Kapitel 1.3
Shit.
,,Du schaffst das schon. Du kannst doch sogar noch länger die Luft anhalten als ich!" Versuchte Kim mich zu beruhigen, als sie sich ein Handtuch um die Schultern schwang.
Doch ihre Worte bewirkten rein gar nichts. Meine Angst wuchs mit jedem Schritt, den ich auf das Wasser zu machte. Schon kurz bevor ich dort ankam stieg mir der typische Slazwasser Geruch in die Nase und meine Haut begann bereits bei dem Gedanken an wohlige Gefühl des Wassers zu Kribbeln. Stop! Das durfte ich nicht zulassen. Ich durfte mich auf keinen Fall verwandeln.
Der Lehrer pfiff einmal Kräftig mit der Pfeife und wie von selbst setzte ich zum Sprung an. Ich merkte, wie ich ein paar Sekunden durch die Luft glitt, bevor ich mit einem lauten Krachen die Wasseroberfläche durchbrach.
Ich öffnete meine Augen, die sich wie von selbst an das Wasser gewöhnt hatten und mir somit eine einwandfreie Sicht auf den Grund gewährten. Ich spürte, dass sich bereits erneut Schwimmhäute durch meine Haut schieben wollten und... ich ließ es einfach zu. Ich ließ es zu, dass meine Haut an manchen Stellen ein bisschen schuppig wurde. Ich ließ zu, dass meine Haut einen leichten Blauton bekam, der mich im Wasser sogut wie unsichtbar machte.
Meine Haare wuchsen und färbten sich ebenfalls blau. Kurz gesagt: ich war nun wortwörtlich vollständig in meinem Element.
Ich atmete einmal kräftig durch meine Kiemen und tauchte dann immer tiefer und hielt ausschau nach dem Stab, den ich dank der guten Sicht auch wenig später in der hinteren Ecke des Beckens sah. Mit Ich streckte meine Hand danach aus und meine Finger schlossen sich um den länglichen Gegenstand.
Anschließend schwamm zurück zur Oberfläche und mein Kopf durchbrach die Wasseroberfläche als erstes.
Triumphierend hielt ich wie schon Kim vorhin, den Stab in die Luft und suchte den Blick unseres Lehrers. Schließlich fand ich ihn. Ich hatte erwartet ein beeindrucktes Gesicht zu sehen und ein Lob zu hören, doch stattdessen war da nur ein knall, der von dem Klemmbrett verursacht wurde, dass aus den Händen des Lehrers glitt und auf dem Boden landete. Ich machte mir darum jedoch keine weiteren Gedanken, sondern suchte Kim in der Menge an Schülern, die noch auf der Bank saßen.
Mein Blick glitt über die Menge hinweg und stach in Kims Augen. Ihre Augen trugen einen erschrockenen und fassungslosen Ausdruck. Genau diesen Blick hatte jeder hier, der mich anstarrte. Und erst jetzt verstand ich wieso.
Ich hatte noch immer meine Gestalt angenommen. Meine Haut war immer noch blau und schuppig. Die Haare und der restliche Körper waren ebenfalls noch immer verwandelt. Einzig und allein meine Kiemen hinter den Ohren hatten sich zurückgezogen, doch die sah man wegen meinen Haaren sowieso nicht.
,,Sie ist ein Mutant!" Schrie plötzlich ein Junge aus der hinteren Reihe. Und jetzt schien auch der Rest erst richtig zu realisieren, was genau sie dort vor sich hatten. Wie auf Knopfdruck sprangen alle auf und schrien durcheinander.
Ich war plötzlich wie gelähmt. Wie konnte ich nur so dumm sein?! Wie hatte ich glauben können, dass ich die Verwandlung unter Kontrolle hatte?
Shit. Shit. Shit. Was habe ich nur getan?!
Fassungslos stieg ich panisch aus dem Becken und nahm wieder meine normale Gestalt an. Doch der Schock blieb. Ich wurde angestarrt wie ein wildes Tier im Zoo. Es war beängstigend auf diese Weise im Mittelpunkt zu stehen. Ich fühlte mich unwohl, so unfassbar Unwohl.
Am liebsten würde ich jetzt im Boden versinken. Aber vielleicht war das gerade auch nur ein böser Traum?
Meine rechte Hand wanderte über meinen linken Arm und kniff zu. Ich kniff kurz meine Augen zusammen, doch als ich sie wieder öffnete war alles wie zuvor. Tausende Augenpaare die mich anstarrten.
Doch plötzlich kam Bewegung in die Menge. Alle Schüler brüllten durcheinander. Einige griffen zu ihren Handys, die Sie in ihren Taschen dabei hatten, und wählten die 110. Alle Taten irgendetwas. Alle außer eine Person: Kim. Sie starrte mich einfach nur weiterhin an. Ihr Blick spiegelte Verzweiflung, aber auch Fassungslosigkeit. Dabei konnte ich sie komischerweise verstehen. Ihr Vater war immerhin Polizist und in der Abteilung gegen Mutanten tätig. Es war klar, dass sie geschockt sein würde.
Aber nun tat sie etwas, womit ich niemals gerechnet hätte.
Von weitem ertönten schon etliche Polizei Sirenen und sogar ein Hubschrauber kreiste über der Salzwasseranlage. Ich war am Ende. Ich konnte nirgends fliehen. Das Wasser war mit nichts anderem außer dem Beckenrand verbunden. Und rennen würde auch nicht funktionieren. Sie würden mich irgendwo abfangen oder schon vorher einholen. Der erste Wagen hielt bereits vor dem Tor und zwei bewaffnete Polizisten stiegen aus dem Auto.
Plötzlich griff eine Hand nach meinem Handgelenk und zog kräftig daran. Es war Kim. Die Verzweiflung in ihrem Blick wich nun und machte der Panik und der Entschlossenheit platz.
,,Komm mit!" Raunte sie mir zu und zog mich zurück in die Schwimmhalle.
Ich konnte mich nicht wehren. Aber warum sollte ich auch? Sie wollte mir helfen oder etwa nicht? Würde sie mich jetzt geradewegs der Polizei übergeben? Nein. Das würde sie nicht tun.
Wir schlitterten über den nassen Boden, wobei wir darauf achten mussten, dass wir nicht ausrutschten und hinfielen, denn dann würde es vorbei sein. Ich spürte die weit entfernten Blicke der Polizei auf mir.
Kim zog mich immer weiter in Richtung der Umkleidekabinen. Schließlich öffnete sie die Tür unserer Sammelumkleide. Doch sie blieb nicht stehen. Im Gegenteil: sie lief durch die große Kabine und öffnete eine weitere Tür an der Seite, die in die Spindhalle führte. Was wollte sie hier? Wollte sie sich etwa im Spind einschließen?
Anscheinend ja. Wir liefen durch die engen Gänge der Halle und blieben schließlich vor dem Spind 476 stehen.
,,Los geh da rein. Schnell!" Flüsterte Kim mir hektisch zu und half mir in den kleinen Spind hinein.
,,Ich bin im Spind gegenüber. Sei bloß leise" Sagte sie zu mir, bevor sie leise meinen Spind schloss und sich selber zum gegenüber liegenden Spind begab.
Durch einen kleinen Spalt an der Seite drang etwas Licht zu mir hinein. Ich lehnte mich etwas nach vorne, um besser sehen zu können. Jedoch schreckte ich sofort zurück, als ich Schritte vernahm, die immer näher und näher kamen. Ich hielt die Luft an und wagte es nicht zu blinzeln.
Eine Reihe hinter mir hörte ich Spinde, die zuschlugen und dann vernahm ich die Stimmt von einem der Polizisten.
Sie war zwar leise, aber deutlich:
,,Sie müssen hier irgendwo sein! Geh Du nach links weiter, ich suche hier. Wenn einer was findet gibt er sofort bescheid."
Oh nein. Sie würden jeden einzelnen Spind durchsuchen und früher oder später müssten sie uns ja finden. Und dann würde ich dem Tot geweiht sein und Kim würde wegen Mithilfe zur Flucht ins Gefängnis kommen.
Mein Leben war vorbei.
Das Schlagen der metallischen Türen kam immer näher und mein Herz schlug so laut, dass die Polizisten vor dem Schwimmbad es vermutlich auch hören konnten.
Plötzlich schlug die Spindtür über mir auf und das Licht wurde von einem Schatten verdeckt.
Mir entfuhr ein stummer Schrei und meine Hände schwitzten was das Zeug hielt. Gleich würde es vorbei sein. Gleich ist mein Leben vorbei.
Die Spindtür über mir schloss sich und ich vergrub mein Gesicht in meinen Knien. Meine Spindtür öffnete sich einen Spalt breit und es fiel wieder Licht in mein Versteck.
Ich biss mir vor Angst auf die Lippen, so fest, dass sie bluteten.
Die Tür öffnete sich sich immer weiter und nun sah ich das Triumphierende Gesicht des Polizisten.
Er musste etwa Mitte vierzig sein, war groß und stämmig Gebaut. Er hatte schwarze Haare, die schon einige graue Strähnen zierten.
Seine Große Hand schloss sich um das Walkie-Talki und drückte den Komunikationsknopf. Seine Lippen öffneten sich um die Worte zu sagen, die verkünden würden, wo wir uns befanden.
Doch plötzlich kippte er zur Seite und blieb regungslos liegen. Seine Dienstmütze flog ihm vom Kopf und die Waffe glitt ihm aus dem Gürtel, rutschte über den polierten Boden und verschwand unter einem der Spinde.
Vor Schreck konnte ich mich nicht rühren. Dabei war der Weg doch nun frei oder nicht? Warum bewegte ich mich dann nicht? War es der Grund, dass ich nicht wusste, warum der Mann umgekippt war? Ja. Ich denke das war es. Denn wann kippt ein Mann einfach so plötzlich im passenden Moment um?
Nach einigen wenigen Augenblicken kam dann jedoch endlich Bewegung in meinen Körper und ich streckte meinen Kopf vorsichtig aus dem Spind.
Ich blickt dann in ein paar Braune Augen. Es waren die Augen von Kim. Sie hielt einen der schweren metallenen Kleiderstangen in der Hand und hatte den Polizisten dem Anschein nach damit ausgenockt. Sie hielt mir ihre Hand hin, die ich dankend ergriff und zog mich aus dem Spind.
Gemeinsam liefen wir durch die Spindhalle und achteten stets darauf keinem weiteren Polizisten zu begegnen.
Plötzlich hörte ich einen Schrei. Anscheinend hat der Polizist seinen Kollegen gefunden.
Unsere Schritte beschleunigten sich und im Nu waren wir durch den Hinterausgang nach draußen gerannt.
Draußen angekommen blieb Kim plötzlich stehen und blickte mir tief in die Augen.
,,Ich kann nicht weiter. Ich muss zu den anderen zurück." Sagte sie. Ich verstand sie. Doch für ein Danke reichte es nicht mehr, denn in dem Moment Bogen mehrere Polizisten um die Ecke und rannten auf uns zu. Kim versteckte sich wieder hinter der Tür vom Schwimmbad und warf mir durch die Glastür einen wehmütigen Blick zu den ich nur erwiderte und ihr zum Zeichen meiner Dankbarkeit meine Hand hob und mit meinen Fingern ein halbes Herz formte. Ich konnte gerade noch sehen, wie sie diese Geste erwiderte, dann drehte ich mich um und rannte los.
Ich rannte durch die ganze Stadt und zwang mich durch schmale Gassen und Seitenstraßen. Ich hatte ein Ziel vor Augen: Den Fluss.
Durch unseren Ort floss nämlich ein Tiefer Fluss, der im Meer mündete. Dies wird meine Fluchtmöglichkeit sein.
Kurz darauf sah ich ihn schon in der Sonne funkeln. Ich atmete die Frische Luft ein und beschleunigte meine Schritte. Dies tat ich solange, bis ich das Geländer erreichte. Anschließend sprang ich mit einem Satz auf das Geänder und stürtzte mich in die Fluten. Das letzte was ich hörte bevor ich mich verwandelte waren die aufgebrachten Rufe der Polizei und einige Schüsse, die ins Wasser trafen. Doch ich war schon zu weit weg.
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