hatten Crowley's Rücken berührt und der Dämon machte einen Satz nach vorne, als ob Erziraphael ihn verbrannt hatte. Während Crowley denselben unmenschlichen Schrei ausstieß, als er zum ersten Mal in dessen Laden gekracht war.
,,Crowley! Ich bin es nur. Es tut mir leid!", rief der Engel und stieg aus dem Bett, als sein Freund schlug und gegen einen unsichtbaren Feind kämpfte. Crowley machtebeinige zittrige Atemzüge. Es klang fast so, als würde er versuchen, genug Luft in seine Lunge zu bekommen, um wieder zu schreien, aber jedes Mal, wenn er es versuchte, verließen ihn seine Kräfte. Erziraphael schaltete das Licht wie ein Wunder ein und hoffte, dass Crowley erkennen konnte, wo er war - dass er nicht in Gefahr war - und sah, dass sein Kissen in rotem Blut getränkt war. Sein bester Freund weinte ... Die zitternden Atemzüge waren Schluchzer gewesen und Erziraphael's Herz brach.
,,Crowley? Geht es dir gut? ", fragte er und setzte sich langsam wieder auf das Bett.
,,Du hast versucht, meinen Flügel abzureißen", stammelte Crowley, sein Atem stockte immer noch, als sich mehrere leise Schluchzer von seiner Brust lösten.
,,Nein! Ich habe ein paar lose Federn gezogen, aber ich würde nie versuchen, dich zu verletzen. Es war nur ein Albtraum, Crowley. Du hast geschlafen -"
Aber der Dämon schien nicht überzeugt zu sein.
,,Du hasst sie", rief er. ,,Du willst deine zurück ... ich sollte sie nicht haben."
,,Ich hasse sie nicht! Ich könnte nie! Ich wollte, dass du sie hast - ich bin froh, dass du sie hast. Sag das nicht ..."
Es war nur allzu offensichtlich, dass Crowley nicht zuhörte. Er hatte seine Hände in das Laken unter sich gekrallt, aber nach ein paar weiteren leisen, erstickten Erklärungen von Erziraphael, hatte Crowley seinen eigenen Flügel brutal am Knochen gepackt.
,,Hör auf damit!", schrie der Engel voller Panik. Sein Blick war auf Crowley's zitternde Faust gerichtet, auf die Federn, die er damit zerdrückte, als er anfing zu ziehen. Crowley stieß ein dämonisches Jammern aus und seine Augen schlossen sich, als noch dickere Blutstropfen aus ihnen strömten.
,,Halt! Du brichst ihn! Du wirst dich verletzen!"
Schließlich ergreifte er Crowley's Faust und versuchte ihn zum Loslassen zu veranlassen. Aber dafür war es zu spät. Erziraphael hörte das widerliche Knacken, als der Knochen schließlich nachließ. Es muss so schrecklich wehgetan haben, wie es sich angehört hatte, denn Crowley hatte selbst kein Geräusch gemacht. Sein Gesicht war von einer Grimasse des Grauens gefangen, seine Augen waren weit geöffnet und starrten, als hätte er gerade gemerkt, was er getan hatte. Nach einem Moment ließ er los und schrie vor Schmerz. Erziraphael streckte die Hand aus, um ihn zu berühren, aber der Dämon stieß sie von sich.
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